Killer Heels

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Kein Stern am Himmel, nur eine Idee — in kalter Dunkelheit geboren.

***

»Pass auf, dass du mit deinen hohen Hacken nicht in der Veranda stecken bleibst«, krächzte ein alter versoffener Kautz mit abfälligem Lachen.

Nina zog den Kragen ihres Daunenmantels enger und zischte:

»Halt doch einfach dein Maul!«

Die roten Lackpumps mit den verchromten High-Heels waren ihr ganzer Stolz und das einzige Lockmittel für Freier.

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In der Eiseskälte konnte sie nicht, wie üblich mit Minirock und bauchfreiem Top an der Straße stehen. Selbst mit dem wadenlangen Mantel hielt sie es kaum länger als ein oder zwei Zigarettenlängen im Freien aus.

Sie stand auf der überdachten Veranda des Restaurants und schaute in die klirrende Nacht.

Restaurant war eine selbstbewusste Bezeichnung für diese Bretterbude mit angeschlossener Tankstelle, mitten in der Wildnis, am Rande eines Highways.

Mit der Kälte an sich konnte man fertig werden, aber der Wind machte einen kaputt. Es fühlte sich an, als ob Rasierklingen durch die Luft flogen und nach ein paar Minuten fühlte man gar nichts mehr. Nina kämpfte gegen den kalten Schmerz, der an ihren Beinen empor kroch, sie musste heute noch einen Freier bedienen um das Zimmer für die Nacht bezahlen zu können.

Ein Scheinwerferpaar erschien lautlos in der Dunkelheit, das erste Auto seit einer halben Stunde.

Nina machte sich keine großen Hoffnungen. Kein Mensch suchte in dieser Gegend und bei diesem Wetter nach einer Nutte. Dennoch zwang sie sich zu warten bis das Auto in Sichtweite kam.

Der schwere Pick-up-Truck rollte trotz der Schneeketten gemächlich über die vereiste Fahrbahn. „Ted`s Car service“ stand auf den Türen.

Das Auto wurde langsamer und hielt unter dem rostigen Dach der Zapfsäule. Ein junger Mann musterte Nina, durch die Seitenscheibe.

Vorsichtig stakste sie die wenigen Meter mit ihren hohen Hacken zum Auto, das Streusalz knirschte unter ihren Füßen.

»Hey, so alleine heute Abend?«, trällerte Nina durch die offene Beifahrertür.

»Ja, Ja, alleine heute Abend — komm, spring rein, es ist kalt«, sagte der Fahrer mit schwerer Zunge.

In dem Auto war es nicht wirklich warm, aber zumindest war sie vor dem Wind geschützt.

»Was darf es denn sein?«, fragte sie als der Pick-up losfuhr.

»Hab nicht viel Zeit, ein Blow-Job … da vorne ist ein Waldweg, da stört uns keiner. «

Sie erreichen den Waldweg nach einigen Minuten gemächlicher Fahrt. Er stellte den Motor ab, zog die Handbremse an und lehnte sich mit einem breiten Paschagrinsen auf seinem Fahrersitz zurück.

Nina beugte sich über ihren Kunden.

Sie mühte sich mit Händen und dem Mund ab, geduldig und verständnisvoll. Selbst ein Dirty-Talk brachte nichts. Nach über einer viertel Stunde wurde Ted ungeduldig.

»Du hast ja gar nix drauf!«

»Es ist arschkalt und du bist betrunken«, stellte Nina mit versöhnlicher Stimmlage fest:

»Lasse uns irgendwo hin gehen, wo es warm ist und wir uns entspannen können. «

»Pah«, spie Ted verachten aus, »Du willst heute in meinem Bett schlafen und morgen redet die ganze Gegend davon, dass ich mir Nutten ins Haus hole!«

»Hier im Auto wird das bestimmt nichts mehr«, sagte Nina.

Ihre Stimmlage wurde kühler, sie setzte sich aufrecht in ihren Sitz und verschränkte die Arme.

»Du bist einfach nur ne schlechte Nutte, mein Gott wie schlecht muss man sein, wenn man nicht mal einen Schwanz lutschen kann!«

»Ich bekomme 15 Dollar von dir. «

»15 Dollar für was?«

»Für die Zeit, die ich mit dir verbracht habe. «

Ted stieg die Zornesröte ins Gesicht.

»Ich hab kein Geld zu verschenken, wenn ich die Karre eines Kunden nicht zum Laufen bekomme, sehe ich auch keinen müden Cent!«

Nina schluckte ihre Wut runter und musste sich beherrschen, nicht zu schreien:

»Fahr mich zurück zur Tankstelle und gib mir meine 15 Dollar!«

»Das liegt nicht in meiner Richtung«, rief Ted, beugte sich über Nina, stieß die Beifahrertür auf und trat ihren zierlichen Körper aus dem Wagen.

Bevor sich Nina aufrappeln konnte, rollte der Pick-up an und fuhr zurück auf den Highway. Im Rückspiegel sah Ted die Nutte mit wütend emporgerecktem Mittelfinger.

»He he, der geht es gut und ein Spaziergang von einer knappen Meile hat noch niemandem geschadet«, stellte Ted zufrieden fest.

Nina bekam der Spaziergang nicht. Mit den hohen Hacken war es ihr nicht möglich auf dem vereisten Boden zu laufen.

Verzweifelt zog sie die Pumps aus …

Ninas steif gefrorene Leiche wurde am nächsten Morgen im Straßenrand gefunden. Ihre Fußsohlen waren blutig und zerschnitten von den scharfkantigen Eiskristallen — von den Schuhen fehlte jede Spur.

***Ein halbes Jahr später***

Über die Sache mit Nina war längst Gras gewachsen, kein Schwein interessierte sich für eine Nutte ohne Angehörige.

Ted wälzte sich schlaflos in seinem Bett.

Nicht wegen seinem Gewissen, sondern wegen der drückenden Schwüle. Nach einem bitterkalten Winter folgte ein heißer Sommer. Verschwitzt und ruhelos schaute er auf die Uhr: 2:00am.

Er strampelte die Decke gänzlich von sich und versuchte es mit der Rückenlage, als er ein Geräusch hörte.

Die Tür zum Garten quietschte elend in der Vollmondnacht.

Schritte!

Warum bellte der verdammte Köter nicht? Sonst kläffte er sich wegen jedem Scheiß die Seele aus dem Leib.

Die Verandatür sprang aus dem Schloss und jemand überquerte die Schwelle zu seinem Haus!

Ted riss die Augen auf und lauschte dem gleichmäßigen Rhythmus, der aus dem Erdgeschoss kam: Klack, Klack.

Das war kein Einbrecher, der hastig durch die Räume irrte, auf der Suche nach Wertvollem. Das waren bedächtige, selbstbewusste Schritte die wussten wo sie hin wollten. Kein Einbrecher würde solch laute Schuhe tragen!

Teds Herz raste.

Zu dem Schweiß der stehenden Hitze gesellte sich kalter Schweiß.

Klack, Klack.

Die unterste Treppenstufe knarrte, das Klackern der Absätze war nicht mehr zu vernehmen, dafür marterte ihn das schleifende Geräusch von glattem Leder auf Holzstufen. Etwas kam langsam die Treppe hinauf. Ted dachte an den Baseballschläger unter seinem Bett, wagte es jedoch nicht danach zu greifen — hier im Bett war er doch sicher?

Klack, Klack.

Die Absätze hallten auf den Dielen im Flur des ersten Stocks.

‚Frauenschuhe‘, dachte Ted zitternd vor Angst, ‚mit einer Frau werde ich doch fertig‘.

Klack!

Der letzte Schritt schallte direkt vor der Tür zu seinem Schlafzimmer. Ein spitzer Stoß donnerte gegen die Tür, Ted zuckte zusammen, ihm wäre beinahe ein Angstschrei über die Lippen gekommen.

Die trockenen Scharniere ächzten schrill, als die Tür durch den Tritt aufschwang.

Fahles Mondlicht fiel durch das Fenster am anderen Ende des Flurs, als die Tür laut gegen die Wand knallte. Ted sah niemanden, er starrte in den spärlich erhellten Flur und ihm gefror das Blut in den Adern.

‚Warum ist da niemand!‘, dachte er verzweifelt und hob ängstlich den Kopf.

Er wollte nicht schreien, aber seine Gefühle bahnten sich den Weg durch seine heißere Kehle.

Diese Schuhe kannte er, das waren die Nuttenschuhe! Sie standen aufrecht nebeneinander auf seiner Türschwelle.

Das Mondlicht schimmerte auf den spitzen Chromabsätzen, als sich einer der beiden Schuhe langsam erhob und eine Schrittbewegung vollführte. Galant als würde sie ein unsichtbares Wesen tragen, setzte erst der Absatz auf. Klack! Dann senkte sich die Schuhspitze.

Der andere Schuh folgte im gleichen Ablauf.

Klack!

Die Schuhe waren am Fußende seines Bettes, Ted konnte sie nicht sehen, dafür umso besser hören.

Er wollte nicht schreien, sein Körper machte dies von selbst.

Der erste Tritt traf ihn an der Seite, zwischen den Rippen. Sein Schreien wurde jämmerlich.

Bald darauf verstummte seine Kehle für immer.

Der Gerichtsmediziner zählte weit über hundert Einstiche von einem unbekannten, spitzen Gegenstand.

***

Ein schlichter grauer Grabstein aus Beton war letzer Zeuge von Ninas Leben.

Am Morgen nach Teds Tod standen die Schuhe akkurat vor dem Grab ihrer ehemaligen Besitzerin. Wie lange würden solch verführerischen Schuhe vor einem Armengrab stehen bleiben?

Nachtrag:

Nina und Ted sind tot, aber was ist mit den Schuhen?

Wer eine Idee hat, ist herzlich eingeladen, ein kleines, grausames Kapitel hinzuzufügen.

Fortsetzungen bitte nicht als Kommentar posten, sondern schon als eigenständige Geschichte.

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