Chuck & Sarah 03

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Fans der Serie „Chuck“, die sich überraschen lassen wollen, sollten nicht weiter lesen, denn diese Geschichte enthält sehr viele Details und Daten, die euch noch nicht bekannt sind!!!

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Die Handlung dieser Geschichte spielt zu Beginn der vierten Staffel (genauer direkt im Anschluss an die Episode 4. 01 „Chuck vs. The Anniversary“), einige Zeit nach den Ereignissen von „Chuck & Sarah — Wendepunkt Paris“ bzw.

„Chuck & Sarah — Unter der Sonne Costa Gravas'“ und könnte durch die weiteren Einfälle der tatsächlichen Drehbuchautoren der Serie in der vierten Staffel ad absurdum geführt werden, aber bis es so weit ist, könnte diese Fan-fiction durchaus auch aus der Serie stammen. Ich wünsche euch jedenfalls viel Vergnügen beim Lesen.

Der Maitre

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Selbst an einem ruhigen Sonntag Mittag war der Verkehr um den Belgrader Bahnhof gelinde gesagt eine Katastrophe.

Kolonnen von hupenden, und zum Teil stinkenden und qualmenden Autos und Bussen zogen ihre Kreise und verpesteten die warme, herbstliche Luft mit ihren Abgasen. Die Rufe und Flüche der Auto- Zweirad- und Taxifahrer einerseits, und der Fußgänger andererseits, füllten die Luft wie eine dissonante Musik, deren Interpreten alle gleichzeitig versuchten, verschiedene Stücke mit der gleichen Intensität zu schmetterten. Dennoch hatte das warme und sonnige Belgrader Wetter zahlreiche Einwohner, Touristen, Besucher und auch andere aus den Häusern und in die Straßen und Parks der Stadt gelockt.

Kenneth (niemals, aber wirklich niemals Ken) Richardson der Dritte, stolzer Absolvent der Harvard Law School, und frisch gebackener MBA von der Harvard Business School, aus Hardford, Conneticut, war einer dieser Touristen und genoss gut gelaunt seine Turska Kafa vor einem — an einem schönen Tag wie diesem, überraschend leeren — kleinen Café an der Ecke Ulica Karađorđeva und Milovana Milovanovića. Genau genommen waren außer ihm nur noch zwei weitere Gäste da — und die beiden saßen trotz des schönen Wetters bereits an einem Ecktisch hinten im Café, als er auf der Terrasse Platz nahm.

Der Grund für seine gute Laune waren die schönen Mädchen und Frauen, für die Belgrad sogar in den Staaten bekannt war. Eine große Zahl von ihnen flanierte durch die Metropole an Donau und Save und damit auch durch die Parks, die dem Bahnhof gegenüber lagen. Kenneth stellte sich vor, wie viele von diesen Mädchen und Frauen beim Anblick seines Boss-Zweireihers, seiner goldenen Rolex Mariner und seines neuen LEXUS LFA ein feuchtes Höschen bekämen.

In seiner Wohnung auf dem Beacon Hill in Boston war schon so manche Junganwältin vor Erregung zitternd in sein Bett gekrochen, weil sein Wohlstand und seine Kontakte sie so heiß gemacht hatten. Es erregte ihn, dass die Karrieren der Frauen von ihm abhingen. Er hatte die Macht.

Doch die ganzen durchtriebenen Biester, die seine Gutherzigkeit ausgenutzt haben, waren nichts, verglichen mit den Frauen in dieser Stadt. „Neben ihnen verblassen selbst die Mädchen in Señora Hurons Etablissement in Cabo.

“ ging ihm durch den Kopf, und er dachte für einen Moment zurück an seinen Springbreak in Cabo San Luca vor zwei Jahren. Damals, als Student, ausgestattet mit der Platincard seines Vaters, hat er sich jede Frau schnappen können, die er wollte… Und daran sollte sich nichts ändern — dafür arbeitete er.

Im nächsten Moment wurden seine Gedanken wieder in die Realität zurückgerissen, denn was er sah, ließ ihn alle Erinnerungen an den Sex und den Spaß in Cabo vergessen.

In der spiegelnden Seitenscheibe eine geparkten Autos beobachtete er die umwerfende Blondine, die ihm schon vorher an der Bar ins Auge gefallen war. Die schlanken langen Beine hatten es ihm besonders angetan, und als er ihnen mit den Augen von den flachen Ballerinas hinauf folgte, konnte er erleben, wie die heiße Blonde gerade zwei Pistolen hinter dem Rücken unter ihrer Kellnerinnenweste in den Bund ihres Rocks schob, und dann das Café durch die Hintertür betrat, ohne seinen Blick bemerkt zu haben.

„Moment mal! Das ist die Kellnerin? Eine verdammte, bewaffnete Kellnerin?!?!?! Was geht hier vor?!?!“

Sollte er in diesem Café zum unbeteiligten Opfer eines Mordanschlags des organisierten Verbrechens werden? Er kannte unzählige Geschichten über die Kriminalität und die Gesetzlosigkeit in Belgrad, und er befand sich gerade mitten im Herzen der Stadt. „Welcher Teufel hat mich geritten, hier her zu kommen?“ wimmerte eine Stimme in seinem Kopf. „Die sind doch irre hier! Sie knallen sich doch ohne Grund ab, und scheren sich einen Dreck um unschuldige Passanten!“ Kenneth glaubte sich zu erinnern, dass sie ihren eigenen Präsidenten mit automatischen Waffen aus einem fahrenden Auto heraus auf offener Straße abgeknallt hatten.

Er entdeckte in der Nähe der Theke einen Kellner, etwas kleiner und bärtig… zweifellos ein Serbe, und vielleicht auch ein Mafioso, aber Kenneth war bereit das Risiko einzugehen, an den Falschen zu geraten, denn er musste seine Entdeckung jemandem mitteilen — zumal die falsche Kellnerin jetzt hinter der Theke hervorkam, und sich mit einem Tablett in der Hand dem Tisch näherte, an dem die zwei dunkel gekleideten, und wenigstens in Kenneths Augen verdächtigen, Männer saßen und sich allem Anschein nach sehr angeregt unterhielten.

„Konobare! Razumete engleski?“ rief er den Bärtigen. Der Kellner näherte sich fast schon widerstrebend und mit leicht genervtem Gesichtsausdruck, und nickte zögernd zur Frage über seine Englischkenntnisse. „Meine Güte… ich versuche schließlich, ihn zu retten, und den Ruf seines Landes, und der macht einen auf Schlaftablette!“ fluchte Kenneth innerlich. „Ich sollte mich hier einfach verziehen, und ihn hängen lassen — warum fällt es diesen ungebildeten Ärschen immer so schwer, zu verstehen, dass wir sie nur beschützen wollen?“

„Amerikaner?“ fragte der Kellner leicht gereizt, mit einem Akzent, der Kenneth bekannt vorkam, den er aber nicht einordnen konnte, als er endlich an den Tisch trat.

„Ja, verdammt, aber was spielt das für eine Rolle? Ich habe gerade gesehen, wie diese Blondine das Café durch die Hintertür betreten hat. Sie ist bis an die Zähne bewaffnet, und nähert sich gerade ihren beiden Komplizen, die da hinten am Ecktisch sitzen. „

Zu Kenneths Erstaunen drehte sich der Kellner seelenruhig zu besagtem Tisch um, sah kurz hin, tauschte einen Blick mit der Frau und wandte sich dann mit einem bemühten Lächeln wieder zu Kenneth.

Was Kenneth jetzt sah, ließ ihm die Haare zu Berge stehen und ihm wich alle Farbe aus dem Gesicht.

Als aufrechter Republikaner und Bewohner Neuenglands erkannte er ängstlich die sechzehnstrahlige Windrose und den Kopf des Weißkopfseeadlers sofort als das, was es war, und diese Insignien zusammen mit den drei Buchstaben auf einer Dienstmarke vor seinem Gesicht zu sehen, machte ihn so fassungslos, dass er fast die leisen Worte des kleinen, bärtigen Mannes überhört hätte.

„Halten sie die Klappe, trinken sie brav ihren Kaffee aus und bleiben sie entspannt. “ Der Bärtige streckte die Hand aus und forderte seinen Pass. „Also gut, Ken… Ich denke, sie sind ein aufrechter Amerikaner, der sein Land liebt, und seiner Regierung vertraut. Stehen sie auf, und gehen sie, als hätten sie nichts gesehen, dann wird ihnen nichts passieren. Und jetzt lassen sie mich meine Arbeit tun… Sir. “ Mit diesen Worten wandte sich der Kellner — „Der CIA-Agent“ berichtigte sich Kenneth im Geiste — ab, legte Kenneths Pass auf den Tisch und gab den Blick frei auf eine Szene, die ihn zum Mittelpunkt jeder Kantinenpause bei „Wolfram & Hart“ in Boston machen konnte.

Plötzlich sprang der größere der beiden Männer auf und packte den anderen. Kenneth beschloss, sein Heil in der Flucht zu suchen, und als er los rannte, glaubte er den brennenden Blick des CIA-Killers auf sich zu spüren. Seine Gedanken rasten, und am lautesten war der Gedanke, dass ihn diese Geschichte zum größten Helden der Mittagspause und aller Meetings machen konnte.

Falls er die nächsten Minuten überleben sollte…

* * *

„Es ist fast unglaublich, Morgan! Du hast es wirklich geschafft, die Daten wieder herzustellen?“ Sarah hätte vor Freude jubeln können, als sie über Morgans Schulter hinweg zusah, wie auf dem Bildschirm ein Fenster nach dem anderen aufsprang, und sie Mary Elizabeth Bartowskis Alias „Frost“ in mehr als einem Dokument entdecken konnte.

„Glaub mir, Sarah, ich bin selbst erstaunt. Ich hatte eigentlich nur darauf gehofft, Fragmente retten zu können, aber das hier überrascht mich selbst. “ Morgan war ungewöhnlich bescheiden, was alleine schon ein klarer Hinweis darauf war, wie wichtig und bedeutend dieser Erfolg war.

Wenige Tage zuvor waren Chuck und Morgan, ohne Sarahs und Caseys Wissen, einer Spur von Chucks Mutter nach Moskau gefolgt, und in einer ehemaligen KGB-Einrichtung, die jetzt einem mysteriösen Waffengroßhändler namens Volkoff gehörte, entdeckten sie große Datenmengen, unter denen sich auch ein umfangreiches Dossier über Mary Elizabeth Bartowski befand, das sie herunterzuladen versuchten.

Durch einen Zufall befanden sich Sarah und Casey, die ihrerseits nach Volkoff suchten, ohne von dessen scheinbarer Verbindung zu Mary Elizabeth Bartowski zu ahnen, zu diesem Zeitpunkt ebenfalls in dieser Einrichtung — allerdings als Gefangene. Chuck musste sich zwischen seiner Suche nach seiner Mutter und der Rettung von Sarah und Casey entscheiden, als es auf der Flucht nötig wurde, einen elektromagnetischen Puls kurz — EMP — auszulösen, um ihren Rückzug zu decken. Zu diesem Zeitpunkt gingen alle davon aus, dass Chucks Gelegenheit, mehr über den Verbleib seiner Mutter in Erfahrung zu bringen, unwiederbringlich verloren ging, als der Puls den Zentralcomputer zerstörte, bevor der Download komplett war.

Es war Morgans Experimentierfreudigkeit und Sarahs Zuversicht zu verdanken, dass sie sich beide das Speichermedium, das Chuck zum Herunterladen der Daten verwendete, und das die Flucht in seiner Jacketttasche unbeschadet überstand, noch einmal genauer ansahen. Wie durch ein Wunder war eine große Menge an Datensätzen auf dem Massenspeichermedium gesichert worden, bevor der EMP sämtliche Elektronik und Elektrik gegrillt hatte. Die Mission war also kein kompletter Fehlschlag.

„Das müssen wir Chuck sofort sagen.

Der flippt aus, wenn er das erfährt. “ Morgan war mindestens so aufgeregt wie Sarah. Chuck bedeutete ihnen beiden sehr viel.

Als Mary Elizabeth ihre Familie verließ, war es an Elli und Morgan gewesen — jeder von ihnen für sich und auf eigene Art — sich um Chuck zu kümmern.

Während Elli eine Art Mutterersatz für Chuck wurde, war Morgan sein bester Freund und Spielgefährte, und half Chuck dank allerhand Ablenkungen sehr über die schlimmen Zeiten hinweg, die für ihn folgen sollte.

Ihre Freundschaft war noch an diesem Tag so stark wie zwei Jahrzehnte vorher.

„Es wird ihm gut tun, zu erfahren, dass wir doch eine Spur haben. Es war schon eine Erleichterung für ihn, als er erkannte, dass ihre Mutter sie beide nicht im Stich gelassen hatte, sondern gefangen genommen wurde. “ So widersinnig es auch klang, verstand sie doch genau, was er meinte. Zu wissen, dass seine Mutter lebte, und sie Mrs.

B. auch finden konnten, war für Chuck nach dem Tod seines Vaters eine enorme Erleichterung.

Morgan sah Sarah lange an, und lächelte schließlich. „Erzähls ihm. Ich denke, er sollte die gute Nachricht von dir erfahren. “ Sie wusste genau, wie gerne der bärtige Junge im Körper eines erwachsenen Mannes seinem besten Freund die Nachricht selbst überbringen wollte, und verstand, was für ein Zugeständnis es war, ihr dieses Vorrecht zu überlassen.

Jedes weitere Wort wäre überflüssig gewesen, und so nickte sie Morgan nur zu, lächelte ihn an und flüsterte ein leises, aber aufrichtiges „Danke“ in seine Richtung, bevor sie die Kommandozentrale — genannt „The Castle“ — „Die Festung“ – verließ, und Chuck suchte.

* * *

Nachdem Morgan, Chuck und Sarah die Daten stundenlang ausgewertet hatten, mussten sie zu ihrer Enttäuschung feststellen, dass trotz allem eben doch bei weitem nicht genügend Daten vorhanden waren, um wirklich Aufschluss über den Verbleib von Chucks und Ellis Mutter zu geben, aber sie fanden Hinweise auf eine weitere Einrichtung von Volkoff Industries, in der unter Umständen ein Backup der Daten lag, die Chuck nicht hatte herunterladen können.

Diese Einrichtung lag südöstlich von Belgrad in Serbien.

„Ich muss da hin!“ Chuck blickte sich entschlossen um, insgeheim auf Sarahs uneingeschränkte Zustimmung hoffend. Obwohl sie ihn vollkommen unterstützte, wusste er auch, dass sie in ihrem Innersten Angst hatte, er könnte auf seiner Suche nach seiner Mutter verletzt werden — körperlich oder seelisch. „Sie ist meine Mutter, Sarah. “ Er sah sie an, voller Hoffnung, Überzeugung und Vertrauen.

„Hilfst du mir?“ fragte er leise. „Ich bin immer bei dir, Chuck, dass weißt du. “ versprach sie ihm, und schob — einmal mehr — ihre Angst um ihn bei Seite. Egal, wie oft er der Held sein würde, in Sarahs Augen würde auch immer ein kleines Stück dieses Nerds in ihm sein, der er vor dem Intersect war. Sarah war realistisch genug, um zu wissen, dass sich in der Zeit, die seit Mary Elizabeths Verschwinden vergangen war, diese auch verändert haben konnte — und genau diese Veränderung bereitete ihr Kummer.

War die Frau, die sie finden würden, wirklich noch die Frau, die ihre Kinder ins Bett brachte, und ihnen Märchen vorgelesen hatte? Ihre eigenen Erfahrungen mit Jack Burton, ihrem Vater, waren ihr eine stete Warnung.

„Ich bin dabei, Kumpel. “ ertönte Morgans Stimme, und riss Sarah aus ihren Gedanken. Sie überlegte laut: „Jetzt müssen wir uns nur noch überlegen, wie wir an General Beckmann vorbeikommen. Die wird uns garantiert nicht erlauben, auf einen Verdacht hin zu handeln.

“ – „Um Beckmann kümmere ich mich, Walker… Ich habe da schon eine Idee, wie wir alles unter einen Hut bringen können. “ Casey betrat das Wohnzimmer, in dem Chuck, Morgan und Sarah saßen. Offensichtlich hatte er zumindest das Ende der Unterhaltung mitbekommen, und den effektvollen Auftritt geplant. Die vier sahen sich an, und ein vertrautes Gefühl stellte sich ein.

Das „Team Bartowski“ war wieder vereint.

* * *

„Hast du überhaupt eine Idee, wie wir in die Anlage reinkommen sollen? Nicht einmal die NSA oder die NRO haben ausreichend Material über die Einrichtung bei Belgrad.

“ Sarah war bei aller Liebe und Verständnis für ihn nicht bereit, Chuck Hals über Kopf losstürmen zu lassen, wenn nicht klar war, wie sie die Mission handhaben würden. „Gerade was Serbien betrifft, ist unsere Aufklärung heute noch sehr lückenhaft. “ – „Und China noch immer sauer auf uns. “ fügte Chuck zerstreut hinzu. Sarah saß im Sessel vor dem Bett und sah Chuck an, der, auf dem Bett sitzend, seinen Kopf über ein Dossier aus dem Keller des Hauses — der Operationsbasis — seines verstorbenen Vaters gebeugt hatte und ihr ganz trocken geantwortet hatte.

Nichts deutete darauf hin, dass er einen Witz machen wollte. Ein Schmunzeln konnte sie sich wegen seines Kommentars dennoch nicht verbeißen, auch wenn die Zerstörung der chinesischen Botschaft 1999 in Belgrad kein Ruhmesblatt für die US-Geheimdienste darstellte — eigentlich hatte man dort die Zentrale des damals jugoslawischen Geheimdienstes vermutet. Die lag jedoch in einem ganz anderen Teil der Millionenstadt. Die Chinesen waren noch immer sehr verstimmt wegen dieses „Missgeschicks“

Schließlich hob Chuck seinen Kopf aus der Akte und lächelte.

„Ich weiß es nicht, aber ich weiß, wer es uns sagen kann. Mein Vater hatte in Belgrad einen Verbindungsmann beim SUP (Savez unutrašnjih poslova) — dem serbischen Pendant zum FBI — und schien ihm vertraut zu haben — und das will bei meinem Dad schon was heißen. „

Zärtlich sah Sarah ihren Freund und Partner an. „Du solltest eine Pause machen, Schatz. Es ist schon spät, und wir sind endlich allein.

“ Sie erhob sich aus dem Sessel und strich zärtlich über Chucks Schulter. „Du arbeitest zuviel. Das ist sonst meine Aufgabe. “ Er lehnte seufzend seine Wange an ihre Hand, meinte etwas geistesabwesend: „Gleich, ich muss nur noch was nachlesen. “ und versenkte sich wieder in die Akte. „Das läuft dir doch nicht weg… Willst du denn keine Pause machen… Liebling?“ Sarahs Stimme wurde zu einem Schnurren und im Hintergrund begann ganz leise Musik zu spielen.

Chuck erkannte die Musik, noch bevor er sie wirklich hörte, und er wusste auch sehr genau, was es bedeutete, wenn Sarah „Nina Simone — Feelin‘ good“ auflegte:

Es war ihr Lied, seit sie von ihrem „Ausflug“ — um es freundlich auszudrücken; General Beckmann nannte es „Unerlaubtes Entfernen“ – in die Schweiz zurückgekehrt waren, und Chuck das Lied für Sarah gespielt hatte. Er sah sie an, und da stand sie, seine Sarah, lächelte verführerisch und fragte lockend: „Bist du dir ganz sicher, dass du das nicht auch morgen früh nachlesen kannst?“

Sarah kleidete sich gerne edel, sexy und elegant, aber sie war ebenfalls eine Couchpotato, und machte es sich genauso gerne in ausgeleierten Bigshirts und Jogginghosen bequem.

Doch egal, was sie anhatte, Chuck begehrte sie immer — so wie jetzt auch. Sie stand vor ihm, barfuß, bettfertig, mit seinen alten Basketballshorts und einem knappen Tanktop bekleidet, das seidige Haar offen und ungebändigt, und mit einem Fuß schob sie den Dimmer der Stehlampe nach hinten, um das Licht zu dämpfen.

Die letzten sechs Monate hatten sie sich kaum gesehen, da sie mit Casey offiziell in einer Mission unterwegs war, und Chuck — der bei der CIA seinen Abschied eingereicht hatte — mit Morgan auf ihrer inoffiziellen Mission, Mary Elizabeth zu finden — somit hatte sich bei beiden sehr viel angestaut, was auch durch ihren ungelenken und fast schon komischen Versuch, zu „Sexten“, nicht gemildert wurde.

Die Akte hatte er in sekundenschnelle zugeklappt und auf den Schreibtisch geworfen, war auf den Beinen, drückte Sarah gegen das Regal, auf dem die Anlage stand und küsste sie voller Verlangen. „Du weißt genau, dass ich dir nicht widerstehen kann, Sarah… Dir nicht widerstehen will!“ Seine Zunge drang verlangend in ihren Mund und umspielte ihre, während seine Hände ihr Top hinaufschoben und sich streichelnd auf ihre Brüste legten. Er genoss das Gefühl ihrer Nippel unter seinen Fingern und drückte leicht zu, während er sich gegen sie drängte, und sie spüren ließ, wie sehr sie ihn erregte.

Ihr Stöhnen bewies ihm, dass sie es auch genoss.

Sarahs Hände glitten am Bund seiner Shorts vorbei ihn seine Hose hinein, und sie drückte ihre Fingernägel in seine Pobacken. „Warum solltest du mir auch widerstehen wollen? Du bist mir doch verfallen. “ neckte sie ihn atemlos und erregt, als er kurz Luft holte, und sie ihre Nägel über die Haut seiner Hinterbacken zog. „Ich will dich Chuck. “ Ihr Blick bohrte sich in seine Augen und sie schien vor Sehnsucht zu glühen.

Zu lange hatten sie sich nicht berühren und lieben können. Zu sehr waren sie beide in ihre Pflichten und Aufgaben eingebunden gewesen. Nur Spione, und keine Liebenden.

Umso verständlicher war es, dass sie jetzt übereinander herfielen, und Chuck kaum Zeit hatte, die Tagesdecke auf dem Bett zu packen und wegzuzerren, als sich Sarah schon kraftvoll vom Regal abstieß und mit Chuck aufs Bett fiel. Wild und verlangend küssten und bissen sie sich und erforschten den Körper des anderen mit Händen, Lippen und Zunge — fest entschlossen, die vergangenen sechs Monate aus ihrer Erinnerung zu löschen, nur vom Wunsch beseelt, einander zu halten und zu spüren.

Als das Posaunensolo einsetzte, hatte Sarah Chuck schon ihrerseits das Shirt abgestreift und küsste seinen Hals. Ihre Lippen strichen über seine Haut und sie genoss es sehr, wie seine starken Finger durch den Stoff der Shorts hindurch ihren Schoß massierten… Sie genoss das Versprechen auf weiteren Genuss, das die tastenden, massierenden und liebkosenden Fingerspitzen abgaben.

Ihre nackten Brüste strichen über seine Haut und sie trieb ihn mit leichten Bissen weiter, während seine Hände ihre Shorts herunterzogen und sie sich langsam an ihm rieb.

Seine Erregung lag genau unter ihrem Schoß und sie stöhnte auf, als sie darüberglitt. Wie sehr hatte sie seine Stärke und Wärme vermisst… Wie sehr hatte ihr seine Nähe gefehlt, sein Duft… Sein Lächeln, dass ihr Herz mit Wärme erfüllte… Alles das hatte sie vermisst, aber am Meisten das Gefühl, einfach nur in seinen Armen liegen zu dürfen.

Als sie sich auf ihn setzte, und er in sie glitt, sahen sie sich tief in die Augen und ohne Worte zu verwenden, versicherten sie sich gegenseitig, wie sehr sie einander vermisst hatten.

Aus langsamem Wiegen wurde bald forderndes Reiten, dann wieder ein verlangendes Reiben und ein sinnliches Umarmen. Keiner von ihnen sagte etwas, aber jeder wusste, was der andere wünschte.

Den Rest der Nacht dachte keiner von ihnen an irgendetwas anderes als an Genuss, Leidenschaft und Hingabe, und als sie erschöpft und glücklich dalagen, während draußen der Morgen graute, flüsterte Chuck Sarah, die entspannt und lächelnd in seinem Arm lag, liebevoll ins Ohr: „Alles Gute zum Jahrestag, Liebling.

“ Ihre Reaktion bestand darin, ihn zu umarmen, an sich zu ziehen, zu küssen, und ihm dann kaum hörbar ins Ohr zu schnarchen.

* * *

Als Sarah vom Duft frischen Kaffees und Stimmen aus dem Wohnzimmer geweckt wurde, entdeckte sie auf dem Kissen neben sich Chucks Jahrestagsgeschenk. Immer wieder schenkte ihr Chuck Anhänger für das Glücksbringerarmband, das er ihr zu ihrem zweiten Weihnachtsfest geschenkt hatte — ein Erinnerungsstück an seine Mutter, was das Geschenk umso kostbarer in ihren Augen machte.

Dieses Mal war der Anhänger eine winzige, silberne Spielkarte. Bei genauerer Betrachtung erkannte Sarah, dass es die Herzdame war, und musste lächeln.

Sie erhob sich, und hüllte sich in ihren Bademantel, als sie die Stimmen im Wohnzimmer als die von Chuck und Elli erkannte. Im Spiegel überprüfte sie schnell noch, ob Chuck in der letzten Nacht irgendwelche verräterischen Spuren hinterlassen hatte, und entdeckte einen kleinen Knutschfleck oberhalb ihres Schambeins. „Du kleines Raubtier…“ schmunzelte sie, band den Gürtel um, verließ das Schlafzimmer — das noch immer nach leidenschaftlichem Sex roch — und gesellte sich zu Eli und Chuck im Wohnzimmer.

„Guten Morgen, Langschläferin. “ begrüßte sie Chuck, gab ihr einen Kuss — dazu noch einen leichten Klapps auf den Hintern — und ging in die Küche, um ihr einen Kaffee zu bringen. „Guten Morgen, Tiger. “ rief sie ihm nach und zwinkerte frech,als er zurückblickte. Dann wand sie sich Elli zu, die die Szene mit einem wissenden Schmunzeln verfolgt hatte. Ellis Schmunzeln war aber nicht nur wissend, da war noch mehr, das konnte Sarah spüren.

Elli leuchtete von innen heraus, und schien wegen etwas unglaublich aufgeregt und aufgekratzt zu sein.

„Sarah… Devon und ich bekommen ein Baby!“ platzte Elli heraus. „Ich habe es Chuck schon vor ein paar Tagen gesagt, aber ich wollte die sein, die es dir sagt. „

Herzlich umarmte Sarah ihre künftige Schwägerin und drückte sie an sich. „Ich freue mich so sehr für dich, Elli. Das Kind ist zu beneiden, so liebevolle Eltern wie dich und Devon zu bekommen.

“ Elli sah von Sarah zu Chuck und wieder zurück. „Es gibt aber noch einen Grund, warum ich hier bin… Ich wollte dich und Chuck etwas fragen. “ Chuck kam näher und reichte Sarah ihren Kaffee, dann sah er seine Schwester an: „Und was wolltest du uns fragen, Elli?“ und nippte an seinem Kaffee.

„Ich sage es direkt, Devon und ich… Wir wollen euch bitten, die Paten unseres Kindes zu werden.

“ Chuck verschluckte sich an seinem Kaffee und sah seine Schwester erstaunt an. „Wir… äh… Wir fühlen uns geehrt, Elli… Und wenn das euer Wunsch ist…“ Sarah sah Chuck an und wandte sich dann lächelnd zu Elli: „Wir würden das sehr gerne machen. “ Chuck hatte zwischenzeitlich seinen Kaffee abgestellt und umarmte seine Schwester. „Stimmt Elli, Sarah und ich sagen mit Freuden ja. “ Mit einem Blick auf Sarah fügte er noch hinzu: „Wir lieben Kinder.

Für einen Moment versuchte Sarah, sich Chuck als einen Vater vorzustellen, und diese Vorstellung gefiel ihr irgendwie. Doch sofort kamen Bedenken, ob sie Familie und Spionage je unter einen Hut bringen könnte — und ob sie das überhaupt wollte? Als sie Elli und Chuck ansah, die beide um die Wette strahlten, schob sie diese Gedanken bei Seite. „Was denke ich denn da überhaupt, wir sind noch nicht verheiratet, und über Kinder haben wir überhaupt noch nicht einmal nachgedacht.

Es ist doch noch viel zu früh, sich darüber Gedanken zu machen. „

Sarah ließ sich von Chuck und Elli in eine Umarmung ziehen, und genoss es einmal mehr, gewissermaßen Teil einer Familie zu sein. Sie konnte Chuck verstehen, und würde ihm helfen seine Mutter zu finden. Im Grunde seines Herzens wünscht sich jeder eine Familie — eine Gemeinschaft, zu der man gehört — und Sarah bildete da keine Ausnahme.

Im nächsten Moment kam Morgan — wie immer ohne zu klopfen — durch die Tür, in der Hand einen Beutel mit Bagels und einem Grinsen im Gesicht.

„Devon hat mir die frohe Botschaft mitgeteilt. Lass dich drücken, Mami!“ Bevor sich Elli wehren konnte, hatte sie Morgan schon umarmt und drückte sie. „Ich freue mich für euch. Wisst ihr schon, wer der Pate werden soll?“

Chuck zupfte Sarah sanft am Ärmel: „Komm lieber mit, das wird jetzt dramatisch, und ich denke, dass willst du nicht sehen. “ Als sie sich in die Küche zurückzogen, war aus dem Wohnzimmer ein langgezogenes Wehklagen zu hören, und Chuck sah Sarah wissend an.

„Morgan kommt mit Zurückweisung nicht gut zurecht. „

Als sie fünf Minuten später wieder ins Wohnzimmer kamen, saß der geknickte Morgan auf der Couch und Elli hatte ihm tröstend die Hand auf den Arm gelegt. „… wusste nicht, dass es dir so viel bedeutet hätte. Aber Chuck ist mein Bruder. “ Morgan sah auf, und Chuck und Sarah ins Gesicht. Schniefend erklärte er: „Du hättest keine zwei besseren Menschen auswählen können, Elli, und ich freue mich für dich.

Dann werde ich einfach nur der nette Onkel Morgan sein…“ – „Der lustige, durchgeknallte und ausgeflippte Onkel Morgan eher…“ flüsterte Chuck Sarah leise zu.

Chuck hörte im Schlafzimmer sein Handy klingeln und ging nachsehen. Als er zurückkehrte formte er lautlos die Worte „Casey“, „The Castle“ und „Unverzüglich“ in Sarahs und Morgans Richtung. Morgan richtete sich auf und sagte scheinbar gefasst: „Komm Chuck, das Buy More wartet auf uns. “ Er umarmte Elli nochmal und schaffte es sogar, ihr einen Kuss auf die Wange zu drücken.

„Ich freue mich wirklich für euch beide, Elli… Ihr werdet wundervolle Eltern werden. “ Chuck legte einen Arm um die Schulter seines besten Freundes und führte ihn hinaus.

Draußen warteten Chuck und Morgan — der sich langsam beruhigte — bis sie sahen, dass Elli das Haus verließ, und ihr keine fünf Minuten später auch Sarah folgte. „Casey wartet auf uns. Er hat uns was von Beckmann mitzuteilen. “ erklärte Chuck und sie machten sich auf den Weg ins neu eröffnete Buy More, das jetzt unter CIA-Leitung stand.

* * *

„Wir haben einen Auftrag von General Beckmann, und sollen heute Abend aufbrechen. “ Casey war gerade dabei zu packen und nickte Sarah, Chuck und Morgan zur Begrüßung nur knapp zu, als sie „Die Festung“ betraten. „Unser Ziel ist eine Einrichtung von Volkoff Industries in Ðakovo… bei Belgrad“

Die drei sahen ihn erstaunt an. „Wie…“ – „Was…“ – „Wie ich das geschafft habe, wollt ihr wissen? Ganz einfach.

Ich habe ihr die Wahrheit gesagt. “ Noch immer konnten sie ihm nicht folgen. „Du hast Beckmann gesagt, dass wir nach Chucks Mutter suchen?“ wollte Morgan wissen. „Nein, du Trottel! Ich habe ihr gesagt, dass wir dank dir eine weitere Einrichtung unseres mysteriösen Volkoff entdeckt haben, und Beckmann will, dass wir alles über die Anlage und die Hintermänner herausfinden — und Chuck… Sie besteht darauf, dass du dabei bist. Dann lässt sie uns freie Hand, solange wir unter dem Radar bleiben und keine Pferde scheu machen.

Chuck grinste breit, während Sarah ihren Kollegen von der NSA erstaunt und amüsiert ansah. Morgan war es, der die Dinge auf den Punkt brachte: „Tja… da kann man nichts machen. Befehl ist Befehl. Und wenn General Beckmann von dir verlangt, dir die Anlage und die darin enthaltenen Computer sehr gründlich vorzunehmen, dann musst du tun, was du tun musst, Chuck. “ Er schlug Casey vor lauter Aufregung auf die Schulter.

„Sehr gut eingefädelt, Casey. “ – „Mach das nochmal, und ich reiß dir den Arm ab, Schwachkopf. “ Caseys grimmiges Gesicht ließ nicht erkennen, ob er es ernst meinte, oder Morgan nur auf den Arm nehmen wollte, aber der kleine bärtige Mann wollte kein Risiko eingehen und murmelte ein leises „Sorry“ in seinen Bart.

„Unsere Maschine geht heute Abend um halb elf, und ich habe schon Ðorđe Orahovac, den Kontaktmann deines Vaters, informiert, Chuck.

Er trifft uns dann am Flughafen mit allen Erkenntnissen, die der SUP hat. “ erklärte Casey, während er weitere Teile der Ausrüstung einpackte. „Walker, mit deinen Polnischkenntnissen wird die Landessprache für dich kein Problem sein, und für dich ohnehin nicht, oder Chuck?“ Er warf Morgan ohne hinzusehen zwei Bücher zu: „Mach dich schon mal damit vertraut… Vielleicht bringt es was, wie damals in der Schweiz. “ Morgan zog sich mit dem Wörterbuch und dem Reiseführer über Belgrad zurück, die Casey für ihn besorgt hatte, und bald war auch Casey in einem anderen Teil des Castles beschäftigt.

Chuck schüttelte verwundert den Kopf. „Ihm scheint wirklich daran zu liegen, dass ich meine Mutter finde…“ überlegte er laut, als Sarah ihren Arm um ihn legte. „Vergiss nicht, er ist ein Marine UND ein Feldagent. Sein Credo ist: „Keiner wird zurückgelassen“. Das gilt auch für deine Mutter. Sie war eine von uns, genauso wie du, er oder ich. Casey mag dich, und hat einen sehr strikten Ehrenkodex. Außerdem kann er auf die Art zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen.

Wir müssen wirklich mehr über Volkoff und seine Organisation erfahren, und wenn du durch deine Suche nach deiner Mutter zusätzlich motiviert bist, kann uns das nur von Nutzen sein. “ Chuck hätte verletzt sein können, weil sein Freund — und als solchen sah er Casey schon eine geraume Zeit an — so manipulativ war, aber als Spion erkannte er, dass er selbst es auch nicht anders gemacht hätte. Die Mission hatte immer Vorrang, das wusste Chuck selbst sehr genau, hatte er doch genau aus diesem Grund vor fast einem Jahr seine Gelegenheit nicht genutzt, mit Sarah durchzubrennen.

„Dann sollten wir uns langsam mal bereit machen, meinst du nicht auch?“ fragte er. „Das wird ein langer Flug. “ Chuck küsste seine Freundin und Partnerin, dann machte er einen Schritt zurück. „Uns wird wohl keine ruhige Minute mit einander gegönnt, oder?“ lächelte er sie an. „Ich warte dann zuhause, und packe unsere Sachen. Soll ich irgendetwas Spezielles einpacken?“ Sarah schien einen Moment zu überlegen, dann antwortete sie: „Ja, die Kamera, auf der die Bilder aus Costa Gravas sind…“ Ein Lächeln zog über ihr Gesicht.

„… und das weiße Kleid, das ich in Paris gekauft habe — nur für alle Fälle. “ Sie küsste ihn frech auf die Lippen „Bis später, Schatz. “ und machte sich daran, ein Missionsdossier zusammenzustellen, um für sie alle sämtliche Informationen kurz und knapp verfügbar zu haben, während Chuck nach Hause fuhr um zu packen. Es würde ein langer Flug werden, und an Chucks Schulter würde sie sich sicher entspannen können.

* * *

„Dobro došli u našem lepom Beogradu!“ wurden sie in Belgrad willkommen geheißen.

Ðorđe Orahovac erwies sich als ein munterer und fröhlicher Mensch, der sie nach ihrer Landung am späten Abend mit einem Lächeln und einem vertrauenerweckenden Händedruck am Gate erwartete. Vor allem Casey war der 1,82m große, bullige und selbstsichere Ex-Bodyguard auf Anhieb sympathisch.

„Ich habe ihnen eine Akte angefertigt, die unsere Erkenntnisse zusammenfasst, soweit wir welche haben. Volkoff Industries ist in unserem Land noch nie negativ aufgefallen, und beim gegenwärtigen Stand der Korruption muss ich vorsichtig sein, wieviel Staub ich aufwirble.

“ Er begleitete sie zu einem geräumigen SUV ohne Kennzeichnung, und ließ sie einsteigen. „Deswegen müssen sie verstehen, dass unsere Kooperation nur inoffiziell stattfinden darf, zumindest, bis sie handfeste Beweise vorlegen können. Erst dann kann meine Behörde eingreifen — aber meine Unterstützung haben sie jetzt schon. “ Er gab seinem Chauffeur ein Zeichen. „Vladimira Rolovića 197″ und zu den vier gewandt sagte er: „Ich habe für sie eine provisorische Operationsbasis in einer sicheren und unauffälligen Wohnung eingerichtet, bis sie sich etwas orientiert haben.

Die Wohnung steht seit einiger Zeit leer und gehört einen Freund von mir, der in Deutschland lebt, und sie nur während der Sommermonate benötigt, wenn überhaupt. So erfährt vorerst auch niemand, dass sie hier sind, und sie können sich ungestört umsehen. „

Als sie vor dem Haus ankamen, und ihr Gepäck ausluden, reichte Orahovac Sarah die Schlüssel mit den Worten: „Machen sie es sich gemütlich und ruhen sie sich aus. Wenn sie fragen an mich haben, bin ich ab morgen früh um halb neun in meinem Büro zu erreichen — und vorher klopfen sie einfach an, ich wohne nebenan.

“ er lächelte sie alle an, und ging schon mal auf das Haus zu.

Der Wagen fuhr an, und ließ die vier auf einem großen Platz stehen, auf dem sogar zu dieser späten Stunde noch Kinder aller Altersklassen spielten und herumalberten. Ein paar der älteren Jungs, vielleicht um die 12 oder 13, bewunderten Sarah mit offensichtlichem Interesse, und ein ganz forsches Bürschchen näherte sich den Neuankömmlingen sogar und begann, sie in fast fließendem Englisch auszufragen.

Wer sie denn seien, wo sie herkämen, ob sie länger blieben — und zu guter Letzt, ob Sarah einen Freund habe. An dieser Stelle musste der schmunzelnde Chuck dann doch eingreifen. „To je moja cura. „ stellte er seinen „Besitzanspruch“ auf „das Mädchen“ unmissverständlich in fließendem Serbisch klar und nahm sie demonstrativ in den Arm, worauf ihn der Bengel musterte, bewundernd nickte, und Chuck seines Neides versicherte. „Zavidim ti, brate mili. „

„Ostavljaite ljude na miru, kako ste tako bezobrazni!“ Schimpfte der SUP-Man mit den — in seinen Augen frechen und aufdringlichen — Nachbarskindern, ermahnte sie, die Neuankömmlinge nicht zu belästigen und auch nicht so unverschämt zu sein.

Dann bat er die vier, die, von ihm unbemerkt, stehengeblieben waren, mit einer einladenden Handbewegung ins Haus. Chuck glaubte noch gehört zu haben, wie einer der Jungs zu den anderen sagte: „Koja oštra maćka. „ und musste — bei dieser Vorstellung frech grinsend — zustimmen, dass Sarah wirklich eine „scharfe Katze“ war.

Während die Kinder sich wieder ihren Beschäftigungen zuwandten, betraten die vier, von Orahovac geführt, erst das Haus, dann das kleine Apartment, dass für die nächste Zeit ihre Basis sein würde.

„Der Eigentümer hat die Wohnung von seiner Großtante, meiner früheren Nachbarin, geerbt, und aus Respekt vor ihr kaum etwas an der Einrichtung verändert. Das Bad ist aber ganz neu gemacht, und sowohl Telefon als auch Breitband-DSL sind verfügbar. Im Kleiderschrank liegen zwei Luftmatratzen mit Aufblasautomatik, und da ist auch noch ein Paravent hinter der Tür. “ Er sah sich um, blickte auf die Uhr und sagte: „Wenn sie keine weiteren Fragen haben, ziehe ich mich zurück, und wir sehen uns dann morgen um zehn Uhr zum Frühstück.

Mein Fahrer wird sie abholen. „

Als sich die Tür hinter ihm schloss, sah sich Casey musternd um. Schnell erkannte er, dass die Wohnung zwar nicht in jeder Hinsicht auf dem neuesten Stand war, aber für den Anfang ausreichte. „Falls jemand duschen will, sollten wir den Boiler vorher einschalten… Und geht sparsam mit dem heißen Wasser um, so ein Boiler fasst nicht viel, und braucht eine Weile, bis er das Wasser heiß gemacht hat.

Morgen werden wir dann weiter sehen, was wir wegen einer neuen Unterkunft machen können. “ erklärte er. „Ich weiß nicht, ich finde die Wohnung ganz nett, und sie hat irgendwie etwas Gemütliches. “ Sarah war selbst etwas überrascht, aber sie mochte die kleine Erdgeschosswohnung mit ihrem 70er Jahre Charme.

„Mal eine praktischere Frage…“ ließ sich Morgan vernehmen. „Wo sollen wir alle schlafen? Ich sehe hier nur ein Bett. “ Er sah sich um.

„Sollen wir ausknobeln, wer das Bett und wer die Luftmatratzen bekommen soll?“ – „Nicht nötig!“ Casey holte den Paravent hervor und stellte ihn so auf, dass das Bett nicht zu sehen war. „Du und ich nehmen die Matratzen und Chuck und Walker bekommen das Bett… Wenn sie versprechen, sich zusammenzureißen. “ Sarah und — nach einem leichten Ellenbogenstoß Sarahs — auch der etwas verwirrte Chuck nickten ernst und lachten dann. „Wir werden brav bleiben, Casey.

Ehrenwort. “ versprachen sie, und machten sich ans Auspacken ihres Gepäcks.

Zwei Stunden später hatten sie ausgepackt, sich frisch gemacht, und beschlossen den Tag enden zu lassen, um am nächsten Morgen ausgeruht und fit zu sein. Sowohl Chuck als auch Sarah mussten sich beherrschen, nicht zu lachen, als sie Morgan und Casey Seite an Seite auf den Luftmatratzen liegen sahen, Casey in einem konservativen Pyjama und Morgan mit einem Pyjama, der seine Leidenschaft für Star Wars mehr als deutlich zeigte.

Über und über war dieser mit den Figuren der Filme bedruckt.

Als sie einschlief, ging Sarah noch durch den Kopf, dass es wirklich ein Glück war, dass Morgan inzwischen nicht mehr nackt schlief.

* * *

Dunkelheit umgab ihn wie ein dichter Vorhang, und für einen Moment wusste Morgan nicht, wo er war, aber als er das deutliche Schnarchen neben sich hörte, fiel es ihm wieder ein.

Er lag auf einer Luftmatratze in einem kleinen Apartment in Belgrad — und neben ihm lag der Mann, der ihn mehr Angst machte als alles andere: Colonel John Casey, NSA-Agent und staatlich sanktionierter Attentäter.

Morgan drehte sich auf die andere Seite und stieg aus dem Bett. Als er hinter dem Paravent hervorkam, sah er, dass die Balkontür offen stand, und Sarah auf einem der Stühle am Tisch auf dem Balkon saß.

Da Morgan eine ganze Weile mit Chuck und Sarah zusammengewohnt hatte, war es für ihn nichts Neues mehr, Sarah nur leicht bekleidet zu sehen, dafür war er ihr einfach schon zu oft nachts ins der Küche begegnet, oder ihr über den Weg gelaufen, als sie aus der Dusche kam — Ihretwegen hatte er ja auch aufgehört, nackt zu schlafen.

„Kannst du nicht schlafen, Morgan?“ Morgan hatte sich nicht die Mühe gemacht, besonders leise zu sein, da er nicht dachte, dass noch jemand wach sein könnte, womit klar war, dass ihn Sarah gehört hatte.

„Casey schnarcht — und er schnarcht lauter als ich. “ war seine Antwort. „Ist bei dir alles ok? Warum schläfst du nicht?“ Sarah sah zu ihm, und wirkte im Licht der Straßenlaternen, die durch die Bäume vor dem Haus gefiltert wurden, sonderbar verletzlich. Als wollte sie sich gegen eine drohende Gefahr wappnen, hatte sie den Morgenmantel eng um sich gezogen.

„Was ist los, Sarah? Ich kenne dich inzwischen gut genug, um zu wissen, dass etwas nicht in Ordnung ist.

“ – „Morgan, was hältst du von Chucks Suche nach seiner Mutter?“ Er nahm sich einen Stuhl und setzte sich ihr gegenüber, um ihr genau ins Gesicht sehen zu können. „Sarah… Als Mrs. B. weg war, ging für Chuck die Welt unter. Wenig später verschwand auch sein Vater, und Elli musste sich um ihn kümmern. Das weißt du alles. Kannst du dir vorstellen, dass er damals ängstlicher war als ich? Er hat langsam angefangen sich zu berappeln, als er glaubte, sich um mich kümmern zu müssen.

“ Sarah sah ihn skeptisch an. „Ok… Es war auch für mich sehr gut, als er sich meiner annahm, aber darauf will ich garnicht hinaus. Ich würde Chuck ans Ende der Welt folgen, und werde immer für ihn da sein, aber jetzt besonders. Ich weiß nicht, ob dir klar ist, was ihm seine Mutter bedeutet, vor allem jetzt, nachdem sein Vater tot ist. Chuck ist ein Familienmensch, durch und durch…“ Sarah gingen wieder Bilder durch den Kopf: Chuck als Vater; Chuck mit einem Baby auf dem Arm, über das ganze Gesicht strahlend.

„… ist auch der Grund für seine Stärke. Im Moment sind wir seine Familie. Allen voran du, Sarah, aber er hat seine Mutter nicht mehr gesehen, seit er ein kleiner Junge war. Abgesehen davon braucht er Antworten. Antworten, die ihm nur seine Mutter geben kann. „

„Ich mache mir Sorgen, Morgan. “ Ihre Stimme klang sehr leise und unsicher, und Morgan hatte das Gefühl, dass Sarah vor etwas Angst hatte. „Was ist, wenn wir Mary Elizabeth finden, und sich herausstellt, dass sie nicht mehr die Frau ist, die sie mal war.

Sieh dir nur an, wie sich Chuck in der kurzen Zeit verändert hat. Ich kann ihn verstehen, aber ich kann auch Prag nicht vergessen…“ Morgan wollte etwas erwidern, aber Sarah schnitt ihm mit einer knappen Geste das Wort ab. „Ich weiß es, Morgan, und ich verstehe auch seine Beweggründe. Das ändert aber nichts daran, dass ich das Gefühl habe, die Dinge wiederholen sich. Mary Elizabeth verließ ihre Familie weil sie eine Spionin war, und Chuck wies mich zurück, um ein Spion zu werden — beide wollten einem großen Guten dienen, und waren bereit, ihr persönliches Glück hintan zu stellen.

“ Morgan sah Sarah jetzt sehr genau an. „Du hast Angst, dass er dich irgendwann einmal verlassen wird…“ – „Seit Elli bei uns war, um uns zu bitten, die Paten des Kindes zu werden, denke ich oft daran, wie es wäre, eine Familie zu haben, Morgan… Eine Familie mit Chuck. Aber ich habe auch Angst, dass ihn diese Familie nicht davon abhalten könnte, sein Leben aufs Spiel zu setzen, wie es seine Mutter vor ihm getan hat — und wie es sein Vater auch schon getan hat.

So ehrenhaft Stevens Motive auch waren, hat er doch den kleinen Chuck in der Obhut der kaum größeren Elli zurückgelassen. „

Morgan beugte sich vor und nahm Sarah in den Arm. „Chuck ist weder seine Mutter, noch sein Vater, und am allerwenigsten ist er dein Vater. Das ist dein Chuck, der sogar einen Panzer auffahren ließ, als er dachte, du wärst in Gefahr — er würde alles tun, um dich zu beschützen.

“ – „Aber sie ist seine Mutter… Wie wird er wählen, wenn er sich zwischen ihr und mir entscheiden müsste?“ – „Ich weiß es nicht, aber ich weiß, wie er sich in Moskau entschieden hat… Deswegen sind wir hier. Er hat sich für dich entschieden, ohne zu wissen, ob er seiner Mutter je wieder auf die Spur kommen kann. Das sollte dir Antwort genug sein, Sarah, meinst du nicht auch?“

Erstaunlicherweise fühlte sich Sarah etwas besser, nachdem sie mit Morgan gesprochen hatte, auch wenn er ihr ihre Ängste nicht nehmen konnte.

Natürlich hatte Morgan Recht, Chuck würde für sie alles tun, und hat in Moskau die Daten geopfert, um sie und Casey zu retten, aber Sarah konnte nur hoffen, dass sich daran nichts ändert. Es war für sie noch alles so neu und ungewohnt, und sie hatte Angst, das einzig wirklich Gute, das ihr im Leben widerfahren ist, zu verlieren.

„Ich finde, Chuck muss von dieser Unterhaltung nichts erfahren. Von mir wird er jedenfalls nie etwas erfahren.

Und wenn du mit jemandem reden willst, ich bin für dich da, Sarah…“ Sarah wusste, dass Morgan das auch wirklich so meinte, wie er es sagte. Sie ertappte sich selbst hin und wieder dabei, den kleinen bärtigen Mann als eine Art… Nun ja, nicht direkt Bruder, aber eine Art seltsamen und manchmal unheimlichen Cousin zu betrachten.

Sie trat wieder ins Zimmer, während Morgan noch etwas die milde Nachtluft genoss, und sah Chuck auf dem Bett liegen, vollkommen friedlich und entspannt.

Vorsichtig legte sie sich wieder neben ihn und küsste ihn auf die Wange. „Sarah…“ Er murmelte lächelnd im Schlaf vor sich hin und sie konnte nicht anders, als das süß und niedlich zu finden. „Ich liebe dich, Chuck, und stehe immer hinter dir. Verzeih mir, dass ich Angst habe, aber ich weiß nicht, ob ich leben könnte, wenn ich dich verliere. “ Sie hatte keine Ahnung, ob er sie hören oder gar verstehen konnte, aber wie als Antwort drehte er sich zu ihr, legte seinen Arm um sie und zog sie mit den gemurmelten Worten „Komm her, Schatz… Ohne dich ist das Bett so kalt.

“ an sich.

Während Chuck im Schlaf ihren Nacken küsste — etwas was er oft, gern und sehr gut konnte, selbst wenn er tief schlief — entspannte sich Sarah immer mehr, und als sie wieder in den Schlaf driftete, lächelte sie sogar wieder.

* * *

Das Wecken übernahm Casey sehr gerne. Vielleicht musste man als Colonel der Marines so strikt sein, aber Morgan war eher der Überzeugung, dass Casey es auf eine sadistische Art genoss, ihn mitsamt der Luftmatratze auf den Boden zu kippen.

Als er sich aufrappelte, sah er, dass Sarah Chuck sehr viel sanfter geweckt haben musste, denn Chuck lächelte unbekümmert. „Denkt dran, sparsam mit dem Wasser zu sein. “ ermahnte sie Morgan, der sich die Worte Caseys vom Vorabend eingeprägt hatte. „Darum gehen wir auch zu zweit duschen…“ Chuck grinste noch breiter, und Morgan erwiderte nur noch hastig: „Keine Details!!“

Nach und nach kam jeder von ihnen an die Reihe, ins Bad zu dürfen.

Morgan beeilte sich zwar schon, aber als Ex-Marine war Casey augenscheinlich sehr geringen Luxus gewöhnt, denn er schaffte es tatsächlich, sich innerhalb von fünf Minuten abmarschbereit zu machen.

„Der Wagen ist da. “ Sarah kam, gefolgt von Chuck, vom Balkon herein und blickte in die Runde. „Perfektes Timing, ich verhungere. “ meinte Morgan und war auch ehrlich gespannt auf das Belgrader Frühstück, von dem er im Reiseführer gelesen hatte. So war es nicht überraschend, dass Morgan die Wohnung auch als erster verließ.

Der Fahrer — wie die meisten Belgrader — sprach und verstand sehr gut Englisch, und konnte mit Morgan über die Sehenswürdigkeiten fachsimpeln, während sie vom Stadtteil Cerak durch pulsierende Stadtteilkerne, über Brücken, an der Save entlang und vorbei am WTC (World Trade Center) of Belgrade ins Stadtzentrum fuhren.

Zu ihrer aller Überraschung hielt der Fahrer den Wagen vor einer Art Imbiss an, wenige Meter von der Amerikanischen Botschaft, an der Ecke Sarajevska Ulica und Ulica Vojvode Milenka, entfernt.

Ðorđe Orahovac erwartete sie an der Tür des Lokals. „Ich hatte ihnen ja ein echtes Belgrader Frühstück versprochen. “ Besonders Morgan war neugierig. „Mit leeren Magen sollte man den Tag nicht beginnen, nicht wahr?“ – „Da haben sie voll und ganz Recht, Gospodine Grimes. “ Morgan drehte sich zu seinen Freunden. „Greift zu, ich habe davon gelesen, und es soll sehr gut sein. “ Orahovac lachte und nickte dann. „Das stimmt, aber für Touristen ist es vielleicht noch etwas ungewohnt.

Ich dachte mir nur, wir würden hier nicht sehr auffallen. „

„Sieht fast aus wie in der Türkei, und ich wette, es schmeckt auch so. “ meinte Casey und sah sich die Waren in der Theke an. Letztlich saßen sie alle an einem Tisch, mit ihrem Frühstück vor sich und genossen es dann neugierig und voller Appetit. Casey hatte sich für Pogačice entschieden, kreisrunde Blätterteigteilchen mit einer Schafskäsefüllung, während Morgan einen Burek sa mesom, Blätterteigkuchen mit Hackfleischfüllung, und Chuck und Sarah Burek sa sirom, Blätterteigkuchen mit einer Füllung aus Schafskäse und serbischem Hüttenkäse (Kajmak), genossen.

Traditionell tranken alle dazu Joghurt, der sich geschmacklich sehr gut mit dem leicht fettigen und würzigen Essen vertrug.

„Ich denke, ich habe einen Ansatzpunkt für ihre Ermittlungen gefunden. “ Orahovac tupfte sich mit einer Serviette die Krümel von den Lippen. „Das Gelände von Volkoffs Einrichtung wird von einer hiesigen Sicherheitsfirma namens „Beli Tigar“ bewacht, zu der ich noch den einen oder anderen guten Draht habe. Das könnte ihnen helfen, Zugang zu bekommen.

Zwar nur zu den Außenanlagen, aber das dürfte schon ein guter Anfang sein, nicht wahr?“ – „Haben wir irgendwelche Lagepläne oder Grundrisse der Anlage?“ verlangte Casey wissen. „Es war mir klar, dass sie danach fragen werden, Pukovniće Casey. “ Antwortete er dem NSA-Agenten und gebrauchte dabei — im Gegensatz zum Zivilisten Morgan — bei Casey die Bezeichnung dessen militärischen Ranges. „Ich habe Pläne vom Bauamt, die vorgelegt werden mussten, als der Bau der Anlage beantragt wurde, die ich ihnen zukommen lassen werde.

Vielleicht können sie bei „Beli Tigar“ weitere Pläne und Informationen finden, die ihnen dann noch weiterhelfen. „

Morgan hatte sein Frühstück beendet und leckte sich noch die letzten Joghurtreste von den Lippen, bevor er sich den Mund mit einer Serviette abwischte. „Sie erwähnten diese Firma, „Weißer Tiger“ schon mehrfach, aber ohne uns zu sagen, inwieweit wir von da Hilfe erwarten können, Ðorđe. Reichen ihre Kontakte zu dieser Firma aus, um uns die nötigen Informationen zu beschaffen?“ – Bedauerlicherweise nicht, Gospodine Grimes, und ich will an dieser Stelle auch noch einmal klarstellen, dass ich offiziell von nichts wissen werde, wenn sie beschließen… Nun ja, sich die Informationen auf eigene Faust zu beschaffen.

Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück, schob seinen Teller von sich und entzündete sich nach einem fragenden Blick in die Runde eine Zigarette. Einige tiefe Züge lang, war von keinem ein Ton zu hören, und mehr als ein Verstand war damit beschäftigt, das weitere Vorgehen zu planen. Kurz bevor das Schweigen hätte peinlich werden können, war Orahovacs Stimme zu vernehmen.

„Es steht mir nicht zu, Vermutungen anzustellen, ob sie willens und in der Lage wären, mitten in der Nacht in die Büroräume des „Weißen Tigers“ einzubrechen, um zu bekommen, was sie wollen.

“ Er wirkte mit einem Mal seltsam unbeteiligt und sah keinen von ihnen an. „Schließlich dienen wir alle dem Gesetz und setzen uns für Recht und Ordnung ein, nicht wahr?“

Ðorđe Orahovac sah wieder auf. „Die Zvezdara ist leider nicht mehr die aufmerksame Nachbarschaft, die sie mal war. Ich denke in einem so dunklen und verwinkelten Viertel der Stadt würden sie ihre Zeit doch nicht vergeuden. Da ist heutzutage nichts mehr los.

“ Lächelnd fügte er hinzu: „Was da früher an Leben noch vorherrschte, ist lange weg. Jetzt sind da nur noch Büro- und Geschäftsgebäude, und nach Ende der Bürozeiten findet sich da keine Menschenseele. „

Er schrieb dann etwas auf eine der Servietten und reichte sie zusammengeklappt Casey. „Ich bedaure es sehr, ihnen offiziell nicht helfen zu können…“ und an Chuck gewandt fügte er hinzu. „Ich bedaure ihren Verlust, und hoffe von ganzem Herzen, dass sie nicht nur an die Beweise herankommen, die sie finden sollen, sondern auch eine Spur ihrer Mutter finden.

Wenn ich ihnen helfen kann, werde ich es tun, und wenn sie klare Beweise finden, steht meine Behörde voll und ganz hinter ihnen, darauf haben sie mein Wort. „

Mit einem bedauernden Seufzen erhob er sich vom Tisch. „So gerne ich noch weiter mit ihnen plaudern würde, muss ich aber leider zurück ins Büro. Das Frühstück geht auf mich, und mein Fahrer wird sie zum Bahnhof bringen, wo sie sich einen Wagen mieten können.

Ich denke, sie würden sich gerne mit einem eigenen Fahrzeug frei in der Stadt bewegen können. Lassen sie mich wissen, wenn sie etwas brauchen, und wenn es in meinen Möglichkeiten liegt, werde ich ihnen helfen. “ Er verließ das Lokal, und als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, entfaltete Casey die Serviette.

„Das Büro von „Beli Tigar“ liegt in der Ulica 16. Oktobra, und die beste Stelle, um reinzukommen, ist die Hintertür am westlichen Ende des Gebäudes.

Der Magnetkontakt der Tür ist leicht zu überbrücken. Viel Glück. „

Die kyrillischen Zeichen schienen Casey keine Schwierigkeiten zu bereiten, als er den Text auf englisch auf eine andere Serviette übertrug, damit sie alle lesen konnten. „Offensichtlich denkt Ðorđe, es wäre nicht gut, wenn er uns das mündlich mitteilt. Ich könnte mich irren, aber ich glaube, er steht unter enormem Druck, weil er versucht uns zu helfen. “ Er zerriss die Servietten in winzige Fetzen und ließ sie in den Aschenbecher fallen.

„Wir sollten uns um einen fahrbaren Untersatz kümmern, wie er vorgeschlagen hat. “ schlug Chuck vor, und sah sich unauffällig um. „Es wird wirklich praktischer sein, wenn wir selbst mobil sind, und falls er Recht hat, dass seine Behörde ihn wegen uns überwachen lässt, wäre sein Wagen zu auffällig… Und der Fahrer ein zu großer Risikofaktor geworden. Falls Ðorđe wirklich überwacht wird, ist er auch ein Risikofaktor. Wir können uns nur auf einander verlassen.

Unauffällig sah ihn Sarah an, und einmal mehr fiel ihr auf, wie überaus professionell Chuck war, wenn er einer Spur seiner Mutter folgte. Es war nicht mehr nur, dass Chuck zu einem echten Spion wurde, was für sich genommen eine gute Sache wäre, sondern viel mehr so, als wäre Chuck entschlossen, alles Erforderliche zu tun, um seine Mutter zu finden. Schweren Herzens fragte sich Sarah fast widerwillig, wie weit Chuck bereit war, zu gehen, um seine Mutter zu retten.

„Machen wir uns auf den Weg. “ schlug sie vor, um auf andere Gedanken zu kommen, und nicht immer an die Veränderungen zu denken, die scheinbar in Chuck vor sich gingen. Solange sie beschäftigt war, konnte sie sich einreden, sie würde überreagieren. Morgan warf noch einen verlangenden Blick auf das leckere Gebäck hinter der Theke, doch dann erhob auch er sich, und sie verließen das Lokal.

„Darf ich den Wagen aussuchen?“ fragte Morgan, als sie die Straße vor der US-Botschaft überquerten.

Ohne ihn einer Antwort zu würdigen, stieg Casey in den stabilen Geländewagen, den ihnen Orahovac vorübergehend zur Verfügung gestellt hatte, während Sarah auf seine Frage nur geistesabwesend die Schultern zuckte und Chuck ein knappes „Mal sehen. “ von sich gab, und fuhren dann durch die — um diese Uhrzeit schon überfüllten — Straßen zum Bahnhof.

* * *

Der dunkelgrüne Toyota Prius — Morgans Vorschlag, da der Wagen nicht nur umweltfreundlich war, sondern auch unauffällig und durch den Elektromotor im Stadtverkehr sehr leise war — rollte mit Chuck am Steuer lautlos und ohne Licht die mitternächtliche Ulica 16.

Oktobra entlang, während Sarah geduldig durch den Restlichtverstärker die Fassaden der Gebäude nach dem Firmenschild der Sicherheitsfirma absuchte. Nach wenigen Minuten deutete sie in die Dunkelheit. „Da vorne ist es, das überaus geschmackvolle Schild mit dem springenden weißen Tiger. “ Sie senkte das Nachtsichtgerät und sofort versank die Umgebung in eine, von verstreuten Straßenlaternen schwach eingedämmte, Finsternis. „In der Dunkelheit müssen wir uns wirklich keine Sorgen machen, gesehen zu werden. Hier ist keine Menschenseele.

“ – „Stimmt zwar, Morgan, aber wir sollten uns trotzdem vorsichtig verhalten, das hier ist einfach zu perfekt. “ war Sarahs Antwort.

Als sie vor dem zweistöckigen Gebäude standen, konnten sie erkennen, dass die Einfahrt auf den Innenhof von einem einfachen eisernen Tor mit zwei Riegeln versperrt wurde, das sie im Handumdrehen geöffnet haben würden. Wenige Minuten später schloss sich das Tor hinter dem Mietwagen und Morgan folgte dem Auto zum Gebäude.

Der Firmensitz von „Beli Tigar“ entpuppte sich als altes, zweigeschossiges Fabrikgebäude in U-Form. Das untere Geschoss wurde fast vollkommen von Garagen und einer Werkstatt eingenommen, die sich links und rechts der großen zweiflügeligen Eingangstür gruppierten. Zwischen den Enden der äußeren Gebäudetrakte und der umgebenden Mauer führte ein etwa zwei Meter breiter Weg um das Gebäude, und somit zur Hintertür.

„Der Hintereingang dürfte in dieser Richtung hier liegen.

“ stellte Casey fest, und ging voraus. Die Rückseite der ehemaligen Fabrikhalle lag in stygischer Finsternis da, und die vier streiften sich ihre Nachtsichtgeräte über, damit kein Lichtschein einer Taschenlampe ihre Anwesenheit verraten könnte. Auch wenn die Gegend ausgestorben wirkte, konnten sie sich nicht darauf verlassen, dass nicht doch zufällig jemand verräterische Lichter sehen würde.

Der Hintereingang war auch in der Dunkelheit nicht zu verfehlen, und wie es ihnen Orahovac vorhergesagt hatte, war die Tür in sekundenschnelle offen, nachdem sie die Magnetstreifen überbrückt hatten.

Die Tür führte direkt in einen Umkleideraum, der nach Schweiß, Deodorant, Zigaretten und Waffenöl roch, und an seinem entfernten Ende rechts in einen Duschraum überging, während er links zu einer Treppe führte. Da dieses Mal Chuck voraus ging, deckte Casey ihren Rücken, und Morgan folgte Sarah die Treppe hinauf, fasziniert davon, ein echtes Nachtsichtgerät zu tragen, und nicht nur die entsprechende Illusion in einem seiner Computerspiele zu erleben.

Das Ende der Treppe erweiterte sich zu einem kleinen Vorraum, der in einen schmalen Gang führte, von dem jeweils zwei Türen zu jeder Seite abgingen.

Direkt an der Treppe fanden sie eine Übersichtstafel mit sämtlichen Fluchtwegen, Feuerschutztüren, Rauchabzügen und — was am Wichtigsten war — allen Räumen mit genauer Bezeichnung der Verwendung. Das Archiv befand sich, wie auch der EDV-Raum und die Server in einem fensterlosen Lagerraum am anderen Ende des Gebäudemittelteils.

„Entweder ist heute unser Glückstag, oder die sind hier sehr unvorsichtig mit ihren Daten. “ Zu ihrem Erstaunen war der Raum in das sanfte Licht der eingeschalteten TFT-Monitore getaucht, so dass sie ihre Restlichtverstärker abnehmen konnten.

„Ich glaube, weder noch, Casey. Das ist eine simple Check- und Updatesequenz, die hier durchläuft. Vermutlich durchlaufen die Rechner diese Prozedur jede Nacht. Einmal scannen und aktualisieren, und da sie die Rechner nachts nicht brauchen, haben sie die Ressourcen frei. Eine externe Firewall sichert dabei das System nach außen“ – „Ihr beide kümmert euch um die Computer, und Walker und ich sehen uns hier noch weiter um. “ Casey wandte sich ab und streifte das Nachtsichtgerät wieder über.

Als Casey und Sarah knappe fünfzehn Minuten später zurückkamen, konnte Chuck auf Caseys Gesicht schon die Frustration erkennen, bevor der NSA-Agent sein Nachtsichtgerät abgenommen hatte. „Super! Das hier ist ein „papierloses Büro“, und das einzige Papier, dass du hier finden kannst, sind die Flyer von diversen Lieferdiensten und die fast schon obligatorischen Pornomagazine in einigen Schreibtischen. “ Er musterte erst Chuck, der hinter Morgan stand, dann Morgan, der etwas am Computer machte, mürrisch.

„Seid wenigstens ihr beiden weitergekommen, oder war die ganze Aktion hier ein Fehlschlag?“ Chuck hielt mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck einen USB-Stick hoch „Alle Daten übertragen. “ und Morgan lehnte sich entspannt und breit grinsend im Stuhl zurück, hielt acht Plastikkarten hoch und erklärte in einem Ton, der „Q“ aus den James-Bond-Filmen nachahmen sollte: „Das hier sind Schlüsselkarten zu Volkoffs Anlage. Mit ihnen haben wir Zugang zu so ziemlich allen Sicherheitsebenen.

Wir sind jetzt offizielle Mitarbeiter von „Beli Tigar“. Sobald wir wissen, wann wir losschlagen wollen, muss uns Chuck nur in die offiziellen Einsatzpläne einfügen. “ – „Eine entsprechende Hintertür habe ich schon in deren System eingebaut. “ erklärte Chuck, nicht ohne hörbaren Stolz in seiner Stimme.

Sarah schüttelte schmunzelnd den Kopf, zwischen Chucks und Morgans zufriedenen Mienen und Caseys verschlossenem Antlitz hin und her blickend. „Dann sind wir ja hier fertig.

Lasst uns verschwinden. “ forderte sie die anderen zum Aufbruch auf.

Auf dem Weg die Treppe hinab, Casey und Morgan übernahmen die Vorhut, während Chuck und Sarah hinterher kamen, flüsterte Sarah: „Du wirst immer besser, Chuck. Ich bin sehr beeindruckt. “ Sie beugte sich zu ihm und küsste ihn zärtlich. „Ich liebe dich, und bin sehr stolz auf dich. “ Im Display des Nachtsichtgeräts erschien Chucks Gesicht seltsam, aber sein Lächeln war unübersehbar.

„Ich hatte eine gute Lehrerin. “ – „Könnt ihr beiden Turteltauben mal die Klappe halten, und warten, bis wir wieder im Wagen sind?“ hörte man Caseys Knurren von unten. „Wir wollen doch möglichst unauffällig bleiben, oder?“

Als sie wenige Minuten später wieder zum Wagen kamen, steckte ein Zettel unter dem Scheibenwischer. „Scheinbar waren wir doch nicht so unauffällig, wie du angenommen hast, Grimes. “ meinte Casey beißend. Nach einem Blick in die Runde zog Chuck die Notiz hervor und las sie mit gedämpfter Stimme vor:

„Ich vermute, sie haben ein großes Interesse an der Anlage von Volkoff Industries.

Es wäre möglich, dass ich ihnen helfen kann. Treffen sie mich morgen Mittag um zwölf an der Ecke Ulica Karađorđeva und Milovana Milovanovića im „Café Željeznik“. Setzen sie sich an den hintersten Tisch, damit wir ungestört sein können. „

Es war Morgan, der aussprach, was alle dachten: „Es könnte eine Falle sein. Volkoff weiß, daß wir ihm auf den Fersen sind. “ – „Was du nicht sagst, du…“ wollte ihn Casey zurechtweisen, doch er kam nicht dazu.

„Aber wir können uns dem nicht entziehen. “ entgegnete Sarah. „Unsere Deckung ist vielleicht aufgeflogen, und wir müssen herausfinden, wie groß das Problem ist. “ Casey legte sich auf den Boden und leuchtete jeden Winkel unter dem Wagen aus. „Ich kann keine Peilsender oder ähnliches entdecken, aber das heißt nicht, daß da keine sind. Wenn derjenige, von dem die Nachricht kam, uns hier finden konnte, könnte er uns auch zum Apartment folgen. Wir müssen den Wagen loswerden.

“ Knurrend fügte er hinzu. „Grimes hätte beim Wagen warten können, dann wäre das nicht passiert. “ – „Vielleicht Casey, aber ein einzelner Mann in einem abgestellten Wagen in einer dunklen Gegend wäre auch nicht besonders unauffällig, meinst du nicht auch?“ Casey gab nur ein unwilliges Schnauben von sich, und stieg in den Wagen. Auch wenn Morgan Recht hatte, würde er es dem bärtigen Troll nicht auf die Nase binden.

Chuck, der dank des Intersect keinen Stadtplan oder einen Navigationscomputer brauchte, steuerte den Wagen durch die Straßen, und entspannte sich immer mehr, je dichter der Verkehr in Richtung Belgrader Altstadt wurde.

Im nächtlichen Stoßverkehr auf der Savska Ulica in Richtung Hauptbahnhof waren sie bald mit dem restlichen Gewimmel der Millionenstadt verschmolzen, und eine Verfolgung eher unwahrscheinlich.

Etwa auf Höhe des Bahnhofs lenkte Chuck die Aufmerksamkeit seiner Passagiere auf ein Gebäude zu ihrer Linken. „Da vorne, an der Ecke, etwa 250 Meter voraus, das ist das Café Željeznik. Seht es euch genauer an. Ich will jetzt nicht anhalten, für den Fall, dass es überwacht wird.

Außerdem müssen wir bald den Wagen los werden. So lange wir nicht wissen, von wem die Nachricht ist, sollten wir versuchen, unter dem Radar zu bleiben. „

Casey überlegte laut: Für eine gründliche Überprüfung bleibt uns jetzt keine Zeit, solange wir nicht sicher sein können, nicht verfolgt…“ – „Hier spricht Morgan Grimes. “ Morgan hatte sein Handy hervorgeholt, und nannte seinem Gesprächspartner gerade seinen Freigabestatus. „… muss dringend mit ihrem Nachrichtendienstoffizier sprechen…“ er hörte einen Moment zu, schloss die Augen fest und antwortete dann mit fester Stimme: „Dann holen sie ihn aus dem Bett, dies hier hat oberste Priorität! Gut, ich warte.

Erst als seine Worte verklungen waren, ohne dass sein Gegenüber widersprach, wagte er es, die Augen wieder zu öffnen. Als er die Blicke auf sich ruhen sah, zuckte er die Achseln und meinte trocken: „Nur weil wir es uns nicht selbst ansehen können, heißt es nicht, dass sich niemand ein Bild machen kann. “ Eine Stimme war aus seinem Handy zu hören, und Morgan atmete tief durch. „Guten Abend, Mister Carter, Morgan Grimes hier, Central Intelligence Agency… Entschuldigen sie die späte Störung, aber ich muss sie um ein paar Gefallen bitten…“

Innerhalb kürzester Zeit hatte Morgan dafür gesorgt, dass drei Botschaftsmitarbeiter sich das Café noch vor Tagesanbruch genau ansehen, und ihnen einen kompletten Bericht abliefern würden.

Ein vierter Botschaftsmitarbeiter würde den Prius abholen und ihnen im Morgengrauen einen neuen Mietwagen vor die Tür stellen. Als er auflegte, drückte vor allem Caseys Gesicht grenzenlose Verblüffung aus. „Wann hast du dir denn ein neues Paar Eier wachsen lassen, Grimes?“ fragte er mit milder Verachtung. „Ich weiß nicht, Casey… Vielleicht, als du deinen Familiensinn entdeckt hast?“ Morgan kam nicht umhin, festzustellen, dass seine Beziehung zu Alex — Caseys Tochter — in ihm ungeahnte Potentiale freisetzte — von Mut ganz zu schweigen.

In Sarahs plötzlichem Auflachen ging Caseys gemurmelte Antwort „Werd hier nicht frech, du Punk. “ fast völlig unter, doch auch so war klar, dass ihn Morgan dieses Mal wirklich ausgehebelt hatte. Chuck hatte inzwischen den Wagen auf dem Gelände des Zentralen Omnibusbahnhofs gewendet, und fuhr auf der Savska Ulica wieder am Hauptbahnhof entlang auf der Suche nach einer Parkmöglichkeit. Instinktiv bog er von der Savska Ulica in die Nemanjina Ulica ein, folgte einer Eingebung in die Balkanska Ulica — eine erstaunlich steile Straße für eine Großstadt wie Belgrad — und fand schließlich am Ende ihrer Querstraße Ulica Kraljice Natalije einen großen Parkplatz nahe dem Bauern- und Gemüsemarkt Zeleni Venac.

„Ok, ich denke, hier können wir den Wagen lassen. Du musst nur die Botschaft informieren, wo der Wagen steht, Morgan. “ – „Und wie kommen wir hier jetzt weg? Denkst du, wir finden ein Taxi um diese Zeit?“ wollte Morgan wissen, doch Sarah legte ihre Hand auf seine Schulter. „Das wird nicht nötig sein, schaut mal, wo Chuck uns abgesetzt hat. „

Keine zwanzig Meter von ihnen entfernt hielten zwei Busse der Belgrader Verkehrsbetriebe hintereinander an einer Haltestelle — an der auf serbisch in kyrillischer und lateinischer Schrift, auf englisch, auf französisch und auf deutsch zu lesen stand: „Zentraler Knotenpunkt“.

„Reife Leistung, Chuck. Du hast einen wirklich guten Parkplatz gefunden. Jetzt müssen wir nur noch den richtigen Bus erwischen. “ Sarah gab ihm einen Kuss auf die Wange und schmunzelte. „Und dabei hast du die ganze Zeit den Eindruck gemacht, nicht zu wissen, wo wir sind, oder wo du hinfahren sollst. “ – „Hatte ich auch nicht, Schatz. Ich bin nur meinem Gefühl gefolgt — sieht aber so aus, als ob sich der Intersect selbständig macht.

Mit einem Mal sah ihn Sarah besorgt an. Der Intersect hatte sich schon einmal „selbständig“ gemacht, was für Chuck fast schon tödlich hätte enden können. Das Problem hatte erst eingedämmt werden können, als Steven Bartowski für seinen Sohn den „Gouverneur“ entwickelte, einen externen Impulsgeber, der den Intersect im Griff behalten sollte.

„Mach dir keine Sorgen, Schatz…“ erklärte Chuck, der Sarahs Gesichtsausdruck richtig gedeutet hatte. „Ich hatte den Intersect wegen der Route zum Café aktiviert… und die Karte war wohl noch unbewusst aktiv.

Also kein Grund zur Besorgnis. “ Er umarmte sie zärtlich und küsste sie liebevoll.

„Ich sollte mal herausfinden, welchen Bus wir nehmen müssen. „Mit diesen Worten ging Morgan auf eine Gruppe Menschen an der Haltestelle zu. „Izvinjavam se, koj autobus bi trebao da uzmem za Cerak?“ Als er die Antwort auf seine Frage nach dem Bus zum Cerak — dem Viertel, in dem sie untergebracht waren — erhalten hatte, kehrte er zu den anderen zurück.

„Unser Bus kommt in knapp einer halben Stunde. Da war gerade einer, der hier losgefahren ist, vor fünf Minuten. „

So kam es, dass vier Top-Spione an einem Samstag Abend in Belgrad auf einen Bus warteten… Und nicht nur Morgan fand das überaus amüsant. Als der Bus letztlich kam, grinsten, lachten und kicherten sie eigentlich alle über die Absurdität des Moments.

„Warum müssen eigentlich in letzter Zeit alle Auslandsmissionen mit dir und Grimes damit enden, dass wir Bus fahren, Chuck?“ Chuck sah Casey nur achselzuckend an, während Sarah den Kopf schüttelte.

Sie wollte lieber nichts dazu sagen, aber sie konnte sich noch sehr gut an ihre eigene Irritation erinnern, als sie in Moskau dem sicheren Tod entgangen waren, nur um festzustellen, dass Chuck und Morgan ohne Fluchtwagen in die Anlage eingedrungen waren — und sie mit dem Linienbus entkommen mussten. Innerlich seufzend dachte sie sich: „Warum sollte Chuck auch irgendetwas so machen wie ein „normaler“ Spion?“ Dennoch lächelte sie, denn sie war auch stolz darauf, dass „ihr Chuck“ was Besonderes war.

* * *

Chuck hielt Sarah sanft im Arm und atmete ihren Duft ein. Auf der anderen Seite des Paravent schnarchten Morgan und Casey um die Wette, und draußen auf der Straße fuhr vereinzelt ein Nachtschwärmer vorbei. Selbst das hohe fiepen der jagenden Fledermäuse drang an sein Ohr.

Um ihn herum schlief alles, nur er konnte sich nicht entspannen. Gedanken und Fragen rasten in seinem Kopf: Würde er in Volkoffs Anlage finden, was er in Moskau durch seine Finger hatte schlüpfen lassen? Hatte er, als er Casey und Sarah gerettet hatte, seine einzige Gelegenheit verspielt, seine Mutter zu finden? Hatte er bereitwillig seine Mutter für seine Liebste geopfert?

Er sah die schlafende Frau an, die er aus tiefstem Herzen liebte.

Im Schlaf war ihr Gesicht vollkommen entspannt, eine verirrte Haarsträhne lag über ihrem Auge, und ihre Lippen waren leicht geöffnet, als erwartete sie einen Kuss von ihm. „Ich will mich nicht zwischen dir und meiner Mom entscheiden müssen, Sarah… Ich weiß nicht, wie ich mich entscheiden könnte. “ Sarah drehte sich im Schlaf um, und schmiegte sich genüsslich an ihn. Sanft strich er ihr über den nackten Arm und sofort überzog sich ihre Haut mit einer leichten Gänsehaut.

Sie murmelte etwas und seufzte leise, als sie sich noch enger an ihn drückte. Ihr fester Po drückte sich in Chucks Schoß und rieb sich an seiner zunehmenden Erregung. „Vielleicht träumt sie ja…“ schmunzelte er in Gedanken.

Konsequent drängte Sarah ihren Hintern gegen Chucks Mitte und das Reiben blieb nicht ohne Wirkung… Und je deutlicher die Wirkung war, desto intensiver rieb sich Sarah an ihm. „Das Spiel können auch zwei spielen.

“ dachte er sich und begann, seine Finger ihren nackten Bauch hinauf unter ihr Top zu führen. Die winzigen, kreisenden Bewegungen hatten ihren Ausgangspunkt zwischen dem Saum ihrer Shorts und ihrem Bauchnabel, und Chuck streichelte mit seinen Fingern immer weiter nach oben, während er jetzt auch seinerseits mit seinem Unterleib Sarahs Gesäß massierte und ihre Liebkosungen erwiderte.

Überraschend spürte er auf einmal Sarahs Hand auf seiner, und streichelnde Finger, die seine Hand hinauf, und über den Unterarm hinweg zu seiner Hüfte wanderten und letztlich auf seinem Hintern zu liegen kamen.

Sarah griff ihm an den Hintern! Und ihr Griff war fordernd, als wolle er sagen: „Komm endlich näher heran!“

Während seine Hand langsam über ihren Bauch hinauf wanderte, schob er seinen anderen Arm unter ihrem Kopf hindurch, bis ihr Kopf an seine Schulter geschmiegt war. Ein leiser Seufzer entschlüpfte Sarah und sie küsste die Haut seines Oberarms, während ihr warmer Atem erregend über seine Haut strich.

Jetzt konnte kein Zweifel bestehen, dass Chuck erregt war, und nicht einen Gedanken mehr darauf verschwendete, sich Sorgen irgendeiner Art zu machen.

Er war jetzt nur noch auf eines fokussiert. Die Frau in seinen Armen war seine Welt, und er hatte vor, diese seine Welt zu erschüttern. Es spielte auch keine Rolle, dass sie schlief, und vermutlich träumte… Sehr bald würde sie nicht mehr träumen, sondern einen Traum erleben. Ihn interessierte nichteinmal, dass Morgan und Casey im selben Raum lagen und schliefen — und es war nicht anzunehmen, dass die beiden DAS verschliefen, ohne wenigstens Notiz zu nehmen.

Sarahs Hand war an der Seite in seine Boxershorts geglitten und wanderte jetzt über seine Hüfte nach vorne, während sie langsam nach vorne glitt, um ihrer Hand mehr Bewegungsspielraum zu geben.

Ein weiteres Mal beugte sich Chuck über seine Freundin und sah ihr ins Gesicht. Trotz des schlechten Lichts, das von seiner Seite kam, und folglich auch noch von seinem Körper abgeschirmt wurde, konnte er erkennen, dass ihre Augen geschlossen waren, und sie wirklich schlief — und ohne Zweifel sehr auf- und anregende Träume hatte.

Während all dessen, hatte Chuck nicht aufgehört, Sarah zu liebkosen und zu streicheln, und in dem Moment, als er sich endgültig überzeugt hatte, dass seine Liebste schlief, berührten seine Fingerspitzen ihre Brustwarze. Leicht reibend, dann wieder sanft zwickend und vorsichtig ziehend, reizte und verwöhnte er die Brustwarzen, wenn er nicht gerade mit der ganzen Handfläche ihre Brüste massierte.

Einer spontanen Eingebung folgend wechselte Chuck die Hände und ließ die Hand, an deren Schulter sich Sarah kuschelte, unter das Top und über die Brüste streichen und wanderte mit der — nunmehr freien — anderen Hand den Bauch hinab.

Vorsicht und ganz sanft stahl sich die Hand unter den Saum ihrer Hose und liebkoste in kleinen Achten die verborgene Haut.

Sarahs Schlaf wurde immer unruhiger, ihr Atem immer schneller, je intensiver sie Chuck verwöhnte, und gerade als seine Fingerspitze ihren Kitzler berührte, schlug sie die Augen auf und wandte ihm den Kopf zu, um zu fragen, was er denn tue. Zu ihrer Überraschung versiegelte Chuck ihre Lippen sofort mit seinem Mund und sah ihr nur tief in die Augen — den Blick für einen Moment zum Paravent ablenkend und dann wieder auf sie richtend.

Sarah verstand den Blick sofort, und zwinkerte. „Was hast du denn vor, Chuck“ flüsterte sie ganz leise. „Das Gleiche könnte ich dich fragen, Schatz. “ antwortete er, sowohl amüsiert als auch erregt, mit leiser Stimme. Als Sarah erfasste, wo sich ihre Hand befand, konnte man sogar in der Dunkelheit der auf ihrem Gesicht liegenden nächtlichen Schatten erkennen, dass sie tief errötete.

Als wollte er sagen: „Wenn wir schon so weit gekommen sind, warum aufhören?“ fuhr Chuck fort, Sarah zu streicheln, und sie musste all ihre Konzentration aufwenden, um kein lustvolles Stöhnen von sich zu geben.

Sie sandte ihm einen fast panischen Blick zu, der ihre Sorgen wegen Morgan und Casey in sich trug, aber dann gab sie sich auch schon selbst die Antwort: „Dann müssen wir eben so leise wie möglich sein. „

Sarah wandte sich ihm jetzt ganz zu, ohne dass Chuck seine Liebkosungen unterbrechen musste, „Dann gilt aber gleiches Recht für alle. „, und ließ ihre Hand ihrerseits in seine Hose gleiten. Als ihre Finger seine Erregung umschlossen und langsam zu massieren begannen, musste dieses Mal Chuck auf seine Lippen beißen, um keinen verräterischen Laut von sich zu geben.

Er konzentrierte sich für einen Moment, und streifte ihr dann ihre Hose ab, damit seine Hand mehr Bewegungsfreiheit hatte. Das hereinfallende Licht der Laterne vor dem Haus warf ein Muster aus Licht und Schatten auf Sarahs Venushügel und Scham, ließ aber ihre Schamlippen im Schatten — und überließ die Erkundung dieser ganz Chucks Fingerspitzengefühl.

Als Sarah unvermutet ihre Massage beschleunigte und ihn fester packte, konnte Chuck nur deswegen schweigend genießen, weil er seine Fingerspitze über ihren Kitzler reiben ließ und dem Eingang ihres Schoßes für einen Moment sehr nahe kam… Und den Finger dann einfach weiter schob.

Chucks eindringender Finger steigerte Sarahs Erregung noch weiter, und sie wollte ihn dafür „leiden lassen“. Immer schneller massierte und rieb sie sein pochendes Fleisch, und je weiter sie ihn trieb, desto intensiver und „tiefgehender“ wurde seine Berührung.

Längst war beiden klar, wohin das führen würde, und so war es fast wie ein lange einstudierter Tanz, als sich Chuck und Sarah im Gleichklang drehten, bis Chuck auf Sarah lag, und aus der Drehbewegung heraus in sie eindrang.

Ein langer, verlangender Kuss nahm ihr Aufstöhnen ob seines Eindringens auf, vermischte es mit seinem Seufzen ob des Genusses und ließ beide Lustklänge zu einem lautlosen, aber glühenden Atemzug werden.

In sehnsüchtiger Langsamkeit liebten sie sich auf diesem schmalen Bett in einem kleinen Apartment in Belgrad, während ihre Freunde und Kollegen nur wenige Schritte entfernt lagen und den Schlaf der rechtschaffenen Spione schliefen. Mit jedem verlangenden Stoß trieb Chuck Sarah höher zum Gipfel der Lust, und mit jedem Kuss wurde das Spiel ihrer Zungen gieriger und atemloser.

Auf dem gemeinsamen Höhepunkt öffneten sie beide gleichzeitig ihre Münder und entließen lautlose, aber welterschütternde Schreie der Leidenschaft in die Nacht hinaus. Mit glühenden Blicken verständigten sie sich und ihre Berührungen, ein zartes Streicheln des Bauches hier, ein freches Kratzen mit langen, lackierten Fingernägeln über den Rücken dort, waren genau richtig, um sich gegenseitig das Begehren und die Liebe zu versichern. Aneinander geschmiegt schliefen sie ein, und als die aufgehende Sonne, die sich wenige Stunden später durch das Fenster stahl, die ersten wärmenden Strahlen sandte, lag noch immer ein Lächeln auf ihren Gesichtern.

* * *

Geräusche aus dem Badezimmer weckten Chuck und Sarah gegen sieben Uhr morgens. Morgan und Casey konnten sich nicht einigen, wer das Bad zuerst benutzen durfte. „Casey, du brauchst doch nur fünf Minuten, um dich fertig zu machen — dir ist nicht wichtig, wie du aussiehst, aber ich will präsentabel sein, wenn ich aus dem Haus gehe. „

Dass die Erlebnisse der letzten sieben oder acht Monate bei Morgan eine Veränderung bewirkt hatten, war vor allem an seinem Verhältnis zu Colonel John Casey zu erkennen.

Längst war die Angst, die er verspürt hatte, einem gesunden, aber auch vernünftigen Respekt gewichen — auch weil Morgan in den letzten Monaten deutlich reifer geworden war, sowohl als Mensch, als auch als Agent. Insgeheim hatte sich Morgan schon fest vorgenommen, so bald wie möglich das Gespräch mit General Diane Beckmann zu suchen, um mit ihr über einige Beobachtungen zu reden, die er im neu eröffneten Buy More — inzwischen unter Leitung der CIA — bezüglich Authentizität und Plausibilität gemacht hatte.

„Ich beeile mich auch. “ Sarah schmunzelte, als sie den zähneknirschenden Casey ins Zimmer kommen sah. Auch wenn Casey es nie zugeben würde — selbst sich selbst gegenüber nicht — hatten die letzten Jahre mit Chuck — und somit auch gezwungenermaßen mit Morgan Grimes — bei ihm eine Veränderung bewirkt. Vor drei Jahren wäre Morgan im hohen Bogen aus dem Bad geworfen worden, wenn er so mit Casey geredet hätte, aber auf einer unbewussten Ebene schien Colonel John Casey doch akzeptiert zu haben, dass aus Morgan wider Erwarten ein passabler Agent geworden war.

Wenige Minuten später kam Morgan auch schon aus dem Bad, während Casey Chuck und Sarah erläuterte, was er sich für das Treffen mit dem unbekannten Zettelschreiber überlegt hatte.

„Ich gehe davon aus, dass er nicht weiß, wie wir aussehen, oder nur unzureichend, sonst hätte er nicht darauf bestanden, dass wir ihn an einem bestimmten Tisch erwarten. Walker und Grimes, ihr werdet kellnern. Chuck, du stellst den Kontakt her, und gibst uns ein Zeichen, wenn wir unsere Deckung aufgeben sollen.

Ich werde am Zigarettenstand auf der anderen Straßenseite Stellung beziehen, für den Fall, dass unser Freund nicht alleine kommt. „

Caseys Plan war wasserdicht, und dank der Berichte der Botschaftsmitarbeiter auch sehr detailliert ausgearbeitet.

Innerhalb kürzester Zeit war der Plan durchgesprochen, waren alle Vorbereitungen getroffen, und die vier im neuen Mietwagen auf dem Weg zu ihrem Treffen.

* * *

Das „Café Željeznik“ war nicht groß, aber gemütlich, und es war seit Generationen ein Familienbetrieb.

Team Bartowski musste somit das Risiko eingehen, dass der Unbekannte das Café sehr genau kennen könnte, und ihre Tarnung auffliegen konnte, aber in der Kürze der Zeit und unter den gegebenen Umständen konnten sie nichts Besseres machen.

Das Eigentümerehepaar wurde im Vorfeld schon gebeten, sich den Tag freizunehmen, und für eventuelle Schäden würde die Botschaft aufkommen, was in jedem Fall ein gutes Geschäft für die Wirtsleute sein würde.

Gleich nach ihrem Eintreffen nahmen sie ihre Positionen ein.

Chuck machte es sich am Ecktisch gemütlich, mit dem Rücken zur Wand, und sämtliche Ein- und Ausgänge im Auge behaltend, während sich Morgan die Karte griff, in ihr sein Wörterbuch tarnend und sich bereit hielt, seinen Teil zu übernehmen. Sarah hatte — nicht zuletzt durch ihren Undercovereinsatz in den ersten drei Jahren der „Mission Bartowski“ – genügend Erfahrung im Gastronomiefach, um sehr überzeugend eine Kellnerin zu spielen.

Jetzt fehlte nur noch der anonyme Zettelschreiber.

„Ich glaube, sie warten auf mich. “ Ein kräftiger Mann Mitte dreißig kam durch den Eingang geschlendert und direkt auf Chuck zu. „Gestern Nacht sah es für mich aus, als wären sie nicht allein gewesen. Wo sind denn ihre Freunde?“ wollte der mittelgroße Mann wissen. Chuck ließ ihn nicht aus den Augen und antwortete wage: „Ich hielt es für besser, wenn sie erst einmal nur mit mir sprechen, wenn es angebracht ist, werde ich meine Freunde zu gegebener Zeit dazu bitten… Also, sie wollten mir Informationen anbieten.

Ich bin ganz Ohr. „

Sarah, Morgan und Casey, die durch winzige Earpieces in ständigem Funkkontakt mit einander und mit Chuck standen, waren auch ganz Ohr.

„Was haben sie denn auf dem Herzen?“ fragte er sein Gegenüber gespielt freundlich. Über die Schulter des schwarzhaarigen Fremden hinweg konnte Chuck Casey am Tabakkiosk auf der anderen Straßenseite stehen sehen; Sarah war hinter der Theke und hätte vollkommen unbeteiligt gewirkt, wenn nicht sie nicht ständig mit einem halben Auge Chucks Spiegelbild über der Bar im Blick behalten hätte, und sogar Morgan wirkte sehr professionell, erweckte er doch sehr überzeugend den Anschein, sich voll und ganz auf den Gast zu konzentrieren, der sich gerade auf die Terrasse des Cafés gesetzt hatte und Sarah mit einem hungrigen Blick musterte.

„Ich habe sie und ihre kleine Gruppe gestern gesehen, und mich gefragt, was sie wohl an einer langweiligen Industrieanlage so interessieren könnte, dass sie einfach in die Zentrale einer der bedeutendsten Objektschutzfirmen der Stadt einbrechen. “ Chuck gelang es, den Eindruck zu erwecken, er hätte sein Gegenüber nicht für den Bruchteil einer Sekunde aus seiner Wahrnehmung gelassen — was er auch nicht hatte. Er lächelte. „Sie scheinen ja zu wissen, warum diese „langweilige Industrieanlage“ so interessant sein könnte, schließlich haben sie uns ja Informationen angeboten, ohne sicher sein zu können, dass ausgerechnet sie das Ziel unseres Interesses ist.

Der Fremde lehnte sich zurück und steckte sich eine Zigarette an. „Informationen sind mein Geschäft, und ich halte meine Augen und Ohren immer offen. Letztlich sind sie mir auf diese Art auch ins Auge gefallen. “ Er legte die Zigarette in den Aschenbecher, und griff in seine Jacke. „Langsam… Schön langsam… Sie wollen mich ja nicht nervös machen, oder?“ Chucks Blick ging von den dunklen Augen des Mannes zu seiner — von der Jacke verdeckten — Hand und zurück.

„Wenn ich sie hätte töten wollen, hätte ich es gestern tun können, als sie aus dem Gebäude kamen. „

Als der Fremde die Hand wieder hervorzog, hatte er ein kleines, ledernes Mäppchen zwischen den Fingern, das er auch gleich aufklappte.

Die Dienstmarke des Innenministeriums MUP (Ministarstvo unutrašnjih poslova) und der Dienstausweis seines Gegenübers Momćilo Nikolić lösten bei Chuck einen „Flash“ aus, und weniger als eine Sekunde später wusste Chuck ganz genau, wer ihm gegenübersaß.

„Es stört sie doch sicher nicht, wenn ich uns etwas zu trinken bestelle, Gospodine Nikolić?“ Chuck winkte Sarah heran, die sich dem Tisch dann mit der klassischen Langsamkeit von Servicepersonal näherte. „Was kann ich ihnen bringen?“

Nikolić bestellte ein Bier, und Chuck orderte Turska Kafa — sehr stark. Nachdem sie die Bestellungen aufgenommen hatte, machte Sarah kehrt und verschwand erst hinter der Theke, und dann, als keiner der beiden hinsah, durch die Seitentür aus dem Café.

„Und mit wem habe ich das Vergnügen?“ wollte Nikolić wissen. „Carmichael, Charles Carmichael, und ob es ein Vergnügen ist, wird sich noch zeigen. “ stellte Chuck fest. Nikolić nahm seine Zigarette wieder auf, und musterte Chuck neugierig.

„Sie haben Recht, Nikolić… Sie hätten uns da schon töten können, aber dann wäre ihnen vielleicht ein gutes Geschäft entgangen — und das haben sie gewusst… Wie genau haben sie von uns erfahren?“ Nikolić sah jetzt sehr zufrieden aus und lächelte.

„Đorđe Orahovac hat sich in den letzten Tagen auffällig interessiert an den Geschäften von Volkoff Industries gezeigt, was mir natürlich nicht verborgen bleiben konnte, und dann sah ich ihn mit ihnen in diesem Laden bei der US-Botschaft. Ich wusste, dass er in den letzten Jahren öfter auf eigene Faust ermittelt hatte, vor allem mit jemandem in den Staaten, also habe ich einfach eins und eins zusammengezählt, und bin ihnen dann einfach zur Mietwagenfirma gefolgt.

Sein Lächeln wurde zu einem selbstgefälligen Grinsen. „Sie müssen wissen, die meisten namhaften Mietwagenfirmen in diesem Land statten ihre Fahrzeuge mit einem GPS-Verfolgungssystem aus — und ich habe Zugriff darauf. Es war nicht schwer, sie in der Zvezdara aufzuspüren, doch sie waren schon im Gebäude, als ich den Wagen fand — und ich wollte eine Konfrontation in dieser düsteren Gegend vermeiden. Ich wusste ja, dass sie mir nicht entkommen würden — und wenn sie es versuchen würden, habe ich die Macht, sie festzusetzen.

Glauben sie mir, ich habe meine Erfahrungen mit Leuten wie ihnen gemacht. “ – „Leuten wie uns?“ Chuck lächelte und wollte jetzt wissen, wie weit Nikolić auf den Holzweg war.

„Ich kann es nicht beweisen, aber ich erkenne Industriespione, wenn ich sie sehe, und wenn man bedenkt, mit welcher Vielzahl an Projekten sich Volkoff Industries weltweit befasst, wäre es in meinen Augen ein lohnendes Ziel, in einer der weniger gesicherten Anlagen anzufangen — einer Anlage wie hier in Belgrad.

Chuck sah Sarah aus den Augenwinkeln heraus wieder ins Café kommen, und fixierte Nikolić mit einem harten Blick, sein Lächeln so abrupt absterben lassend, als wäre es ihm aus dem Gesicht gewischt worden. „Nennen sie ihren Preis. Wir beide wissen, dass sie bessere Informationen besitzen als Orahovac. “ – „Ich besitze die besten Informationen, aber es kommt ganz darauf an, was sie machen wollen. Volkoff Industries ist ein sehr einflussreiches Unternehmen und es wäre unklug, sich mit ihnen anzulegen.

Ihr Angebot sollte lieber besser sein als deren. „

„Konobare! Razumete engleski?“ Chuck nahm am Rande wahr, dass Morgan zu dem Gast hinüber ging, der ihn so vehement rief, aber wichtiger für ihn war, dass sich jetzt Sarah mit dem Bier und dem Kaffee näherte — und mit Waffen, die sie vielleicht gleich brauchen würden.

„Wissen sie was, Momćilo?“ Chuck hatte bewusst den Vornamen genommen, weil er alles auf eine Karte setzen wollte.

Er würde Nikolić aus der Reserve locken und sich auf diese Art die Unterstützung des SUP sichern. „Ich habe in meinem Leben schon sehr viele Menschen wie sie getroffen… Korrupte Feiglinge, die sich an den Meistbietenden verkaufen. Sie haben ihr Land verkauft, um Aleksej Volkoff zu Diensten zu sein, und jetzt wären sie auch bereit, ihn an uns zu verkaufen, wenn der Preis stimmt… Und morgen würden sie dann uns an den Meistbietenden verkaufen.

“ Nikolić lächelte nicht mehr, stattdessen wurde sein Gesicht hart und Wut blitzte in seinen Augen auf.

„Sie dämlicher Mistkerl… Sie können nichts davon beweisen, meine Position spricht für mich, und ich werde sie jetzt wegen des Einbruchs gestern verhaften…“ Er riss seine Dienstwaffe unter seiner Jacke hervor, und Sarah zog ihrerseits bereits die hinter ihren Rücken verborgenen Waffen, doch in diesem Moment hatte Chuck Nikolić schon über den Tisch gezogen, hämmerte ihn mit solcher Wucht gegen die Wand, dass die Waffe zu Boden fiel und hob ihn am Hals hoch, ihn die Wand hinaufdrückend.

„Ich denke, sie können uns eine Menge erzählen, bevor wir den Rest von ihnen den Beamten vom SUP übergeben. Sie müssen sich nur noch entscheiden, ob sie es freiwillig tun, oder ob ich nachdrücklich „bitte“ sagen muss. „

In Chucks Augen glitzerte ein Feuer, dass jeden erschreckt, und an Chucks Zurechnungsfähigkeit hätte zweifeln lassen. Sarah jedoch kannte dieses Feuer, seit Chuck für eine Undercovermission die Persönlichkeit eines kaltblütigen Profikillers hatte annehmen müssen, und sich so perfekt in dessen Persönlichkeit eingelebt hatte, dass er Casey einen Zahn ausgerissen hatte, um seine eigene Tarnung zu schützen.

„Wir sollten Orahovac anrufen, ich denke, dass ist der Beweis, den er noch gebraucht hat, um gegen Volkoff zu ermitteln. “ – „Nein Sarah, wir werden ihn noch nicht anrufen. Ruf Casey rein, und schließ den Laden ab. Wenn wir ihn jetzt dem SUP übergeben, übernehmen sie den Fall, und in der Zwischenzeit könnten in der Anlage die Spuren verwischt werden. Der hier…“ Chuck schüttelte Nikolić wie eine Stoffpuppe. „… wird wohl kaum der einzige Informant sein, den Volkoff bei den hiesigen Ermittlungsbehörden hat — das hat uns Orahovac selbst gesagt.

Inzwischen hatte Morgan Casey herübergewunken, den Gast, dem er deutlich eingeschärft hatte, nichts gesehen zu haben, rausgeworfen und das Café abgeschlossen. Zwei Schritte hinter Casey kam nun auch Morgan zu Chuck und Sarah, und sah etwas verwirrt, dass sein Freund aus Kindertagen einen Mann an dessen Kehle gepackt an einer Wand hochdrückte. Doch noch mehr als dieser Anblick verstörten ihn die Worte, die er von den Lippen seines besten Freundes vernahm:

„Casey… Wieviel verstehst du von „nachhaltigen“ Verhörmethoden?“

* * *

Es stellte sich heraus, dass sie sich die Mühe sparen konnten, Nikolić zu foltern oder auch nur besonders intensiv zu verhören, denn entgegen seinen eigenen Worten wusste er nichts Nennenswertes über Volkoff oder seine Unternehmungen.

Er war von einem Mittelsmann engagiert worden, um die Ermittlungen zu überwachen. Wie Chuck vermutet hatte, war Nikolić nicht der einzige Maulwurf, aber über die Identität der anderen Informanten konnte er keine Auskunft geben. Er war einfach ein zu kleiner Fisch.

All das fand Casey innerhalb weniger Stunden heraus — ohne Gewalt anzuwenden, wenn man von Drohungen einmal absah. Chuck und Casey hatten sich auf die Vorgehensweise „Böser Cop — GANZ böser Cop“ geeinigt, wobei Casey zur Abwechslung „nur“ der „böse Cop“ war, und Chuck schien sogar Spaß daran zu haben, den nervösen Nikolić so zu verängstigen, dass ein grimmiger Blick von Casey ausreichte, um ihn zum Reden zu bringen.

Sicherlich war es auch nicht von Nachteil, dass Nikolić nach wie vor davon überzeugt war, seine Peiniger wären skrupellose Industriespione und eiskalte Killer — womit er bei Casey auch goldrichtig lag.

Chuck und Casey hatten es geschafft, Nikolić so einzuschüchtern, dass dieser sang wie eine Nachtigall. Offensichtlich hatte er nicht übertrieben, was seine Bekanntschaft mit Verbrechern anging, denn er wusste über einige der berüchtigsten Kriminellen des Landes genügend, um sie für geraume Zeit auf Staatskosten unterzubringen.

Wenig später klopfte Chuck an die Tür von Orahovac und bat ihn herüberzukommen. „Ich glaube, was wir da haben, wird sie interessieren, aber seien sie still. “ Als er in Hörweite war, konnte er hören, wie Nikolić ein weiteres Mal alles aufzählte, was er wusste, und sein Gesicht verzog sich vor Verachtung und Ekel.

„Ich wusste immer, dass wir einen Maulwurf haben, aber dass DU das bist, Momćilo… Ich bin wirklich enttäuscht.

“ Orahovac betrat mit diesen Worten den Raum, spuckte Nikolić vor die Füße und wandte sich dann angewidert ab. „Was haben sie jetzt mit ihm vor?“ – „Nichts… Wir brauchen ihn nicht, denn er bringt uns nicht weiter. “ Chucks Stimme klang erschreckend kalt und nüchtern. „Können sie es einrichten, seine Verhaftung erst in einigen Stunden weiterzuleiten?“ Orahovac sah ihn für einen Moment verständnislos an.

„Er hat für Volkoff gearbeitet, aber er war nicht der einzige, und wenn Volkoff erfährt, dass wir hier sind, und ihm auf den Fersen, lösen sich vielleicht alle Spuren in Nichts auf.

Wenn sie uns wenigstens sechs Stunden Vorsprung verschaffen könnten, wäre das genug, um uns in Volkoffs Anlage umzusehen. “ Chuck sah Orahovac in die Augen. „Sie wissen, wie wichtig meine Mission ist, und auch, wie wichtig es sein könnte, alles über Aleksej Volkoff und seine Pläne herauszufinden. Das ist jetzt eine sehr gute Gelegenheit. Er rechnet nicht mit einem Angriff hier, wo er denkt, alles unter Kontrolle zu haben. „

Orahovac sah nicht glücklich aus, aber er nickte: „Also gut… Sie haben sechs Stunden, von jetzt an… Danach muss ich ihn reinbringen.

Ich wünsche ihnen viel Glück und erwarte, besonders von ihnen Chuck, eine Erklärung, die ich auch meinen Vorgesetzten präsentieren kann. „

Er zog Nikolić vom Stuhl, auf dem dieser gesessen hatte, hoch, und führte ihn in seine Wohnung. Bevor sich die Tür schloss, hörte man noch Orahovac‘ Stimme: „Dann nutzen wir die Zeit doch, Momo… Ich wette, du hast mir viel zu erzählen. „

Chuck griff nach einem der Rucksäcke und fing an, Ausrüstungsgegenstände einzupacken, und bald taten es ihm Casey und Morgan gleich.

Den Rucksack auf den Stuhl stellend, auf dem Nikolić noch vor wenigen Minuten gesessen hatte, sah er sich um. Sein Blick war voller Tatendrang.

„Ihr hab ihn gehört, wir müssen uns beeilen. “ Er startete seinen Computer, um ihren Einbruch bei Volkoff Industries als regulären Sicherungseinsatz zu tarnen. Das ihn Sarah verwirrt und unsicher ansah, entging ihm in seinem Eifer.

Nachdem Morgan und Casey zum Wagen voraus gegangen waren, nahm Sarah Chuck beim Arm und zog so seine Aufmerksamkeit vom Computer weg und auf sich.

„Bist du dir sicher, dass du die Sache hier mit kühlem Kopf durchstehen kannst?“ Chuck sah seiner Freundin in die Augen. Ihr Gesicht war ernst und ihr Blick hart und direkt. „Wir mussten ihn verhören, um herauszufinden, ob er Informationen hat, die wertvoll für uns sein könnten. Ich habe mich noch immer unter Kontrolle. “ Sarahs skeptischer Gesichtsausdruck tat ihm weh, denn er wollte nicht, dass die Frau, die er liebte, an ihm zweifelte.

„Sarah… Ich habe keine andere Wahl. „

„Man hat immer eine Wahl, Chuck… Niemand weiß das besser, als wir beide. “ Sie küsste ihn und nahm ihren Rucksack. „Ich weiß, dass sie dir wichtig ist, aber vergiss nicht, dass du mir wichtig bist… und sie dich ohne mit der Wimper zu zucken verlassen hat. “ Als er Sarah nachsah, wusste er, dass sie Recht hatte — und dass er die Suche nicht aufgeben konnte.

* * *

Der Belgrader Stadtteil Ðakovo, der in einiger Entfernung der Anlage endete, war eine eigenwillige Mischung aus Wohnblocks, Mehrfamilienhäusern, Einfamilienhäusern und kleinen Bauernhöfen, die sich zur Peripherie hin immer mehr in Ackerland und Wald wandelte. In einer solchen Umgebung hätte die Anlage von Volkoff Industries eigentlich wie ein Fremdkörper wirken müssen, doch diese Landschaft war — nicht zuletzt wegen der direkten Autobahnanbindung und der anderen Verkehrswege — beim produzierenden Gewerbe und bei Speditionsunternehmen sehr beliebt.

Die Anlage stand inmitten eines gesicherten Geländes von knappen zweieinhalb Quadratkilometer Fläche auf einer leichten Anhöhe, oberhalb und in jede Richtung wenigstens einen Kilometer von allen anderen Gebäuden entfernt. Das Gelände der Anlage war von zwei stabilen Metallzäunen umgeben, die über zwei elektronisch und biometrisch gesicherte Schleusenzugänge an der Ost- und Westseite verfügten, und einem großen Tor an der Nordseite, wo auch die Zufahrt zur Anlage lag. Zwischen den beiden Zäunen patrouillierten Wachhunde, und am sehr stabilen Zufahrtstor standen zwei Wachhäuschen mit bewaffneten Sicherheitskräften

Das Team hatte beschlossen, das große Haupttor links liegen zu lassen, und durch den westlichen Zugang auf das Gelände zu kommen — zum einen, weil diese Pforte näher an den Gebäuden lag, und zum anderen, weil das Gebäude, das diesem Eingang am nächsten lag, die erfolgversprechendere Spur verhieß.

Den offiziellen Unterlagen zufolge war die Anlage eine voll zertifizierte Forschungseinrichtung für Agrarchemie und Systemelektronik, und die Wahrscheinlichkeit, das Computercenter der Anlage im Gebäude für Systemelektronik zu finden, war höher, als in der Abteilung für Chemie.

Durch den Eingang zu kommen war nicht schwer, da die gestohlenen Keycards problemlos funktionierten, und die von Chuck im System hinterlegten Identitäten vom Sicherheitsprogramm anstandslos geschluckt wurden. „Volkoff scheint ja blindes Vertrauen in seine Sicherheitsvorkehrungen zu haben.

“ meinte Casey. „Wir können hier einfach herumspazieren, und es fällt niemandem auf. “ – „Noch sind wir nicht im Gebäude, und das ist nocheinmal zusätzlich gesichert. “ erklärte Chuck und erinnerte Casey daran, dass sie noch einen zweiten Satz Keycards hatten, die sie brauchten, um Zugang zu den Gebäuden zu bekommen. „Auf welche Sicherheitsbarrieren wir im Inneren der Gebäude stoßen könnten, weiß ich noch nicht, aber wenn nötig, denke ich, werden Morgan und ich sie ausschalten können.

Morgan zog eine zweite Garnitur Keycards aus seiner Tasche und verteilte sie ans Team, während Sarah vier Laborkittel aus ihrem Rucksack holte. Innerhalb weniger Momente hatten sie sich von Sicherheitskräften in Labortechniker verwandelt, und der Sachverstand von Morgan und Chuck stellte sicher, dass sie auch bei fachlichen Fragen nicht aufflogen.

Nachdem das Sicherheitssystem die biometrischen Daten auf den Keycards mit den Papillarmustern auf den Fingerkuppen der vier verglichen hatte, öffnete sich die Tür, und sie betraten den marmorgefliesten Korridor, der vor ihnen lag.

Morgan blieb vor einem Lageplan stehen, der gerahmt an der Wand hing. „Und da heißt es immer, die hätten hierzulande ein Problem mit Ordnung und Organisation — Ich wünschte, bei uns wäre immer alles so gut erklärt und ausgeschildert. “ Er sah genauer hin. „Alles klar… ich habe den Serverraum gefunden. Hier die Treppe rauf, dann links über die Galerie oberhalb der Produktionshalle bis zum Ende, und dann die rechte Tür.

“ – „Chuck und ich übernehmen den Serverraum, ihr beide seht euch hier um. Wäre vielleicht hilfreich, zu wissen, was hier hergestellt wird. „

Sie teilten sich auf, und Sarah nahm hinter Chuck die Treppe in Angriff, während sich Casey und Morgan in der Produktionshalle und im Lager umsahen.

„Du zweifelst an meiner Suche nach meiner Mutter, oder?“ fragte er sie, als sie das Ende der Treppe erreichten.

„Nein, Chuck… Ich kann dich sehr gut verstehen, und würde an deiner Stelle sicher genauso auf der Suche nach ihr sein. “ – „Was ist es dann, Sarah? Seit wir in Belgrad angekommen sind, bist du merkwürdig…“ Sarah schloss zu ihm auf, und riss ihn am Arm herum. „Ich bin merkwürdig? Seit wir hier sind, hast du einige Eigenschaften gezeigt, die mich sehr verunsichern… Du hast dich verändert, und ich weiß nicht, ob zu deinem Vorteil.

Das macht mir Angst!“ Mit diesen Worten wandte sie sich ab und stürmte über den Laufsteg, der in drei Meter Höhe über die ganze Breite der Produktionshalle verlief.

Als Chuck sie endlich eingeholt hatte, standen sie schon vor der Tür zum Serverraum, und da sie nichts sagte, öffnete Chuck einfach die Tür und ließ sie vorgehen. Wortlos machten sie sich an die Arbeit, und innerhalb weniger Minuten waren sie im System.

Während die Datenströme nach auffälligen Schlagwörtern durchsucht wurden, und die Daten auf einen externen Speicher übertragen wurden, schwiegen sie sich an — bis Sarah dann doch die Stille brach.

„Chuck, ich finde es toll, dass du dich als Spion weiterentwickelst, die Initiative übernimmst, und meine Hilfe nicht mehr so nötig hast wie zu Beginn…“ – „Ich höre da ein ‚aber‘. “ – „Aber es erschreckt mich, wie abgebrüht und kalt du zeitweise geworden bist.

Ist dir klar, dass du heute bereit warst, einen Mann zu foltern?“ Sarah war sich selbst nicht im Klaren darüber, dass nicht das sie störte — Chuck hatte in der Vergangenheit schon gravierendere Entscheidungen getroffen, mit denen sie kein Problem hatte. Ihr war noch nicht bewusst, dass nicht Chucks Verhalten der Grund für ihre Irritation war, sondern ein instinktives Bauchgefühl, was die Suche nach Mary Elizabeth Bartowski betraf.

„Sarah… Ich bin noch immer der gleiche, der ich auch früher war.

“ Er ergriff ihre Hände und hielt sie in seinen. „Versuch mich zu verstehen, Liebling. Mein Vater ist tot, meine Schwester wird Mutter, und jetzt da ich weiß, dass es eine Spur zu ihr gibt, will ich wenigstens etwas von der Familie zurück, die ich nicht haben konnte. Ich will wissen, warum meine Mutter verschwand und warum Elli und ich ohne Eltern aufwachsen mussten. “ Sarah beugte sich zum in seinem Stuhl vornübergebeugten Chuck und küsste ihn zärtlich.

„Chuck, ich weiß wie es ist, keinen Bezugspunkt, keinen sicheren Hafen zu haben. Du hast meinen Vater kennengelernt. Als ich bei der CIA anfing, hatte ich zum ersten Mal im Leben das Gefühl, irgendwo hin zu gehören. Als ich dann dich kennen lernte, erkannte ich zum ersten Mal, was Geborgenheit war… Natürlich verstehe ich dich, aber ich habe Angst, dass du in deinem Eifer und deiner Sehnsucht, deine Mutter zu finden, dich selbst verlierst.

Vergiss nicht, dass ich sehr genau weiß, wozu du fähig bist… vielleicht weiß ich es sogar besser als du. “ – „Dann hilf mir, nicht abzugleiten, Sarah!“ Er sah sie bittend an. „Du weißt, dass ich die Suche nicht aufgeben kann… Meine Mutter wartet vielleicht in diesem Moment darauf, gerettet zu werden. Die Geheimdienste haben sie schon aufgegeben, und wenn wir ihr nicht helfen, ist sie vielleicht für immer verloren. Sei die Stimme meines Gewissens, hilf mir die Balance zu halten, aber versuch nicht, mich aufzuhalten, denn ich kann nicht aufhören.

Chuck hatte sich so in Fahrt geredet, dass sich seine Stimme fast überschlug, und er Sarah fast schon panisch in die Augen sah.

„Sshhh… Beruhige dich, Chuck… Ich werde dir helfen, das weißt du doch…“ Sie umarmte ihn und küsste ihn liebevoll auf die Lippen, und ehe sie es sich versah, erwiderte Chuck den Kuss, und sie spürte seine Zunge vorsichtig in ihren Mund gleiten.

Für einen Moment vergaßen sie die Anspannung der letzten Zeit, die drohende Gefahr — eine Fabrikhalle voller Angestellter von Volkoff — vor der Tür und auch sonst alles, und gaben sich ihrer Leidenschaft hin.

Chuck schob Sarahs Laborkittel hoch und umfasste mit beiden Händen ihren knackigen Po… Als plötzlich die Tür aufging, und ein magerer junger Mann mit einem unübersehbaren Akneproblem in den Serverraum trat.

„Deco… Uzmite sebi sobu. Ja moram da radim ovde. „ Ein verständnisvolles und zugleich genervtes Lächeln glitt auf seine Züge — offensichtlich wurde sein Büro häufiger von Pärchen als Treffpunkt zweckentfremdet. Darum beschränkte er sich nur darauf, die beiden zu ermahnen, ihn nicht von der Arbeit abzuhalten, und sich ein Zimmer zu nehmen.

In diesem Moment piepte das Speichermodul nach abgeschlossenem Download, und der Mann wurde misstrauisch.

„Ko ste vi? Ja vas još nikad nisam video ovde. „ Er wandte sich hastig zur Tür, als er begriff, dass er das Pärchen vor sich, dass sich offenkundig Daten vom Server lud, nicht kannte, und auch noch nie gesehen hatte, und wollte den Sicherheitsdienst alarmieren. „Zvaću bezbeđenje!“

Der junge Computertechniker kam nicht weit, dann in diesem Moment stolperte er über ein Kabel, krachte gegen die — inzwischen wieder geschlossene — Tür und sank bewusstlos zu Boden.

In der ganzen Zeit hatten sich Chuck und Sarah nicht von der Stelle gerührt, zu überrascht waren sie von den Ereignissen. Jetzt sahen sie sich an, und nicht nur Chuck musste ein Schmunzeln verbergen. „Wir sollten ihn lieber irgendwo verstauen und machen, dass wir hier wegkommen. “ Sarah sah ihn nur an, und nickte langsam — sich noch einmal an ihn drückend und ihm einen langen Kuss auf die Lippen drückend, und dann per Funk Casey und Morgan rufend, während Chuck den externen Speicher einpackte.

„Wir treffen uns draußen an der Pforte. Wir haben Besuch bekommen, und sollten weg sein, wenn er wieder zu sich kommt. “ Schnell sahen sie sich um, ob sie was hinterlassen hatte, was eine Spur zu ihnen legen konnte, schlichen zur Tür hinaus und über die Galerie wieder in den Korridor, der zum Eingang führte. Als sie das Gebäude verließen, konnten sie sehen, dass Morgan und Casey schon an der Pforte warteten.

Kaum im Wagen, trat Casey schon aufs Gaspedal, während Morgan das externe Laufwerk an seinen Laptop anschloss, und die gesicherten Daten sichtete. „Leute… Ich habe eine gute, und eine schlechte Nachricht. “ Sarah und Chuck wandten sich zu ihm, während ihn Casey im Rückspiegel beobachtete. „Die gute Nachricht ist, dass hier einige sehr belastende Unterlagen sind, die es Orahovac ermöglichen werden, sowohl beim MUP, als auch in seinem eigenen Laden aufzuräumen.

Namen, Daten und Beträge… Alles da. Ebenso eine Liste der Kunden und Lieferanten in Südosteuropa. “ – „Und was ist die schlechte Nachricht?“ Morgan sah nicht glücklich aus. „Alle Datensätze, die deine Mom betreffen, sind leer — Ich finde zwar Netzwerkpfade, die auf „Frost“ hinweisen, aber sie enden blind… Da ist kein Bit an Informationen mehr. “ Er versuchte seinen Freund zu trösten. „Ich kann es in der Festung noch einmal durchlaufen lassen, und sehen, ob ich vielleicht doch etwas finde… Gib die Hoffnung nicht auf, Chuck.

“ Sein Tonfall machte aber unmissverständlich klar, dass wahrscheinlich nichts mehr zu retten war.

Inzwischen hatten sie das Stadtzentrum erreicht, und selbst Casey war von dieser neuen Wendung der Ereignisse so getroffen, dass er den, in seiner Trunkenheit leicht schwankenden, Touristen, der im letzten Augenblick vom Zebrastreifen zurücksprang, um nicht vom Wagen erfasst zu werden, garnicht wahrnahm.

Zu Kenneth Richardsons Pech, hatte er seinerseits trotz seines alkoholisierten Zustands sehr genau erkennen können, wer in dem Fahrzeug saß, das ihn da fast auf die Motorhaube genommen hätte.

„Scheiße, die CIA will mich umlegen, weil ich zuviel weiß!!“ schoss ihm durch den Kopf. Schlagartig war er wieder nüchtern. Er hatte Angst, und nahm sich fest vor, seinem Kongressabgeordneten zu schreiben, sobald er wieder in Boston war.

* * *

Ðorđe Orahovac war noch wach als sie den Mietwagen vor seinem Haus abstellten. „Hatten sie Erfolg? Gefunden, was sie gesucht haben?“ wollte er wissen, als Morgan, Casey, Chuck und Sarah das Haus betraten und vor seiner Tür standen.

„Ja und nein…“ antwortete Sarah und händigte ihm einen USB-Stick mit den Daten aus, die sie von Volkoffs Server in der Anlage geladen hatten. „Hiermit können sie hier mal gründlich aufräumen. Hier sind scheinbar alle Kontakte von Volkoff Industries aufgeführt, die Schmiergelder erhalten haben. Wenn sie alles schnell in die Wege leiten, bevor unser Einbruch entdeckt wird, kann ihnen keiner von denen entkommen. “ – „Und wenn jemand fragt, woher sie die Informationen haben…“ hob Casey an.

„Werde ich einfach etwas von einer sehr tragfähigen Brieftaube erzählen, die heute Nacht plötzlich in meinem Fenster stand und anschließend auf Nimmerwiedersehen verschwand. “ antwortete Orahovac halb scherzend. „Keine Sorge, niemand wird wissen, dass sie hier waren. „

Sie besprachen den Einsatz kurz, und es stellte sich heraus, dass auch Morgan und Casey einige interessante Sachen entdeckt hatten — darunter auch eine Verbindung zu einem Lieferanten für Systemelektronik, die dann von Volkoff Industries weiterverarbeitet wurde.

„Die Behörden in Deutschland sollen sich mal die Firma InterCard SE im Schwarzwald ansehen. “ schlug Morgan vor, und stieß mit diesem Vorschlag sogar auf die Zustimmung von Casey.

Nach der Besprechung nahm Chuck Casey auf die Seite. „Ich will dich um einen Gefallen bitten. Kannst du heute Nacht den Missionsbericht alleine schreiben? Sarah und ich müssen einige Dinge besprechen, und in Burbank erwartet uns nur wieder der Alltag. Ich will die Gelegenheit nutzen, wenn wir etwas Luft haben.

“ Casey nickte und sah zu Morgan rüber. „Könntet ihr…“ – „Nein! Er soll hier bleiben und die Ausrüstung einpacken. Vielleicht kann er uns schon mal einen Flug buchen. “ Chuck sah Casey an und sagte mit einem Lächeln. „Versuch, ihn nicht umzubringen. „

Chuck kannte Casey lange genug, um zu wissen, dass er ihm helfen würde, und sein mürrisches Gesicht einfach aus Gewohnheit zur Schau trug. Erleichtert machte er sich auf die Suche nach Sarah, die er wenigstens für ein paar Stunden aus der Welt der Spionage und Verschwörungen entführen wollte.

„Durch den Intersect Zugriff auf die verschiedensten Informationsquellen zu haben, hat manchmal auch Vorteile. “ schmunzelte er vor sich hin, als ihm der perfekte Ort für einen ruhigen und romantischen Abend einfiel.

Sarah war mehr als einverstanden, nachdem klar war, dass Morgan und Casey die Stellung halten und den Papierkram erledigen würden, und verschwand mit ihren Sachen im Badezimmer, um sich frisch zu machen. Chuck rief ihr durch die Tür zu, dass er dann draußen am Wagen warten würde.

Da sich Chuck auch noch frisch machte und umzog, musste er nicht lange in der lauwarmen Oktobernacht am Wagen warten, bis Sarah das Haus verließ, und ihn mit einem sanften Kuss auf die Wange umarmte. „Wir waren schon viel zu lange nicht mehr aus, Chuck. „

Chuck stimmte ihr zu und betrachtete sie im Licht der Straßenlaternen: Sie hatte das weiße Etuikleid an, das sie damals in Paris gekauft hatte, dazu schlichte weiße High Heels, trug ihr Haar offen in sanften Wellen, die über ihre Schultern flossen wie flüssiges Gold und nach der Größe ihrer Handtasche hatte sie allenfalls eine Lady Derringer.

22 als Bewaffnung dabei — aber wahrscheinlicher waren Lippenstift, Handy und ihren Ausweis, was die Tasche schon vollständig ausfüllen würde. „Du siehst wieder einmal wundervoll aus, Liebling. „

Wie um seine Worte zu unterstreichen, ertönte ein anerkennender Pfiff von jemandem, der außer Sicht weiter die Straße hinab stand. Als sie genauer hinsahen, konnten sie dann eine Bewegung erkennen, und der vorlaute „junge Mann“, der schon einige Tage zuvor sein Interesse an Sarah bekundet hatte, trat in den Lichtschein der Straßenlampe vor ihm.

Er grinste und hob beide Daumen in Sarahs und Chucks Richtung. Das Lachen, das diese Geste bei Chuck und Sarah auslöste, half deutlich, die Anspannung zu lockern, die sie beide schon seit Tagen im Griff hatte.

Während sich der Junge grinsend verzog, half Chuck Sarah in den Wagen, ging dann um das Auto herum, stieg ein und fuhr — noch immer mit Sarah lachend — los.

Der Verkehr in dieser Sonntagnacht war zwar lebendig, aber nicht so dicht, dass er ein Vorankommen verhindert hätte, und so fanden sich Chuck und Sarah keine Dreiviertelstunde später schon im historischen Altstadtkern Belgrads wieder.

Eine Unzahl an Restaurants, Wirtshäusern, Kneipen und Grillstuben luden mit verlockenden Essensdüften und fröhlicher Folkloremusik ein.

Kaum hatten sie Platz genommen, da erschien schon ein Kellner, stellte ein Glas Wasser vor jeden von ihnen und reichte ihnen die Karte. „Amerikanci?“ fragte er, sie einen Augenblick genauer ansehend und dann auf Englisch fortfahrend: „Ich kann ihnen heute den Grillteller empfehlen, mit allerlei Beilagen und frischem Kajmak. “ Chuck sah Sarah kurz an und bestellte dann für sie beide — für Sarah aus Rücksicht auf ihre Essgewohnheiten keinen Grillteller, sondern „Leskovačka Mučkalica“, eine serbische Spezialität aus gedünstetem Gemüse, Tomaten und Ei.

Sich selbst gönnte er eine „Pljeskavica na Kajmaku i Luku“, die serbische Variante des Hacksteaks, sehr dünn geklopft und scharf angebraten, und auf einem Bett aus Zwiebeln angerichtet, auf dem dann eine großzügige Portion Kajmak schmolz, und das Fleisch saftig hielt.

Als sie auch noch ihre Getränke bestellt hatten, zog sich der Kellner mit dem Hinweis zurück, dass das Essen etwa eine halbe Stunde in Anspruch nehmen würde, und sie ihn nur rufen müssten, falls sie etwas brauchten.

„Es tut mir schrecklich Leid, was ich gesagt habe, und dass wir keine Spur von deiner Mutter gefunden haben, Chuck…“ – „Nein Sarah, ich muss mich entschuldigen. Ich war so besessen und verbissen, meine Mutter zu finden, dass ich alles andere aus den Augen verloren habe. So muss es auch meinem Vater gegangen sein. “ Er lächelte sie an. „Was habe ich erwartet? Mein Dad hat die letzten zwanzig Jahre nach ihr gesucht, ohne eine Spur zu finden… Wie konnte ich erwarten, dass ich sie im Handumdrehen finden kann?“

Ihre Getränke kamen, und Sarah nutzte die Gelegenheit, dass Thema zu wechseln.

„Ich habe das vorhin ernst gemeint, Chuck. Du bist in den letzten Monaten zu einem unglaublichen Agenten geworden. Als Marko, Volkoffs Mann fürs Grobe, Casey und mich gefangen gehalten hat, wollte er wissen, wer diese beiden Topspione sind, die seinen Chef so nervös machen, und er zeigte uns Bilder von dir und Morgan. “ Chuck musste schmunzeln. Er und Morgan als Topspione… Das war für Chuck lachhaft, denn schließlich waren Sarah und Casey die Profis.

„Chuck, Volkoff tut gut daran, dich, Charles Carmichael, zu fürchten — ist dir das nicht klar?“ Sarah schien es ernst zu meinen, denn sie lächelte nicht. „Er kann dich nicht vorhersagen… Er weiß nicht, wer du bist, und was du willst. Im Moment bist du der gefährlichste Gegner, den Aleksej Volkoff hat. Und das ist seine Schwachstelle. “ Chucks Augen lagen auf Sarahs Lippen. „Was meinst du damit?“ – „Volkoff wird alles daransetzen, dich zu bekommen, um das, was er als größte Gefahr ansieht, auszuschalten… und so können wir ihn bekommen.

Wenn wir Volkoff erwischen, finden wir auch deine Mutter. „

Sarah verstummte, weil das Essen gebracht wurde, und vom Duft angeregt, und nach dem Einsatz halb am Verhungern, langten sie zu, und ließen sich die ungewohnten Spezialitäten schmecken. Immer mal wieder sahen sie sich in die Augen, oder hielten Händchen, und als sie nach dem Essen noch eine Turska Kafa tranken, kam Chuck noch einmal auf das Thema „Suche“ zu sprechen.

„Du hast Recht, Sarah… Mein Dad hat zwanzig Jahre keine Spur finden können, und ich habe ihre Spur nach nur sechs Monaten zu Volkoff verfolgen können. Wenn wir Volkoff fassen können, können wir von ihm auch erfahren, wo meine Mom ist. „

Sarah beugte sich zu ihm, presste ihre Lippen auf seine und hauchte ihm zu: „Wir werden sie finden, Chuck… Entspann dich. “ Das ließ sich Chuck nicht zweimal sagen, und binnen weniger Momente küssten sie sich leidenschaftlich und voller Sehnsucht.

„Laß uns gehen…“ flüsterte Chuck, und nahm Sarah an der Hand. Mit der freien Hand zog er einige Dinar-Scheine aus der Tasche und legte sie für die Rechnung hin, während ihm Sarah auf den Fersen aus dem Lokal folgte.

Dass ihnen ein Augenpaar den ganzen Abend über gefolgt war, hatten beide nicht bemerkt.

* * *

Morgan und Casey schliefen schon, als Chuck und Sarah leise in die Wohnung zurückkehrten, auch wenn Casey für einen Moment die Augen öffnete, sie aber, als er spürte, dass keine Gefahr droht, auch gleich wieder schloss und weiterschlief.

Erfolgreich gelang es ihnen, jeden Krach zu vermeiden, als sie sich bettfertig machten, und dann ins Bett stiegen.

„Der Abend war schön, Chuck… Danke. Ich glaube, wir beide brauchten einfach mal eine kleine Pause… Das Gefühl, normale Menschen zu sein. Einfach mal alle Sorgen, Enttäuschungen und Pflichten hinter uns lassen. “ Er beugte sich über sie und küsste ihre Lippen, während seine Fingerspitzen über ihre Wangen strichen. „Ich liebe dich, Sarah, und hasse es, wenn wir uns streiten.

“ – „Dann lass uns nie wieder streiten… Gib mir einfach immer Recht. „

Chuck brauchte kein Licht, um Sarahs Grinsen zu sehen, und sofort fing er an, sie zu kitzeln, um sie für ihre frechen Worte zu bestrafen. Minutenlang war gedämpftes Gekicher und Lachen zu hören, bis sich langsam das Kichern und Lachen in leises, aber genüssliches Seufzen und Stöhnen verwandelte, und aus dem Kitzeln und Necken ein Streicheln und Liebkosen wurde…

„Aufwachen, ihr Turteltauben, sonst schick ich Casey zum Wecken rüber.

“ Morgan klopfte an den Paravent und zwang Chuck und Sarah unaufhaltsam dazu, sich aus dem warmen Bett — und wichtiger noch, aus der zärtlichen gegenseitigen Umarmung — zu lösen, und dem neuen Tag zu begegnen. „Macht euch lieber mal fertig, unsere Maschine geht um fünf vor eins, und wir müssen noch den Mietwagen am Flughafen abgeben. “ Chuck warf ein Kissen nach Morgan, während Sarah auf die Uhr sah. „Er hat Recht, Chuck… Es ist schon nach zehn, und wir müssen noch einchecken… Steh auf.

Man sah Chuck wirklich an, wie widerwillig er Sarah aus seinen Armen entließ, und ihr dann aus dem Bett folgte, während sie schnurstracks ins Bad ging. Total zerzaust sah er zu Casey und Morgan rüber, die schon fertig gepackt und gerüstet waren… Offensichtlich waren sie schon eine ganze Weile wach.

„Grimes… Erinnere mich bitte daran, nie wieder mit diesen beiden liebestollen Vögeln in einem Raum zu schlafen, wenn es sich vermeiden lässt.

“ Morgan grinste als er antwortete: „Frag mich mal, ich habe mit ihnen zusammengewohnt. “ Chuck dämmerte wage, dass sie in der Nacht vielleicht nicht ganz so leise gewesen waren, wie sie dachten — von unbemerkt ganz zu schweigen. Sarahs leichter Wangenröte konnte man entnehmen, dass sie einen Großteil, wenn nicht gar alles von der Unterhaltung gehört hatte, aber sie ließ sich sonst nichts anmerken, und suchte ihre letzten Habseligkeiten zusammen, um sie in ihrer Tasche zu verstauen.

„Das Bad ist jetzt frei, Chuck… Beeil dich lieber. „

Ungeachtet des Rückschlags, den die Mission letzten Endes für Chuck persönlich darstellte, war sie dennoch kein Misserfolg, denn ein weiterer Staat würde Volkoff und seine Pläne jetzt genauer im Auge behalten, und so gering die Erkenntnisse auch waren, die man aus den Daten und den Entdeckungen, die Morgan und Casey gemacht hatten, ziehen konnte, zeigten sie eine weitere Spur auf, in der ermittelt werden konnte.

Dem entsprechend war auch die Stimmung auf der Fahrt zum Flughafen eher entspannt, Casey unterhielt sich ganz freundlich mit Morgan — der sogar fahren durfte. Trotz allem war die Bilanz der Mission — zumindest, was den offiziellen Teil anging — positiv, und das war das Wichtigste.

Casey hatte Sarahs Ansicht bestätigt, wonach sie, dadurch, dass sie Volkoff immer mehr in die Enge trieben, die Chance erhöhten, Chucks Mutter zu finden.

Er stimmte auch zu, dass sich Volkoffs Interesse stark auf Chuck — Charles Carmichael — konzentrieren würde, über den er nicht viel erfahren würde, während zumindest Chuck somit weiterhin „unter dem Radar“ bleiben könnte.

Die Rückgabe des Mietwagens und das Boarding verliefen ereignislos, und bald konnten sie alle ihre bequemen Plätze einnehmen, und sich ausruhen.

Chuck und Sarah, die nicht viel geschlafen hatten, lehnten sich an einander und teilten sich ein Kissen, so dass sich ihre Köpfe fast berührten, und sie beim Erwachen als Erstes den jeweils anderen sehen würden.

Ihre Hände hatten sie in einander verschränkt und beide lächelten im Schlaf.

Natürlich entging das weder Morgan noch Casey, aber sie kommentierten es nicht weiter. Chuck und Sarah hatten sich diese Zweisamkeit nach allem, was sie in den letzten Jahren hatten durchmachen müssen, um zu einander zu finden, redlich verdient.

* * *

Der Flughafen JFK war am früheren Montagnachmittag relativ ruhig und entsprechend waren auch die Warte- und Transithallen von einer überschaubaren Menschenmenge erfüllt.

Das Flugzeug von Team Bartowski hatte in New York einen längeren Aufenthalt, um aufzutanken und die Passagiere vertraten sich die Beine, tranken Kaffee oder — wie Morgan — stöberten an den Zeitungsregalen.

Sarah und Chuck saßen entspannt in der Wartehalle und ließen den letzten Abend — und die daran anschließende Nacht — noch einmal Revue passieren, immer noch etwas verlegen, weil sowohl Morgan als auch Casey scheinbar doch einiges mitbekommen hatten.

Sie nahmen sich fest vor, in Zukunft diskreter zu sein. Ganz überraschend wechselte Sarah das Thema:

„Chuck, der Mann da drüben sieht uns schon die ganze Zeit ganz verwirrt und besorgt an. Kennst du ihn?“ Chuck sah zum gut gekleideten Mann am anderen Ende der Halle, doch selbst mit Hilfe des Intersect gelang es ihm nicht, ihn zu identifizieren. „Keine Ahnung, wer das ist. Er sieht nicht wie ein Agent aus, ganz abgesehen davon, dass ein Agent seine Zielperson niemals so auffällig beobachten würde.

Ich gehe mal rüber, und frage ihn… Vielleicht verwechselt er uns ja einfach, oder braucht sogar Hilfe. „

Als sich Chuck erhob, ertönte über die Lautsprecher der Halle der Aufruf für die Nachmittagsmaschine nach Boston Logan International Airport und der Mann raffte seine Sachen hastig zusammen und stürmte zum Gate davon.

Chuck setzte sich wieder, sichtlich verwirrt und erstaunt. „Seltsamer Kerl… Fast schon unheimlich. “ – „Vermutlich war es einfach eine Verwechslung, und als du auf ihn zugingst, war es ihm peinlich.

“ – „Oder er wurde nervös, weil wir bemerkt haben, dass er dich anstarrt, und hatte Angst, ich würde ihn mir zur Brust nehmen, weil ich ein eifersüchtiger Kerl bin. “ lachte Chuck, und sah Sarah liebevoll an. „Womit er ja nicht unrecht hätte. “ Auch Sarah lachte, und schlug ihm spielerisch gegen die Schulter.

„Wir sollten los, das Flugzeug ist aufgetankt, und wir starten in einer halben Stunde wieder nach L.

A. Wo steckt überhaupt wieder Grimes?“ Casey setzte sich neben sie und sah sich wie gewohnt misstrauisch um. „Wenn der Kerl Angst vor mir hatte, wäre er bei Caseys Anblick zweifellos tot umgefallen. “ überlegte Chuck, als er seinen bärbeißigen Freund und Kollegen betrachtete. Wenige Minuten später kam auch Morgan zurück — mit einem neuen Comic in der Hand. „“Wurde auch Zeit, ich will nicht deinetwegen meinen Flug verpassen, du Trottel. “ blaffte Casey, nahm seine Tasche und machte sich auf dem Weg zum Gate.

Die anderen folgten ihm, und Morgan murmelte: „Wenn er wüsste, was mit Alex läuft, würde er mich umbringen, wenn er schon so ist, wenn er von nichts weiß. „

Trotzdem wurde es ein angenehmer, und ereignisloser Flug zurück, und als sie gegen Mitternacht in Greater Los Angeles ankamen, waren alle wirklich müde. Obwohl sie im Flugzeug geschlafen hatte, schlummerte Sarah auf der Taxifahrt nach Echo Park an Chucks Schulter gelehnt ein. Chuck ließ es sich gerne gefallen, und trug sie dann, als sie angekommen waren, auf seinen Armen in das Apartment, dass sie gemeinsam bewohnten.

Er ließ sie in Ruhe schlafen, legte sich nur neben sie, und nahm sie in seine Arme. Sie konnten beide alle Ruhe brauchen, die sie bekommen konnten, denn jederzeit konnte eine neue Mission anstehen… Heute, morgen, oder vielleicht auch erst nächste Woche — aber sie würde so sicher kommen wie der nächste Sonnenaufgang. Und niemand konnte wissen, wo sie die nächste Mission hinführen würde. Vielleicht, auf eine entlegene Südseeinsel, in die tiefste sibirische Tundra, in die Wüsten des Iran oder Irak oder auch nach Mailand… Sie konnten es nie wissen, aber sie würden für alles gewappnet sein.

* * *

„Sie verstehen mich nicht! Ich habe Angst!!“ Kenneth Richardson der Dritte blickte sich panisch im eleganten Büro seines Gegenüber um, und zitterte am ganzen Leib. Ihm gegenüber saß ein älterer Mann mit einem eleganten Anzug, der perfekt zur Einrichtung des Büros passte. „Erzählen sie es mir nochmal kurz und knapp, Mr. Richardson. Ich habe zwar den Bericht und die Aussage, die sie gemacht haben, aber ich möchte es sehr gerne von ihnen selbst hören… Wenn sie sich dazu im Stande fühlen, mir noch einmal alles zu schildern.

Kenneth atmete tief durch, und fing an zu erzählen:

„Es begann an einem sonnigen Herbsttag während meines Urlaubs in Europa, in Belgrad genauer. Ich wurde unfreiwillig Zeuge einer CIA-Operation, und konnte gerade noch entkommen, bevor ich Zeuge werden konnte, wie jemand exekutiert wird. Zuerst dachte ich, ich sei noch mit heiler Haut davongekommen, aber am Abend des gleichen Tages wäre ich um ein Haar ermordet worden — ich habe in dem Wagen, der mich überfahren wollte, sehr genau die Agenten erkannt, die ich am Mittag in diesem Café gesehen habe, in dem die Operation durchgeführt wurde.

Um den Schock zu verarbeiten, habe ich mich dann in ein Restaurant gesetzt, um etwas zu trinken, und auch, um meinen Magen mit etwas zu essen zu beruhigen. Ich habe keine Ahnung, wie sie mich ausfindig gemacht haben, vielleicht per Satellitenüberwachung oder sonst was, keine Ahnung, aber etwa eine Stunde, nachdem ich das Restaurant betreten habe, setzten sich zwei der Agenten — ein Mann und eine Frau, die sich als Pärchen getarnt hatten — ebenfalls in dieses Restaurant.

Sie waren clever. Sie haben so getan, als würden sie mich garnicht wahrnehmen, aber da wusste ich schon, wie der Hase läuft. “ Kenneths Gesicht zeigte einen leichten Triumph. „Ich habe mir die erste Maschine genommen, die aus Belgrad in die Staaten flog, und nach meiner Landung in New York habe ich sofort einen Freund von mir angerufen, der beim Boston Herald arbeitet, und ihm um ein Treffen gebeten, sobald ich in Boston gelandet bin.

“ Seine Augen waren unruhig, und er strich mit fahrigen Bewegungen seiner Hände über seine Hose. „Ich weiß nicht, wie sie es gemacht haben… Vielleicht stimmen die Gerüchte über Echelon III wirklich, dieses Überwachungssystem der NSA, dass jedes Telefonat, jede Funkfrequenz, jede Mail und alles andere überwacht… Wie auch immer. Kurz bevor mein Flug nach Boston aufgerufen wurde, tauchte dieses Agentenpärchen wieder auf, und der Mann war schon auf dem Weg, um mich zu schnappen, als ich es im letzten Moment noch schaffte, meinen Flug zu bekommen.

Kenneth atmete tief durch. „Und seit diesem Tag weiß ich, dass der Geheimdienst mich nicht in Ruhe lassen wird. Sie wissen, wo ich lebe, wo ich arbeite und wen ich kenne… Ich weiß, dass sie mich beobachten… Auf einmal habe ich einen neuen Postboten, fremde Frauen versuchen mich in Bars auszuhorchen… Als ich meine Vorgesetzten bei Wolfram & Hart darauf ansprach, ob sie mir helfen können, wurde ich ausgelacht… Ich bin nicht verrückt!!“

Der grauhaarige Mann im eleganten Anzug hatte die ganze Zeit schweigend zugehört, und sich Notizen gemacht, jetzt sah er auf, und Kenneth in die Augen.

„Es muss schrecklich sein, was sie gerade durchmachen, Mr. Richardson… Glauben sie mir, ich kann es mir vorstellen. Aber es ist gut, dass sie jetzt hier sind… Wir von der psychiatrischen Abteilung des Massachusetts General Hospital sind spezialisiert auf die extremsten Formen von burnoutbedingten Psychosen. Ich kann ihnen versichern, dass sie hier vollkommen sicher sind. „

Der Mann — der Psychiater — drückte einen Knopf auf seinem Schreibtisch, und ein großgewachsener Krankenpfleger kam zur Tür herein.

„Lars… Seien sie bitte so gut, und führen sie Mr. Richardson auf sein Zimmer. Ich werde mir bis heute Abend überlegen, welche Medikation angebracht wäre. Und passen sie gut auf ihn auf. Er ist ein so gefährlicher Mann, dass die CIA ihn töten will. „

Als sich die Tür hinter Kenneth und Lars geschlossen hatte, lehnte sich Dr. Gausser zurück und schmunzelte. „Auf was für Ideen die Leute heutzutage kommen… Das ist garantiert eine Folge der ganzen Verschwörungstheorien, die jetzt in Film und Fernsehen verbreitet werden.

“ Er legte die Akte von Kenneth in seinen Schreibtisch, und nahm sich vor, diesen verwirrten jungen Mann von seinem Wahn zu heilen — und wenn es Jahre dauern sollte.

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