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Teil 4 — El esclavo del tango

Alischa blinzelte und genoß die warmen Strahlen der Vormittagssonne auf ihrem Gesicht. Sie war früh aus dem Haus gegangen, um backfrische Semmeln zu besorgen und hatte ein fürstliches Frühstück zubereitet. Für den dritten Akt brauchte sie dringend eine Stärkung. Sie fühlte sich wie eine Königin vor der Krönung, der bald die Regentschaft übertragen werden sollte. Während sie ein Stück Apfel zwischen den Zähnen knabberte, dachte sie an ihren Prinzgemahl, der noch in den königlichen Gemächern schlummerte und ließ die Nacht Revue passieren.

Roberto war doch noch gekommen. Was hieß gekommen! Seine Aufrichtigkeit, seine ehrliche Unterwerfungsgeste hatte letzte Nacht einen Damm in ihr gebrochen. Sie hatte ihn ausgelaugt und mit unersättlicher Gier von Höhepunkt zu Höhepunkt gepeitscht, öfter als sie sich hätte vorstellen können, daß es überhaupt möglich war. Der Mann war ein Goldstück und sie war verliebt. Sie seufzte. Die rosarote Brille vor ihren Augen machten es ihr nicht gerade leichter. Wie eine Schwalbe noch keinen Sommer, machte eine Session noch keinen Sklaven, sinnierte sie.

Amüsiert blätterte sie in seiner Brieftasche, nahm verschiedene Kreditkarten samt goldener Mastercard heraus und fieselte noch einmal den Führerschein und eine Visitenkarte hervor, die im hinteren Teil steckten. El machote, der geheimnisvolle Tangogott Roberto, hieß mit bürgerlichem Namen Erich Robert Weber. Alter: 42. Beruf: Versicherungsmakler und Anlageberater. Oooh… das würde die Damen im Club aber schwer enttäuschen, wenn sie das wüßten. Sie steckte das Portemonnaie wieder zurück in seine Jackentasche.

Alischa kicherte: Männer und ihre kindischen kleinen Lügen! Selbst die Prinzenfrösche waren heutzutage nicht mehr das, was sie mal waren.

„Guten Morgen!“ El semental trabte schlaftrunken in der Küche ein.

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„Buenos dias, mein Lieber! Gut geschlafen?“

„Wie ein Stein. „

Roberto stutzte über den reich gedeckten Frühstückstisch.

„Für mich?“ fragte er ungläubig.

„Eigentlich ja.

“ kam die Antwort, „Aber setz dich erst mal, wir haben etwas zu besprechen. Ei?“

„Wie bitte?“

„Ob du ein Frühstücksei möchtest!“ grinste sie, „Die beiden zwischen deinen Beinen brauchen heute ja wohl eine Runde Pause. „

„Oh, ja bitte. „

„Kommt in 4 Minuten. Wie wär's mit Duschen? Das sollte sich bis dahin ausgehen. „

Alischa schüttelte den Kopf, als er sich Richtung Bad trollte.

Irgendwo zwischen dem Leben auf den Bäumen und dem aufrechten Gang mußte die Evolution beim Mann einen wichtigen Schritt übersprungen haben, dachte sie.

Zwanzig Minuten später, als er beim schließlich bei der zweiten Semmel und Alischa bei ihrem Joghurt mit frischen Früchten angelangt war, fragte sie ihn unvermittelt: „Also, wie soll ich dich in Zukunft nennen? Ericho? Roberto? Pinocchio Langnase? Wie hättest du's gern?“ Roberto aka Erich verschluckte sich beinahe an dem Bissen den er im Mund hatte.

Er benötigte einen großen Schluck Orangensaft, um sich zu fangen.

„Woher weißt…“

„Ach halt die Klappe, du Pimp!“

Nach einer Pause setzte sie fort: „Ist es dir nicht peinlich, so einen dämlichen Schwindel zu verbreiten? Und das wegen eines Namens! Wer weiß, was du mir sonst noch vorgelogen hast. „

Es war ihm zutiefst peinlich, das konnte sie ihm an der Nasenspitze ansehen.

Es fiel ihm schwer, ihren Blick zu erwidern. Und Alischa gefiel es ganz außerordentlich, wie er sich wand. Sie funkelte ihn an:

„Was bildest du dir eigentlich ein, mich so zu verarschen, he? Und nicht nur mich, sondern den ganzen Tangoclub. Versicherungsvertreter macht auf Latin Lover!“ schüttelte sie wieder den Kopf und redete sich in Fahrt.

„Vor allem aber kränkt es mich, daß du mich belogen hast.

Ich habe dir gestern vertraut und dachte wirklich, es könnte zwischen uns beiden vielleicht mehr sein als eine scharfe Nummer. Und ich hätte geschworen, daß es dir ähnlich damit ging. So kann man sich täuschen…“

Roberto war blaß geworden. Fieberhaft versuchte er zu ergründen, was der wahre Grund für den plötzlichen Stimmungswechsel seiner Gastgeberin war, doch die Scham für den dummen Namensschwindel ließen seine grauen Zellen nicht ganz korrekt arbeiten. Gab es da noch etwas, von dem er nichts ahnte?

„Es tut mir leid, Alischa.

“ sagte er so ruhig wie möglich. „Meine Freunde nennen mich Roberto. Ich wollte das eigentlich dir gegenüber aufklären, doch gestern sind wir dazu irgendwie nicht gekommen. „

Alischa sah ihn unvermindert wütend an.

„Weiter! Was möchtest du noch beichten?“

Eigentlich wollte er antworten „Nichts“, auch wenn es nicht ganz stimmte. Doch gekränkte Frauen sind auf diese Weise nicht zu besänftigen, selbst wenn sie im Unrecht sind.

Gekränkte Frauen wollen Genugtuung.

In der vergangenen Nacht war ihm klar geworden, wie sehr er Alischa brauchte. Sie verkörperte die Frau, nach der er sich sein Leben lang gesehnt hatte. So stark, so stolz, so leidenschaftlich und so hundert Prozent weiblich. Er stand vom Stuhl auf, ging vor ihr auf die Knie und wie zur Antwort sagte er:

„Verfüge über mich, Alischa. Ich gehöre dir. „

Alischa Mundwinkel zuckten und sie wandte sich ab, um sich auf die Lippe zu beissen.

Nein, ihr war nicht zum Heulen, sie mußte sich das Lachen verkneifen. Es war, als hätte er heimlich ihr Drehbuch dieses Morgens gelesen. Als sie sich wieder unter Kontrolle hatte, drehte sie sich zu ihm und hatte wieder den finsteren Blick auf.

Mit demonstrativer Gleichgültigkeit fragte sie: „Was schlägst du vor?“

„Das ist allein deine Entscheidung. „

Klatsch!

Sie konnte sehen, daß er mit allem, nur nicht mit dieser Ohrfeige, gerechnet hatte.

„Ich habe dich um einen Vorschlag gebeten. “ sagte sie drohend. Als er nicht sogleich antwortete, setzte sie mit einer zweiten Ohrfeige nach. Seine Wangen waren links und rechts gerötet und ihre Finger zeichneten sich weiß darauf ab.

Sie war nun wirklich in Rage.

„Was hast du nur an dir, das mich dazu bringt, dich zu ohrfeigen, he? Ich sollte dich einfach mit einem Fußtritt rausjagen!“

Sie ging durch den Raum, um sich Luft zu machen.

„Zieh deine Hosen runter bis zu den Knien, dann komm hierher!“

Roberto öffnete den Gürtel und schob die Hose über seine Hüften.

„Plural!!“

Der Slip darunter folgte.

Als er sich auf Knien umdrehte, hatte Alischa einen Bambusstock in der Hand.

„Der Ficus wird's überleben. “ meinte sie mit einem Seitenblick auf den Blumentopf in der Ecke, der mangels Wachstumhilfe ein geknicktes Bild abgab, „Wird's bald?“

Er robbte auf Knie in ihre Richtung.

Sie packte seinen Kopf an den Haaren und zog ihn in den Nacken, um ihn zu zwingen, sie anzusehen.

„Regel Nummer 1: du kannst jederzeit gehen, niemand zwingt dich, zu bleiben. Verstanden?“

„Ja. „

„Ja was?“

„Ja, Herrin!“

„Good boy!“ grinste sie belustigt. Was da nicht alles hängenblieb bei den Herren der Schöpfung, wenn sie im Internet in irgendwelchen Foren stöberten und dabei geile Geschichtchen aufschnappten…

„Regel Nummer 2: wenn du bleibst, werde ich mit dir tun, was immer mir beliebt.

Ich werde dich quälen und demütigen, ich werde dich lieben und bemuttern, dich durch Himmel und Hölle jagen, ganz wie es mir gefällt…“

„Ja… Herrin. “ er war sich nicht ganz sicher, ob sie fertig war.

„Gut. „

Sie war in die Hocke gegangen und ihr Gesicht war eine Handbreit von seinem entfernt. Sie sah ihn nachdenklich an.

„Ich werde dich jetzt für deine Lügen bestrafen.

Während ich das tue, möchte ich keinen Laut von dir hören, kein Stöhnen, keinen Ton. Wenn ich etwas höre, kannst du gehen … und brauchst nicht mehr wiederzukommen. „

Ihr Blick hielt ihn fest.

Noch vor zwölf Stunden hätte sie nicht so hoch zu pokern gewagt, doch jetzt war sie sicher. Sie war am Ziel.

„Wenn du jetzt lieber gehen möchtest, kann ich das verstehen.

“ sagte sie, „Wie lautet deine Entscheidung?“

„Ich möchte bleiben, Herrin. “ war seine feste Antwort.

„Nun, das werden wir sehen. „

Sie nahm seine noch gerötete Wange in ihre Hand und streichelte sie. Mit Hoffnung und Wehmut im Blick fügte sie zärtlich hinzu: „Damit du's weißt: ich wünsche mir nichts sehnlicher, als daß du aushältst und bleibst. „

Sie hörte ihn atmen, die Luft zwischen ihnen vibrierte vor Elektrizität.

Ohne ein weiteres Wort stand sie auf, drückte den Play-Knopf der Stereoanlage und trat hinter ihn. Mit den ersten Takten von Astor Piazzolla holte sie weit aus.

Basse, Wiege, Schlag.

Der Hieb traf ihn mit voller Wucht und völlig unvorbereitet. Es nahm ihm die Luft. Selbst wenn gewollt, hätte er keinen Ton hervorgebracht. Drehung, Rückschritt, Schlag.

Er landete zwei Finger breit unter dem ersten und sandte eine Welle des Schmerzes durch sein Hinterteil.

Ocho vorwärts, Schlag.

Ohne nennenswerte Pause traf ihn der dritte Hieb mit dem vollen Schwung der Figur eine weitere Handbreit unter dem letzten. Er bäumte sich wortlos auf und unterdrückte den Laut so fest er konnte.

„Gehen?“ fragte sie ihn.

Sie hielt inne und drückte seinen Kopf zurück auf den Fußboden, sodaß sein Arsch in die Höhe ragte.

Er schüttelte stumm den Kopf. Alischa betrachtete zufrieden die Striemen, die rötlicher und roter wurden.

Sie folgte der Musik mit einer gekreuzten Basse, tanzte eine halbe Linksdrehung und ließ den Bambusstock erneut aus der Hüfte auf ihn herabsausen. Ein Schlag auf die rechte Pobacke folgte, einer auf die linke. Er wand sich unter den Schmerzen, die Striemen begannen anzuschwellen.

Salida Ocho, Salida Gancho.

Die Rückwärtskicks landeten mit aller Härte zwischen seinen Beinen, was ihn ein ersticktes Gurgeln kostete.

Sie hatte wohl seine Weichteile gestreift und nahm deshalb seine tapfere Haltung wohlwollend zur Kenntnis.

Sie schlug nun quer zu den Striemen, war in Fahrt, berauscht von der Musik, ihrer eigenen Grausamkeit und seinem Leiden. Roberto hatte aufgehört, still mitzuzählen. Sein Rücken, Arsch und Schenkel brannten wie Feuer und die Schläge prasselten unaufhörlich weiter auf ihn ein, stets im Takt: Schritt — Schritt — Schlag — Drehung — Schritt — Drehung – Schlag.

Irgendwann vergaß er die Musik, vergaß alles um sich herum und begann, im Rhythmus der Schmerzen zu fliegen. „Hör nicht auf!“ sagte ein Teil in ihm, „Höre niemals auf. „

Als die letzten Takte des Liedes verklungen waren, wurde es still im Raum. Nur Alischa schnaufte heftig, doch er hörte es nicht. Zu sehr übertönte das Pochen in seinen Ohren — war es wirklich in seinen Ohren oder war es überall? — alle Geräusche.

Sie beugte sich zum ihm, umarmte, hielt ihn und übersäte sein Gesicht mit Küssen. Er nahm wie aus der Ferne den Geruch ihrer Achselhöhlen wahr, roch den Duft ihres Ausschnitts und spürte einen kühlen Luftzug im Rücken.

Dann brach Applaus los.

Bravo-Rufe mischten sich mit Pfiffen in den tosenden Beifall. Er wandte den Kopf und dachte, eine Fata Morgana zu sehen. Von der Terrasse drängte eine kleine Menschenmenge herein.

Es waren ausschließlich Frauen. Die meisten Gesichter kamen ihm bekannt vor, allein sein Hirn war noch zu benebelt, um sie richtig zuordnen zu können. Dann, ganz langsam, dämmerte ihm, woher er die Gesichter kannte: er hatte mit einigen von ihnen schon getanzt…

Verwirrt und fragend sah er Alischa an.

Diese strahlte zurück wie ein frisch gebackenes Honigkuchenpferd und küßte ihn wieder.

„Was meint ihr?“ fragte sie schließlich in die Menge, „Bestanden?“

Und der Jubel brandete erneut auf.

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