Head over Heels Ep. 02

Telefonsex mit ECHTEN Frauen: Zusätzlich mit Kamera Funktion möglich!

*** 24. Dezember, 5 Uhr ***

Ich wachte zum dritten Mal in dieser Nacht auf. Fast wäre ich von der Matratze gefallen. Aber Yantos Arm um mich hielt mich jedes Mal auf. Ich drehte mich zu ihm um, sah seine Silhouette im schwachen Licht, das die Weihnachtsbeleuchtung am Fenster erzeugte.

„Du bist wach. „, seine dunkel Augen schauten in meine und ich küsste seine Wange. Ein rauer Grund hatte sich gebildet, doch es störte mich nicht.

Ich hatte den selben auf meiner eigenen. Es kitzelte mehr, als dass es kratzte, als ich meine Wange an seine legte und an seinem Ohr mit meiner Zunge spielte.

„Versuch leise zu sein. „, hauchte er.

„Wir sollten nicht. „

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„Pass auf, ich hab mir da etwas überlegt. „, er stand auf und holte einen Schal aus meinem Koffer, „Ich binde dir den Mund zu.

Dann kannst du so laut sein, wie du willst und niemand hört es. “ Er hatte sich über mich gebeugt und hockte auf mir. Sein Mund so dicht vor meinem, dass ich seinen Atem spüren konnte. Er ging flach und langsam. Doch er schloss die Lücke zwischen unseren Lippen nicht. Hielt seinen Kopf nur über meinem schwebend.

„Nein. „, ich schloss die Lücke und küsste ihn, „Wie soll ich dich so küssen? Ich werde so leise wie ein Mäuschen sein.

“ Ich küsste ihn wieder und dieses Mal schob er seine Zunge in meinen Mund, suchte nach meiner und fand diese ach zu bereitwillig.

Meine Hände hielten seinen Kopf, strichen durch seine dunklen kurzen Haare, wühlten in ihnen. Ich stöhnte leise in unseren Kuss. Seine Finger strichen über meine Wange, während meine seinen nackten Rücken hinab glitten. Ich konnte jeden Muskel fühlen, jede Bewegung nachvollziehen und seine Hitze spüren. Mit seiner anderen Hand stützte er sich ab, dass er nicht vollends auf mir lag.

Ich umschloss seine Hüfte mit meinen Beinen und drückte ihn näher an mich.

Plötzlich klopfte es leise an der Türe, wir bewegten uns nicht. Die Lippen noch immer versiegelt, doch eingefroren in der Zeit. Vielleicht war dort nichts gewesen. Nur eine kleine Einbildung, kein Grund aufzuhören. Ich begann den Kuss fortzuführen, als wieder ein Klopfen zu hören war. Dieses mal etwas lauter. Yantos Lippen lösten sich von meinen und er hechtete auf die andere Matratze.

Er drehte sich um, zog die Decke über sich und tat so als würde er schlafen. Ich stieg von meinem Luftbett herunter und ging zur Türe.

„Was?“, ich war wirklich verärgert.

„Ich bin's. Kann ich …“, ich öffnete die Türe und ließ Jonas hinein. Er trug nur eine Boxer und ich staunte einen Moment lang nicht schlecht. Seit August hatte er seinen kompletten Babybauchspeck in Muskeln verwandelt.

Die zeigten sich deutlich, und auch seine Schultern schienen mir breiter, als ich sie in Erinnerung hatte. Obwohl er kleiner war, wirkte er größer als ich.

„Ich kann nicht schlafen. Ich muss die ganze Zeit an vorhin denken. „, er stand da, schaute mich an und ich setzte mich auf Yantos Matratze. Er drehte sich zu mir um und lag weiter unter der Decke. Seine Hand glitt darunter hervor und er schob sie unter mein T-Shirt, seine Fingerspitzen berührten mich.

Es war schön. So versteckt und doch offen. Ich lächelte kurz und rückte etwas näher, dass er mich ganz fühlen konnte, dass ich ihn ganz fühlen konnte.

„Setz dich. „, forderte ich Jonas auf und er setzte sich auf meine Luftmatratze. Wir schwiegen. Keiner sagte ein Wort, aber ich konnte Jonas Blick auf uns spüren. Er erforschte meine Reaktion, mich. Uns.

„Seit … Warum … Ich … Wie …“, er stammelte, dann brach seine Stimme und er schwieg wieder.

Jetzt war es an mir das Gespräch zu beginnen. Doch was wollte ich sagen? Wie sollte ich es sagen? Was würde mein Bruder von mir denken?

„Schon lange. „, begann Yanto hinter mir, „Wir sind seit fast vier Jahren zusammen. „

„Also auch schon im Sommer. „

„Ja. „, antwortete ich knapp und hoffte, dass Yanto weiter sprach.

„Yan will euren Eltern nicht weh tun.

Er will ihre perfekte Welt nicht zerstören. Euer Vater würde das nie verstehen. Niemals. Darum. „

Jonas schaute auf: „Also … dann sage ich es besser auch nicht. „

„Das musst du für dich entscheiden. Aber ich werde es Papa nicht sagen. „

„Lüge ich dann nicht?“, Jonas Stimme war ganz leise geworden und er senkte den Blick auf seine im Schoß gefalteten Hände.

„Du darfst auch nicht nur an dich denken.

Denk mal an Fischer. Sein Vater bringt ihn um. „

„Ja, das würde er. Da bin ich mir ganz sicher. Und mich noch dazu. „, Jonas lächelte kurz, doch dann wurde sein Gesicht wieder ernst.

„Jonas, ihr müsst vorsichtiger sein. Was hast du dir nur dabei gedacht? … Auf dem Flur. „, ich schüttelte den Kopf, „Stell dir mal vor das hätte jemand gesehen. Nicht einmal ich war so dumm.

„Sei nicht so streng. Du warst noch viel dümmer. „, Yanto legte seinen Arm um meinen Bauch und zog mich zu sich heran.

Er hatte recht. Ich war noch dümmer gewesen, trotzdem musste ich grinsen. Ich war nicht nur dümmer gewesen ich hab mich bei der Dummheit auch noch genauso kalt erwischen lassen, wie Jonas gestern. Nur waren Daniel und ich damals nicht mehr bekleidet gewesen und voll bei der Sache, als Jule zur Tür hineinplatzte.

Sie schaute mich an und sagte nur: „Ich wusste es! Verdammt bin ich gut. „, dann knallte sie die Türe wieder zu, nur um Bruchteile später wieder hinein zu kommen: „Schließt ab. „

Die Tür ging einen Spalt auf und ich schoss hoch, wie von der Tarantel gestochen. Mein Herz hüpfte mir fast aus der Brust, als ich mich umblickte. Es war nur Fischer.

„Wo man von spricht.

„, lachte Yanto los und ich schlug ihn auf die Schulter. Fischer schloss die Türe hinter sich.

„Schließ bitte ab. „, kicherte Yanto und ich setzte mich wieder. Mein Herz raste noch immer als er sich hinter mich setzte und mir unmissverständlich zeigte, woran er gerade dachte. Sein harter Schwanz drückte sich an meinen Hintern und er schlang wieder die Arme um mich.

„Ich wusste, dass ich dich hier finde.

„, sagte Fischer leise und setzte sich neben Jonas. Sie saßen da wie zwei Schuljungen, die Hände im Schoß gefaltet, nebeneinander für sich. Als hätten sie etwas angestellt und waren dabei vom Lehrer ertappt worden. Als würden sie auf die Standpauke warten. Wie unterschiedlich die beiden waren. Mein Bruder mit seiner großen, kräftigen Statur, ganz anders als meine, neben dem blassen, zerbrechlichen Blonden, der seinen Rücken, wie seine Augen so starr setzten konnte. Andererseits waren sie sich so ähnlich, wie es beste Freunde halt immer sind, früher oder später.

Sie bewegten sich gleich, und wählten die selben Worte, um Dinge zu beschreiben, zu besprechen. Ihre Intonation war so ähnlich, dass ich mir in diesem Moment sicher war, dass man sie am Telefon nur schwerlich unterscheiden konnte.

Das Problem hatten Yanto und ich nicht. Wir klangen uns so unähnlich, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass wir je auch nur die selbe Intonation haben würden. Yanto war Engländer. Man bemerkte es erst nach einigen Sätzen, aber der Akzent war nie gänzlich verschwunden, was ich auch sehr schade gefunden hätte.

Er lebte seit über zwanzig Jahren hier.

Er ist nur zwei Zentimeter größer als ich und auch seine Statur ähnelt eher meiner, als dass sie sich voneinander unterscheiden. Sein Körper ist nicht so muskulös und hart, wie Jonas, aber fett jetzt auch nicht. Etwas mehr, aber nicht zu viel halt. Perfekt in meinen Augen. Solange er kein Doppelkinn und keinen Bierbauch entwickelt ist mir alles recht. Er wirkt so trotz seiner durchschnittlichen Größe kräftiger und härter, als er eigentlich ist.

Für gewöhnlich trägt er einen Anzug und wirkt eher zugeknöpft. Seine kurz geschnittenen Haare, die echt englisch zur Seite gekämmt (aber ohne Scheitel) sind, lassen ihn auch nicht lässiger wirken. Einzig seine dunklen Augen sind auffällig. Sie sind so dunkel, dass sie in Kombination mit seiner doch recht hellen Haut sehr auffallen.

„Ich habe tausend und eine Frage an euch. „, begann Fischer und grinste verlegen, doch ich hob die Hand.

„Ich habe nur eine Frage an dich. Was hast du vor?“

Fischer schaute auf, seine kalten Augen starrten mich an, wanderten dann zu Yanto hinüber und weiter zu Jonas neben ihm.

„Ich … Wir gehen im Sommer von hier weg. Ich warte nur, dass Jonas seinen Schulabschluss hat. Es dauert nicht mehr lange. „

„Du hast deinen schon?“, fragte Yanto.

„Hmm, er ist zwei Jahre älter. „, antwortete ich und schaute Fischer an, dieser nickte zur Bestätigung.

„Ich bin schon seit anderthalb Jahren aus der Schule raus. Ich warte nur, dass Jonas fertig wird und wir endlich fort können. „, seine Augen begannen zu strahlen bei dem Gedanken.

„Ihr seid doch erst seit ein paar Monaten zusammen. „, ward ich ein.

„Das schon, aber … aber wir … ähm also wir kennen uns ja schon so lange … und …“, stammelte Jonas und Fischer schaute verlegen auf seine Hände.

„Ich verstehe. „, schmunzelte ich.

„Wohin wollt ihr denn? Und von welchem Geld?“, fragte Yanto.

„Mein Vater hat gesagt, dass ich studieren dürfte wo immer ich wolle. Und dass er mich dabei unterstützt. „

„Und du hast genauso wenig wie ich damals, Jonas. Also seid ihr beide abhängig. Das ist kein guter Start. Ich hatte das selbe Problem. „, murmelte ich.

Es wurde wieder still im Raum.

„Ich hoffe, dass ich ein Stipendium bekomme. Ich mache ein Jahr früher mein Abi und bin nicht schlecht in Mathe. „, Jonas blickte sich im Zimmer um. Das Argument war noch untertrieben. Er hatte die elfte Klasse übersprungen und schon den ein oder anderen Mathematikwettbewerb gewonnen. Ein Stipendium war da so gut wie sicher.

„Okay. Das löst aber nur dein Problem.

Was, wenn dein Vater es herausfindet?“

„Yannis, du kannst ihm das nicht sagen. De dreht mir nicht nur den Geldhahn zu sondern auch den Hals um. „, Fischers Stimme war leicht panisch geworden.

„Nein, nein. Wir schweigen wie ein Grab. Wir würden nur unser eigens schaufeln. Jedenfalls Yan würde seines schaufeln. Und Jonas‘ auch noch dazu. „, er schwieg kurz, „Bin ich froh, dass meine Mutter nicht so ist.

„Ja. Deine Mutter ist toll. „, schwärmte ich und zog ihn zu mir heran. Ich küsste ihn kurz und lächelte.

„Ich kann das noch immer nicht fassen. „, sprach Jonas und schaute uns etwas verlegen an.

„Was soll ich denn sagen?“, lachte ich und zeigte in theatralischer Geste auf ihn, „Mann, ihr habt mir gestern einen totalen Schock verpasst. „

„Nicht nur dir.

Ich dachte ich müsse sofort sterben. „, wir lachten mit Fischer herzhaft auf.

„Sag mal, schlaft ihr die ganze Zeit getrennt? Weil .. also wir können die ..“, Jonas räusperte sich und Fischer bekam rote Ohren und einen gefleckten Hals.

„Nein, wir quetschen uns auf die große Luftmatratze. „, murmelte Yanto.

„Und welche ist das?“, scherzte Jonas.

„Hey, ihr müsst so eng zusammen liegen …“, schon hatte Fischer ein Kissen im Gesicht.

Er lief noch roter an. Yanto konnte gut zielen, „Raus hier, ihr beiden. “

Er stand auf, ein weiteres Kissen in der Hand und lief auf Fischer zu. Fischer rannte aus dem Zimmer, die verschlossene Türe nur ein kurzes Hindernis. Als die beiden aus dem Zimmer waren, sah ich Jonas an. Er erhob sich, dass Zimmer zu verlassen.

„Warte. Zwei Dinge noch. „, hielt ich ihn zurück.

„Du kannst mit mir über alles reden. Wenn du einmal eine Frage hast oder so. „

„Ja, danke. „

„Jule weiß über mich und Yanto bescheid. „

„Aber du sagst ihr nichts?“

„Nein, wenn du es nicht willst. Aber sie weiß es schon ewig. Also kein Problem. „, ich lächelte ihn aufmunternd an. Er wandte sich wieder zum Gehen.

„Alles wird gut, weißt du? Ich schaue mal, was Yanto und ich machen können, um euch zu helfen, ja? Es war für mich schon schwer genug. Da brauchst du das nicht auch noch durchmachen. „

„Danke, Yannis. Du bist der beste kleine große Bruder der Welt. „, Jonas umarmte mich und verließ das Zimmer in dem Moment, wo Yanto wieder hinein kam.

„Ach, ihr könnt Fischers Matratze haben.

Die ist größer .. und er braucht sie eh nicht. „

*** 26. Dezember, 14 Uhr ***

Wir hatten alle Koffer wieder im Wagen verstaut, es war zur Abwechslung kein weiterer Schneefall angesagt und wir sollten gut durchkommen bis nach Hause. Ich gab meiner Maam einen Kuss auf die Wange und schüttelte meinem Vater die Hand zum Abschied, wie er es auch bei Francis und Yanto tat. Als ich vor Jonas stand, umarmte ich ihn und drückte ihm einen Umschlag in die Hand.

Mein Blick verriet ihm, dass er ihn besser erst später öffnete.

Dann endlich stiegen wir ins Auto. Die ersten Stunden würde Francis fahren, hier wo noch nicht so viel Schnee auf den Straßen lag, war es einfacher für ihn. Ich würde ab Frankfurt übernehmen. Wir fuhren drei Straßen weiter und hielten an. Jule stieg aus und wechselte mit Yanto den Platz. Endlich saß er neben mir. Ich küsste ihn und legte meinen Kopf an seine Brust.

Ich hatte mich in eine Art Liegeposition gesetzt, die Beine auf den linken Sitz gelegt und schloss die Augen. Für diesen Moment genoss ich völlig frei an Yantos Brust zu liegen und seinen Herzschlag zu erahnen. Sein arm legte sich wieder um mich und ich schaute zu ihm auf. Er beugte sich vor und küsste mich.

„Meint ihr nicht, dass es an der Zeit ist Maam und Papa was zu sagen?“, fragte Jule nach einer Weile.

Sie hatte uns im Seitenspiegel beobachtet und drehte sich nun zu uns um. Francis schaute in den Rückspiegel, die Augen aber weiter auf die Straße gerichtet.

„Die Zeit ist vorbei. „, sagte ich trauriger als ich es meinte.

„Schatz, was glaubst du, wie dein Vater reagieren würde?“, warf Francis ein und Jule stöhnte auf.

„Wenn Papa ein Problem damit hat, dann … dann kriegt er seine Enkel nie zu Gesicht.

„Lass gut sein, Jule. „, meinte ich leise.

„Aber was ist mit dir Yanto? Ist das nicht scheiße für dich?“, Jule schaute meinem Freund ins Gesicht und er antwortete: „Nein. „

Doch er sagte es auf so eine eigenartige Weise, dass ich mich aufsetzte und ihn anschaute: „Wie?“

„Du lebst immer wieder eine Lüge, wenn du hierher kommst. Du lügst deine Schwestern an.

Fast deine ganze Familie. Siehst du das nicht?“

„Aber ich …“

„Nein. Du siehst das nicht. Versteh mich nicht falsch, ich mag das Versteckspiel, weil es nur fünf Tage im Jahr sind. Das ist aufregend. Aber im Grunde ist es eine Lüge. „, ich senkte den Blick und wusste, dass es wahr ist, was er sagt.

„Aber ich kann Jonas das nicht antun. „, Yanto griff fest zu.

Erst jetzt merkte ich, was ich gerade gesagt hatte. Es war einen Moment still, bis Yanto die Situation rettete: „Du sagst immer, dass Lügen das Schlimmste auf der Welt ist. Du sagst immer: Liebe deinen Nächsten, denn auch er ist von Gott. – Wie kannst du das mit einer Lüge übereinstimmen?“

Jetzt war es wirklich still im Wagen geworden. Yanto hatte vollkommen Recht. Wenn ich jemand anderen anlog, dann lästerte ich meine eigene Existenz vor Gott.

Ich lästerte Gott. Ich atmete tief ein und dachte weiter darüber nach. Ich war schon immer gläubig gewesen, mein zweites Fach an der Uni war Religion gewesen und wenn ich gekonnt hätte, hätte ich Pfarramt studiert. Doch mein Vater wollte das nicht, er wollte einen richtigen Beruf für mich.

Ich hatte den Satz immer so verstanden, dass er Lüge zuließ, wenn ich dadurch einen Menschen schützte, der für den Schmerz nichts konnte, wenn man ihm die Wahrheit sagte.

Aber waren diese Menschen, die ich glaubte zu schützen, tatsächlich meine Familie? Oder machte ich es mir nicht selbst leichter, indem ich sie belog? Je länger ich darüber nachdachte, umso deutlicher wurde es mir. Ich konnte es nicht auflösen, aber so weitermachen konnte ich auch nicht.

„Ich weiß es nicht. „, sagte ich leise und hoffte, dass das Thema damit beendet war. Aber ich wusste, dass Jule es mir wieder und wieder vorhalten würde.

Nicht vielleicht jetzt, aber auf jeden Fall, wenn wir wieder zuhause waren. Nicht heute, aber sicherlich im neuen Jahr. Sie hatte Recht und Yanto auch und ich wusste in dieser Sekunde, dass ich es meiner Familie sagen werden müsste. Gedanklich bereitete ich mich schon jetzt darauf vor, spielte Variante um Variante, Möglichkeit und Gelegenheit miteinander in meinen Gedanken durch und auf.

„Du bist dran!“, Fancis weckte mich aus dem Schlaf in den ich gefallen war.

Yanto schlief weiter als ich mich vom Sitz erhob und vor dem Lenkrad Platz nahm. Draußen war es mittlerweile dunkel geworden, überall lag Schnee. Die Fahrbahndecke des Rastplatzes sah nicht gut aus.

„Jule würde sich gerne hinlegen, wenn das Recht ist. „, sagte Francis und nahm auf dem Beifahrersitz platz.

„Wo ist sie?“

„Klo. „

„Okay. Wo sind wir?“

„Kurz vor Frankfurt.

Die Straßen werden nicht besser, da dachte ich, ich wecke dich lieber. „, erklärte Francis und trank einen Schluck Kaffee. Als er den Pott aus dem Fenster schütten wollte, griff ich danach und trank ihn selbst aus. Er war grauselig, aber so stark wie zwei Dutzend Bären, also genau Richtig, um den Schlaf loszuwerden.

Hinten ging die Türe des Wagens auf und Jule stieg ein. Es sah irgendwie witzig aus, wie sie ihren dicken Bauch in den Wagen manövrierte und ich konnte mir ein Kichern nicht verkneifen.

Sie versuchte eine gemütliche Lage zu finden, die Beine zur Mitte auf den Sitz hochgezogen und brachte dabei lediglich das Auto zum Wanken. Ich startete den Wagen und fuhr langsam weiter. Mehr als 50km/h waren nicht drin, die Fahrbahn war eingeschneit und der Himmel sah aus, als würden noch einige Zentimeter herunter kommen heute Nacht.

„Man, Scheiße. Wie konntest du hier nur daran denken zu schlafen?!“, Jule lehnte sich gegen die Türe und rutschte etwas hoch, dann wieder etwas hinunter.

„Yan hatte ein super Kissen. „

„Lehne dich doch an Yanto, er schläft wie ein Stein. „, schlug ich ihr vor. Ohne ein weiteres Wort wechselte sie den Platz, schnellte sich mit der Mittleren Schnalle an, die kaum um ihren Bauch passte und lehnte sich, wie ich zuvor an Yanto.

„Besser?“, fragte ich und sah in den Rückspiegel. Im Schlaf legte Yanto seinen Arm um sie und ich musste leise Schmunzeln.

Ich liebte ihn so sehr. Sollte zuvor auch nur ein Funken Zweifel in mir geglommen haben, so war mir jetzt klar, dass ich ihn nicht länger verheimlichen konnte. Es war beschlossen, ich würde es meiner Familie sagen. Nur nicht jetzt gleich. Das konnte ich Jonas nicht antun. Erst, wenn er aus dem Haus raus war. Erst, wenn er den Brief gelesen hatte. Erst, wenn es Sommer war.

Francis legte seine Hand auf meine und ich schaute kurz zu ihm hinüber.

„Das wird schon. „, flüsterte er und warf einen Blick nach hinten. Jule war bereits nach wenigen Sekunden eingeschlafen.

„Wisst ihr was es wird?“

„Nein. Sie will nichts von ihrem Arzt hören. Nur ob es gesund ist. Bis jetzt ist es das. Ich darf nicht einmal bei den Ultraschallbildern dabei sein. Sie will es mich nicht sehen lassen. „

„Verständlich, Herr Doktor.

„Ich bin kein Arzt. Noch nicht. „

Damit war es für die nächsten Stunden still. Nur das Radio spielte leise Musik und verkündete in Richtung Norden einen Stau nach dem anderen. Ich würde Francis irgendwann in der Nähe von Kassel wecken, sollte sich bis dahin der Schneefall etwas gelegt haben. Mittlerweile kroch ich mit knapp 30 Stundenkilometern über die eingeschneite Fahrbahn. Wenigstens ging es voran, wenn auch nur kriechend.

*** 27. Dezember, 20 Uhr ***

Da war sie. Ich konnte sie endlich sehen. Es hat mich ja auch nur 28 Stunden meines Lebens gekostet dorthin zu gelangen. Und als ich die endlich erblickte, hätte ich am liebsten geheult. Wir fuhren einfach daran vorbei. Ich glaube Francis wurde langsamer, stoppte fast, nur um mich zu ärgern. Er fuhr einfach weiter, weiter die Straße hinunter, um die nächste Ecke und da endlich hielten wir an.

Ein kleines Backsteinhaus ganz im Stil der sechziger Jahre gehalten. Normalerweise mit einem kleinen Garten davor. Im Augenblick lag dieser unter etwa sechzig Zentimetern Schnee. Bei bestem Willen, aber so viel Schnee habe ich noch nie gesehen, jedenfalls außerhalb vom Skiurlaub.

Ich stieg aus, half Jule aus dem Wagen und warf ihre Koffer mehr auf den Gehweg, als dass ich sie stellte. Ich umarmte die beiden und legte den Rückwärtsgang ein.

Yanto schlief noch immer auf dem Beifahrersitz. Ich hatte das Gefühl, als ich langsam die völlig eingeschneite Straße entlang fuhr (im Grunde war es mehr ein Kriechen über den Zentimeterdicken Schnee, der zum Glück zum größten teil beiseite geräumt wurde oder aber platt gefahren war), dass er mehr oder weniger die gesamte Höllenfahrt verschlafen hatte.

Hinter Kassel waren wir auf der Strecke geblieben. Kein Streusalz mehr vorhanden, keine Schneepflüge, die die Autobahn freihielten.

Zu allem Übel schneite es und schneite es bis wir heute Morgen in Zwanzig Zentimetern standen, die mehr als nur die Autobahn lahmlegten. Als wir endlich heute Mittag weiterfahren konnten, waren die Autobahnen hinter Kassel wenigstens einigermaßen frei und wir schafften es bis jetzt nach Hause. Nur um zu merken, dass auch hier der Winter zugeschlagen hatte. Gut, dass wir an der Hauptstraße wohnten, die zumindest vor einigen Stunden von einem Schneepflug frei geschaufelt wurde.

Seit dem war wieder weißer Regen gefallen, aber es machte die Fahrbahn nicht völlig unbrauchbar.

Ich stellte den Wagen so weit es ging am rechten Fahrbahnrand ab (im Grunde fuhr ich mich wohl eher in der Schneeauftürmung am Straßenrand fest) und stieg aus. Einen kleinen Augenblick überlegte ich, ob ich Yanto einfach weite schlafen lassen sollte. Ich entschied mich dagegen, lud trotzdem zuerst die Koffer aus, um sie auf dorthin zu stellen, wo eigentlich ein Gehweg war.

Dann lehnte ich mich von der Fahrerseite zu Yanto hinüber. Er schlief so fest. Eines musste man ihm zugute halten, er war die ganze Nacht lang wach geblieben, um zuerst Jule warm zu halten und mich dann wach. Francis hatte sich auf den Weg gemacht die Rote Kreuz Station zu finden, die laut Radio fünf Kilometer vor uns ihr Lager aufgeschlagen hatte und Kaffee und Tee verteilte. Dass fünf Kilometer bei starkem Schneefall eine halbe Ewigkeit zurückzulegen sind, hatte niemand von uns erwartet.

Und so dauerte es über vier Stunden bis er wieder zurück war. Yanto und er tauschten Plätze und Yanto nahm auf dem Beifahrersitz platz, wo er noch immer saß. Er war die ganze Nacht mit mir wach geblieben, sodass Francis heute Mittag weiterfahren konnte, während ich endlich schlief. Ich war die letzten einhundert Kilometer gefahren. Ganz schönes Chaos. Aber endlich waren wir da.

Ich strich langsam mit meinem Handrücken über seine raue Wange.

Als ihn das nicht aufweckte verteilte ich kleine Küsse auf seiner Stirn, auf seiner Wange. Erst als ich ihn richtig auf den Mud küsste, bewegte er sich und öffnete ihn für mich. Er ließ mich ein und wir küssten uns. Es war so intensiv, so zweisam, nur für uns.

„Wir da?“, murmelte er verschlafen und schaute mich mit kleinen Augen an, ich nickte.

„Und es gibt jede Menge Arbeit für dich.

Weil ich bin müde und werde jetzt schlafen gehen. Die Schneeschaufel ist im Keller. Nacht. „, damit verschwand ich aus dem Wagen, schnappte mir die Koffer und ging schnurstracks durch die Haustüre. Ich ließ die Koffer im Flur fallen und wanderte die Treppe hinauf ins Bett. Draußen hörte ich noch, wie Yanto die Schneeschaufel über den Asphalt kratzte.

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