Unterwerfung des Innenarchitekten

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Kapitel 1 DIESE VERDAMMTE DOMINA

„Diese verdammte Domina!“ ächzte eine Stimme, als Alina die Haustür zu ihrer neuen Altbauwohnung aufschloss.

Vor ihr kniete ein Mann im Hausflur und zog ein paar Zeitschriften aus dem kleinen Briefkasten. Offensichtlich bemerkte er sie nicht und auch nicht, wie sie sich mit ihrer Bücherkiste herum mühte.

In diesem Moment flogen Alina ein paar verstörende Bilder in den Kopf, wie dieser fremde Mann halb nackt im Ledergeschirr auf dem Boden herumkroch, ähnlich wie er jetzt vor ihr hockte, und von einer in Latex gekleideten Frau, die vielleicht nicht mehr ganz so jung war und nicht mehr richtig in der Blüte ihrer Attraktivität stand, herumkommandiert wurde.

Die Frau versohlte ihm mit einer Reitgerte kräftig den Hintern.

Es war irgendwie eklig, aber auch amüsant sich das vorzustellen. Alina stellte sich vor, dass seine bleiche Haut sich gegen das glänzende, schwarze Material seiner Latexmontur drückte, was ihn dazu brachte, kalt zu schwitzen. Es war kein schönes Bild, das sich da in ihrem Kopf entwickelte, aber auch irgendwie interessant.

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So hatte sie sich den Start in der neuen Stadt und in ihrer neuen Wohnung nicht vorgestellt.

Wo war sie hierhin geraten? Musste sie sich darauf einstellen, dass mitten in der Nacht eine resolute Frau diesen Mann dazu brachte, den Mond anzuheulen? Musste Alina mit schlaflosen Nächten rechnen, weil dieser Typ lautstark seine komischen sexuellen Begierden auslebte?

Der Mann jedenfalls machte aus seinen Gefühlen kein Geheimnis und fluchte leise weiter vor sich hin: „Mein Arsch! Mein Arsch! Dieses verdammte Miststück! Nie wieder!“

Er hatte Alina scheinbar immer noch nicht bemerkt.

Da Alina in dem kleinen Flur nun wirklich nicht an dem Mann vorbeikam und die Kiste in ihren Händen immer schwerer wurde, räusperte sie sich.

Der Mann erschrak sichtlich und sah sie überrascht an.

„Habe ich das gerade laut gesagt?“, fragte er mehr sich als sie. Er fühlte sich ertappt.

„Du meinst, das mit der Domina, die dir den Arsch versohlt hat?“ Sie lächelte ihn offenherzig an und hätte mit den Schultern gezuckt, wenn die Kiste nicht so schwer gewesen wäre.

„Ich sollte wohl besser im Boden versinken. „, erwiderte er. „So vor Scham und so!“

„So peinlich ist dir das?“

„Yep!“

„Wir könnten einfach das Thema wechseln!“

„Das fände ich gut!“

„Wie wäre es beispielsweise, wenn du mir hilfst?“

„Womit?“

„Du könntest mir zum Beispiel die Tür aufhalten!“

„Oh! Die Tür! Klar, sicher!“

Der Mann stand hastig auf.

Die schnelle Bewegung bereitete ihm offensichtlich Pein, und ihm entfuhr ein Schmerzenslaut.

„Lass mich raten…“, lächelte Alina süffisant.

„Die Domina. „, antworteten beide gleichzeitig.

Alina lachte.

Der Fremde verzog die Miene.

Es war ihm wirklich peinlich, aber er versuchte, Haltung zu bewahren.

„Michael. Innenarchitekt. Hallo!“, stellte er vor und hielt ihr seine Hand hin.

Es schien ihm nicht bewusst zu sein, dass Alina die Hände voll hatte.

„Alina, Studentin. Sehr erfreut!“

Sie drehte ihren Oberkörper und hielt ihm ihren kleinen Finger hin. Er nahm und schüttelte ihn. Dabei verbeugte er sich höflich.

„Du bist die neue?“

„Mieterin meinst du?“

„Genau. Meine ich. „

„Dann sage ich auch: Genau.

„Mein Vater hat dich angekündigt. “

„Dann bist du also der Sohn des Vermieters. Bist du sowas wie ein Aufpasser? Der Hausmeister?“

Seine Miene verfinsterte sich augenblicklich. Ungewollt hatte Alina scheinbar einen wunden Punkt getroffen.

„Ich hoffe doch, dass ich mehr bin als der Sohn von irgendwem. Und Hausmeister bin ich schon mal gar nicht. Ich wohne hier und habe auch mein Büro hier.

Ich würde mich selbst als einigermaßen erfolgreich bezeichnen. „

„Aha!“, meinte Alina vage, die gar nicht vorgehabt hatte, an ihrem ersten Tag bereits in ein Wespennest zu treten.

Michael merkte, dass seine Worte falsch herauskamen. Er klang defensiv, als müsse er sich verteidigen. Aber das musste er beim besten Willen nicht!

Alina versuchte einzulenken:

„Das wollte ich gar nicht bestreiten.

Womit bist du ganz schön erfolgreich?“

„Innenarchitekt. Ganz schön erfolgreicher Innenarchitekt bin ich. „

„Daher die Zeitschriften?“

„Fachzeitschriften. Richtig. “ Er hielt sie ihr hin, und sie las die Titel. „Und du willst heute hier einziehen. „, stellte er fest.

„Was dagegen?“

„Überhaupt nicht! Ich freue mich sogar. Du scheinst nett zu sein!“

„Danke!“ Alina wusste nicht, was sie von diesem Satz halten sollte.

Sie betrachtete den Mann genauer. Er sah nicht aus wie ein Kunde einer Domina. Wobei sie zugeben musste, dass sie nicht wusste, wie ein Kunde einer Domina aussah. Ihre Vorurteile pinselten das Bild von glatzköpfigen, übergewichtigen, unattraktiven Männern ohne Selbstbewusstsein, die sich Frauen vor die Füße warfen, weil sie das als einzige Chance ansahen, ihnen irgendwie nah zu kommen.

So jedenfalls sah sie ihn nicht. Sie schätzte ihn auf Anfang oder Mitte dreißig.

Er lächelte sympathisch und seine Figur war ganz in Ordnung. Einen Bauch jedenfalls hatte er nicht. Auch seine Haare waren noch alle auf dem Kopf. Er war durchaus attraktiv, auch wenn er natürlich mit ungefähr zehn Jahren Altersunterschied für sie nicht in Frage kam.

Umso mehr passten seine sexuellen Neigungen nicht so recht in ihr Weltbild. In diesem krochen nur Leute mit geringem Selbstwertgefühl vor anderen im Staub. Dieser Michael hatte nun wirklich kein geringes Selbstbewusstsein.

Er sah nett aus, schien einigermaßen schlagfertig und nicht ganz dumm zu sein. Auch die Namen der Zeitschriften, die er in der Hand hielt, deuteten darauf hin. Luxlumina, sicht+sonnenschutz, Wohn!Design.

Alina kannte keine dieser Zeitschriften. Man musste sicherlich eine Menge Fachkompetenz haben, um sich mit ihnen zu beschäftigen. Wäre er also nicht geschätzte zehn Jahre älter und damit viel zu alt für sie, sie hätte vielleicht sogar Interesse an ihm.

Wenn da eben nicht das mit der Domina gewesen wäre, versteht sich.

Alina fand sich eher konventionell in diesen Dingen. Und überhaupt hatte sie gar kein Interesse an einer Beziehung.

+ + +

Michael war noch nicht soweit, sich ein Urteil über seine neue Nachbarin zu bilden. Er haderte noch mit seiner ungewollten Beichte und suchte einen Weg, aus der Sache herauszukommen und sein Image aufzuwerten.

Reputation war alles in seiner Branche. Besuche bei Dominas waren da eher kontraproduktiv. Er war eigentlich sehr vorsichtig mit seinem Privatleben. Umso mehr ärgerte er sich, dass er seinen ersten Besuch bei einer Domina direkt mit der Welt geteilt hatte.

Aber die junge Frau würde ihm wohl nicht glauben, wenn er das mit der Domina als Scherz darstellen sollte, und sonst fiel ihm beim besten Willen nicht ein, wie er diese Information, die er in seiner Leichtsinnigkeit so heraus posaunt hatte, irgendwie zum Guten drehen konnte.

Diese verdammte Domina!

Er hatte das mal ausprobieren wollen, weil er schon länger diese Erregung empfunden hatte, wenn eine Frau ihn dominierte. Es war so eine Neigung, die ihm lange nicht bewusst gewesen war. Seine Freundinnen der letzten Jahre waren alle nicht darauf angesprungen. Keine hatte etwas mit Dominanz und Unterwerfung anfangen können, und wenn er ihnen vorsichtige Andeutungen machte, dann blockten sie sofort ab. Wenn er beim Sex ihre Hände führte und er sich in eine Stellung der Unterwerfung brachte, dann verstanden sie nicht, was er damit bezweckte und gingen nicht weiter darauf ein.

Es war frustrierend gewesen.

In letzter Zeit hatte er keine Freundin gehabt. Es war ihm zu mühselig geworden, sich um sie zu kümmern. Das hatte aber nichts mit seinen Präferenzen zu tun. Michael waren die Frauen einfach zunehmend komplizierter erschienen. Er verstand nicht so richtig, was sie wollten. Sie wollten nicht wie er, und überhaupt war er zu dem Ergebnis gekommen, dass so eine Frau in seinem Leben mehr Schaden anrichtete, als sie von Nutzen war.

Das mochte blöd klingen, aber so sah er es.

Aber diese Neugier bezüglich Dominanz und Unterwerfung hatte er nicht loswerden können, und so hatte er sich im Internet umgesehen und in einer benachbarten Stadt eine Domina gefunden.

Warum nicht in seiner Stadt? Nun, er wollte nicht erkannt werden, immerhin war er in einer winzigen, bescheidenen Weise eine lokale Berühmtheit als jüngster Spross einer Dynastie von Bauunterunternehmern.

Da konnte er die Familienehre nicht einfach so aufs Spiel setzen, indem er bei einer Prostituierten gesehen wurde. Das verstand sich von selbst.

Wenn er auch in mancher Weise das schwarze Schaf der Familie war, dem man vorwarf, die Familie nicht mit dem nötigen Ernst zu vertreten. Sein Vater fand ihn wenig motiviert, unorganisiert und ineffizient. Michael selbst sah das vollkommen anders. Er war ein Künstler und nicht Handwerker wie sein Vater und sein Großvater.

Aber das verstanden die nicht.

Das mit der Domina am vorherigen Tag jedenfalls war ein Schlag ins Wasser gewesen. So hatte er sich das nicht vorgestellt. Die Frau hatte ihn ziemlich vermöbelt, ohne dass er irgendwas davon gehabt hätte. Und nun war sein Hintern mit blauen Flecken übersät, jeder Schritt tat ihm höllisch weh. Und zum guten Schluss sah er sich nun auch noch mit der Frage konfrontiert, wie er seine Ehre der jungen Frau gegenüber wiederherstellen konnte.

Die musste glauben, dass er ein trauriges Würstchen war, das sich vor Frauen erniedrigen wollte. Na gut, so richtig weit von der Wahrheit war das nicht entfernt, aber er wollte das anders sehen.

In diesem Augenblick hatte ihn seine Schlagfertigkeit verlassen. Er stand wie ein dummer Junge vor ihr und musste erkennen, wie die Augenblicke verrannen, in denen er eloquent aus der Situation herauskommen konnte. Am Ende lagen alle Körner seiner Souveränität im unteren Teil der Sanduhr, und oben herrschte die gleiche Leere wie auch in seinem Kopf.

Schließlich blieb Michael nichts anderes übrig, als ein anderes Mal das Thema zu wechseln:

„Naja, wenn ich was für dich tun kann, dann lass es mich einfach wissen!“

Er war schon im Begriff sich umzudrehen, als Alina überraschend sein Angebot annahm:

„Du könntest mir helfen. “

„Womit?“

„Mit meinem Umzug. “ Sie schaute demonstrativ auf die Kiste in ihren Händen.

„Oh! Richtig. Du meinst, du hast mehr als einen Umzugskarton!“

„Draußen steht noch ein ganzer Transporter voll. Zu zweit hätten wir den schnell leer gemacht. Und ein paar Sachen da drin sind wirklich zu schwer für mich allein. „

„Du wolltest also ganz allein umziehen?“ Michael schaute skeptisch.

„So viel habe ich nicht. Und so richtig viele Gedanken habe ich mir vorher nicht gemacht.

Ich dachte, ich finde vielleicht im Treppenhaus jemand Nettes, der mir hilft. “ Sie lächelte ihn erwartungsvoll an.

„So eine bist du also!“ Michael fand zwar an dem Gedanken von körperlicher Anstrengung keinen großen Gefallen, aber ihm gefiel, dass sie offensichtlich mit ihm flirtete.

„So eine bin ich wohl. Was sagst du? Du hilfst mir beim Umzug, und im Gegenzug lade ich dich heute zum Essen ein.

Je schneller wir fertig sind, desto großartiger wird es. „

„Was soll ich zu so einem Angebot wohl sagen?“

„Sicher nicht nein!“ Sie lächelte.

„Dann sage ich wohl besser ja!“

„Super!“

„Und wenn es dich anmacht, dann kann ich dich auch gerne was beschimpfen!“

„Was?“

„Naja, wegen Domina und so. Da stehst du doch drauf… dachte ich.

“ Während sie sprach, verfinsterte sich Michaels Miene augenblicklich.

„Sorry. Geht mich ja auch nichts an. „, versuchte sie zurück zu rudern. Michael war seinerseits bemüht, das Thema klein zu halten.

„Schon gut. Nichts passiert. “

Bevor er es sich versah, hatte er also einen Job. Sein Plan für den Morgen hatte eigentlich vorgesehen, dass er sich die Architektur-Magazine aus dem Briefkasten holte, sich in seiner luxuriösen Wanne ein Bad genehmigte und mit einem Espresso die neuesten Trends studiert, während er seinen geschundenen Hintern vom warmen Wasser umschmeicheln ließ.

Es hätte so ein schöner Vormittag werden können!

All das war nun hinfällig geworden. Statt eines entspannten Morgens hatte er Arbeit. Eine mit einer netten Studentin, das musste er zugeben.

Sie lachte ihn an, trat auf ihn zu, und er dachte für einen Moment, sie wolle ihn zum Dank auf die Wange küssen. Stattdessen drückte sie ihm ihre Kiste in die Hand und meinte:

„Na dann mal los! Ich hole schon mal die nächste!“

Sie drehte sich nonchalant um und ging hinaus.

Und Michael stand mit der schweren Kiste auf dem Arm da, während seine unter den Arm geklemmten Zeitschriften drohten, auf den Boden zu fallen.

Er wartete unschlüssig im Hausflur, und als er sich entschlossen hatte, die Treppe hinauf zu staksen, kam sie auch schon wieder zurück und hatte ihrerseits eine Kiste in den Händen. Er ließ ihr den Vortritt und stapfte hinter ihr die Treppe hoch. Das erste, was ihm dabei auffiel, war ihr Hintern, der rund und einladend vor ihm wackelte wie ihr blonder Pferdeschwanz.

Sie hatte eine frauliche Figur, keine Modellmaße, sondern sah ziemlich durchschnittlich aus, wie Studentinnen halt aussehen. Ein paar Kilo hätte sie für seinen Geschmack verlieren können, aber sie war nicht rundlich.

Ihre Haut war bleich, aber es war auch noch Frühling. Auf der Straße wäre sie ihm nicht aufgefallen, aber nun, da sie sich sein Geheimnis angeeignet hatte, da hatte er Interesse an ihr gefunden. Sie war schlagfertig und irgendwie keck.

Er mochte das.

Für einen Moment vergaß er darüber seinen eigenen geschundenen Hintern. Aber nur für einen Moment, denn als sie endlich das Dachgeschoss erreicht hatten, wo sie einziehen sollte, da merkte er ihn umso stärker. Wie oft würde er an diesem Tag noch mit seinen blauen Flecken die Treppe hinauf und hinab steigen?

Kapitel 2 UMZUGSSTRESS

Alina war ganz zufrieden mit der Wohnung.

Sie war zentral gelegen in einem Altbau, so klein, dass sie sich die Wohnung fast selbst leisten konnte. Ihre Eltern würden ihr noch etwas zuschießen. Ihr Ziel war zwar eigentlich die Unabhängigkeit, aber ihre Eltern verdienten gut, und sie wollte sich auf ihr Studium konzentrieren und nicht ihre Zeit mit Kellern verschwenden.

Es war ihre erste eigene Wohnung, und sie war schon ein wenig stolz, endlich auf eigenen Beinen zu stehen.

Manchmal hatte Alina das Gefühl, schon zu viel Zeit vertrödelt zu haben. Einige ihrer Mitschüler waren mit ihrem Bachelor schon fertig und standen kurz vor dem Master. Sie begann gerade erst mit dem Studium. Zwar hatte sie schon eine Ausbildung erfolgreich absolviert, aber andere waren eben schon weiter auf der Karriereleiter.

Es war nicht einfach gewesen, die Wohnung zu bekommen. Alina war es gewohnt, sich präzise Gedanken zu machen. Sie hatte eine lange Liste gemacht mit all den Kriterien, die ihre Wohnung zu erfüllen hatte.

In erster Linie wollte sie allein wohnen, also kam eine WG nicht infrage. Die Untermiete bei einem immer präsenten Vermieter war auch keine Option. Sie hatte ihre Eltern lange genug ertragen, die eine ähnliche Rolle eingenommen hatten. Alina wollte zentral wohnen, also war die Vorstadt kein Thema. Auf der anderen Seite brauchte sie nicht viel Raum, konnte auch Treppen steigen und war auch bereit andere Einschränkungen hinzunehmen. So war sie zu der Altbauwohnung gekommen, um die sie aber noch hatte kämpfen müssen, denn offensichtlich gab es mehrere Bewerber.

Alina war der festen Überzeugung, dass ihre strukturierte, nüchterne Art schließlich dazu geführt hatte, dass sie die Maklerin für sich hatte überzeugen können. Ihre penible Vorbereitung, präzisen Listen und gut durchdachten Entscheidungen hatten ihr schon häufig geholfen. Auch wenn man ihr vorwarf, nicht spontan genug zu sein und zu viel nachzudenken. Alina konnte gut damit leben, wenn am Ende der Erfolg stand, was kümmerte sie dann ihre mangelnde Spontanität? Es ging doch schließlich um das Ergebnis.

Nun stand sie also in der winzigen Dachgeschosswohnung mit ziemlich vielen Schrägen und zwei kleinen Erkern. 40 Quadratmeter, ein Zimmer, in das sie ihren Schreibtisch (ein Türblatt auf Stützen) und ihr Bett (ein Futon, das man zu einem Sofa zusammenfalten konnte). Dazu noch eine winzige Küchen und ein Bad packen sollte. Es war kein Platz für viele Möbel, und Alina hätte die auch nicht gehabt. Es war also quasi perfekt für sie.

Eine typische Studentenwohnung. Früher hatte in dem Altbau vermutlich ein Butler oder eine Hausangestellte gewohnt, die für die Bewohner der unteren Etagen arbeitete. So stellte sie sich das zumindest vor. Nun lebte sie dort, und sie war zufrieden, auch wenn die vier Etagen ihr ein wenig Sorge bereiteten: Die Wasserkästen und Einkäufe, die sie immerzu würde hochwuchten müssen! Aber auch dem konnte sie etwas Positives abgewinnen. Regelmäßiges Treppensteigen würde ihr das Fitnessstudio ersparen.

Sie hatte das schon lange vorgehabt.

Etwas Fitnesstraining zu machen, aber war bisher nicht dazu gekommen. Sie hatte gar eine Liste angefertigt mit Pro- und Kontraargumenten. Das war ihre Marotte. Listen mit Argumenten aufzustellen, die ihr dann bei der Abwägung halfen. Sie fertigte diese ständig an, für die kleinsten und banalsten Fragen. Es half ihr, sich zurecht zu finden, wenn sie die Dinge auf Papier vor sich sah und dann mit einem andersfarbigen Stift die Argumente kommentierte, bewertete und einordnete.

In der Schule hatte ihre Grundschullehrerin ihnen das gezeigt. Die meisten Kinder hatten es doof gefunden, aber ihre Lehrerin hatte gemeint, dass ihnen Listen helfen würden, sinnvolle und informierte Entscheidungen zu treffen. Alina hatte das für sich übernommen. Sie musste vielfachen Spott ertragen, weil es sie so unflexibel und altbacken erscheinen ließ, aber sie konnte das ertragen. Sie hatte das beschlossen, nachdem sie eine Liste gemacht hatte zu der Frage, ob sie in der Öffentlichkeit Listen machen sollte oder nicht.

Die Vorteile hatten klar überwogen.

Mit Michaels Hilfe war der Umzug schnell geschafft. Auch wenn der Alinas Meinung nach etwas zu wehleidig war. Als Alina Michaels Jammern zu viel wurde, wenn er sich mal bücken musste, machte sie sich ein paarmal über diese Geschichte mit der Domina lustig, und von da an war er still.

„Jetzt hör mal auf zu heulen!“, meinte sie, als er im Zimmer nebenan ächzte, weil er sich bücken musste.

„Sonst lege ich dich noch übers Knie, und dann hast du wirklich einen Grund zum Jammern!“

Michael sah sie komisch an. Alina konnte seinen Blick nicht deuten. Es war so eine Mischung aus undefinierbar und unbeschreiblich. Später kam ihr der Verdacht, dass er ihren kleinen Scherz als Angebot aufgefasst haben könnte.

So war es aber nicht gedacht gewesen!!

+ + +

In der Tat gingen in Michael einige Gedanken im Kopf umher.

Nicht nur dieses Anblaffen war bei ihm hängengeblieben, auch empfand er den generellen Ton von Alina, die ihm häufig knappe und klare Angaben machte, wo er welche Kiste hinstellen sollte, als auffällig, und er fragte sich, ob er in ihren Tonfall irgendetwas hineininterpretieren sollte.

„Pack das in die Küche!“, „Nein, dahinten hin!“, „Hol noch den großen grünen Karton!“ „Das war der falsche. Na egal! Dann musst du halt nochmal gehen!“

War das normal, dass man jemanden, den man gerade kennengelernt hatte, so herumkommandierte? Musste Michael sich das gefallen lassen? Zu beidem war die Antwort definitiv nein.

Trotzdem sagte er nichts, sondern spielte mit. Es war auch interessant, in den Umzugskisten einer anderen Person zu kramen und da vielleicht das ein oder andere Geheimnis zu entdecken.

Michael erfuhr also, welche Bücher sie las. Ein paar klug aussehende BWL-Schinken, die typischen Bücher, die jeder las, und ein Haufen kitschiger Liebesgeschichten. Er bekam mit, was für einen Geschmack Alina hatte und was für Klamotten sie trug.

Einmal wühlte er auf der Treppe in einem Korb und hatte plötzlich ihre Unterwäsche in der Hand.

Es waren nicht die Alltags-Oma-Unterhosen, sondern das kleine schwarze Höschen mit den Rüschen. Es war ihm nicht peinlich, und er hatte keine Skrupel, in der Unterwäsche dieser jungen Frau zu wühlen. Man hatte ihm schon immer attestiert, dass er in diesen Dingen unverfroren war. Selbstsucht, Egoismus, Egozentrik, das waren die Attribute, mit denen er immer wieder beschrieben worden war. Michael empfand das als ungerecht. So war er nicht.

Er war außerdem überzeugt davon, dass er sich mit seiner Hilfe beim Umzug ein wenig Indiskretion verdient hatte.

Die junge Frau hatte ihn neugierig gemacht, und ihre Unterwäsche war doch ein guter Ansatz! Er rieb den weichen Stoff zwischen seinen Fingern und war in Gedanken versunken, bis er in der Wohnung angekommen war und durch eine weitere Order erinnert wurde:

„Stell die Kiste ins Schlafzimmer!“

Augenblicklich ließ er das Höschen fallen und schaute schuldbewusst, als sei er ertappt worden, als Alina aus der Küche kam.

Aber sie war wohl zu beschäftigt und merkte es nicht.

„Okay!“ meinte er nur. „Mache ich!“

Sie sah ihn an, und er konnte ihren Blick nicht deuten, doch es erschien ihm, als hätte sie ihn durchschaut. Aber sie sagte dazu nichts weiter, sondern verlangte eine neue Kiste.

+ + +

Es war in Alinas Augen eine gute Arbeitsteilung, die sie gewählt hatten.

Michael schleppte und Alina packte aus. Es war vollkommen unvorstellbar, dass er ihre Sachen auspackte. Sie wusste sehr genau, wo was hinkam. Man unterstellte Alina eine krankhafte Ordnungssucht. Aber das war natürlich Quatsch. Alina wollte nur gerne wissen, wo alles war. Deshalb hatte sie sich ein System entwickelt, nachdem sie die Dinge ordnete. Es machte ja auch Sinn. Wenn in der Küchenschublade ihrer alten Wohnung die Dinge alle in einer bestimmten Reihenfolge nebeneinander lagen, dann war es nur logisch, dass in der neuen Wohnung die Dinge in der gleichen Reihenfolge nebeneinander liegen sollten.

Alina konnte blind in die Schublade greifen und das Küchenmesser herausnehmen. Was war daran nicht vorteilhaft?

So legte sich die Arbeitsverteilung automatisch fest. Alina bestimmte, was zu holen sei, und Michael holte es.

+ + +

Das erkannte auch Michael schnell, und er gehorchte brav, und meistens still, ächzte manchmal, gerne auch übertrieben, wenn er sich bücken musste, und sein Hintern schmerzte. Er verbrachte einen überraschend angenehmen Vormittag.

Bis eben zu diesem Satz: „Jetzt hör mal auf zu heulen! Sonst lege ich dich übers Knie, und dann hast du wirklich einen Grund zum Winseln!“ Der erinnerte ihn wieder an den Ursprung dieser ganzen Sache. Eigentlich hätte er sich ein Lob gewünscht für seine gewissenhafte Arbeit trotz der schrecklichen Pein, die er zu ertragen hatte.

Jetzt brachte sie diese Domina-Sache auch noch auf die Tapete!

Michael biss von da an die Zähne zusammen und sich auf die Zunge und vermied weitere Klagen, solange sie in der Nähe war.

+ + +

Sie hatte ihr Ziel also erreicht. Offensichtlich war ihm diese Sache so richtig peinlich. Mittlerweile fand Alina das amüsant. Je mehr er das Thema versuchte, unter den Teppich zu kehren, desto lächerlicher erschien ihr das alles. Sollte er sich doch von einer Frau vermöbeln lassen! Wenn das sein Ding war, in Ordnung! Sie konnte damit nichts anfangen, aber im Rheinland sagte man: „Jeder Jeck ist anders.

“ Es war nicht ihre Sache, über andere Leute zu richten. Wo sie herkam, gab es genug Engstirnigkeit, und Alina hoffte, dass sie in der Stadt ein wenig mehr Freizügigkeit und neue Ideen finden würde. Es schien sich ja auch zu bewahrheiten.

Wenn man sich hier aus Spaß von Dominas verhauen ließ, dann war das in ihren Augen vollkommen in Ordnung. Es war nicht ihr Ding. Sie verstand es nicht.

Es interessierte sie nicht sonderlich. Sie hatte sich nie mit dieser Sado-Maso-Sache beschäftigt, obwohl alle Welt 50 Shades of Grey gelesen hatten. Aber als die kleine, junge Studentin, die in die große Stadt gezogen war, um dem miefigen Kleinstadtleben in die intellektuelle Freiheit zu entfliehen, fand sie immer mehr Sympathie dafür, dass man hier scheinbar so etwas tun konnte.

Umso mehr fand sie, dass Michael offener damit umgehen könnte, anstatt sich so anzustellen.

So peinlich musste ihm das alles nicht sein! Selbst wenn er insgeheim in Ketten und Latex und so einem Ball im Mund wie in Pulp Fiction auf dem Boden herumkroch, schien er in Ordnung zu sein.

Allein hätte sie sehr viel länger für den Umzug gebraucht. Zu zweit hatten sie die paar Möbel und das Bett schnell zusammengeschraubt. Es war erst früher Nachmittag, als Alina den Transporter, den sie sich von einem Freund geliehen hatte, durch den dichten Verkehr der Universitätsstadt zurück in das kleine Kaff brachte, dem sie entflohen war.

Ihre kleine Heimatstadt war ihr in letzter Zeit zu klein geworden. Nach dem Abi hatte sie eine Lehre zur Industriekauffrau gemacht, weil ihre Eltern ihr das nahegelegt hatten. Sie hatte zugestimmt, weil sie selbst nicht gewusst hatte, was sie aus ihrem Leben machen sollte. Ihre Zukunftspläne bestanden sicherlich nicht darin, in einem Unternehmen für Stahlverarbeitung Karriere zu machen. Und so hasste sie den Job bald abgrundtief. Sie konnte es nicht erwarten, ihre Ausbildung zu beenden, und als sie endlich ihren Berufsschulabschluss in der Hand hielt, wollte sie nur weg und kündigte noch am gleichen Tag, obwohl man ihr eine Festanstellung im Einkauf anbot.

Lieber hätte sie sich die Fingernägel mit glühenden Zangen ausreißen lassen, als sich darauf einzulassen. Stattdessen wollte sie studieren: BWL. Die wirtschaftlichen Themen hatten sie in der Ausbildung immer interessiert. Ihr schwebte vage vor, ein Studium in BWL für etwas Sinnvolles einzusetzen… wie die Organisation einer karitativen Organisation. Alina konnte sich in dieser Richtung Vieles vorstellen, aber nichts Konkretes. Sie war sich nur sicher, dass sie ihr zu erlangendes Wissen für eine gute Sache einsetzen wollte.

Es war alles noch ein wenig unbestimmt, aber sie hatte ja gerade erst angefangen.

Kapitel 3 REKAPITULATION UND EVALUATION

Nachdem Alina ihn entlassen hatte, ging Michael hinunter in seine Wohnung. Der Einzug in die winzige Dachgeschosswohnung war erstaunlich schnell vonstattengegangen. Michael hatte sich schon mit Grausen vorgestellt, dass sein ganzer Tag dahin sein könnte. Doch die Studentin hatte einen kleineren Hausstand, als er angenommen hatte. Sie hatte keine Knoblauchpresse, keinen Mörser, keinen Messerblock.

Wie sollte man da kochen? Sie hatte Bücher, aber keine Bilder, keine Wohnaccessoires, keine Teppiche.

Was ihren Geschmack betraf, man konnte das nicht anders ausdrücken, war sie eine Barbarin. Ihre Ausstattung war nicht minimalistisch, sondern einfach nur spärlich. Oder erbärmlich. Die verschiedenen Stile ihrer wenigen Möbel waren eklektisch zusammengewürfelt. Michael konnte nicht verstehen, wie sich einige Leute so wenig über den Stil ihrer Wohnung Gedanken machen konnten. Wo man doch so viel Zeit darin verbrachte! Stattdessen hausten viele in stilistischer Anarchie mit Möbeln, die nicht zusammenpassten in Räumen, die unvorteilhaft eingerichtet waren und einfach keinen Stil hatten.

Michael konnte beim besten Willen kein Verständnis für solch unzivilisierte Menschen entwickeln, und er traf recht viele davon. Vor allem in seinem Beruf. Sie kamen zu ihm, um seinen Rat zu suchen und sich von ihm ihre Wohnung oder ihre Geschäftsräume einrichten zu lassen, und wenn er ihnen dann Ratschläge gab, dann wollten sie seine Expertise nicht annehmen und begannen zu diskutieren. Am Anfang hatte Michael das sehr gestört, und er hatte sich in seiner Ehre verletzt gefühlt.

Wie konnte irgendwer seine Kompetenz anzweifeln? Michael konnte es einfach nicht ertragen, sich mit seinen Klienten herumzuschlagen. Wenn er merkte, dass jemand seine Kompetenz nicht anerkannte oder irgendwelche Schwierigkeiten machte, dann schob er diese Person einfach auf eine Warteliste oder fand eine Ausrede, um nicht mehr mir ihr zusammenzuarbeiten. Er hatte es nicht nötig, Kompromisse zu machen. Seine berufliche Integrität kam vor dem Profit. Dieses Prinzip führe er so konsequent zu Ende, dass er es immer noch nicht geschafft hatte, auf einen grünen Zweig zu kommen und schwarze Zahlen zu schreiben.

Sein Vater musste immer noch eine Menge zuschießen, damit er über die Runden kam.

Michael ging also eine Etage hinunter in sein Büro, das eigentlich eine Wohnung auf der Etage gegenüber seiner Wohnung war, und legte die Beine auf den Schreibtisch, vorher legte er sich aber noch ein weiches Kissen auf seinen Sessel und blätterte in den Fachzeitungen. Nach einem Bad war ihm nicht mehr.

Aber es gelang ihm nicht.

Seine Gedanken schweiften immer wieder ab. Das lag sicherlich nicht zuletzt an seinem schmerzenden Hintern. Immer wieder fand er seine Gedanken bei der Domina, die er am Tag zuvor besucht hatte.

Es war eine Schnapsidee gewesen. Das gab er gerne zu.

„Mistress Jasmin“, so nannte sie sich im Internet. Sie betrieb eine altmodisch anmutende Internetseite, die noch mit der Hand gemacht schien. Der Besucherzähler stand auf 218.

Das war ihm irgendwie sympathisch. Offensichtlich hatte er es mit einer Anfängerin zu tun. Der Gedanke an eine sechzigjährige Oma mit Kriegserfahrung lag ihm überhaupt nicht. Er fühlte sich zu jüngeren Frauen hingezogen, und wenn diese Jasmin noch nicht so abgebrüht war, umso besser!

In seiner Stadt gab es eine Handvoll Dominas, aber er wollte seinen Ruf und die Familienehre nicht aufs Spiel setzen, und so suchte er ein wenig weiter weg.

Mistress Jasmin lebte 50 Kilometer entfernt in einer kleinen Stadt, die er nur dem Namen nach kannte. Da er selbst auch Anfänger war, und er das alles nur einmal ausprobieren wollte, sagte ihm das Provinzielle zu. Eine Anfängerin würde mit ihm auch nur Anfänger-Sachen machen, so stellte er sich das zumindest vor. Keine Schweinereien wie all die ekelhaften Dinge, von denen er im Internet gelesen hatte. Er wollte quasi nur einmal schnuppern, und was konnte da schiefgehen mit jemandem, der bisher nur 218 Besucher auf seiner Internetseite verbuchen konnte? Er suchte ein Foto, fand aber nur eines, das ihre Beine zeigte.

Sie steckten in langen Lederstiefeln mit sehr hohen Absätzen. Es musste unangenehm sein, in solchen Stiefeln den ganzen Tag zu laufen, hatte er noch gedacht. Ergonomie war sein Spezialgebiet an der Uni gewesen, als es in einem Seminar um die Einrichtung von Arbeitsplätzen ging. Ergonomie war wichtig. An gut eingerichteten Arbeitsplätzen arbeitete man effektiver, produktiver und man verringerte Ausfallzeiten wegen Krankheit um bis zu 20%. Das hatte er alles gelernt!

Er überlegte, wie es sein mochte, ein Studio für eine Domina einzurichten.

Vielleicht konnte er ihr ja einige Tipps geben. Vielleicht konnten sie irgendeine Vereinbarung zur beiderseitigen Zufriedenheit schmieden. Er konnte sich das vorstellen.

Ihre Webseite war voller Rechtschreibfehler, aber gerade das Dilettantische daran zog ihn an und verleitete ihn dazu, ihr eine Mail zu schreiben.

„Sehr geehrte Frau Mistress Jasmin“, so hatte er begonnen. „Von ihrer Webseite habe ich erfahren, dass Sie eine strenge Domina sind. Gerne würde ich Ihre Dienste in Anspruch nehmen und mich von Ihnen dominieren lassen…“

Es war ihm nicht klar, wie man solch eine Nachricht am besten verfasste, und so dachte er sich, dass ein formelles, respektvolles Auftreten angemessen wäre.

Er entschied sich für die Förmlichkeit und Distanz eines Bewerbungsschreibens.

Sie hatte noch am gleichen Nachmittag geantwortet und einen Termin vorgeschlagen. Auch ihre Mail war voller Rechtschreibfehler, und die Komma-Taste an ihrer Tastatur, sowie die Hochstelltaste mussten kaputt sein, denn in ihrem kurzen Text fanden sich keine Satzzeichen und keine Großbuchstaben. Nein, das stimmte nicht ganz. Ihr Abschluss war komplett in Großbuchstaben (Allcaps, wie der Fachmann sagt) und mit zu vielen Ausrufezeichen versehen:

„UNTERWERF DICH MIR!!!!!“

Es hätte natürlich „unterwirf“ heißen müssen, aber er gestand ein, dass Imperative schwer zu handhaben waren.

Der Gedanke, sich von einer Frau dominieren zu lassen, die ihm intellektuell unterlegen war, reizte ihn sogar noch mehr. Während er vor seinem Rechner saß, malte er sich aus, wie eine unvorteilhaft in Leggins mit Leopardenmuster gekleidete junge Frau, die so eben ihren Hauptschulabschluss gemacht hatte, mit zu viel Makeup in ihren unbequem hochhackigen Schuhen ihn zurechtwies und vor ihr knien ließe. Es erregte ihn, das konnte er nicht bestreiten. Er stellte sich vor, wie sie sich in ihrem geschmacklos eingerichteten Wohnzimmer über ihn lustig machte und ihn übel beschimpfte.

Der Gedanke, dass jemand, der offensichtlich so weit unter ihm stand, die Kontrolle über ihn hatte, ihm sagte, was er zu tun hatte, machte ihn nun doch so geil, dass es angenehm unangenehm eng in seiner Hose wurde. Es bestätigte den Termin gleich, und achtete darauf, seinerseits ein paar Rechtschreibfehler in seine Mail einzubauen. Quasi als Test, ob es ihr auffiele und sie dies als Respektlosigkeit auffasste. Aber sie antwortete nicht mehr. Vielleicht war es ihr nicht aufgefallen, vielleicht war es ihr egal.

Vermutlich hatte er zu viel von ihr erwartet.

Michael fuhr am nächsten Tag rechtzeitig los. Seinen Termin hatte er um 15:30 Uhr. Er fragte, sich, der wievielte Freier er an diesem Tag wohl sein würde. Doch die Antwort auf diese Frage erschien ihm umso unangenehmer, je länger er darüber nachdachte. Er wollte nicht wie am Fließband von einer kalten und anteilslosen Frau dominiert werden. Er wollte, dass sie ihn trotz allem, was sie mit ihm anstellte, irgendwie mochte und respektierte- auch wenn er das gerade von einer Prostituierten nicht erwarten konnte und es widersprüchlich schien Respekt zu wollen, wenn es eigentlich darum ging, diesen versagt zu bekommen.

Das Navi führte ihn über die Landstraße in eine heruntergekommene Ecke der Stadt zu einem Wohnblock mit vierstöckigen Mietskasernen. Es war kein schöner Ort.

Er stellte seinen SLK ab, der zwischen all den Rostlauben deplatziert wirkte, und steuerte auf die Hausnummer 8 zu. Mistress Jasmin hieß eigentlich Jasmin Schröder, wie er der Klingel entnahm. Was immer geschah, würde wohl in ihrer Wohnung stattfinden. Er klingelte, stellte sich über die Sprechanlage vor und glaubte, im Hintergrund das Geschrei eines Babys zu hören.

Aber er konnte sich auch irren. Vielleicht war es das Radio oder das Fernsehen. Eine weibliche Stimme sagte ihm, er solle einen Moment warten, und er fragte sich, ob das schon Teil des Spiels wäre: Dass er dumm vor der Tür zu warten hatte. Da sie ihn recht lange warten ließ, beschloss er, es als Beginn ihrer Session aufzufassen. Mit dieser Entscheidung bemerkte er augenblicklich, wie es sich in seinem Schritt regte. Das also war der Beginn! Die Vorfreude bahnte sich ihren Raum in seiner Hose.

Doch als es länger und länger dauerte, seine Uhr dokumentierte fünf Minuten des Wartens, legte sich die Freude wieder. Er sah sich um. In einiger Entfernung standen drei Jugendliche in Jogginganzügen. Sie hatten Bierdosen in der Hand und sahen immer wieder zu ihm und dann zu seinem Wagen herüber. Michael wurde etwas mulmig, und als sie anfingen laut zu lachen, empfand er Peinlichkeit. Wussten sie, zu wem er wollte? War einer von diesen Typen vielleicht sogar Mistress Jasmins Zuhälter? Er hätte kein so großes Problem gehabt, wenn diese Männer geglaubt hätten, er würde zu einer normalen Prostituierten gehen.

Aber eine Domina? Das war ihm peinlich, weil es als unmännlich galt. Seine ganze Neigung war ihm zutiefst peinlich. Es war einfach nicht männlich. Aber was konnte er tun? Starke Frauen machten ihn nun einmal an. Sie hatten es vielleicht schon immer getan, auch wenn es ihm erst kürzlich so richtig bewusst geworden war.

Er wusste auch nicht, wo das herkam. Irgendwo hatte er etwas davon gelesen, dass das etwas mit einer dominanten Mutter zu tun haben musste, aber Michael fand sich in dieser Theorie nicht wieder.

Seine Mutter war alles andere als dominant gewesen. Sie war sogar ganz das Gegenteil gewesen. Zurückhaltend, vor allem im Vergleich zu seinem Vater, der immerzu unglaublich ambitioniert und ehrgeizig war, eine Charaktereigenschaft, die er selbst nicht geerbt hatte, und darüber war er auch ganz froh, denn sein Vater und auch sein Großvater waren für seine Begriffe zerfressen von Ehrgeiz und dem Streben nach Macht. Er selbst genoss lieber. Interessanter fand er in diesem Zusammenhang die Theorie, dass vor allem außerordentlich erfolgreiche Managertypen sich häufig von Frauen dominieren lassen wollten.

Weil sie im Beruf so viel zu entscheiden hatten, mochten sie es, in ihrer Freizeit die Zügel aus der Hand zu geben. Aber wenn Michael ehrlich war, dann passte auch diese Theorie nicht so richtig auf ihn. Er musste zugeben, dass sein Job ihn nicht so sehr forderte, obwohl er natürlich ein Manager war. Ein Manager der Inneneinrichtung!

Er vermittelte ihm nicht den Wunsch, die Zügel aus der Hand zu geben.

Küchenpsychologie half ihm nicht weiter, und eigentlich akzeptierte er seine Neigung ja auch. So lange eben niemand sonst davon wusste. Schon gar keine Jugendlichen in Ballonseide mit Bierdosen, die in ihrer Bewerbung unter Hobbys auch das Ableisten von Sozialstunden aufführen konnten.

Michael wartete also. Nachdem zehn Minuten verstrichen waren, kam er sich allmählich dumm vor. War das ein Test? Erwartete sie etwas von ihm? Sollte er noch einmal klingeln? Hatte sie ihn gar vergessen? War sie noch mit einem weiteren Klienten beschäftigt? Würden die beiden sich begegnen, wenn der aus der Wohnung kam und er hineinginge? Das war genau das, worauf er keinen Bock hatte.

Als die ersten Gedanken in ihm hinaufkrochen, das ganze abzublasen, zurück in seine Wohnung zu fahren, eine Pornoseite im Internet zu öffnen und es sich vor dem Rechner bequem zu machen, da ertönte die weibliche Stimme in der Gegensprechanlage wieder:

„Komm rauf!“

Der Summer wurde betätigt und Michael stieg durch das Treppenhaus, hinauf in den zweiten Stock. Schon bevor er die Wohnung erreichte, überdeckte der Gestank kalten Zigarettenrauchs den Mief des Treppenhauses.

„Mach schneller!“, blaffte die Stimme der Frau ihn an, bevor er sie überhaupt sehen konnte, und er beeilte sich, ihrem Befehl nachzukommen.

Schließlich stand er vor der Frau, die wie Ende zwanzig aussah. Sie lehnte im Türrahmen und schaute ihn abweisend an. Sie war relativ klein mit einer unvorteilhaften Lockenfrisur in Straßenköterblond. Sie trug eine schwarze Korsage, die ihre nicht sehr großen Brüste ein wenig anhoben.

Ein kurzer Rock aus Kunstleder und eine schwarze Strumpfhose rundeten das Bild ab. Ihre Füße steckten in schwarzen Stiefeln, die bei weitem nicht so gefährlich aussahen wie die im Internet. Sie war sicherlich nicht seine Traumfrau, aber sie war auch nicht abstoßend anzusehen. Michael hatte sich schon auf ein billiges Erlebnis eingestellt, und er wurde offensichtlich nicht enttäuscht. Eine Prekariatsdomina. Der Begriff fiel ihm spontan ein, und ihm war auch bewusst, dass der nicht gerade politisch korrekt war.

Aber er passte irgendwie.

„Komm rein, du perverse Sau!“, raunzte sie ihn an.

Sie machte ihm Platz, und er betrat den Flur der kleinen Wohnung, die penetrant nach kaltem Zigarettenrauch stank. Aber je abstoßender die Szenerie war, die vergilbte Tapete, der fleckige Teppich, die Nippesfiguren aus Pressglas auf der Kommode, desto mehr erregte es ihn auch. Er sollte sich dieser Frau unterwerfen? Er sollte sich von ihr sagen lassen, was er zu tun hatte? Er sollte sich ihr ausliefern? Der Gedanke beflügelte seine Phantasie.

In seinem Kopf spielten sich großartige Szenarien ab.

„100 Vorkasse!“

Michael holte sein Portemonnaie heraus und gab ihr zwei Fünfziger, die sie sich wie in einem schlechten Western ins Dekolletee steckte. Das Klischee dieser Geste machte ihn nur noch schärfer. Es war alles so billig und stillos, so unter seinem Niveau, wenn das auch arrogant klingen mochte. Es machte ihn geil. Dass er, der Feinsinnige und Gebildete sich dieser billigen Frau auslieferte.

„Komm mit!“ Sie und ging vor, und er folgte ihr durch den engen und dunklen Flur.

Alle Türen waren verschlossen, sodass er nicht in die restlichen Zimmer schauen konnte. Aber es bestand kein Zweifel, dass er in einer Wohnung war. Als er hinter ihr herging, vermeinte er den ranzigen Geruch trockenen Schweißes zu riechen. Er stellte sich vor, wie sie sein Gesicht in ihre Achselhöhle pressen würde und er von diesem bitteren Geruch gepeinigt würde, der aber doch so erregend wäre, weil er ihre geronnenen Hormone verteilte.

Sie öffnete die Tür am Ende des Flurs und ging in das Zimmer. Er folgte ihr. Der Raum war vollkommen dunkel, die Rollläden waren heruntergelassen. Sie schloss die Tür hinter ihm, und für einen Moment standen sie beide in kompletter Dunkelheit.

Er stellte sich vor, dass sie sich auf ihn stürzen würde, vielleicht mit einem Tritt in die Kniekehle aus dem Selbstverteidigungskurs zu Boden bringen würde. Er stellte sich vor, wie sie sich auf ihn werfen würde, bevor er es sich versah, ihn irgendwie fixierte, vielleicht mit Handschellen, die sie ihm schnell umlegte.

Wie sie sich auf seine Brust setzen würde, ihr Geschlecht nur wenige Zentimeter von seinem Gesicht entfernt. Er stellte sich vor, wie er sich gegen die Fesseln sträubte, worüber sie aber nur lachte. Denn er mochte eine Uni besucht haben, sie aber die Schule des Lebens, und die hatte sie gelehrt, wie man mit Männern umging, wie man sie überwältigen konnte.

Über ihn gebeugt schaute sie auf ihn herab, und er würde in ihren Augen für einen Moment eine Schönheit entdecken, der sie sich selbst nicht bewusst war.

Es wäre vielleicht nur ein Aufblitzen eines Moments, während ihr schaler Atem auf ihn niedersank.

Aber nichts dergleichen geschah. Keine Überraschung, kein sexueller Überfall.

Sie kramte hinter ihm, und seine Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit. Ein wenig Licht fiel durch den Türspalt und die Rollläden. Doch bevor er die Umrisse identifizieren konnte, war ein Licht angeknipst worden. Mistress Jasmin saß in einem Ohrensessel. Später fiel Michael ein, dass er den aus dem Ikea-Katalog kannte.

Aber in diesem Augenblick ließ er sich von seiner Phantasie leiten. Neben all dem Billigen, das die ganze Situation prägte, strahlte sie nun etwas Majestätisches aus, wie sie in ihrem Sessel saß mit übergeschlagenen Beinen, die lang und einladend wirkten. Er hätte gerne zu ihren Füßen die Schuhe abgeleckt, obwohl er bislang nie einen Fußfetisch gehegt hatte. All diese Eindrücke überraschten ihn, erwischten ihn auf dem falschen Fuß.

In ihrer Hand hielt sie eine Reitgerte, die sie spielerisch hin und her schwenkte.

Auch diese Geste war zu klischeehaft.

Nebenbei nahm er die restliche Einrichtung des schwach beleuchteten Zimmers wahr. An den ansonsten leeren Wänden hingen Peitschen, Gerten, Ruten, Paddel und andere Schlaginstrumente. Er sah einige Utensilien, die er mit Namen nicht benennen konnte, aber aus Pornovideos kannte. Sie verfehlten ihre Wirkung nicht und machten ihn nervös wie die Folterwerkzeuge, die beiläufig auf einem kleinen Tisch ausgelegt waren wie in einem Horrorfilm. In der Ecke stand ein geschlossener Kleiderschrank, den er auf die früher Achtziger taxierte.

Schließlich befand sich in dem Zimmer noch ein altes Bett mit einem Stahlgestell, an dessen Ecken Ledermanschetten zu finden waren.

„Zieh dich aus!“, blaffte die Frau ihn an und wedelte ungeduldig mit der Gerte hin und her.

Michael zögerte. Nun wurde es ernst.

„Mach schon!“, trieb sie ihn an. „Die Zeit läuft, du perverse Sau!“

Er schluckte, zog seine Jacke aus und ließ sie zu Boden fallen.

Dann öffnete er langsam den obersten Knopf seines Hemdes. Die hinterher geschobene Beleidigung kam bei ihm nicht gut an. Er hätte darauf verzichten können, vor allem, weil er in ihren Worten eine ernst gemeinte Abneigung gegenüber seinen Wünschen festzustellen glaubte, und die wollte er nicht unter die Nase gerieben bekommen. Aber Michael redete sich ein, dass das wohl zu dem Spiel gehörte. Immerhin war sie so etwas wie ein Profi.

Sie sah ihn gelangweilt an, bedeutete mit der Gerte weiterzumachen, und er gehorchte.

Seine Erregung war nun nicht mehr zu steigern. Er konnte sich nicht erinnern, wann er jemals so etwas gefühlt hatte, wann er jemals so geil gewesen war. Michael hatte das Gefühl, seiner Bestimmung nahe zu sein. Und es hatte noch nicht einmal richtig angefangen!

Er genoss diesen Augenblick. Die Arroganz dieser fremden Frau, die sich so plump verhielt, ihre abschätzigen und gelangweilten Blicke. Jeder Knopf, den er öffnete, entblößte ihn mehr und zeigte seine Unterlegenheit.

Er gab sich ihr hin, lieferte sich ihr aus. Ihr, einer wildfremden Frau! Sie konnte befehlen, und er würde gehorchen, würde ihre Führung anerkennen.

Er ließ das Hemd von den Schultern gleiten und zog das T-Shirt aus. Nun stand er mit bloßem Oberkörper vor ihm.

„Schneller, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit, du Wichser!“ Die letzten Worte spuckte sie aus. Sie lachte über ihre eigenen Worte, und da war wieder dieses Gefühl, dass er sich rechtfertigen musste.

Er öffnete den Gürtel seiner Jeans, dann den Knopf, stieg etwas ungelenk und sicher nicht sehr erotisch aus der engen Hose. Vorher kickte er noch die Slipper von den Füßen. Er hielt einen Moment inne und sah sie flehentlich an, als würde er sie mit den Augen bitten, nicht noch mehr von ihm zu fordern und Mitleid zu haben. Aber sie reagierte nicht darauf, sah ihn nicht an, und so konnte er diesen Augenblick der Erniedrigung nicht genießen.

Gerade wollte er sich bücken, um die Socken auszuziehen, da unterbrach Mistress Jasmin ihn:

„Komm, reicht schon! Die Unterhose bleibt an, dass du kleiner Spinner scharf bist, kann ich sehen!“ Sie zeigte auf die Beule in seinen Shorts. „Ich will keine Schweinereien auf dem Bett! Wenn es dir zu viel wird, spritz mal schön in deine Unterhose!“

Michael ließ die Bemerkungen über sich ergehen. Er hätte ihr gerne gesagt, dass er auf diese Art von verbaler Erniedrigung nicht stand.

Aber durfte er das? Vermutlich gab es für so etwas Regeln. Er kannte sich da nicht aus, und so schwieg er lieber. Er wollte sich nicht auch noch als Anfänger outen, der keine Ahnung hatte.

Vielleicht hätte er es besser tun sollen. Denn von diesem Moment an ging so ziemlich alles schief, und der bis dahin fast gelungene Augenblick zerbrach. Im Nachhinein war ihm klar, dass er vorher hätte stutzig werden müssen.

Er hätte vorher mit ihr absprechen sollen, was er wollte und was nicht, wo seine Grenzen lagen, worauf er stand. In seiner Internetrecherche hatte er gelesen, dass Dominas das eigentlich so machten.

Mistress Jasmin nicht.

In diesem Moment war der Großteil seines Blutes leider nicht in seinem Hirn, sondern damit beschäftigt, seinen kleinen Freund steif zu halten.

Und so legte er sich bäuchlings auf das Bett, ließ sich von Mistress Jasmin an Armen und Beinen fesseln und auch noch einen Gummiknebel anlegen.

Es war ein ekliges Teil, das nach billigem Plastik roch. Er fing sofort an zu sabbern, und der Speichel lief ihm bald aus den Mundwinkeln. Aber das war nicht das Schlimmste. Das Schlimmste war, dass die Domina nun begann, seinen Hintern und seinen Rücken mit der Reitgerte zu malträtieren, und das mit einer Wucht, die ihm vom ersten Schlag an schon Sorgen machte, denn es tat verdammt weh!

Wie sie die Gerte zischend auf seinen Hintern niedergehen ließ!

Vorher hatte sie ihm die Boxershorts noch halb heruntergezogen, damit ihre Schläge noch mehr Wirkung erzielten.

Michael stöhnte laut auf, doch der Knebel in seinem Mund ließ nur unartikulierte Geräusche aus seinem sabbernden Mund nach draußen. Die nächsten Minuten sollte er so richtig bereuen, dass er ihr nicht gesagt hatte, wie wenig er auf Schmerzen stand, dass er gerne dominiert, aber nicht verprügelt werden wollte. Er bereute, dass er sich eine unerfahrene Domina ausgesucht hatte, die nur 218 Besucher auf ihrer Webseite vorzuweisen hatte. Er bereute selbst Dinge, an denen er keine Schuld hatte.

Er bereute seine Arroganz ihr gegenüber, seine Überheblichkeit, er bereute sogar Jugendsünden: dass er Sarah in der dritten Klasse gemobbt hatte, dass er seiner Lehrerin einen klitschnassen Schwamm auf den Stuhl gelegt hatte, und sie sich darauf gesetzt hatte.

Während ein Schlag nach dem nächsten, auf seinem Hintern landete, mittlerweile nicht mehr mit der Reitgerte, sondern mit einem hölzernen Paddel ausgeführt, bereute er wie noch nie zuvor.

Er riss an seinen Fesseln, die natürlich bombenfest saßen, schrie in den Ball Gag.

Die Tränen liefen ihm das Gesicht herunter und mischten sich mit seinem Speichel auf dem Bettlaken. Er fragte sich, wie er sie zum Aufhören bringen konnte. Sollte er noch lauter schreien, sich noch mehr gegen die Fesseln stemmen? Aber das würde sie vielleicht als Zeichen von Erregung interpretieren. Oder sollte er still halten? Aber das könnte sie so deuten, dass er noch mehr wollte.

Er konnte nichts tun, musste also da durch.

Nur weit in seinem Hinterkopf war da noch etwas anderes. Wie ein Riese, der sich vorsichtig im Sturm am Horizont zeigt. Ein verschämter Gigant. Michael spürte die Kraft, die hinter dem Gedanken stand, ihr ausgeliefert zu sein. Er konnte sich nicht wehren, war ihr ausgeliefert, dieser fremden Frau. Sie konnte tun mit ihm, was sie wollte, und das tat sie auch. Hinter dem Sturm des Schmerzens stand er dort. Dieser Wunsch zu leiden, zu dienen, ihr zu Füßen zu liegen und eben auch mit den Konsequenzen zu leben.

Das war es, was er wollte. Es war nur der Schmerz, den er nicht wollte. Aber da war etwas, da war dieser Gigant, und den konnte er nicht ignorieren, er wollte es auch nicht. Er wollte wissen, wie mächtig er in ihm war, auch wenn er sich bislang versteckt hatte und sich nun verschämt zum ersten Mal heraus traute. Er wollte das. Aber er wollte es nicht so. Beileibe nicht. Es waren die längsten Minuten in seinem Leben, und er war unendlich dankbar, als sie endlich von ihm abließ.

„Hast du genug, du Sau?“, fragte sie, und er nickte mit letzter Kraft.

„Du bist eine Schwuchtel, weißt du das?“

Er war keine Schwuchtel.

Wie ihm seine vorherige Arroganz Leid tat, nahm er auch Anstoß an dem Begriff „Schwuchtel“. Das sagte man nicht, und es traf nicht auf ihn zu!

Er nickte trotzdem, weil es wahrscheinlich besser war.

Er spürte, wie sie seine Fesseln löste.

„Wenn du noch abspritzen willst, dahinten sind Kleenex und ein Mülleimer. Wehe, du spritzt auf meine Laken! Die sind frisch gewaschen! Wenn du fertig bist, verschwinde!“

Mit diesen Worten verließ sie das Zimmer und knallte die Tür hinter sich zu. Wie konnte sie nur glauben, dass er noch zu irgendeinem sexuellen Akt in der Lage war?

Michael war froh, als sie weg war.

Er blieb noch einen Augenblick liegen, dann raffte er sich auf, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und den Sabber vom Mund. Er versuchte, seine Fassung wiederzuerlangen und stand vorsichtig auf. Sein Hintern brannte wie Feuer, als er die Shorts hochzog. Er zog sich, so schnell es ging, an, doch die Jeans hochzuziehen war verdammt schwierig und tat höllisch weh. Ohne sich zu bücken, schlüpfte er in seine Schuhe. Er atmete noch einmal tief durch und verließ dann wie auf rohen Eiern relativ schnellen Schrittes das Zimmer.

Der Flur war leer, von Jasmin war keine Spur zu sehen. Aus einem Raum ertönte leise das Radio. Michael kümmerte sich nicht drum. Er ging weiter, öffnete die Wohnungstür, wankte hinaus, das Treppenhaus hinunter zu seinem Wagen.

Die Jugendlichen standen immer noch an ihrem Platz. Er beachtete sie nicht, und es war ihm auch egal, als sie lachten, als wüssten sie, was ihm widerfahren war. Er stieg vorsichtig in seinen Wagen, sein Arsch brannte, als er sich setzte.

Er machte, dass er wegkam.

So schnell es nur ging.

Er fuhr eine ganze Weile, bis er sich gefangen hatte. Er fluchte laut über das verdammte asoziale Miststück, das ihn so malträtiert hatte!

Er beschimpfte sie, und nun fielen ihm all die klugen Worte ein, die er ihr in ihrer Wohnung noch hätte mitgeben sollen. Er hätte ihr sagen wollen, was für eine lausige Domina sie war, dass sie keine Ahnung hatte, keinen Stil und keine Manieren.

Er hätte ihr sagen sollen, dass seine Geilheit nur auf Mitleid für sie aufgebaut war. Er hätte ihr ihren beschissenen Geschmack vorwerfen sollen. Und vor allem hätte er ihr sagen wollen, dass er ihr eine beschissene Kritik hinterlassen würde auf dieser Seite, von der er gehört hatte, auf der man Prostituierte bewerten konnte.

Natürlich hätte er diese Seite eigentlich vor seinem Besuch konsultieren müssen, das war ihm nun auch klar.

Michael regte sich also lange und ausgiebig auf. Als er wieder zuhause angekommen war, hatte er das Erlebnis einigermaßen verarbeitet. Aber sein wunder Hintern sollte noch ein paar Tage brennen.

Kapitel 4 RECHERCHEN

Als Michael am Tag nach dieser Begegnung in seiner teuren, großen Badewanne saß, und das warme Wasser und das eingebaute Luftsprudelbad die Schmerzen an seinem Hintern linderten, hatte er das Erlebnis mit der Domina schon wieder mehr oder weniger verarbeitet, und er ließ sein Treffen Revue passieren.

Mittlerweile war seine Bewertung nicht mehr so eindeutig.

Offensichtlich war er an eine so richtig inkompetente Domina geraten, die nicht den geringsten Plan hatte. Er wollte definitiv nicht wieder zu ihr zurück. Aber er musste sich auch eingestehen, dass abgesehen von der Trachtprügel, die er hatte einstecken müssen, er schon geil geworden war und einige Erfahrungen gemacht hatte, die er auf jeden Fall wieder erleben wollte.

Er wollte mehr davon.

Nur eben nicht so.

Wie hatte all die Jahre so etwas in ihm schlummern können, ohne dass er so richtig wusste, was das war? Er hatte wohl schon immer starke Frauen gemocht, aber es war vage und unspezifisch geblieben. Michael hatte sich nie so richtig Gedanken darüber gemacht. Stattdessen war er in seinen zahlreichen Beziehungen immer mehr oder weniger damit beschäftigt gewesen, den Macho zu geben und den starken Mann zu markieren.

Und plötzlich entdeckte er diese ziemlich neue Seite an sich. Allmählich war ihm das bewusst geworden, und nun war es aus ihm herausgebrochen. Und das in den wenigen Minuten, die er vor der Tür der Domina gewartet hatte und seinen Gedanken freien Lauf gelassen hatte. Noch mehr als in den wenigen Augenblicken, in denen er in ihrem Spielzimmer gewesen war und die Dinge den Bach runter gegangen waren.

Er wollte jetzt jedenfalls mehr!

Michael musste nur eine Domina finden, die etwas einfühlsamer war, die auf seine Bedürfnisse einging, die sich nicht in Klischees erschöpfte.

Wie schwer konnte das sein?

Er stieg aus der Wanne, wickelte sich in seinen Bademantel und setzte sich mit dem Laptop auf sein Barcelona-Sofa.

Nach einigen Stunden der Recherche im Internet wusste er, dass es verdammt schwer war, seine persönliche Domina zu finden. Er hatte sich in diversen Sado-Maso Seiten eingeschrieben, Profile angelegt, Kleinanzeigen gelesen. Aber 97 Prozent der Mitglieder dort schienen Männer zu sein, die alle auf der gleichen Suche wie er waren.

Er setzte seinerseits eine Anzeige auf, die ziemlich ähnlich klang wie all die anderen vor ihm von all den anderen Männern. Er rechnete sich keine großen Chancen aus, eine sinnvolle Antwort zu erhalten, und er sollte auch keine bekommen.

Zudem schreckte ihn diese ganze Szene ab. Nicht nur erschien ihm das alles sehr kompliziert, es gab auch einen Haufen zu wissen über all die Spielarten, Fetische, Interessen, die man haben und ausleben konnte.

Es wimmelte von Abkürzungen. Code-Wörtern, Fachbegriffen. Am Ende verbrachte er die meiste Zeit damit, sich in einem SM-Lexikon mit Begriffen wie Natursekt und Abkürzungen wie CBT zu beschäftigen.

Ihm war das alles irgendwie unangenehm. Es klang schmuddelig, und Michael war schnell ernüchtert. Er wollte nur ein wenig Spaß und nicht Teil dieser Subkultur werden.

Je mehr er über diesen Lifestyle las, desto weniger wollte er Teil davon sein.

Nicht, dass Michael besonders prüde war, aber er wollte auch nicht mit Leuten in einen Topf geworfen werden, die es mochten, Windeln zu tragen, in Frischhaltefolie eingewickelt zu werden oder mit Fäkalien zu hantieren.

Seine Neigung war im Vergleich dazu vollkommen banal. Er wollte sich doch einfach nur von einer Frau unterwerfen lassen. Konnte es so schwer sein, jemanden zu finden, der solche Interessen teilte? Offensichtlich sehr schwer, und dass auf jeden Topf ein Deckel passt, wie man sagte, das sah er zumindest in dieser Angelegenheit noch nicht.

Als er den Rechner zuklappte, war sein Enthusiasmus jedenfalls wieder ein wenig erkaltet. Das Internet schien ihm außer Pornografie in der Beziehung nicht viel bieten zu können.

Er würde sich also wieder eine professionelle Domina suchen müssen.

Michael war frustriert. Er überquerte den Flur und ging in sein Büro, um noch ein wenig zu arbeiten. Aber obwohl er einige Aufträge hatte, die seine Zeit erforderten, war ihm in diesem Moment nicht nach Arbeit.

Man hatte Michael noch nie vorgeworfen, zu ehrgeizig zu sein. Im Gegenteil, er galt in seiner Familie als das schwarze Schaf, weil er einfach nicht den Biss hatte, den sein Vater und sein Großvater verspürt hatten. Er hatte halt das Pech, in ein gemachtes Bett geboren zu sein und mit goldenen Löffeln gefüttert worden zu sein. Wie konnte er ehrgeizig sein, wenn er doch alles hatte? Er hatte sich nie etwas richtig erarbeiten müssen.

Es war immer alles da gewesen, was er brauchte. Michael kannte keinen Mangel. Er empfand seine Antriebslosigkeit daher auch nicht als seine eigene Schuld. Vielmehr machte er seinen Vater und seinen Großvater verantwortlich. Die waren so gierig gewesen, hatten sich so reingehängt, dass es nichts mehr für Michael zu gewinnen gab. Sie waren so erfolgreich gewesen, dass es für ihn nichts mehr zu tun gab. Er konnte die Früchte ernten, und auf den Lorbeeren der anderen saß es sich auch ganz bequem.

Was konnte er dagegen tun? Sein Abitur hatte er gerade so bestanden. Sein Studium hatte länger gedauert als notwendig. Seine Selbständigkeit hatte er mit dem Geld seiner Familie finanziert. Seine ersten Klienten waren die Kunden seines Vaters. Sein Vater hatte gemeint, er könne die Kosten absetzen, wenn das mit seiner Firma nicht klappen sollte. Sein Vater hatte das ganze Unterfangen von Michaels Selbstständigkeit schon vor Beginn als Verlust abgeschrieben. Sein Großvater hatte noch nie viel von Innenarchitekten gehalten.

„Die haben einen Haufen Schnapsideen, aber keinen Plan von irgendwas. Alles Scheiße! Ich brauche nur einen Bauingenieur, der mir ein stinknormales Haus mit Satteldach plant. Mehr braucht kein Mensch!“ Das war seine Haltung. Sein Großvater war da eindeutig konservativ.

Dass Michael aber von Beginn an einigermaßen erfolgreich war, wurde in der Familie nicht weiter kommentiert. Sicherlich spielte sein Nachname eine Rolle bei der Akquise von Kunden, denn man riss sich teilweise darum, mit der Familie Geschäfte zu machen, und wenn man den Sohn engagierte, hoffte man, einen Fuß in die Tür zu bekommen, um größere Projekte anbahnen zu können.

Aber zunehmend machte Michael sich auch einen Ruf für seinen modernen, frischen Geschmack, für seine guten Ideen und alles Mögliche sonst noch, und sein Umsatz stieg. Fast konnte er schon jetzt davon leben, und lange würde er nicht mehr auf die monatlichen Zuzahlungen angewiesen sein. Bald wäre es soweit. Nur eben im Moment noch nicht.

Kapitel 5 DOMINANZ-IGNORANZ

„Diese verdammte Domina!“

Alina musste schmunzeln.

Sie hatte den Transporter abgegeben und fuhr nun mit dem Bus zurück in ihre neue Wohnung.

So richtig hatte sie sich noch kein Bild von Michael gemacht. Er war ihr sympathisch. Er war sicherlich nicht der große Unternehmer, als der er sich selbst darstellte. Aber er musste gut sein in seinem Job, sonst konnte er es sich bestimmt nicht leisten, so wenig zu arbeiten.

Michael schien hilfsbereit, wenn auch ein wenig unmotiviert.

Mitdenken war nicht seine Stärke. Öfters mal hatte er während des Umzugs mit einer Kiste unschlüssig im Flur gestanden, obwohl Alina klar und deutlich „Küche“ darauf geschrieben hatte und die Teller darin klapperten. Trotzdem fragte er, wo die Kiste hinsollte.

„Wenn da Küche draufsteht und es in der Kiste klappert, als wären da Teller und Tassen drin: Wo mag die wohl hinkommen?“

„In die Küche?“

„Man merkt sofort, dass du studiert hast.

„Könnte ja auch das gute Geschirr sein, das in den Wohnzimmerschrank kommt. „

„Du meinst, wenn ich mal ein Gala-Dinner mit fünfzig Gästen abhalte. „

„Zum Beispiel. „

„In einer dreißig Quadratmeter Dachgeschosswohnung. „

„Wenn du wüsstest! Ich designe dir ein Wohnzimmer, da kriegst du 50 Leute rein!“

„Hier rein, meinst du? In diesen Schuhcarton?“

„Natürlich nicht hier rein, aber du würdest dich wundern, welche Möglichkeiten es gibt, effiziente Raumkonzepte zu gestalten.

„Und was bringt mir das jetzt?“

„Nicht viel. „

„Nicht viel. Weißt du, was mir viel bringen würde?“

„Wenn ich die Kiste in die Küche stellen würde?“

„Und dann gleich die nächste holen gingst. „

„Bringe ich die auch in die Küche?“

„Nur wenn da Küche drauf steht!“

„Okay, dann werde ich mal sehen!“

„Überrasch mich!“

Aber Alina konnte sich eigentlich nicht beschweren, auch wenn er manchmal etwas zu kompliziert war.

Während er mehr oder weniger ohne zu klagen die Kisten herauf schleppte, konnte sie schon auspacken.

Zusammen hatten sie am Ende dann noch ihr Bett aufgebaut und ein paar Regale an die Wand gedübelt.

„Müsste sich so ein Innenarchitekt nicht geschickter bei sowas anstellen?“, fragte sie, weil er sich nun wirklich ungeschickt angestellt hatte.

„Ich bin Innenarchitekt, kein Handwerker!“, hatte er gemeint und schien ein wenig beleidigt.

Seine stoische Haltung jedenfalls war in diesem Moment verschwunden. „Das ist ein riesiger Unterschied!“, fügte er nach einer kleinen Pause noch zu. Sie hatte wohl einen wunden Punkt erwischt.

Statt sich aber zu entschuldigen, was sie im Übrigen als albern empfunden hätte, wechselte sie das Thema. Ein bisschen empfindlich, gar weibisch, war er schon. Das hatte sie nach der kurzen Zeit, da sie sich kannten, schon bemerkt.

Aber sie ignorierte dies, wie auch das etwas zu theatralische „Oh!“ und „Ah!“, das Gejammer wegen seines Hinterns.

Als es ihr dann doch einmal zu viel war, gab sie ihm die passende Antwort:

„Jetzt hör doch endlich auf zu Jammern! Du bist ja wie ein kleines Mädchen!“

„Du hast gut reden!“, gab er beleidigt zurück.

„Wenn du dir den Arsch versohlen lässt, weil du auf so einen Scheiß stehst, dann brauchst du nachher auch nicht herum zu jammern!“

Aber das war wohl zu viel für Michaels geschundenes Ego.

„Auf so einen Scheiß stehe ich überhaupt nicht!“, blaffte er zurück. „Ich hatte mir das ganz anders vorgestellt, das kannst du mir aber glauben!“

Nun wurde es plötzlich interessant: „Ach ja?“

„Ach ja! Wenn du wüsstest, wie mein Arsch aussieht, dann hättest du etwas mehr Mitleid!

„Sag bloß! Lass mal sehen!“

„Was?“

„Deinen Arsch! Wenn der wirklich so schlimm zugerichtet ist und du Mitleid willst, dann zeig ihn mir doch mal!“ Sie schaute herausfordernd, und Michael war sich nicht sicher, ob sie das nun ernst meinte.

„Komm schon! Zeig mir deinen Arsch! Zeig mir deine Striemen! Komm schon! Du willst es doch auch!“

Aber für Michael war das ein Satz zu viel, und er zog sich zurück: „Schon gut. Geht schon. „

„Bist du sicher? Ich sehe mir das gerne mal an! Vielleicht kann ich ja was für dich tun. Ein bisschen Penaten-Creme drauf? Für den geschundenen Popo? Oder vielleicht noch ein paar Schläge.

Für die Durchblutung? Soll den Heilungsprozess unterstützen. „

Michael ging nicht darauf ein und meinte nur schmallippig und verschämt:

„Es wird schon gehen! Ich hole noch eine Kiste!“

„Aber nur, wenn es nicht zu viel verlangt ist!“

„Nein. Schon gut. „

Damit war er verschwunden, und Alina musste schmunzeln, hatte aber auch ein schlechtes Gewissen, ob sie ihn zu hart rangenommen hatte.

Michael benahm sich ein bisschen wie ihr kleiner Bruder. Der litt unter allerlei Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen, war ständig hyperaktiv und oft unerträglich. Dem konnte sie auch nur beikommen, wenn sie sich die Butter nicht vom Brot nehmen ließ. Da musste man klare Ansagen machen, auch mal drohen und Drohungen wahr machen. Vielleicht tat sie Michael unrecht, wenn sie ihn so scheuchte. Immerhin musste er ihr ja nicht helfen. Er tat es sicherlich mehr aus Verlegenheit.

Eigentlich war er ja ganz nett. Sie verstanden sich. Er war ja auch irgendwie charmant, wenn auch etwas verwöhnt.

Ein wenig empfand sie ihre Sado-Maso-Ignoranz sogar als Wissenslücke. Immerhin war das Thema überall präsent. Auf den Kabelkanälen im Fernsehen ließen Telefon-Sex-Dominas die Peitschen knallen, auf Werbeplakaten sah man Frauen in schwarz böse gucken. Man machte sich lustig darüber und 50 Shades of Grey war scheinbar der neue Harry Potter.

Nichts davon konnte sie so richtig verstehen. Wie konnte man Schmerz, Unterdrückung oder die Unterwerfung von jemand anders gut finden? Sex und Liebe waren in ihrer Welt etwas Schönes, das Spaß machte. Freude, Befriedigung, Sanftheit, Nähe. Wie konnte man Spaß daran haben, andere zu quälen oder gequält zu werden? Sie verstand das nicht. Es war ihr vollkommen fremd. Nicht einmal im Ansatz. Sie verstand es einfach nicht.

Aber noch bevor dieser Gedanke sich geformt hatte, hatte Alina ihn schon wieder zurückgewiesen.

Sie wollte nicht so denken, nicht so sein. Sie wollte nicht vorschnell urteilen und nicht so kleingeistig sein. Sie wollte Leute nicht verurteilen, nur weil sie nicht verstand. So dachte man in der Kleinstadt, so dachte man im Dorf. Doch nun war sie in der Stadt, wo die Menschen keine Bretter vor dem Kopf hatten. Sie war nun da, wohin all diejenigen aus der Provinz flohen, wenn sie in der Kleinstadt nicht akzeptiert waren.

Sie kannte ein paar Leute, die in die Stadt gezogen waren, weil sie schwul waren und sich nicht immer dafür rechtfertigen wollten.

Sie selbst war in die Stadt gezogen, weil dort die Filme gezeigt wurden, die man im Multiplex ihrer Stadt nie zeigte, von denen sie nur las und die sie sich lediglich als DVD bestellen konnte. Sie wollte auch einmal ins Theater und in die Oper, in ein richtiges Museum.

Dafür war sie in die Stadt gekommen. Und in der Stadt lebten halt auch Leute, die gerne zu Dominas gingen. Sie fand das also in Ordnung.

Diese Leute gab es sicherlich auch in der Kleinstadt. Aber sie gingen damit nicht so offen um. Sie fluchten nicht öffentlich in Treppenhäusern. Dass Michael sein Geständnis peinlich war, empfand sie damit auf der anderen Seite fast schon als schade. Es war doch seine Sache, da konnte er auch dazu stehen!

Aber so kosmopolitisch, wie Alina gedacht hatte, war die Stadt dann doch wohl nicht.

So borniert jedenfalls wollte Alina nicht sein. Sie wollte offen und tolerant sein. Sie wollte im Café sitzen, wo Schwule offen Händchen halten konnte, wo sie sich küssen konnten. Sie wollte mit einem schwulen Freund im Starbucks sitzen und die vorbeilaufenden Männer auschecken. Das musste doch witzig sein! In Filmen war es das jedenfalls.

Sie wollte verstehen. Sie wollte neugierig sein. Sie wollte keine Vorurteile haben.

Selbst zu Sado-Maso nicht.

Wenn ihr jemand sanft ins Ohrläppchen biss beim Liebesspiel, das mochte sie durchaus. Wenn ein Mann ihr Ohrläppchen zwischen seine Zähne nahm und ein wenig zudrückte. Sie mochte es, ihre Fingernägel über den nackten Rücken eines Mannes fahren zu lassen. Ihr letzter Freund hatte immer eine Gänsehaut bekommen, wenn sie das tat, und er hatte dann immer besonders intensiv gestöhnt. Einmal hatte ihr ein anderer Exfreund die Augen verbunden, und sie dann überall gestreichelt und mit Küssen verwöhnt.

Das war geil gewesen, weil sie nie wusste, was als Nächstes kam. Sie hatte ihm in diesem Augenblick vertraut, und es schön gefunden, dass sie das konnte. Ein anderes Mal hatte sie die Hände ihres Freundes mit einem Tuch hinter seinem Rücken gefesselt. Und dann hatte sie ihn geneckt, hatte ihm erlaubt, sie zu küssen, und wenn er zu wild wurde, hatte sie sich einfach zurückgelehnt, und er konnte sie nicht mehr erreichen. Er hatte sie angebettelt.

Natürlich nur spielerisch. Sie hatte genossen, dass sie das Sagen hatte, dass sie mit ihm spielen konnte und er ihr ausgeliefert war.

Aber das war alles kein Sado-Maso. Das waren harmlose Spielereien. Peitschen und Handschellen und Keller mit Folterwerkzeugen waren ganz andere Kaliber. Das hatte nichts mit dem zu tun, was sie so gemacht hatte.

Vom Ohrläppchenbeißen zu Peitschenhieben im Lederkorsett war es ein weiter Weg.

Zu weit für sie.

Kapitel 6 VORBEREITUNGSZEIT

„Zu dir oder zu mir?“

Michael fragte sich, ob Alina die Anspielung bewusst war, die sie da gerade gemacht hatte.

Michael war davon ausgegangen, dass es in ihrer Wohnung stattfinden würde. Aber er hatte auch nichts dagegen, es bei sich zu machen. Er hatte seine Wohnung gerade neu eingerichtet, hatte einen großen Esstisch aus rustikalen Schiffplanken gekauft, der richtig teuer gewesen war.

Der Designer hatte ihm sogar den Namen des Schiffs genannt, von dem es stammte und das jahrelang im karibischen Meer gefahren sein sollte. Passend dazu sechs antike Stühle, die er aus Portugal hatte importieren lassen. Ebenfalls sündhaft teuer. Der Rest des Zimmers (Wände, Decke, Fliesen, Teppich) war komplett in dem gehalten, was seine Putzfrau „weiß“ nannte.

„Weiß? Weiß nennen Sie das? Das ist doch nicht weiß!“, hatte er sich echauffiert, als sie das Ensemble zum ersten Mal gesehen hatte und nicht in Ehrfurcht erstarrt war.

Michael hatte sich so auf ein ehrliches Feedback, also ein überschwängliches Lob gefreut. Er hatte wochenlang nach der perfekten Kombination gesucht.

„Ist das nicht weiß? Was dann?“

„Das ist Elfenbein!“

„Elfenbein? Wie der Zahn vom Elefanten?“

Michael war ernüchtert. „Genau. Wie der Zahn vom Elefanten. Oder wie Perlen vor die Säue!“

Seine Putzfrau wusste das alles immer noch nicht zu schätzen.

Sie zeigte auf den ebenfalls elfenbeinfarbenen Teppich, der von glücklichen Kindern in Pakistan in einer Manufaktur handgeknüpft worden war, wie ihm ein Zertifikat versicherte, und meinte:

„Wenn Sie mit Ihren Schuhen darüber laufen, ist der nicht lange elefantenweiß. „

„Machen Sie sich darüber mal keine Sorgen!“

Michael hatte noch nie an diesem Tisch gegessen. Er selbst kochte nicht, aß außerhalb oder ließ sich von allen Lieferservices der Umgebung sein Essen bringen.

Er schmierte sich manchmal ein Butterbrot mit Käse oder Wurst, aber das aß er in seiner sündhaft teuren Küche.

Er hatte also noch keine Gelegenheit gehabt, sein Esszimmer irgendwem zu zeigen. Eigentlich hatte er nicht so viele Freunde. Schon gar nicht solche, die man zum Essen einlud oder solche, die seinen Geschmack zu schätzen gewusst hätten. Und selbst wenn er solche Freunde gehabt hätte und sie ein Seminar belegt hätten, um zu erkennen, was er da gezaubert hatte, dann hätte er für sie nicht kochen können.

Weil er das einfach nicht kochen konnte.

Er war kein Eremit und nicht unbedingt ein Einzelgänger, aber nachdem er seinen dreißigsten Geburtstag gefeiert hatte, war ihm bewusst geworden, dass er langsam zu alt war für Nächte in Clubs und Saufereien. Dazu kam, dass seine Freunde einer nach dem anderen Familien gegründet hatten, heirateten, Väter wurden. Die Saufkumpane waren ihm abhandengekommen. Neue wollte er sich keine suchen, und so hatte er den Entschluss gefasst, sich auf seine Karriere zu konzentrieren.

Also arbeitete auch er mehr. Wobei Arbeit bei ihm eben darin bestand, sich im Internet über die neuesten Trends in der Ausstattung von Räumen zu informieren. Das war das A und O in seinem Gewerbe. Man musste wissen, was gerade in war und welche neuen Entwicklungen es gab. So vergingen schon mal ein paar Tage, in denen er sich mit nichts anderem beschäftigte als ultraflachen Membran-Lautsprechern, die man unsichtbar in den Wänden versenken konnte.

Und dann vergingen noch einmal Tage damit, diese mit Soundbars zu vergleichen. Um wirklich kompetent zu sein in diesen Dingen, musste er natürlich Erfahrungen aus erster Hand sammeln. Also ging auch schon mal ein Nachmittag beim Hi-Fi-Spezialisten drauf, um sich beraten zu lassen, und ein weiterer, wenn die Boxen dann in seine Wohnung eingebaut wurden. Michael hatte nicht das Gefühl, seine Zeit zu vertrödeln. Er kam allein ganz gut zurecht. Das bezog sich nicht nur auf seine Freunde, sondern auch auf Freundinnen und Beziehungen.

Sie waren ihm einfach zu kompliziert geworden. Viele Frauen in seinem Alter hatten bereits so schrecklich konkrete Vorstellungen vom Leben, vom beruflichen Erfolg und von der Familie. Die Frauen waren nicht mehr so locker wie mit Anfang zwanzig. Sie entschlossen sich nicht mehr spontan, mit ihm eine Weltreise zu machen. Stattdessen hatten sie ausgearbeitete Pläne in der Tasche, bis wann sie was erreicht haben wollten, damit sie das nächste Ziel in Angriff nehmen konnten.

Und wenn sie ihn aufforderten, seine Pläne für das Leben zu benennen, dann fühlte er sich jedes Mal hilflos. Denn er hatte einfach keine konkreten Pläne. Klar wäre es schön, wenn er erfolgreich wäre. Aber das konnte er ja schlecht sagen. Laut der Biographie, die er anderen erzählte, leitete er ja schon eine erfolgreiche Agentur. Aber Frauen reichte das nicht mehr. Heutzutage war es nicht genug, Carpe Diem als Lebensmotto zu formulieren. Man musste als Frau drei Kinder wollen und gleichzeitig die Karriere managen.

Und die passenden Männer mussten auch schrecklich erfolgreich sein.

Auch in sexuellen Belangen stand er nicht unter Druck. Er hatte das Internet, zwei gesunde Hände, und wenn er mal so richtig viel Verlangen hatte, dann ging er zu einer Prostituierten. Oft war das noch nicht vorgekommen, aber er hatte es ein paarmal versucht. Andern gegenüber würde er das allerdings vehement abstreiten. Darauf gekommen war er nach der Lektüre eines Zeitungsartikels, in der es um Zwangsprostitution ging.

Hängen geblieben war bei ihm, wie viele Männer gemäß der Statistiken einer Frauenrechtlerin diese Dienste in Anspruch nahmen: Jeder dritte Mann, hatte er gelesen! Da kam er sich fast als Versager vor, dass er in dieser Hinsicht keine Erfahrung hatte. Also war er mal zu eines der besseren Bordelle in der nächsten Stadt gefahren. Es war ungewohnt, vor allem der Gedanke, dass man es mit einer Frau trieb, die das alles nur für Geld tat und für ihn nichts übrig hatte.

Aber wenn er ehrlich war, hatte er als reicher Sohn einer Bau-Dynastie auch schon Frauen in der Disko aufgegabelt, die auch nichts anderes von ihm wollten als sein Geld. Den großen Unterschied sah er da nicht. Die Prostituierte machte ihm in der Beziehung jedenfalls nichts vor.

Allerdings hatte er sich bisher nur Blümchen-Sex gekauft, wie man so sagte. Seinen missglückten Versuch mit dieser Mistress Jasmin verbuchte er nicht unter Sex, sondern unter totalem Reinfall.

Sein neues Leben weitgehend ohne Frau und Freunde war also kein Trauriges. Er war mit sich vollkommen im Reinen. Was er vermisste, war der Zuspruch für seine innenarchitektonischen Meisterwerke wie die elfenbeinfarbene Essecke mit dem Schiffswrack-Tisch.

Michael dachte an die reichen Familien, die sich von ihm ihre Wohnung einrichten ließen, und die er zum Essen zu sich einladen würde. Denen musste er etwas bieten. Oder wenn er seine eigene Familie einlüde, um ihr zu verkünden, dass er das erste Mal so richtig schwarze Zahlen geschrieben hatte mit seinem Unternehmen.

Seiner Familie würde er etwas bieten müssen. Natürlich waren diese schwarzen Zahlen mit der Anschaffung der Essecke in weitere Ferne gerückt, denn das alles war ihm dann doch etwas teurer gekommen, als er sich das ausgerechnet hatte. Aber man musste ja vorsichtig sein.

Michael war also einverstanden damit, das Essen bei ihm abzuhalten. Alina hatte versprochen, sich um alles zu kümmern, und Michael hatte seinen Nachmittag damit verbracht, bei Villeroy und Bosch nach einem Ess-Service zu suchen, das zu dem Tisch passte.

Porzellan in Elfenbein hatte Villeroy und Bosch allerdings nicht im Programm, und so musste er mit Eierschalen-Grau vorlieb nehmen. Er hoffte, dass diese winzige abweichende Farbnuance nicht zu sehr auffallen würde. Für seinen geschulten Blick hingegen war es ein Dorn im Auge. Aber die meisten seiner Bekannten bezeichneten alles als weiß, was nicht grau war.

Michael freute sich auf den Abend. Er mochte Alina. Kein Zweifel. Sie war keck, vorlaut, charmant.

Er hätte sie nicht unbedingt als schön bezeichnet, aber definitiv als hübsch. Er kannte Frauen, die gebildeter waren, aber sie war ja auch noch jung. Sie schien ihm unerfahren, vielleicht sogar provinziell, aber daraus machte sie ja auch keinen Hehl. Sie war jung. Das war sie in der Tat. Zu jung für ihn? Circa zehn Jahre jünger.

Er fand, dass sie miteinander noch kompatibel waren. Ältere Männer und jüngere Frauen, das passte.

Als sie schließlich bei ihm klingelte, da war er schon ein wenig aufgeregt, als hätte er ein richtiges Date. Dabei war es ja nur diese kleine, vorlaute Studentin, der er in seiner großherzigen Hilfsbereitschaft beim Umzug geholfen hatte.

Er fühlte sich ein wenig overdressed in seinem weißen Hemd (nicht in Elfenbein und auch nicht in Eierschalen) und dem Boss-Anzug, als er ihr öffnete. Sie stand da in Jeans und T-Shirt mit einem Korb voller Lebensmittel.

„Gerade noch einen Termin gehabt oder hast du dich für mich so in Schale geworfen?“ fragte sie. Michael nahm die Gelegenheit gerne wahr, seine übermäßig schicke Kleidung herunterzuspielen und meinte:

„Komme gerade von einem Unternehmer, der sich sein Haus von mir einrichten lassen will! Puh“, seufzte er. „Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie anstrengend manche Leute sind! Die Leute wollen einfach keinen guten Geschmack entwickeln, egal wie sehr man versucht ihnen zu erklären, warum dies oder das ein No Go ist!“

„So schlimm?“, fragte Alina, und Michael glaubte, aufrichtiges Mitleid herauszuhören.

Er war froh, dass die Geschichte nicht ganz erfunden war, denn in der Tat gab es diesen Unternehmer, der keinen Geschmack hatte und beratungsresistent war. Die Geschichte war nur schon ein paar Monate her und so schlimm war es dann auch nicht gewesen. Aber immerhin: Michael war bereit, diese Anekdote in all ihren schillernden Details zu erzählen. Zu wenige Leute zeigten Interesse für seine Sorgen und die Probleme, die er zu lösen hatte.

Sie gingen in die Küche und Alina übernahm die Initiative, als wäre das ihre eigene Küche.

Sie packte die Zutaten aus, kramte in seinen Schubladen nach Messerchen und Schüsseln. Michael ließ sie machen.

Erst einmal allerdings wechselte Alina das Thema:

„Ich hoffe, du magst vegetarisch. Ich habe nämlich vegetarisch geplant. „

Das fing ja schon gut an, dachte Michael, sagte aber:

„Vegetarisch ist super. Ich esse auch immer weniger Fleisch. Und wenn dann nur bio. Ich wusste gar nicht, dass du Vegetarierin bist!“

„Bin ich eigentlich auch nicht.

Aber ich will's mal ausprobieren. „

„Klar, absolut. Ich kann auch nicht ertragen, wie die Tiere behandelt werden. Antibiotika im Fleisch, und dann all das Methan in der Luft, das das Klima kaputt macht!“

„Ehrlich gesagt esse ich schon ziemlich gern so ein richtiges Steak. Das ist doch was Geiles, wenn es noch so ein bisschen rosa ist!“

„Medium rare!“, warf Michael ein.

„So mag ich es auch am liebsten…“, und bremste augenblicklich seinen Enthusiasmus, um seine Glaubwürdigkeit nicht zu gefährden: „Also, wenn ich mir mal eines gönne. Passiert aber immer seltener!“

„Ganz genau! Aber ich dachte mir, jetzt wo ein neuer Lebensabschnitt anfängt hier in der Stadt, da versuche ich mal was Neues. Kein Fleisch! Zumindest manchmal. Versuche ich zumindest. Was meinst du?“

Michael meinte eigentlich nichts dazu. Es war so eine Sache, die man eigentlich machen könnte.

Aber es würde ein zu großes Opfer erfordern. Aber er spielte politisch korrekt mit:

„Ich versuche mich auch zu ändern. Ich esse beispielsweise keinen Thunfisch mehr, seit sich eine Dokumentation gesehen habe, was die mit den Delfinen machen!“ Das war sogar nur zum Teil gelogen. Michael aß keinen Thunfisch, weil er den schon als Kind nicht gemocht hatte.

Michael aß einfach zu gerne und alles, was ihm der Lieferservice brachte.

Aber er kannte natürlich auch die Regeln, und die besagten, dass man sich mittlerweile um die Herkunft der Lebensmittel und das Leid der Rinder, Thunfische und Hühner Gedanken machte.

„Thunfisch liebe ich! Da werde ich immer schwach!“, meinte Alina, und Michael, der zwar einen guten Eindruck machen wollte, aber auch nicht zu sehr wie ein Moralist rüberkommen wollte, war froh, dass er nicht den Öko-Aktivisten mimen musste.

„Es gibt ja immer noch diesen Thunfisch, der an der Leine geangelt wird.

Für den muss kein Delfin sterben. „

„Ach wirklich? Wusste ich gar nicht“, meinte Alina, und Michael war zufrieden, dass er in dieser Sache einen Wissensvorsprung hatte.

„Der ist was teurer, aber den gibt's auch in Dosen. Musst du mal drauf achten!“

„Mache ich!“

Damit war das Thema fürs erste durch.

Aline verlangte von Michael irgendwelche Schüsseln, und er stellte ihr die hin.

Er nahm ihr Lob für seine tolle Küche dankbar zur Kenntnis, auch wenn Alina offensichtlich keine Ahnung hatte und die exklusive Arbeitsplatte aus lombardischem Schiefer nicht würdigte, dafür aber den Dampfgarer, den er noch nie benutzt hatte, und der ihm nichts bedeutete. Ideal war ihr Sachverstand also nicht, und so eine tolle Köchin konnte sie nicht sein, wenn sie die Utensilien nicht einmal genau kannte.

Kapitel 7 VORLAUTES DINNER

Alina freute sich auf den Abend.

Im Moment lief alles nach Plan. Der Umzug war reibungslos abgelaufen, besser als sie erwartet hatte. Sie war noch nie umgezogen. Umso zufriedener war sie mit der Reibungslosigkeit, mit der ihr Umzug vonstattengegangen war. Sie hatte das alles gut geplant. Monate vorher hatte sie schon Pläne gemacht, hatte Listen angefertigt, was sie mitnehmen wollte, was sie in welcher Kiste verstauen wollte und in welcher Reihenfolge sie die Dinge ein- und auspackte. Sie hatte sich gut vorbereitet.

So gut, dass ihre ganze Familie sich über sie lustig gemacht hatte.

Überhaupt ihre Familie. Sie war froh, von der wegzukommen. Ihr ganzes Leben lang hatte sie die um die Ohren gehabt. Mit zwei kleinen Brüdern, die sie zwar oft mochte, die öfter aber vollkommen unerträglich waren. Sie bezeichnete ihre Brüder als ADHS-Monster.

Alina hatte ihre Schulkameradinnen beneidet, die sofort nach dem Abi weggezogen waren und sich eigene Wohnungen gesucht hatten.

Für sie selbst hatte das keinen Sinn gemacht, denn ihr Arbeitgeber lag drei Straßen weiter. Warum hätte sie da umziehen sollen? Ihre Eltern waren froh, dass sie blieb. Nicht zuletzt, weil Alina damit auf die beiden kleinen Brüder aufpassen konnte. Im Gegenzug musste sie kein Kostgeld abgeben. Es war ein Arrangement, mit dem beide leben konnten. Zu Beginn zumindest. Irgendwann hatte es Alina aber nur noch genervt. Dass sie nie ihren Frieden hatte, kein bisschen Privatsphäre, weil ihre kleinen Brüder nervten, Krach machten, immer wieder ungefragt in ihr Zimmer platzten.

Zu den unpassendsten Zeiten.

Es ging einfach nicht mehr. Am Ende zählte sie die Tage bis zum Ende ihrer Ausbildung und zum Beginn ihres Studiums.

Und schließlich war da noch ein weiterer Punkt, der wie ein Klotz an ihrem Bein hing. Ihr Freund, mittlerweile Ex-Freund. Der war ein lieber Kerl, immer gut zu ihr gewesen, immer nett und freundlich. Für ihren Geschmack und nach den mittlerweile fast drei Jahren, die sie zusammen waren, zu lieb, zu nett, und zu freundlich.

Wenn sie schon als spießig galt, dann war er eine Wohnzimmerschrankwand aus Eichenholzimitat. Sie hatte das mal gut gefunden. Dass er so beständig und berechenbar war. Dann aber nervte er sie nur noch.

Sie hatte also Schluss gemacht. Es hatte ihn hart und unerwartet getroffen, aber so war das Leben halt. Es bot keine Sicherheit. Egal, wie wenig man im Leben riskierte, man konnte sich nie sicher sein, dass einen nicht die Freundin verließ, weil sie die Langeweile nicht mehr ertrug.

Sie hatte sich dabei definitiv nicht gut gefühlt.

Er hatte ihr die Schuld gegeben, und sie hatte das akzeptiert. Ihre Worte „liegt nicht an dir, ich habe mich verändert. Lass uns nicht so auseinandergehen. Wir können ja Freunde bleiben“ klangen blöd und waren ihr im Nachhinein selbst peinlich. Aber was anderes als Floskeln fiel ihr auch nicht ein.

Nun war Alina also frei von ihrem ganzen Ballast.

Kein trauriger Job, keine neurotische Familie, kein einschläfernder Freund mehr. Sie war frei. Frei in der großen Stadt zu tun, was sie wollte, selbst die Dinge in die Hand zu nehmen.

So stand sie nun in der schicken Küche ihres neuen Nachbarn, der zu verkörpern schien, was ihr fremd war. Und sie lobte seinen Dampfgarer. In ihrer Familiengeschichte spielte der Dampfgarer eine kleine Rolle. Nach einem Asienurlaub hatte ihre Mutter so von Reis und gedünstetem Essen geschwärmt, dass sie unbedingt einen Dampfgarer anschaffen wollte.

Ihr Vater hingegen empfand das als herausgeschmissenes Geld und ein weiteres unnützes Gerät, das nur Platz wegnahm. Am Ende hatte dieser Disput sich ausgeweitet, war eskaliert und so lange angedauert, bis das Verlangen nach Reis aus dem Dampfgarer erloschen war, aber bleibende Schäden in der Familiengeschichte angerichtet waren. Es war lächerlich.

Das war so eine kleine Anekdote der Spießigkeit ihrer Familie. Aber Alina hatte daraus gelernt, was ein Dampfgarer war und welche Vorteile er bot.

Zwischenzeitlich hatte ihre Mutter so sehr die Vorzüge für ihre Gesundheit hervorgehoben, dass die Frage nach dem Dampfgarer eine um Leben und Tod wurde. Scheinbar gab es keinen besseren Weg, die flüchtigen Vitamine im Gemüse am Leben zu erhalten. Und ihr Vater hatte daraufhin, um nicht weniger lächerlich zu sein, jedem Familienmitglied ein Röhrchen mit Multivitamintabletten auf den Tisch gestellt. Es war hoch hergegangen, und Alina hatte an diesen Diskussionen sogar teilgenommen. Heute war ihr das peinlich.

Nun war sie in der neuen Welt, stand in einer Küche, in der ganz beiläufig ein Dampfgarer sogar in die Einbauküche integriert war. Wenn das nicht der Unterschied zwischen ihrem kleinbürgerlichen Leben und der kosmopolitischen Offenheit des Großstädters war!

Sie erzählte Michael diese Anekdote, und er schmunzelte:

„Ich habe das Ding noch nie benutzt! Hab's mir aufschwatzen lassen. Im Nachhinein hätte ich lieber ein Weinregal an der Stelle gehabt.

Sie konnte es nicht glauben.

„Du hast das Ding noch nie benutzt? Wahnsinn! Wir müssen unbedingt mal zusammen Reis und Gemüse dünsten!“

„Auf jeden Fall!“, stimmte Michael enthusiastisch zu, und da wurde Alina bewusst, dass sie schon ihre gemeinsame Freizeit plante. Aber Michael schien daran keinen Anstoß zu nehmen:

„Ich kenne einen großartigen Asia-Laden, da gibt es handgemachtes chinesisches Porzellan! Und du bekommst dort die beste Fischsauce.

Okay, warum nicht? Einen Insider, der ihr die Geheimtipps der Stadt zeigen konnte, das war genau das, was Alina brauchte. Michael schien in dieser Hinsicht hilfsbereit. Er schien entspannt zu sein, ein wenig unkonventionell, für ihren Geschmack etwas zu materiell. An Statussymbolen schien er Gefallen zu finden. Seine Wohnung war geschmackvoll eingerichtet, das musste man ihm lassen. Es fanden sich nicht viele Möbel oder Einrichtungsgegenstände darin, aber die wenigen kamen umso mehr zur Geltung.

Das war anders als die Wohnungseinrichtung, die sie kannte. Die Dinge schienen hier zusammenzupassen. Ihre Eltern hatten auf so etwas nie geachtet. Da wurden Möbel einfach irgendwohin gestellt. Was zusammenpasste und was nicht, war nie eine Frage. Hier lag auf jeden Fall eine Idee zugrunde.

Ein wenig verursachte er ihr Minderwertigkeitskomplexe, denn sie musste erkennen, dass sie außer „schön“ keinen klugen Satz zu dem Stil der Wohnung sagen konnte. Sie hatte einfach keine Ahnung.

Es half auch nichts, dass er ihr drei verschiedene Weine vorschlug, und sie keinen Plan hatte, für welchen sie sich entscheiden sollte. Sie wählte am Ende den Merlot, und Michael meinte, dass das eine sehr gute Wahl gewesen sei, und dass sie offensichtlich etwas von Wein verstünde. Sie nahm an, dass er ihr schmeicheln wollte, und sie fand das in Ordnung.

Alina hatte einen grünen Salat geplant, eine vegetarische Bolognese und zum Dessert einen Fruchtquark.

Sie war zum ersten Mal in ihrem Leben in einem Bio-Supermarkt und begeistert gewesen.

Es gab also viel zu tun. Alina kochte gerne, und wenn ihre Brüder sich einigermaßen benahmen, dann kochte sie auch mit denen zusammen. Sie übernahm dann immer das Heft des Handelns und dirigierte. Knapp, präzise, auf den Punkt. Nur so konnte das gehen.

Da Michael ziemlich offen zugegeben hatte, dass er keine Ahnung vom Kochen hatte und die ganze beeindruckende Kücheneinrichtung nur Fassade war, übernahm sie also das Kommando und dirigierte Michael in dieser fremden Küche.

Es stellte sich schnell heraus, dass Michael sich ungeschickter anstellte als ihre jüngeren Brüder.

Es reichte nicht, ihm zu sagen, er solle das Nudelwasser aufsetzen. Sie musste ihm auch den Topf zeigen und erklären, wie viel Wasser er einfüllen musste. Die Tomaten schnitt er zu klein, die Möhren zu groß. Die Zwiebeln schnitt sie lieber sofort selbst.

Schon bald kommunizierte sie nur noch in der Befehlsform.

Michael machte es nichts aus, dass das so Mädchen, das ein Jahrzehnt jünger als er war, ihm sagte, was er tun solle. Im Gegenteil, er war sogar sehr folgsam, widersprach nie, tat, wie ihm geheißen.

Das war Alina schon fast ein wenig unheimlich, denn sie war es nicht gewohnt, so reibungslos zu kochen. Ihre Brüder stellten doch immer ihre Kompetenz in Frage, spielten mit dem Essen oder fuchtelten mit den Küchenmessern vor dem Gesicht des anderen herum.

Michael hingegen war friedlich, gehorchte, widersprach nicht. Er akzeptierte, dass sie das Sagen hatte.

Eigentlich nett, dachte Alina. Ein Typ, der einfach den Mund hält, wenn es angebracht ist, und tut, was er soll! Diesen Gedanken hatte sie allerdings formuliert, bevor sie bemerkte, dass sich in Michaels Schritt eine ziemliche Beule gebildet hatte. Doch bevor sie sich darüber empören konnte, hatte ihr loses Mundwerk dazu schon einen Kommentar abgelassen:

„Sag mal, hast du die Salami gesehen?“

Michael war verwirrt.

„Welche Salami? Ich dachte, hier ginge alles vegetarisch zu. Gibt es vegetarische Salami?“

Nun war es zu spät. Sie hatte es angesprochen, jetzt musste sie es auch durchziehen. Alina zog es nun durch. Alina kramte zwischen dem Gemüse, öffnete den Kühlschrank, suchte in den Schränken, während Michael ihr perplex zusah.

„Was für eine Salami?“

Michael wusste wirklich nicht, was Alina meinte. Sie hatte keine Salami mitgebracht, Salami war nie ein Thema gewesen.

Vielleicht war das eine Metapher. Wie die Salamitaktik zum Beispiel. Vielleicht eine Anspielung. Er kratzte sich am Kopf.

„Ach, da ist sie ja!“

Alina zeigte auf seinen Schritt, in dem es in der Tat lang und hart geworden war.

„Naja, eher ein kleines Würstchen, aber immerhin!“ Sie lachte.

+ + +

Michael wurde erst bleich und im nächsten Moment knallrot.

Er war ertappt!

Verdammt!

Aber wie war es dazu gekommen?

Während Alina ihm all diese Koch-Anordnungen gab, hatten seine Gedanken sich selbständig gemacht. Was sollte man bei solch banalen Aufgaben wie dem Schneiden von Tomaten auch anders machen? Er hatte sich stattdessen seine eigenen Gedanken gemacht und sich vorgestellt, wie sie lautlos in seine Küche gekommen war, als er sich gerade eine Pizza aus dem Tiefkühlfach in die Mikrowelle stellen wollte.

„Du willst mir so einen Fraß anbieten?“, rief sie, und er zuckte vor Überraschung zusammen und drehte sich schuldbewusst zu ihr um.

„Natürlich nicht!“, hatte er gestammelt. „Die Pizza war für mich!“ Es war eine abwegige Fantasie, das gab er gerne zu. Aber auf die Schnelle fiel ihm nicht mehr ein. Es waren einfach diese ganzen Befehle, die sie ihm um die Ohren haute. Er konnte ja auch nichts dafür!

Sie sah atemberaubend aus, wie sie da stand in einem knappen schwarzen Rock, schwarzen Strümpfen, die in hochhackigen schwarzen Pumps steckten.

Darüber eine glänzende schwarze Bluse, die gefährlich viele Knöpfe geöffnet hatte. Darunter konnte er einen spitzenbesetzten BH ausmachen. Ihre blonden Haare waren streng zu einem Dutt gebunden. Die Lippen in einem kräftigen Rot angemalt.

Sie strahlte Autorität und Überlegenheit aus. Aber leider nur in seinen Vorstellungen.

In der Realität trug Alina Jeans, ein T-Shirt und Chucks. Nicht sehr erotisch.

„Du wolltest dir also irgendeinen Fertigdreck reinpfeifen, bevor du mir was anbietest?“

„Nein, natürlich nicht.

Das wollte ich nicht. „

„Und warum hast du dann diese Plastikpizza in der Hand?“

„Naja… die… ist… ich weiß auch nicht!“

„Du weißt auch nicht?“

Ihre Schuhe knallten auf seinen Küchenfliesen aus Naturstein, als sie mit ausladenden Schritten und einem kriminell scharfen Hüftschwung in die Küche kam und sich auf einen Barhocker aus massivem, gebürstetem Edelstahl schwang.

Er starrte Alina mit offenem Mund an.

„Du wirst mir jetzt was zu essen machen! Und ich werde dich beaufsichtigen. Offensichtlich kann man dich ja nicht allein lassen, oder?“

Er senkte den Kopf schuldbewusst.

„Oder?“, blaffte sie. „Kannst du nicht antworten?“

„Doch, natürlich!“

„Na also! Und wie lautet jetzt die Antwort?“

Er sah sie fragend an.

„Auf meine Frage!“

„Oh… Nein, man kann mich nicht allein lassen.

„Man kann dich nicht allein lassen! Du sagst es ja selbst!“

Sie schlug die Beine übereinander, und Michael starrte mit offenem Mund auf sie. In seiner Hose war es eng geworden, und sie hatte das bemerkt.

„Du stehst auf sowas, habe ich Recht?“

Er reagierte nicht.

„Antworte gefälligst!“

Er nickte.

„Du lässt dich gerne herumkommandieren! Du bist so einer von denen!“

Er wusste nicht, wie er reagieren sollte, also nickte er wieder stumm mit gesenktem Kopf.

Anblicken konnte er sie nicht. Sie hatte einfach zu viel Autorität.

„Du bist so eine armselige Gestalt!“

Sie lachte ihn aus, und er stand da wie ein kleiner Schuljunge.

„Mir ist nach einem Salat. Den machst du mir jetzt! Da ist eine Salatgurke im Kühlschrank. Außerdem zwei mittelgroße Tomaten. „

„Jawohl“, murmelte er, holte die verlangten Teile und stand unschlüssig vor ihr.

„Küchenbrett, Messer, und dann hockst du dich hier vor mir auf den Boden!“

„Sofort!“, murmelte er und kam sich wie ein Dienstbote vor.

Dann stand er da, immer noch mit seiner gefrorenen Pizza, einem Holzbrettchen, einem Küchenmesser, der Salatgurke und den zwei Tomaten.

„Hier auf den Boden, vor mir!“, befahl sie ihm. Mühselig stellte er die Sachen vor sich auf den Boden.

„Weißt du was, deine Pizza, die macht doch ein wunderbares Sitzkissen!“

Er sah sie entgeistert an.

„Aber die ist doch noch gefroren!“

„Umso besser!“

Er konnte es nicht fassen.

„Los jetzt! Wenn du dich nicht beeilst, dann lasse ich dich deine Hose ausziehen, und dann kannst du mit deinem nackten Arsch drauf sitzen!“

Er nickte konsterniert, legte die Pizza auf den Fußboden und setzte sich darauf.

Er spürte die Spitzen des gefrorenen Gemüses und die Kälte, die durch seine dünne Stoffhose drang. Er war froh, dass er seine Hose anbehalten hatte. Wie demütigend! Mühsam schnitt er das Gemüse, hockte da wie ein Idiot auf dem Boden und über ihr saß auf dem Hocker mit übereinandergeschlagenen Beinen Alina.

Wenn er den Kopf ein wenig hob, sah er ihre Beine. Die schwarzen Strümpfe ließen sie umso attraktiver aussehen, und würde er seinen Kopf noch etwas weiter heben, könnte er unter ihren Rock sehen.

Aber er traute sich nicht, denn Alina ließ ihn nicht aus den Augen, und so blieben ihm nichts als seine Phantasien, und er musste sich vorstellen, was sie unter dem Stoff wohl verbarg.

Je länger er auf der Pizza saß, desto mehr weichte sie auf. Er spürte den mittlerweile matschigen Teig unter sich. Was für kranke Ideen hatte sie nur?

„Schneid das kleiner! Und gerade! Schneller! Wie du das Messer hältst! Wie ein totaler Anfänger!“

Als er alles geschnitten hatte und Alina einigermaßen zufrieden war, ließ sie ihn aufstehen.

Die Abdrücke seiner Pobacken waren in dem matschigen Brei unter der Plastikfolie eindeutig zu erkennen.

Sie ließ ihn das geschnittene Gemüse in eine Schüssel geben und setzte ihre Anweisungen fort:

„Ich will Croutons. Also toastest du mir Brot! Aber vorher schneidest du die Kruste ab!“

„Jawohl!“

Michael tat, wie ihm geheißen.

„Mach mir eine Vinaigrette!“

Er sah sie fragend an.

„Du weißt nicht, wie man die macht, richtig?“

„Nein, leider nicht!“, musste er zugeben.

Sie seufzte: „Du bist so ein Nichtsnutz!“

Er zuckte hilflos mit den Schultern.

„Also muss ich dir das auch noch zeigen! Aber vorher will ich, dass du diese Pizza da loswirst!“

Er sah auf den traurigen, matschigen Klumpen am Boden.

„Heb sie auf!“

Er hob sie auf.

„Gib sie mir!“

Er reichte ihr das labberige, matschige Teil.

„Mach das Fenster auf!“

Er öffnete das Küchenfenster und war froh, dass er ein wenig Distanz zwischen sich und ihr bekam.

„Komm her!“

Er ging zurück zu ihr. Mit spitzen Fingern hielt sie ihm die halb aufgetaute Pizza vor.

„Weißt du, was das ist?“

Er schüttelte den Kopf.

„Das ist deine Selbstachtung! Sieht ziemlich erbärmlich aus. Was meinst du?“

Er nickte und schaute beschämt zu Boden.

Michael wäre am liebsten im Boden versunken. Wie sie ihn demütigte und erniedrigte! Und er war gleichzeitig vollkommen scharf darauf.

Mit einer schwungvollen Bewegung warf sie das schwabbelige Teil wie eine Frisbee Scheibe aus dem Fenster.

Ein paar Sekunden lang geschah nichts, dann hörte er das Quietschen von Fahrradreifen und entfernt eine wütende Stimme: „Was soll der Scheiß?“

„Da geht's hin!“ Sie lachte. Michael wusste nicht, was sie meinte. „Der letzte Rest deiner Männlichkeit!“

Noch nie hatte eine Frau so etwas zu ihm gesagt. Noch nie war er so scharf gewesen. Er war bereit sich vor ihr in den Schmutz zu werfen. Er war bereit, ihre Füße zu küssen, wenn sie nur damit aufhörte, oder vielleicht besser, wenn sie weitermachte.

„Das macht dich an, was?“ Sie lachte abschätzig. „Weißt du, was meinem Salat noch fehlt? Ich will eine Salami. “

Was sollte das jetzt? War sie nicht Vegetarierin?

„Hast du die Salami gesehen?“

„Was für eine Salami?“

Michael war total verdutzt.

„Ach, da ist sie ja! Eher ein kleines Würstchen, aber immerhin!“

Sie lachte.

Mit einem Paukenschlag, Theaterdonner und einem Eimer eisigen Wasser ins Gesicht war Michael wieder in der Realität.

So schön seine Fantasie gewesen war, so schrecklich peinlich war ihm nun, dass er ertappt war. Er musste sich erst orientieren. In der Realität war es nicht mehr in Ordnung, dass er einen Steifen hatte. Es war nicht mehr okay, dass sie ihn scharf machte. Es war alles andere als okay oder in Ordnung.

In der Realität musste er sich benehmen.

„Muss dir nicht peinlich sein!“

Es war ihm nur peinlich.

„Ist doch schön, dass du dich freust, mich zu sehen!“

Sie lachte, und er war verwirrt. Er spürte, dass sein Kopf knallrot wurde. Immerhin war sein Blut nun nicht mehr in seinem Schritt. Dort war ganz schnell wieder alles zusammengeschrumpft. Trotz der netten Worte, hatte Michael Probleme, seine Fassung zurückzugewinnen.

Was eben noch seine Fantasie gewesen war, die Überlegenheit dieser Studentin, die ihn winzig und klein machte, das war plötzlich real geworden. Aber statt sich unterwerfen zu können, musste er sich mit einer extrem peinlichen Situation auseinandersetzen. Was sollte er darauf erwidern? Schon wieder war er in ein Fettnäpfchen getreten. Ein richtig tiefes, schmieriges, glitschiges Fettnäpfchen. Und es war ihm bis ins Gesicht gespritzt.

+ + +

Alina musste schmunzeln.

Da hatte sie ihn erwischt! Sie hatte zwei Brüder, die mittlerweile in der Pubertät und auch ständig irgendwie scharf waren. Alina hatte sich daran gewöhnt, dass Männer so waren. Sie hatten sich nie so richtig unter Kontrolle. Hätte sie es gestört, sie hätte es nicht erwähnt. Aber da war dann noch der Merlot, der ihre Zunge gelockert hatte. Vielleicht hätte sie doch einen anderen Wein wählen sollen.

Dass Michael das so peinlich war, hätte sie allerdings nicht gedacht.

Sie hätte vermutet, dass er mit der Sache entspannter umgegangen wäre. Immerhin war er der Domina-Mann.

Sie hätte auch gerne gewusst, was da in seinem Kopf vorgegangen war. Sie waren beim Kochen. Was konnte ihn da zu einem Steifen treiben? Alina war sich sicher, dass nicht sie es war, denn sie hatte ja nichts getan. Wahrscheinlich hatte er an irgendwelche Erinnerungen aus seiner Vergangenheit gedacht, an irgendeinen Sex mit einer Verflossenen oder so.

Sie hätte es gerne gewusst. Aber der Satz: „Woran denkst du gerade?“ war total doof und in dieser Situation sowieso.

So musste sie nun ihrerseits zur Deeskalation schreiten.

„Nichts passiert, alles gut!“ Den Hinweis auf ihre pubertierenden Brüder unterließ sie besser, obwohl sie ihn auf den Lippen hatte.

Michael brauchte eine Weile, um sich wieder zu fangen.

Eine Weile schwiegen sie und arbeiteten weiter.

+ + +

Alina und Michael verfielen wieder in diese Routine, dass Alina die Anweisungen gab, aber dieses Mal ließ Michael seine Gedanken nicht frei laufen. Stattdessen hing er dieser Phantasie nach, die ihm diesen Ärger bereitet hatte. Die waren schon geil gewesen, das konnte er nicht leugnen. Wollte er auch nicht. Aber was war das mit dieser gefrorenen Pizza gewesen? Was da in seinem Kopf vorging.

Er wusste nicht, ob das kreativ oder krank war. Er konnte Alina schlecht nach ihrer Meinung fragen. Aber er hätte es gerne. Er hätte sich ihr gerne geöffnet, vor ihr alle Geheimnisse ausgebreitet.

Er hätte sich gerne in ihre Hände begeben.

„Während sie weiter diese banalen Sachen machten wie eben Gemüse zu schneiden und zu kochen, etwas, das richtige Köche sehr viel besser konnten, weshalb man ihre Dienste in Anspruch nehmen sollte, beschäftigte er sich mit einer anderen Frage.

Aber er sprach sie erst aus, als sie ihr Essen beendet hatten.

Es war köstlich gewesen, das mussten beide zugeben. Michael hatte das vegetarische Hauptgericht erstaunlicherweise genossen, auch wenn ihm zwischendrin das Fleisch ein wenig gefehlt hatte. Aber er war satt geworden.

+ + +

Alina hatte die Vorspeise als etwas fad empfunden. Sie fand, dass Michael mit Essig und Öl zu sparsam gewesen war.

Aber wenn man nicht alles selbst machte, durfte man sich auch nicht beschweren. Zudem war Michael erstaunlich amüsant gewesen. Er hatte eine seltsame Sicht der Welt, die ihr manchmal naiv schien, manchmal kriminell sorglos. Ihn schien nichts zu bekümmern, nichts bereitete ihm Sorgen. Er war entspannt, was das Leben anging und von sich überzeugt. Nicht immer auf eine arrogante Weise. Sie konnte es nicht genau beschreiben. Er schien von den Problemen der Welt wenig zu wissen.

Dafür lebte er ganz gut in seiner eigenen Welt mit ihren eigenen Gesetzen.

Sie musste einige Male an den Spruch denken, den man Marie Antoinette zusprach: „Wenn die Armen kein Brot haben, dann sollen sie Kuchen essen!“ Der passte irgendwie, auch wenn Michaels Ignoranz sicher nicht so groß war und sie ihm unrecht tat.

Aber er war in einem goldenen Käfig aufgewachsen, was sollte man da erwarten? Man konnte ihm schlecht vorwerfen, dass er das wahre Leben nicht kannte als Sohn einer viel zu reichen Familie.

Alina hatte ein wenig befürchtet, dass ihre unbedachte Salami-Bemerkung den Abend zerstört hatte. Eine ganze Weile danach war er nämlich recht still gewesen. Dass er an einem Plan brütete, war ihr nicht bewusst.

Sie hatten sich kurz über seinen Beruf unterhalten. Alina konnte es nicht glauben, dass Menschen sich Leute holten, die ihnen die Wohnung oder was auch immer einrichten ließen. Ihrer Meinung nach musste es einem selbst doch gefallen, wie man wohnte.

Konnte man das anderen überlassen? Man musste schon ziemlich reich sein, wenn man solche Dinge nicht selbst in die Hand nehmen wollte.

Danach hatten sie sich über Alinas Studium unterhalten und ihre Ausbildung zur Industriekauffrau zuvor. Sie hatte ihm ihre Gründe erläutert, warum sie ihre Ausbildung gehasst hatte, und die konnte er vollkommen nachvollziehen, Alina seine Begründung hingegen nicht:

„Ich könnte auch nicht für andere Leute arbeiten! Man muss einfach sein eigener Chef sein.

Wenn man mal keinen Bock hat zu arbeiten, dann muss man auch mal zuhause bleiben können. Dafür muss man selbstständig sein! Dann kann man das!“

Alina kannte ein paar Leute, die selbständig waren, und die arbeiteten weitaus härter, länger und für weniger Lohn als viele Angestellte. Aber Michael verstand unter Selbständigkeit eben etwas Anderes.

Dabei war er kein Idiot und kein Macho. Er stimmte ihr zu, dass Frauen heutzutage arbeiten und Karrieren haben wollten.

Er war einsichtig, wenn sie ihm ihre Argumente nannte. Er lebte nur eben ein wenig hinterm Berg, was das wahre Leben betraf.

+ + +

Ironischer Weise dachte Michael ähnlich über Alina. Ziemlich schnell spürte er das latente Minderwertigkeitsgefühl, das an ihr nagte, weil sie eben aus einer Kleinstadt kam und sich dem Großstadtleben unterlegen fühlte. Dabei hatte er Schwierigkeiten, die Vorzüge einer großen Stadt zu anzuerkennen.

Die Leute waren unhöflicher zueinander, alles war schmutziger, egoistischer und komplizierter.

Natürlich gab es Museen und eine Oper, aber wer ging schon dahin? Oder in den Zoo? Brauchte man auf dem Land ja auch nicht, da gab es genug Tiere. Man musste nicht mal Eintritt bezahlen.

Er mochte Alinas Entdeckerdrang und die vielen Fragen, die sie stellte. Das hatte etwas, und da war diese Entschlossenheit, etwas aus sich zu machen.

Aber sie war noch am Anfang ihres Studiums, und da waren ihre Vorstellungen noch vage. Sie schien noch offen sein, sprach noch nicht von Kindern oder Ehe. Den ganzen Abend schien das nicht für sie zu existieren. Er mochte das. Sie waren sich in der Beziehung ähnlich.

Und sie sah süß aus. Etwas kleiner, natürlich blond, nicht so aufgetakelt wie viele Frauen in seinen Kreisen. Auch das mochte er.

Schließlich ging es um Alinas Lebensunterhalt.

Sie wollte kellnern, um zu Geld zu kommen, weil das Studenten eben machten. Sie konnte sich aber auch vorstellen, irgendwas in der Buchhaltung zu machen. Sie hatte das ja alles gelernt.

Obwohl Michael sich mit dem Wein zurückgehalten hatte, weil er sich nicht noch einen Fauxpas leisten wollte und der Merlot ihm sowieso nicht so gut schmeckte, war es dann wohl doch der Alkohol, der seine Zunge so weit lockerte, ihr den Vorschlag zu machen, der den ganzen Abend schon in seinem Kopf herum gespukt war.

„Wie wäre es, wenn du meine Domina wirst?“

Für ein paar Sekunden war es still, und Michael dämmerte, was er da gerade vorgeschlagen hatte.

Es wurde ihm verdammt klar, dass da ein weiteres Fettnäpfchen war, in das er mit beiden Beinen reingesprungen war. Aber diese Salami-Sache hatte ihn nicht losgelassen. Sie war das alles schuld gewesen.

„Was?“ Sie prustete laut lachend heraus.

„Ich? Du spinnst!“

Michael wurde ziemlich schnell klar, dass das vielleicht nicht die beste Idee gewesen war. Aber er hatte schon ein paar Rückschläge einstecken müssen, irgendwann musste er doch auch mal erfolgreich sein. Also gab er dieses Mal nicht so schnell auf:

„Warum nicht?“

„Ruf! Patschuu! Mich! Patschuu! An! Patschuu!“ Jedes überdramatisierte Wort war gefolgt von dem alkoholisiert generierten Geräusch eines Peitschenhiebs. Sie lachte laut, aber er sah sie nur aufmerksam an.

Es war ihm ernst, kein Witz.

Alina hatte schon ein wenig getankt, und durch die geschürzten Lippen flogen bei jedem Geräusch kleine Speicheltropfen umher.

Michael suchte sie beiläufig auf seinem teuren Tisch aus rustikalen Schiffsplanken und tippte mit seinem Zeigefinger auf jede, wie man Brotkrumen aufsammelt.

„Ich meine das ernst!“, sagte er, als sie sich etwas beruhigt hatte, schließlich.

„Sicher!“

„Ich würde dich auch bezahlen!“

Sie lachte wieder.

„Ich bin mir ziemlich sicher, dass man das als Prostitution bezeichnet!“ Sie hielt einen imaginären Telefonhörer ans Ohr und sagte: „Hallo Mama! Ich habe einen neuen Job! Ich bin die Domina von so einem berühmten Innenarchitekten!“ Sie schwieg, als hörte sie einer imaginären Antwort zu.

Das „berühmt“ schmeichelte Michael, auch wenn es nicht so gemeint war.

„Ja, ich werde dafür bezahlt!“ Pause „Genau, wie eine Nutte!“

„Nutte würde ich das nicht nennen!“, meinte Michael nun und unterbrach die Einlage.

Er musste sich ein wenig am Riemen reißen, um nicht gekränkt zu klingen.

„Wie würdest du es dann bezeichnen?“

„Naja, eine Nutte, die macht, was der Freier von ihr verlangt. Eine Domina bestimmt selbst, was sie tut und wann und wie. Du wärst die Chefin. Das ist ja gerade der Gedanke einer Domina!“

„Ich würde jemanden, der für sexuelle Dienstleistungen bezahlt wird, eine Prostituierte nennen.

„, meinte sie, und diese Logik hatte natürlich etwas, das musste Michael zugeben.

„Ich würde das anders nennen. “ Aber Michael wusste auch nicht so genau, wie er es nennen sollte. „Du müsstest nichts tun, was du nicht willst! Du bist total selbstbestimmt. „

„Außer, wenn es mit dir durchgeht? So wie eben?“ Sie schmunzelte. „Und ich mit dir in die Kiste steigen soll. „

„Nein, nein, nein! Um Gottes Willen! Eine Domina steigt doch nicht mit ihrem… mit ihrem…“ er suchte nach dem richtigen Wort.

„Freier?“, bot sie an.

„Nein, eben nicht. Mit dem… Mann. „

„Mit dem Mann?“

„Ja, mit dem Mann!“

„So wie in: Jeder Mann ist ein Freier?“

„Du willst mich einfach nicht verstehen!“

„Was ich nicht will, ist, eine Nutte zu sein!“

„Ehrlich gesagt, dieser Feminismus steht dir nicht!“

„Okay.

+ + +

Das hatte gesessen. Alina wollte keine Feministin sein. Sie nahm auch nicht so sehr an dem unmoralischen Angebot Anstoß. Es wirkte nur so vollkommen absurd. Sie war keine Domina, sie scheuchte vielleicht ihre Brüder herum, aber das hatte natürlich nichts Sexuelles.

Igitt!

Allein der Gedanke!

Sie stellte sich in Lederklamotten vor mit der Peitsche in der Hand und mit hochhackigen Schuhen, auf denen sie nicht laufen konnte.

Also würde sie ständig umknicken und stolpern, dabei aber ein ernstes Gesicht bewahren, denn sie war ja die feine Dame. Es war zu komisch.

Sie musste unvermittelt losprusten.

„Was ist so witzig?“, fragte Michael nicht sauer, sondern ehrlich interessiert.

„Ich stelle mir nur gerade vor, wie ich hier deine Herrin gebe!“ Sie musste wieder ausgelassen lachen. „Du musst mich mal auf hochhackigen Schuhen sehen!“ Michael konnte es sich vorstellen, aber Alina war noch nicht fertig: „Wie ein Elefant auf Rollschuhen!“

+ + +

Michael lächelte unverbindlich wie jemand, der den Witz eines anderen nicht goutiert, aber höflich bleiben will.

Stattdessen arbeitete er an dem Prostitutions-Problem, das er durchaus nachvollziehen konnte. Wenn er sie für so etwas bezahlte, dann prostituierte sie sich für Geld, egal was sie dafür tat. Das verstand er durchaus. Auf der anderen Seite konnte man das Ganze ja auch als Therapie sehen. Wäre sie seine Psychiaterin, wäre nichts auszusetzen gewesen an solch einem Arrangement. Aber nun war es zu spät, ihr das zu verkaufen, und es widerstrebte ihm auch, sich als jemand darzustellen, der therapiert werden musste.

„Ist das nicht sowieso alles ziemlich albern?“ Alina ergriff die Chance, ihre Neugierde zu stillen.

„Was meinst du?“

„Dominas in Leder mit Peitschen! Stehst du echt auf sowas? Das ist doch ein Witz oder?“

Es war ihm peinlich, dass sie das ansprach, obwohl er das ganze Thema ja begonnen hatte.

„Ich finde diese ganze Latex, Leder-Sache auch abgedroschen, sagen wir klischeehaft und meinetwegen auch lächerlich.

“ Er wollte ehrlich sein.

„Wie geht das denn? Du findest, das ist alles abgedroschen, aber willst, dass ich mich für dich ins kleine schwarze Lederkleidchen zwänge?“

Nun wurde es ihm wirklich peinlich, so in die Mangel genommen zu werden. Wie kam sie dazu, ihn so auszufragen und seine Vorlieben zu hinterfragen, sich darüber lustig zu machen? Es war natürlich der Alkohol! Musste sie so verdammt offen sein? Das war ihm peinlich.

Sah sie das nicht? Sie hatte im Vergleich zu ihm kräftig zugelangt. Aber trotzdem! Er hätte in der Sache so eine Art Verhört sehen können, indem er ihr seine geheimsten Wünsche offenbaren müsste. Aber so weit waren sie nicht, und wenn man ihre Reaktion betrachtete, dann schwand die Hoffnung.

Er sah das Ganze schon den Bach runtergehen, so ähnlich wie mit der Prekariatsdomina.

„Okay, okay! Schon gut! Ich will mich nicht über dich lustig machen!“, lenkte sie ein und versuchte sich ein wenig unter Kontrolle zu bekommen.

„Oh, Danke!“, meinte Michael sarkastisch. „Nett, dass du ein wenig Rücksicht auf mich nimmst. „

„Es ist nur, dass dein Vorschlag so unglaublich doof ist!“ Sie prustete augenblicklich wieder los, fing sich dann aber wieder, legte beide Hände über den Mund und schaute ihn mit ihren großen Augen an.

Er fand es süß.

+ + +

Alina fand, dass ihr Verhalten langsam peinlich wurde, und sie bemühte sich, die Kontrolle nicht zu verlieren.

„Ich bin einfach nicht der Typ für Leder und Peitschen. “ Und nach einer kleinen Pause: „Tut mir leid! Hast du vielleicht einen Schluck Wasser für mich? Ich glaube, ich muss mal ein wenig Pause machen. „

Michael stand auf, um ihr ein Wasser zu holen und fand, dass er schon ganz schön gehorchte. Aber im Moment war er eben nur ein guter Gastgeber, und das war nicht das, was er sein wollte.

Er war schon wieder mit dem Wasser zurück, als ihm etwas einfiel. Er goss ihr aus der Karaffe ein und ging dann an sein Bücherregal, um einen schweren Bildband zu holen.

„Kennst du Helmut Newton?“

Alina kannte ihn nicht.

„Ein Fotograf. Ist jetzt tot. Der ist vor allem für seine Frauenporträts berühmt. „

„Und?“

„Sieh dir die Bilder an! Und ich mache uns in der Zwischenzeit einen Espresso.

Michael räumte den Tisch ab und Alina blätterte in dem Bildband. Schon wieder war ihre Dummheit deutlich geworden. Sie kannte den Namen Helmut Newton nicht. Einige der Fotos allerdings kamen ihr bekannt vor.

Es waren vor allem Schwarzweißfotos und viele zeigten starke Frauen. Teilweise waren sie nackt, aber sie schienen keine von diesen blonden Dummchen und Sexsymbolen zu sein. Die rational Denkende in ihr erkannte in den Fotos ungefähr das gleiche Dilemma, das das Angebot von Michael vergiftet hatte.

Egal, wie stark sie aussahen, sie zogen sich halt für die Kamera aus.

Aber diesen Gedanken wischte Alina schnell beiseite. Die Fotos waren spannend und interessant, und die Frauen schienen mysteriös. Manche kannte sie. Catherine Deneuve war häufiger zu sehen. Marilyn Monroe hatte sich ablichten lassen von ihm. Aber in erster Linie waren es Frauen, die souverän und selbstbewusst waren, selbst – oder vielleicht gerade – ohne Kleidungsstücke.

Das also wollte Michael? Solche stolze, starke Frauen? Okay, Dominas waren das nicht.

Aber so war Alina nicht. Sie hatte nicht diese Beine, sie hatte nicht diese Figur, sie hatte nicht diese Ausstrahlung! Sie war ein bisschen zu klein, ihr Bauch war ein wenig zu rund, sie hatte ein paar zu viele Kilos. Manche ihrer Körperteile hätten etwas straffer sein können. Sie hatte kein großes Problem damit, ihr Aussehen gehörte nicht zu ihren Unsicherheiten. Aber sie war eben nicht so wie die Frauen in den Fotos. Obwohl sie was hatten, das gab sie gerne zu.

Michael kam zurück mit zwei Espressos.

„Und?“

„Und was?“

„Die Fotos. „

„Sind nett. „

„Nett?“

„Gut sind sie. „

„Und?“

„Und? Was willst du hören?“

„Sind das nicht großartige Fotos von großartigen Frauen?“

„Bist du Fotograf? Willst du von mir solche Fotos machen?“

„Was, wenn du so eine Frau wärst?“

„Meinst du das ernst?“

„Warum nicht?“

„Du willst, dass ich so werde?“

„Warum nicht?“

„Gerade noch habe ich gedacht, dass du doch nicht so seltsam bist, und jetzt kommst du mit so einem Vorschlag? Meine Beine sind halb so lang, ich bin doppelt so schwer!“

„Es geht doch nichts ums Aussehen!“

„Sondern?“

„Es geht um die Haltung.

Du kannst so sein! Du musst nur so sein wollen! Es liegt an dir. „

„Just do it? Ich bin aber nicht so. Du kannst doch nicht Leute so einfach ändern!“

„Aber du kannst dich ändern! Es geht doch um dich, nicht um mich!“

„Ich bin zufrieden, wie ich bin!“

„Mit deiner ganzen Unsicherheit und diesem Schwärmen für die große Stadt?“

Alina schwieg.

Michael konnte nicht sagen, was das bedeutete. Er war sich sicher, dass er sie nicht überzeugt hatte, aber vielleicht hatte er sie zum Grübeln gebracht.

Und das hatte er. Alina dachte nach. Nicht darüber, zur Domina zu werden, sondern über ihre eigene Unsicherheit. Sie hatte das eigentlich kaschieren wollen. Zumindest vor so einem eher oberflächlichen Menschen wie Michael. Und jetzt das!

Sie schwieg und blätterte noch etwas in dem Buch herum.

Die Frauen darin hatten schon etwas Mysteriöses, gar etwas Mystisches. Sie sah sich nicht so. Aber nicht nur ihr Verstand hatte in der Angelegenheit etwas zu sagen, der Alkohol wollte mitspielen, und der Alkohol war keck, verspielt und mutig, und Alinas Verstand taumelte ein wenig träge hinterher.

Sie beugte sich vor, ihre Augen funkelten frech, und ihre Stimme klang herausfordernd:

„Dann will ich jetzt einen Cognac. Aber mit Eis!“

Sie lächelte ihn erwartungsvoll an, lehnte sich zurück und trank mit abgespreiztem kleinem Finger ihren Espresso.

Michael unterdrückte ein Lächeln. Cognac mit Eis? Sie war süß, wie sie da saß, ihn anlächelte, aber nicht so richtig viel Ahnung hatte.

Sofort regte es sich wieder in seiner Hose.

Dieses maliziöse Lächeln, wie sie ihr Kinn in die Hand stützte und keck schaute! Vor allem aber stieg sie auf seine Avancen ein, spielte mit.

„Sehr wohl, die Dame!“, meinte Michael, stand auf, verbeugte sich leicht und ging an seine Bar.

Er hatte diesen richtig teuren Cognac. VSOP, zwanzig Jahre alt. Er hatte ihn noch mit seiner letzten Verflossenen gekauft, und das war auch schon einige Jahre her. Aber auch wenn Michael selbst nicht in der Lage gewesen wäre, die Qualität des Cognacs zu beurteilen, so griff er trotzdem an der Karaffe vorbei zu dem vergleichsweise billigen Hennesy aus dem Supermarkt. Sie würde den Unterschied nicht merken, schon gar nicht, wenn er den Branntwein in den teuren und überdimensionierten Cognacschwenkern aus Irland servierte.

Es brach ihm ein wenig das Herz, als er drei Eiswürfel in das Glas warf, aber wenn sie das so wollte, dann sollte sie es bekommen.

„Bitte sehr!“, sagte er, verbeugte sich und stellte den Schwenker vor ihr auf den Tisch.

Sie nahm es, schwenkte das Glas, als wüsste sie, was sie tat. Die Eiswürfel klimperten.

Michael stand derweil etwas steif und unschlüssig da.

Er wollte sich nicht mehr setzen. Also stand er da und kam sich dabei deplatziert vor, als er sah, wie Alina sich in ihrem Stuhl räkelte, ihre Lippen um das Glas legte und an dem Cognac nippte. Dabei ließ sie Michael nicht aus den Augen.

Ihr Blick war anzüglich, von sich selbst überzeugt und vom Alkohol ein wenig glasig.

Michaels Fantasie setzte sich wieder in Bewegung.

Er fand sich hilflos, wie er vor ihr dastand, sich ihren Blicken ausgeliefert sah, die ungeniert über seinen Körper glitten und ihn musterten. Wie hypnotisiert starrte er sie an. In diesem Moment konnte sie mit ihm machen, was sie wollte. Seine Spannung wuchs zusammen mit dem Druck in seiner Hose.

Wie sie dort saß, war sie das Ziel seiner Träume. Eine entschlossene Frau, die mit ihm spielte. Er wollte ihr Spielzeug sein, ihr Objekt, mit dem sie tun oder lassen konnte, was sie wollte.

War das nicht ein großartiges Geschenk, das er ihr machte? Er war bereit, sich ihr hinzugeben. Sie müsste sein Geschenk nur annehmen.

Alina musterte ihn, wie er da vor ihr stand.

+ + +

Er war schon süß, ein wenig hilflos und sichtlich nervös. Sie spürte ihre Rolle wie in einem Rausch, und zwar neben dem Alkoholrausch, den sie empfand. Es störte sie nun ein wenig, dass der Alkohol ihre Sinne benebelte, auch wenn er dazu geführt hatte, dass sie überhaupt so weit gegangen war.

Sie mochte seine Unsicherheit, dass er nicht wusste, was sie vorhatte, was sie mit ihm anstellen konnte.

Es waren nie zuvor gedachte Gedanken, und Alina erkannte, dass sie unglaubliche Möglichkeiten hatte. Sie wusste nur nicht, wie sie damit umgehen sollte.

„Dreh dich um!“, befahl sie und winkte beiläufig mit dem Zeigefinger.

Michael gehorchte.

+ + +

Nun stand er mit dem Rücken vor ihr, konnte nicht sehen, was sie tat.

Er fügte sich in seine Rolle, hörte, wie sie sich in ihrem Stuhl regte. Vielleicht um besser zu sehen? Was dachte sie von ihm? Wurde er ihren Erwartungen gerecht? Gefiel er ihr? Michael fand, dass er sich ganz gut gehalten hatte. Er hielt sich in Schuss, trainierte ein wenig, joggte.

Aber natürlich war das subjektiv, und Alina als viele jüngere Frau hatte vielleicht andere Standards. Michael hatte seine erste Midlifecrisis, wie er das Überschreiten des dreißigsten Lebensjahres nannte, gut überstanden.

Aber er war natürlich keine Zwanzig mehr.

Allein die Tatsache, dass er sich begutachten lassen musste! Er hatte das nicht nötig, und doch setzte er sich dieser erniedrigenden Prozedur aus, und er war ernsthaft besorgt, ob er ihren Anforderungen gerecht werden könnte. Das war ein neues Gefühl für ihn. Bisher hatte er sich im Umgang mit Frauen immer selbstbewusst gefühlt. Nun war das plötzlich anders.

„Kannst du mit gestreckten Beinen deine Zehen berühren?“, fragte Alina kühl.

Michael bückte sich und schaffte es mit wenig Mühe. Zwar hatte er nicht so viel getrunken, aber trotzdem schoss der Alkohol nun in seinen Kopf, und er musste sich ein wenig konzentrieren, dass er nicht das Gleichgewicht verlor.

„Klappt ja schon ganz gut!, kommentierte Alina selbstgefällig, und Michael empfand einerseits Genugtuung über das Lob, war gleichzeitig aber indigniert über den arroganten Tonfall. Was immer aber gerade passierte, es war geil.

Total sexuell, obwohl nichts passierte. Er tat nur, was sie sagte. Aber allein die Tatsache, dass sie es ihm befahl, und er sich ihr unterwarf, er ihren Befehlen nachkam, nur um ihr zu gefallen. Die Prekariatsdomina hätte sich davon eine Scheibe abschneiden können!

„Du hast einen knackigen Arsch! Wackle mal was damit!“

Michael tat es. Umständlich wackelte er mit den Hüften hin und her. Was für ein peinliches Bild er da abgab!

„Schüttel dein‘ Arsch für mich!“, sang sie dazu mit einer erstaunlich hellen Stimme.

Wieder so ein Stich! Michael nahm es hin und ertrug auch ihr mädchenhaftes Lachen.

„Du machst ja echt, was ich will! Du bist mir ja ein kleiner Arschwackler!“

Michaels Selbstachtung war im Keller, aber er machte weiter, bis sie ihn aus der peinlichen Lage entließ und er sich wieder aufrichten konnte.

„Kannst dich wieder umdrehen!“

Sein Kopf war rot und er schwitzte auch ein wenig, als er sich ihr wieder zuwandte.

Auch das war ihm peinlich, er hatte sich so eine Mühe gegeben, souverän zu sein.

„Du machst ja echt, was man dir sagt!“, lachte sie. Alina hatte die Füße keck auf den Tisch gelegt.

„Gefällt mir!“

Michael kommentierte das nicht. Er betrachtete sie stattdessen mit gesenktem Kopf. Sie erschien plötzlich so unglaublich schön, wie sie sich in ihren Stuhl geräkelt hatte, mit geröteten Bäckchen und leicht glasigen Augen.

Dazu der Pferdeschwanz, der sie unschuldig wirken ließ, und trotzdem gab sie ihm all diese Befehle, die er dankbar aufleckte wie ein Kater die ihm hingestellte Milch.

Alina goss sich noch etwas von dem Cognac ein und leerte das Glas in einem Zug. Dann nahm sie einen Eiswürfel und lutschte schmatzend daran.

Michael beobachtete neidisch, wie das gefrorene Wasser langsam zwischen ihren roten, weichen Lippen schmolz.

Wusste sie, was sie da tat? Wie erotisch das wirkte? Oder war sie wirklich so unschuldig?

+ + +

Alina hatte in diesem Moment keine so tiefen Gefühle. Sie amüsierte sich darüber, dass er tat, was sie sagte. Sie war das von ihrem Ex nicht gewohnt. Sie war das von Männern generell nicht gewohnt.

Ihr wurde das Ganze allerdings auch unheimlich.

Sie war nicht mehr ganz nüchtern, nicht mehr ganz zurechnungsfähig, und was sie da machte, könnte sie am nächsten Tag bereuen. Sie war sich nicht sicher. Es war Zeit, sich zu verabschieden, über alles nachzudenken und am nächsten Morgen eine Liste mit Pros und Kontras zu machen. Auch wenn sie im Moment nicht so genau wusste, worüber. Einfach pro und kontra. Einfach versuchen, es zu strukturieren und zu verstehen.

„Es ist spät.

Ich sollte gehen, bevor wir hier noch Sachen machen, die nicht so gut wären!“

„Ich kann mir gar nicht vorstellen, was aus dieser Situation nicht gut werden könnte!“, meinte Michael süffisant, und nun wurde Alina erst bewusst, dass er lange nichts gesagt hatte. Sie hoffte, dass sie selbst nicht zu viel Unsinn von sich gegeben hatte.

„Okay, das Spiel ist beendet! Du darfst mir noch die Füße küssen, und dann bin ich weg!“

+ + +

Was hatte sie da gerade gesagt? Es war wirklich Zeit, sich zu verabschieden.

Sie redete sich um Kopf und Kragen!

Alina konnte es nicht fassen, Michael konnte es auch nicht fassen.

Er sah, wie sie sich über ihre eigenen Worte erschrak und platzierte nur einen kurzen Kuss auf die Spitze ihrer Chucks. Ihm schien das der Weg zu sein, der zu den wenigsten Komplikationen führte. So entstünde keine total unangenehme Situation. Er signalisierte nicht, dass er zu weit gegangen war, und er ließ sich nicht gehen, indem er sich vor ihr auf die Knie warf und mit seiner Zunge ihre Sohle ableckte.

Sie wollte die Füße vom Tisch nehmen, aber verlor die Koordination, und so endete die Bewegung, die schwungvoll und dynamisch hätte sein sollen, in einem ungelenken und dumpfen Hinunterfallen ihrer Füße auf die Holzdielen.

„Uups!“, kicherte sie.

Es lag wohl nun an Michael, sich um Alina zu kümmern.

Er half ihr auf, aber ihre Schritte waren unsicher.

„Hab wohl was zu viel getankt!“, meinte sie.

Michael versuchte sie, zu stützen, da das aber nicht so richtig half, hob er sie schließlich kurzerhand hoch und trug sie aus seiner, durch das Treppenhaus hinauf zu ihrer Wohnung.

„Du bist mir ja ein Gentleman!“, rief sie laut, und ihre Stimme hallte durch das Treppenhaus.

„Psst!“, machte er, und Alina lachte erst laut auf, dann äffte sie ihn lautstark nach.

Sie legte ihren Kopf an seine Schulter, und Michael konnte nicht anders, als seine Nase einmal kurz in dem warmen Duft ihrer Haare zu ertränken.

Er hätte darin wirklich baden können, so warm, so weich, so betörend. Er hatte das vermisst: Den Duft der Haare einer Frau.

Als sie schließlich an ihrer Wohnung angekommen waren, richtete sie sich auf und drehte den Kopf so schnell, dass ihr Pferdeschwanz über sein Gesicht strich wie eine unglaublich weiche neunschwänzige Katze. Die Berührung elektrisierte ihn, und seine Nerven erinnerten sich lange an diesen Augenblick.

„Okay, mein kleiner Hengst.

Den Rest schaffe ich allein. Lass mich mal runter!“

Er kam dem Wunsch nach, und Alina kramte in ihrer Hosentasche nach dem Schlüssel, fand ihn, schaffte es mit Michaels Hilfe, den Schlüssel ins Schloss zu stecken und die Tür zu öffnen.

„Jetzt weiß ich auch, warum ihr Männer es besoffen nicht hinkriegt! Ihr findet den Eingang nicht!“

Sie lachte über ihren eigenen Witz, schlüpfte durch die Tür und knallte sie hinter sich zu.

Wenn Michael sich noch einen Abschiedskuss erhofft hatte, war er enttäuscht worden.

Er hatte zu Beginn des Abends mit diesem Verlauf nicht gerechnet.

In Alinas Wohnung rumpelte es noch einmal kräftig, irgendwas fiel auf den Boden, und es klang, als wäre etwas kaputt gegangen. Aber bevor Michael fragen konnte, rief sie hastig durch die geschlossene Tür:

„Alles gut, nichts passiert!“

Süß war sie, das musste man ihr lassen!

Kapitel 8 KATERFRÜHSTÜCK

Alina stöhnte.

Ihre Kopfschmerzen waren schlimm. Ihr Hirn schien aufgequollen und drückte gegen die Schädeldecke.

Sie hatte zu viel getrunken.

Sie hätte nicht so viel trinken sollen!

Ihre zweite Nacht in der Stadt war schon eine Nacht mit zu viel Alkohol gewesen.

Als sie zum Bad tapste, um sich kalt oder zumindest lauwarm zu duschen und wieder Herrin über ihren Kopf zu werden, sah sie unter ihrer Wohnungstür hindurch geschoben einen Zettel.

„Mach die Tür auf!“

Was für ein Ton!

Sie tat es trotzdem. Auf der Fußmatte stand ein Tablett. Darauf ein Sektkübel gefüllt mit Eis, in dem eine Flasche Orangensaft steckte. Daneben eine Packung Aspirin und ein Zettel: „Kaffee und Croissants gibt's bei mir!“.

„Wie aufmerksam“, dachte sie sich, nahm das Tablett hinein. Sie warf sich zwei Tabletten ein und nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche.

Danach kam die Dusche, die sie dann doch nicht ganz so kalt nahm, wie sie sich vorgenommen hatte.

Langsam erinnerte Alina sich an den vergangenen Abend. Es war nett gewesen. Sehr nett. Michael war interessanter, als sie gedacht hätte. Sicherlich ein wenig seltsam in seinen Ansichten, aber nicht unbedingt das arrogante Arschloch, für das man ihn hätte halten können. Sie verstand, dass er einfach ein wenig zu reich war für sein eigenes Wohl.

Langsam kam ihr die kleine Spielerei am Ende des Abends auch wieder in den Sinn.

Gott, sie hatte wirklich zu viel getrunken, dass sie ihn da für sich hatte posieren lassen! Es war ihr zuerst schrecklich peinlich, wie sie sich da verhalten hatte. Aber dann fand sie, dass sie sich nicht wirklich schämen müsste. Wofür auch?

Während sie ihren Körper einseifte, kam ihr der Gedanke, dass sie schon länger keine fremden Hände mehr berührt hatten.

Ihr erster Freund hatte fast ein Ritual daraus gemacht, ihr die Haare zu waschen. Eine Zeitlang hatten sie jeden Samstag zusammen gebadet. Er hatte hinter ihr in der Wanne gesessen und ihre Haare shampooniert. Dabei war es dann fast immer zum Sex gekommen. Sie erinnerte sich noch gut an seine Hände, die ihre Brüste von hinten umfasst hatten und dann langsam tiefer wanderten. Sie hatte sich dann zurückgelehnt an die Brust ihres Freundes und sich verwöhnen lassen.

Das war schon geil gewesen.

Lange hatte diese Beziehung allerdings nicht gedauert, denn außer dem Sex hatte dieser Typ nicht viel zu bieten gehabt. Er war ein richtiges Arschloch, um es genau zu sagen, und diese Bade-Sache war auch eigentlich die einzige Qualität, die er zu bieten hatte. Im Bett konnte er nicht so viel reißen. Aber da er Alinas erster war, konnte sie seine mangelnde Qualität erst im Nachhinein beurteilen.

Alina hatte irgendwann das Gefühl, dass er diese Bade-Sache irgendwo aufgegabelt hatte, vielleicht in einem Pornofilm, und dass er nun sein winziges Repertoire immer wieder mit leichten Variationen abspulte. Sie warf ihm das allerdings nicht wirklich vor, denn so wahnsinnig experimentierfreudig war sie in sexuellen Angelegenheiten bisher auch nicht gewesen. Zumindest war die Welt, in der Michael sich bewegte, ihr vollkommen fremd, und auf „23 Positions in a One Night Stand“, wie Prince gesungen hatte, war sie auch noch nie gekommen.

In ihrem ganzen Leben war sie noch nicht annähernd an diese Zahl gekommen. Wenn sie richtig ehrlich war, konnte sie die unterschiedlichen Positionen an den Fingern einer Hand abzählen. Allerdings bedeutete ihr das auch nicht viel.

Aber dieses gemeinsame Baden, das hatte sie in guter Erinnerung. Ihr schoss der Gedanke durch den Kopf, dass sie dergleichen wieder haben könnte, wenn sie auf Michaels Angebot einstieg. Sie könnte ihm einfach befehlen, zu tun, was sie wollte, und er würde gehorchen.

Der Gedanke hatte in der Tat etwas. Ein Sexspielzeug zu haben, das ihr die Haare wusch, ihr nach einem langen Tag die Füße oder den Rücken massierte, ihr Arbeit abnahm.

Sie hätte so einen kleinen Lakaien schon gebrauchen können!

Aber natürlich war ihr auch klar, dass er eine Gegenleistung erwartete, und die konnte sie nicht akzeptieren.

Sie stieg schließlich aus der Dusche und fühlte sich besser.

Die Kopfschmerzen waren einigermaßen verschwunden. Alina überlegte, ob sie Michaels Angebot mit Kaffee und Croissants annehmen sollte, aber sie entschied sich dagegen. Sie hatte noch Brot da, das weg musste, und sie wollte ihm auch nicht den Anschein vermitteln, dass sie beide jetzt irgendwie in einer engeren Beziehung zueinander stünden. Immerhin war er immer noch mehr als zehn Jahre älter, führte ein anderes Leben und war überhaupt nicht ihr Typ. Und dann war da auch noch das mit der Domina.

Alina machte sich also ihr Frühstück und surfte auf ihrem Tablet, während sie das doch schon etwas trockene Brot kaute. Es erinnerte sie an zuhause. Ihre Mutter kaufte auch immer zu viel Brot, das dann alt und trocken wurde. Sie hatte jetzt die Gelegenheit, ihre Gewohnheiten zu ändern. Es war jetzt ihr Leben.

Einfach mal weniger Brot kaufen!

Nachdem sie herausgefunden hatte, dass Spiegel Online keine interessanten Neuigkeiten zu vermelden hatte, surfte sie ein wenig herum, bis sie irgendwie bei dem Begriff „Domina“ landete.

Aber die Bildersuche brachte nur Frauen in schwarzen Latexklamotten, die Peitschen oder andere Utensilien schwangen. Sie fand sich darin nicht wieder. Daher tippte sie „Helmut Newton“ ein und stöberte in den Fotos all der Frauen (und Männer), die alle etwas anderes ausstrahlten. Mehr noch als die Fotos, die er am Tag zuvor gesehen hatte, wurde sie jetzt aufmerksam auf die unterschiedlichen Menschen, und bald schon interessierten sie die nicht erotischen oder pornografischen Fotos viel mehr, denn sie sagten etwas über die abgebildete Person aus.

Sie wollte auch in Schwarzweiß abgelichtet werden. Sie wollte auch interessant und nicht so spießig sein. Doch bevor sie anfing, eine Liste zu machen, was nötig wäre, ihren Charakter spannender zu machen, schob sie Block und Bleistift beiseite. Ihre Listen waren eher Teil des Problems als der Lösung.

Kapitel 9 STELLENANGEBOTE

Michael stöhnte.

Er saß in seinem Büro, das auf der gleichen Etage gegenüber seiner Wohnung lag.

Es war in kühler Sachlichkeit eingerichtet. Hier empfing er seine Klienten, hier erstellte er seine Pläne für Designs. Es war ein Luxus, sich ein so großes Büro zu leisten, aber er musste ja schließlich repräsentieren.

Michael wollte arbeiten, aber er konnte sich auf nichts konzentrieren. Immerzu drehten sich seine Gedanken um den vergangenen Abend. Vor allem um die letzte Stunde, in der er sich Alina, wenn auch nur kurz, ausgeliefert hatte.

Es war ein winziges Spielchen gewesen, das nicht mehr als ein paar Minuten gedauert hatte, aber es hatte eine Welt an Möglichkeiten eröffnet.

Genau das war es gewesen, was er suchte, was er bei dieser Mistress Jasmin nicht bekommen hatte. Er brauchte keine Schmerzen und nicht diese Verachtung, die sich wie kalter und schaler Zigarettenrauch überall breit gemacht hatte.

Er wollte diese Spiele von einer Frau, die nicht mit routinierter Geringschätzung einem Geschäft nachging.

Was er wollte, war eine Frau, die ihn mochte, während sie ihn herumkommandierte.

Michael wusste nicht, ob der Wunsch unrealistisch war. Aber er war plötzlich in greifbare Nähe gerückt.

Alina war sicherlich die unwahrscheinlichste Domina, die man sich vorstellen konnte, aber hinter all ihrer Unbedarftheit und ihrer latenten Unsicherheit steckte eben Potenzial.

In der vergangenen Nacht hatte sie das bewiesen.

Das Posieren vor ihr, die Übungen, die sie ihn hatte machen lassen, schließlich der Kuss auf ihren Schuh.

All das waren ihre Ideen gewesen, die einfach so aus dem Nichts gekommen waren. Was wäre da erst drin, wenn sie sich ein wenig in ihre Rolle eingefunden hätte?

Er musste sie für sich gewinnen.

Michael musste sie nur noch überzeugen, dass sie das auch wollte.

Daran arbeitete er gerade.

Denn nicht nur seine Erektionen hatten ihn in der Nacht wach gehalten, sondern auch die Ideen, sie stärker an sich zu binden.

Ihren Hinweis darauf, dass sie keine Prostituierte sein wollte, konnte er nur vage nachvollziehen. Angestellte bezahlte man schließlich auch, und die hatten auch zu tun, was man von ihnen verlangte. Waren das nicht die Spielregeln am Arbeitsmarkt? Mussten sich nicht alle Arbeitnehmer irgendwie prostituieren? Man bezahlte jemanden, und im Gegenzug bekam man Gegenleistungen in Form von Arbeit.

Die Lösung lag also so nah. Wenn er Alina bezahlen sollte, dann eben für Leistungen, die nicht verfänglich waren.

Der Rest käme dann von selbst, quasi als Überstunden oder Nebenleistungen. Er würde höchstens den Wunsch danach aussprechen, den hatte er ihr ja bereits mitgeteilt. Die Lösung war also einfach. Er musste ihr nur einen Job anbieten.

Eigentlich hätte er einen Termin mit einem Klienten vorbereiten sollen, der unbedingt Informationen über Terrazzo-Böden haben wollte. Terrazzo fand man häufig in Museen und es gab das Zeugs schon seit Tausenden von Jahren.

Kurz gesagt mischte man bunte Steinchen mit Zement an, kippte das flüssige Zeugs auf den Boden, ließ es trocknen und schliff es dann ab, bis es glänzte und nett aussah. Michael hielt nichts davon. Es war eine ziemliche Sauerei und neigte dazu, Risse zu bekommen. Aber es war auch extravagant, und Michael versprach sich einen netten Profit, wenn er einen Terrazzo-Gießer fand, der all die Wünsche erfüllen konnte, die sein Klient geäußert hatte. Der wollte beispielsweise das Familienwappen als Mosaik mit Glitzersteinen.

Schrecklich!

Einflussreiche Klienten waren das, die ihm viele Aufträge verschaffen konnten, wenn er mit diesem Auftrag erfolgreich wäre. Es war nicht das, was Michael sich vorstellte. Als besserer Fliesenleger seinen Ruhm zu begründen.

Aber immerhin!

Aber statt herumzutelefonieren, feilte er an der Stellenanzeige, die er sich ausgedacht hatte, um Alinas moralische Probleme mit seinem Angebot auszuräumen.

Es war eigentlich ganz einfach: Er brauchte sie nur einzustellen!

Er würde sie für ihre Arbeit bezahlen.

Fürstlich fügte er hinzu. Sie würden zusammen Zeit verbringen, und wenn Alina wollte, und nach dem vorhergegangenen Abend hatte er da keine Zweifel, könnten sie ein wenig miteinander spielen.

Michael hatte schon lange nach jemandem gesucht, der die Buchhaltung für ihn machte. Er war es einfach Leid, diese Arbeit über die Firma seines Vaters laufen zu lassen. Er wollte nicht, dass so ein Buchhalter der Firma seines Vaters ihn ständig hinterfragte, warum er dies oder das gekauft hatte, und ob Jenes oder Welches unbedingt nötig gewesen wäre.

Herr Well, der oberste Buchhalter seines Vaters war da ziemlich penetrant und manchmal auch richtig impertinent. Was bildete der Mann sich ein, in seine Ausgabe reinzureden?

Also hatte Michael mit dem Gedanken gespielt, die Buchhaltung selbst zu übernehmen. Na gut, der Gedanke war ihm eigentlich erst am Tag zuvor gekommen, als Alina von ihrer Ausbildung erzählt hatte. Aber nichtsdestotrotz war das ein guter Vorschlag. Er würde sie offiziell als geringfügig Beschäftigte oder so führen und ihr die Miete erlassen.

So genau hatte er nicht darüber nachgedacht, was genau er ihr anbieten sollte oder wie viel eine Buchhaltungs-Domina so verlangte. Er war sich ziemlich sicher, dass er im Internet dazu nichts finden würde. Keine Lohntabellen oder so.

Aber was machte das schon?

Er spielte an dem Text herum. So weit war er schon:

Buchhalterin gesucht. Sind Sie jung, attraktiv, haben einen blonden Pferdeschwanz und Durchsetzungsvermögen? Dann haben wir die richtige Stelle für Sie.

Bestimmen Sie Ihre Arbeitszeit nach eigener Wahl! Ein Ihnen untergebener Chef wird Ihnen stets zu Diensten sein.

Freie Kost und Logis, sowie ein Gehalt nach Vereinbarung. Melden Sie sich noch heute!

Er las seine Anzeige noch einmal und war zufrieden. Es wäre ein Angebot, das sie nicht ausschlagen könnte!

Michael feilte noch ein wenig am Design und dann druckte er die Anzeige aus.

Nachdem er Alina am vergangenen Abend zu ihrer Wohnung gebracht hatte war er… verliebt wollte er es nicht nennen, aber es ging schon so in diese Richtung.

Wenn er an Alina dachte, dann regte es sich in erster Linie in seiner Hose, das aber ständig. Keine andere Frau hatte ihn seit Langem so sehr umgetrieben. Und dabei kannte er sie erst seit wenigen Tagen! Verrückt, wie die Dinge so liefen.

Eine wahre Femme Fatale, wie er fand.

Seit dem letzten Abend hatte er nicht viel geschlafen. Er hatte sich in seinem Bett gewälzt mit einer nicht enden wollenden Erektion.

Gleich zweimal hatte er sich befriedigt. So sehr hatte ihn lange keine Frau mehr erregt!

Durch die angelehnte Tür hörte Michael, dass auf der Etage über ihm die Tür geöffnet wurde. Das musste Alina sein. Das Treppenhaus war ziemlich hellhörig. Michael stand auf, packte seine Stellenanzeige und den Mülleimer, den er sich vor der Tür bereitgestellt hatte. Er wollte das Treffen nach Zufall aussehen lassen und nicht aufdringlich rüberkommen. Also trat er vor die Tür und hantierte im Treppenhaus mit dem Mülleimer herum, bis sie die Treppen hinunter kam.

„Morgen! Wie geht's?“

„Miau!“ antwortete sie mit kratziger Stimme.

Michael schaute verdutzt.

„Miau!“ wiederholte sie in der gleichen Stimmlage. Aber Michael verstand immer noch nicht und zuckte ratsuchend die Schultern. „Tut mir leid!“

„Kater!“

„Oh, verstehe!“ Er lachte. „Sehr schlimm?“

„Der O-Saft und die Tabletten haben geholfen. Danke dafür. „

„Nichts zu danken!“

Sie sahen sich an.

„Müll?“, meinte sie schließlich, als die Stille etwas lang zu werden drohte.

Michael musste nachdenken, dann verstand er und hob den Mülleimer.

„Ja, genau, ich wollte den Müll runterbringen!“

„Sehr schön! Ist immer gut, den Müll runterzubringen. Vor allem, wenn man dabei zufällig andere Leute trifft. „

Er fand, dass die Gelegenheit gut war, sein Angebot an die Frau zu bringen:

„Genau.

Und ich wollte dir noch etwas zeigen!“

„Na, da bin ich aber gespannt!“

Er drückte ihr den Zettel in die Hand.

„Was ist das?“

„Lies!“

Das tat sie.

„Du bietest mir einen Job an. „

„Als meine Buchhalterin!“

„Mit freier Kost und Logis? Ich soll also bei dir einziehen?“

„Natürlich nicht! Du bleibst in deiner Wohnung! Aber ich erlasse dir die Miete.

Und darüber hinaus könnten wir ja sowas wie einen 400-Euro-Job abmachen. „

„Für die Buchhaltung. “ Sie klang skeptisch.

„Ich brauche eine Buchhalterin!“

„Das ist ja gut, dass ich dir gerade über den Weg gelaufen bin!“

„Habe ich auch gedacht!“ Er ignorierte ihre Ironie. „Was sagst du?“

„Aber eigentlich zeige ich dir, wo der Hammer hängt und peitsche dir die Scheiße aus dem Arsch.

„Ganz so drastisch müsstest du es nicht ausdrücken. Außerdem sind Peitschen nicht so mein Ding. Ich dachte, wir hätten das gestern klargestellt. „

„Oh, hatten wir das? Tut mir leid!“

„Ich weiß schon. Der Alkohol war's!“

„Da hast du Recht. Aber mein Suff hat dir auch ein paar schöne Augenblicke beschwert. Wenn ich so an den Balken denke, den du da in der Hose mit dir herumgetragen hast!“

„Mir schien, dass du aber auch ganz motiviert bei der Sache warst!“

„Meinst du?“ Alina lachte, und Michael war froh, dass sie es tat, denn es klang schön, und er fand, dass sie auf dem richtigen Weg waren, wenn sie so miteinander flirteten.

„Wie wäre es also mit dem Job?“

„Meinst du, ich könnte jemanden vertragen, der mir die Schuhe küsst?“

„Ich leck‘ auch!“

Sie sah ihn plötzlich erstaunt an und machte einen demonstrativen Schritt zurück.

„Deine Schuhe, meine ich!“, beeilte Michael sich.

„Ich denke, wir sollten es mit den Anspielungen für heute belassen! Ich brauche niemanden, der mir meine Schuhe leckt, und was anderes schon gar nicht!“

„Kein Problem.

Das ist ja das Gute an dem Arrangement! Du bist die Chefin, du bestimmst, wie weit es geht oder ob überhaupt was geht. Wenn du nicht willst, dann passiert nichts! Dann hast du einen Job, ich eine Buchhalterin, und das war's. Ich suche mir irgendwo anders eine Domina. Aber wenn du willst, dann…“

„Dann?“

„Dann steht dir eine Welt offen, von der du bisher nicht mal geträumt hast!“

„Warum sollte ich jetzt anfangen, davon zu träumen?“

„Ich glaube, dass du ziemlich wissbegierig bist!“

„Meinst du?“ Sie lachte wieder, wechselte dann aber zu Michaels Enttäuschung das Thema: „Wer macht eigentlich jetzt deine Buchhaltung?“

Michael wollte nicht sagen, dass dies ein tyrannischer Lakai im Betrieb seines Vaters machte.

„Im Moment wird das im Betrieb meiner Eltern gemacht. Aber das ist nur eine Notlösung. „

„Aha. Aber jetzt hast du mich ja! Wenn ich träumen will. „

„Genau. Überleg's dir! Wäre für uns beide ein gutes Geschäft. Du sparst die Miete, verdienst was, kannst dich auf dein Studium konzentrieren und verlierst nicht unnötig Zeit, weil du irgendwelche Jobs machen musst. Über die Arbeitszeiten können wir uns verständigen.

Ist doch perfekt oder nicht?“

Sie dachte nach.

Michaels letzte Sätze hatten gute Argumente gebracht. Trotzdem war sie skeptisch.

„Ich wollte gerade in die Stadt. Ich muss zur Uni und wollte mich nach Jobs umsehen. „

„Als Kellnerin?“

„Das war mein Plan!“

„Hast du schon was in Aussicht?“

„Muss mal schauen!“

Michael zeigte auf die Anzeige: „Okay.

Du kannst es dir ja überlegen. “

„Mache ich… übrigens, ganz witzig gemacht!“

„Kleinigkeit. Aber trotzdem danke!“

Eine Kleinigkeit war es nicht. Michael war von Alinas Reaktion ein wenig enttäuscht. Er hatte sich mehr erhofft. Das Lob am Ende besänftigte ihn nur gering.

„Okay, ich mache mich mal auf den Weg!“, meinte sie.

„Alles klar. Bis dann!“

„Musst du nicht auch runter?“

„Wieso?“

„Der Müll?“

„Oh, richtig!“

Zusammen gingen sie die Treppen hinunter.

„Aus was für einer Wohnung bist du da eigentlich gekommen?“

„Das ist keine Wohnung. Das ist mein Büro. „

„Du hast noch eine zweite Wohnung als Büro?“

„Das ist keine Wohnung, das ist einfach ein Büro. „

„Ich glaube, ich wäre auch gerne das Kind eines Bauunternehmers, der genug Häuser hat, dass er in Wohnungen baden kann!“

„Ganz so toll ist es nicht.

„Du hast eine Wohnung, du hast eine zweite, die du als Büro nutzt, und meine Wohnung willst du mir umsonst überlassen!“

„Im Gegenzug arbeitest du für mich. „

„Ja, das auch. „, meinte Alina vage.

„Was soll das heißen?“

„Ist ja auch egal! Ich bin mal weg! Wünsch mir Glück, dass ich einen Job finde!“

„Viel Glück bei der Jobsuche!“

Er meinte es nicht so.

Sie winkte noch, und dann verabschiedeten sie sich im Flur.

Auf dem Weg zurück in seine Wohnung überlegte Michael, ob er alle Wirte der Stadt anrufen sollte (ein paar kannte er), um ihnen zu sagen, sie sollten auf keinen Fall eine blonde Studentin mit Pferdeschwanz einstellen, wenn die sich bei ihnen heute bewerben sollte. Aber das war eine arschige Idee. Und außerdem war es zu viel Arbeit, und der Erfolg einer solchen Aktion schien auch begrenzt.

So blieb ihm nichts anderes übrig, als wieder in sein Büro zu gehen und da den Terrazzo zu recherchieren. Wenn er schon keinen Erfolg im Suchen einer Buchhaltungs-Domina hatte, dann vielleicht im Beruf.

Kapitel 10 SEIN ODER NICHT SEIN.

Die junge Frau fummelte an der riesigen Maschine herum. Sie hatte gerade eine andere Bedienung abgelöst, die schnell im Personalbereich des Cafés verschwunden war. Ein rotes Licht blinkte penetrant an der Maschine, dass etwas nicht in Ordnung war.

Sie sah freundlich aus, hatte ein paar Sommersprossen und eine spitze Nase. Alina konnte sich vorstellen, dass die Bedienung ein nettes Lachen hatte. Sie hatte runde Wangen und funkelnde Augen. Ihre braunen Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden.

Sympathisch.

Aber eben überfordert mit der Maschine. Die kleine Frau blies sich gestresst eine Strähne aus dem Gesicht, drückte hilflos ein paar Knöpfe, aber nichts passierte. Sie fluchte, stampfte mit dem Fuß auf den Boden.

Aber es half nichts. Der Kaffeeautomat blinkte stoisch weiter. Die junge Frau öffnete allerlei Klappen an der Maschine. Aber sie konnte den Fehler nicht finden.

„Was macht mein Latte Macchiato?“, rief jemand hinter Alina unhöflich und nun schon zum wiederholten Male.

„Kommt sofort!“, antwortete die Frau, aber sie klang nicht überzeugt.

Alina tat, als sähe sie auf ihren Block, aber sie betrachtete aufmerksam, wie die Frau sich erfolglos mühte und hilflos herumhantierte.

Sie hatte Mitleid mit der Frau, die offensichtlich neu war und keine Ahnung hatte, wie diese riesige Maschine zu bedienen war, die doch eigentlich nichts anderes machen sollte, als ein wenig Kaffee zu brühen. Aber so einfach war es natürlich nicht, und einfacher Kaffee war bestimmt auch nicht Bestandteil eines Latte Macchiato.

„Ich habe nicht ewig Zeit!“ Alina drehte sich zu dem Mann um, der so penetrant forderte. Es war ein dürrer, bleicher, schwarz gekleideter Mann mit Pferdeschwanz.

Er war Alina sofort unsympathisch. Offensichtlich ein Computerfreak und dazu ein Arsch.

„Sofort!“, antwortete die Bedienung leise. Aber alle Zuversicht war nun aus ihrer Stimme gewichen. Sie hatte die Hoffnung aufgegeben, das rote Blinken zu beseitigen. In einem letzten Akt zog sie den Stecker, und stöpselte ihn einen Augenblick später wieder ein. Die Maschine startete neu, allerlei Lichter gingen an und aus, die Maschine machte seltsame Geräusche. Die Augen Alinas und der Bedienung waren auf die rote Lampe gerichtet, die sich noch nicht gemeldet hatte.

Solange dies nicht anging und die Maschine immer noch werkelte und Geräusche machte, war alles gut.

Alina hielt den Atem an und hoffte mit der Bedienung, dass das Blinken nicht wieder einsetzte. Die Maschine beendete ihre Geräusche, und die Hoffnung der beiden stieg, dass der Automat nun betriebsbereit war. Sekunden vergingen. Nichts geschah. Die Hoffnung stieg. Doch dann begann das rote Blinken wieder, und alle Hoffnung zerstob. Alina sah, wie die Schultern der Bedienung zusammensackten.

Sie hatte Alina den Rücken zugedreht, aber Alina sah, wie sie sich die Augen wischte. Kein Grund zu heulen, dachte Alina, aber sie konnte es durchaus verstehen. Doch im nächsten Moment kam die Rettung. Die Kollegin, die sie gerade abgelöst hatte, kam zurück, hatte schon ihre Jacke an und sah routiniert, was mit der Maschine los war. Die weinende Bedienung musste nichts sagen, bekam nicht die Gelegenheit, ihren Frust auszudrücken. Stattdessen meinte ihre Ablösung nur:

„Das Scheißteil spinnt andauernd.

Nicht deine Schuld!“, und dann tippte sie, leider viel zu schnell, als dass die Bedienung es hätte nachvollziehen können, ein paar Tasten. Das rote Blinken verschwand augenblicklich und im gleichen Moment setzte die Maschine sich in Gang und spuckte das Gewünschte aus.

„Du kriegst das schon hin! Bis dann!“, meinte die Ablösung und war auch schon verschwunden.

Alina konnte die Bedienung gut verstehen, die zwar nun einen Kaffeeautomaten hatte, der wieder funktionierte, aber keine Ahnung, wie sie ihn wieder richten konnte, wenn er wieder spinnen sollte.

Alina beobachtete, wie die Bedienung dem dürren, bleichen, schwarzhaarigen Mann den Latte Macchiato brachte.

„Na endlich!“, raunzte er nur, widmete der Frau aber keinen Blick.

Alina reichte es nun. Was für ein Arsch! Ihr schoss eine Fantasie durch den Kopf:

Wie sie von ihrem Platz aufstand, zu dem Mann ging, der sich hinter seinem Laptop verkrochen hatte und ohne aufzublicken nach dem Latte Macchiato griff und gedankenverloren daran nippte, ohne ihn zu genießen.

Und das, obwohl die Bedienung so viel Mühe damit gehabt hatte!

Alina stemmte eine Hand in die Hüften und sprach ihn an:

„Hey, du!“

Er sah auf und antwortete schroff:

„Was ist?“

„Du bist ein ziemliches Arschloch!“

„Was?“, fragte er irritiert. Er achtete nicht richtig auf sie. Sein Blick sprang immer wieder auf den Bildschirm zurück.

„Wie du die Bedienung behandelst!“

„Was geht Sie das an?“

„Sie ist neu. Hast du das nicht gesehen? Sie kennt sich noch nicht so aus!“

Wieder sprang sein Blick auf den Monitor, und er tippte schnell drei Tasten.

„Ist doch ihr Job, mich zu bedienen. Was soll das also?“

„Es ist aber nicht dein Job, andere Leute mies zu behandeln!“

„Nochmal: Was geht Sie das an?“

Wieder dieser Blick auf den Monitor.

Nun tippte er einen ganzen Satz und ließ Alina dastehen.

Ihr platzte der Kragen.

Mit einer schnellen Bewegung klappte sie den Bildschirm zu, wie eine Mausefalle schnappte er zu. Der Mann konnte gerade noch seine Finger wegziehen, sonst hätte Alina ihm die zerquetscht.

„Hey, was fällt Ihnen ein?“

Er versuchte, den Laptop wieder zu öffnen, aber sie schlug mit der flachen Hand darauf.

„Was fällt DIR ein!“, blaffte sie zurück. „Wo hast du deine Manieren her? Ich sag dir jetzt was: Du wirst dich bei der Frau entschuldigen. „

„Niemals!“, er lachte empört.

Der Mann kam sich immer noch ziemlich überlegen vor, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, lächelte sie überheblich an, kreuzte die Arme herausfordernd vor der Brust und wippte auf den hinteren Beinen des Stuhls

„Das ist ihr Job, mich zu bedienen, und sie macht ihn ziemlich beschissen, wenn ich das sagen darf!“

Alina hatte genug.

Mit einer flinken Bewegung trat sie gegen die Sitzfläche des Stuhls, genau zwischen die gespreizten Beine des Mannes.

Er verlor das Gleichgewicht und kippte nach hinten um.

Seine Beine zappelten nun in der Luft wie die eines Käfers auf dem Rücken.

„Was fällt Ihnen ein!“, rief er erschrocken.

Sie griff den Latte Macchiato, trat ganz nah an den Mann heran, dann kippte sie ihn über ihm aus.

Schön langsam. Über das Gesicht, über sein Hemd und ganz viel goss sie in seinen Schritt.

„Verdammte Scheiße!“, rief er empört.

Alina stellte ihren Fuß auf seine Kehle und drückte ihm langsam die Luft ab.

Seine Augen weiteten sich in Panik. Jetzt verstand er. Das war kein Spiel!

„Ich werde jetzt die Bedienung rufen, und dann wirst du dich bei ihr entschuldigen.

Ganz höflich. Und dann wirst du die Sauerei hier aufwischen. Ist das klar?“

Sie drückte auf seine Kehle. Er röchelte, sah sie angsterfüllt an und winselte.

„Schön, dass wir uns verstehen!“

Sie drehte sich zur Theke um und sprach die Bedienung an, die das ganze Schauspiel ungläubig verfolgt hatte.

„Könnten Sie mal bitte herkommen und einen Lappen mitbringen? Dem Mann hier ist ein Malheur passiert.

Die Frau nickte und kam.

„Und jetzt schön nett!“, ermahnte Alina den Mann. Dann hob sie ihren Fuß ein wenig von seiner Kehle.

Er schluckte, sah die beiden Frauen angsterfüllt an, dann stotterte er:

„Es tut mir leid, dass ich Sie so unhöflich behandelt habe. „

Die Bedienung nickte.

„Na gut. Entschuldigung angenommen!“

Alina war fast ein wenig enttäuscht, dass die Bedienung das Spielchen so schnell beenden wollte.

„Und jetzt wischst du hier die Sauerei weg!“

Sie nahm der Bedienung den feuchten Lappen aus der Hand und warf ihn dem Mann ins Gesicht. Dann nahm sie ihren Fuß von seiner Kehle. Die beiden Frauen sahen amüsiert zu, wie er die Pfütze wegwischte.

Alina gab manchmal Anweisungen:

„Da hinten auch!“

„Hier ist noch was!“

„Vergiss die Ecke da nicht!“

Irgendwann fand sogar die Bedienung Gefallen an dem Spiel und machte mit:

„Mach das ja ordentlich! Wehe, ich sehe da noch Flecken!“

„Jawohl!“, murmelte der Mann, kroch auf allen Vieren herum und wischte die Brühe weg.

Die beiden Frauen sahen ihm mit viel Vergnügen zu.

Am Ende entließen sie den Mann. Er stand gedemütigt da und lief gesenkten Hauptes aus dem Café. Die junge Frau sah Alina an und sagte: „Danke!“

„Kein Problem!“, antwortete sie.

Ein komischer Gedanke war das.

Alina als Superheldin-Domina für die Rechte der mies behandelten Frauen.

Solche Phantasien hatte sie noch nie gehabt.

Dieses Domina-Angebot konnte sie nicht aus dem Kopf kriegen. Es war schon komisch. Aber sie mochte es. Sie mochte diese Fantasie.

Alina war von der Uni gekommen, wo sie eine Einführungsveranstaltung besucht hatte. Dann hatte sie sich noch ein paar Bücher besorgt und war schließlich in das Café gegangen. Sie wollte hier nach Jobs suchen. Kellnern hatte eigentlich recht weit oben auf ihrer Liste gestanden. Sie hatte das schon ein paar Jahre gemacht in einem Ausflugslokal in ihrer kleinen Stadt.

Aber so richtig viel Lust hatte sie in diesem Moment zugegebenermaßen nicht. Das Problem der Bedienung, die nicht mit dem komischen Kaffeeautomaten umgehen konnte, hatte ihr den Rest gegeben. Alina konnte sich in die Nöte der Frau ziemlich gut einfinden. Es hätte ihr genauso ergehen können.

Da war immer noch das Angebot von Michael. Je länger es in ihrem Kopf umher kreiste, desto attraktiver wurde es. Es war ziemlich großzügig.

So großzügig, dass sie eher das Gefühl hatte, ihn auszubeuten, wenn sie es annehmen sollte, als dass sie das Opfer wäre. Aber ohne eine gründliche Analyse und eine sorgfältig ausgefüllte Liste würde sie keine Entscheidung treffen.

Alina schaute auf zwei Spalten auf ihrem Block. Oben hatte sie säuberlich zwei Überschriften geschrieben. „Michaels Domina“ und „Anderer Job (Kellnerin)“. Mit einem dünnen Bleistiftstrich, der akkurat mit einem kleinen Lineal gezogen worden war, hatte sie die Überschriften unterstrichen und mit einem weiteren Strich hatte sie zwei Spalten voneinander abgetrennt.

Nun hielt sie den blau schreibenden Füller in der Hand, um ihre Argumente für beide Punkte niederzuschreiben. Der Bleistiftstrich war deshalb so dünn, weil es Argumente gab, die sich nicht unbedingt einer Seite klar zuschreiben ließen, und die daher in die Mitte kamen. In einem nächsten Schritt würde sie mit einem lilafarbenen Füller die Argumente kommentieren und bewerten. Wenn es ganz kompliziert würde, hätte sie auch noch einen rot und einen grün schreibenden Füller, mit denen sie die Gewichtung der einzelnen Argumente festlegen könnte.

Sie hatte schon so oft Listen gemacht, um zu einer Entscheidung zu kommen, dass sie die Methode perfektioniert hatte. Alina war mittlerweile so professionell im Umgang mit den Listen, dass sie ihr bei allen schwierigen oder unüberschaubaren Entscheidungen halfen. In diesem Fall allerdings starrte sie auf die Überschrift der linken Spalte und war von dieser irgendwie hypnotisiert.

„Michaels Domina“.

Es klang lächerlich.

So lächerlich, dass sie gar nicht wusste, was sie damit anfangen sollte. Es war ein Klischee. Es klang absurd, jedenfalls nicht nach ihr. Hätte sie aufgeschrieben: „Ein Alien als Haustier halten“, es wäre nicht weniger abwegig gewesen. Aber im Gegensatz zu dem Alien-Haustier, das einfach nur lächerlich war, zog sie dieser Domina-Gedanke mehr und mehr an.

Alina hatte Schwierigkeiten, über das Wort „Domina“ hinauszukommen. Es klang exotisch, nicht nach ihr, aber auch spannend.

Natürlich gab es Argumente dafür.

Sie müsste sich keinen anderen Job suchen. Sie hätte mehr Zeit für ihr Studium. So richtig war sie zu nichts verpflichtet. Sie konnte neue Erfahrungen machen und ihren Horizont erweitern (ein durchaus gewichtiges Argument in ihren Augen). Sie mochte Michael irgendwie, wenn sie sich ihn auch nicht als Freund vorstellen konnte.

Auf der anderen Seite stand da natürlich der Gedanke, dass das alles schmutzig war und dass sie sich verkaufte.

Aber hinter dem Schmutzigen hatte sie sofort ein Fragezeichen gesetzt. Ihr Mittel, um anzuzeigen, dass hier ein schwaches Argument war, das sie nicht greifen konnte. Blieb also, dass sie sich verkaufte. Aber auch dieses Argument war für sie nicht so richtig greifbar, denn sie hielt ja die Zügel in der Hand. Sie war im Zweifel nicht auf dieses Arrangement angewiesen. Sie war nicht wirklich finanziell abhängig von Michael. Sie könnte auch andere Jobs finden, wenn sie wollte oder musste.

Sie war keine verklemmte Feministin, nicht prinzipiell abgeneigt. Sie wollte Neuem gegenüber offen sein. Sie konnte sich, wenn auch nur diffus und fern, auf einer „hormonellen“ Ebene eine sexuelle Entspannung vorstellen, die ja auch nicht zu verachten war. Und das ganz ohne die Verpflichtung einer Beziehung. Es sprachen erstaunlich viele Argumente dafür. Mehr als sie im ersten Moment gedacht hatte. Und trotzdem war da das Wort „Domina“, mit dem sie nicht umgehen konnte.

Es war ihr irgendwie peinlich.

Doch gerade diese Erkenntnis machte sie wütend.

Sie wollte nicht so spießig und kleingeistig sein!

Sie wollte was erleben und sich weiterentwickeln!

Sie wollte sich nicht reinreden lassen.

Sie wollte Domina werden!

Das bedeutete ja noch nicht, dass die ganze Welt davon erfuhr.

Sie konnte es ja auch diskret sein.

Und sie würde eine Probezeit vereinbaren.

Und in erster Linie wäre sie für die Buchhaltung zuständig.

Und wenn ihr dann der Sinn danach war und sie sich traute und sich dabei wohlfühlte, dann würde sie vielleicht noch was anderes in dieser Richtung übernehmen. Aber nur dann! Er sollte sich nicht zu viel versprechen von dieser Sache.

Buchhaltung! Das war die Priorität.

Alina nahm den vollgekritzelten Zettel, faltete ihn sauber und ordentlich zusammen und zerriss ihn dann in winzige Schnipsel. Normalerweise archivierte sie diese Listen, um später noch einmal überprüfen zu können, ob ihre Entscheidungsfindung richtig gewesen war.

Diese hier aber erschien ihr zu brisant für so etwas. Sie wollte nicht, dass jemand herausfand, was sie so trieb.

Kapitel 11 VORSTELLUNGSGESPRÄCH

„Ich bestimme, wie es läuft!“

„Natürlich!“

„Ich bestimme, wann und wie!“

„Absolut!“

„Es geht nur um die Buchhaltung!“

„Nur!“

„Freie Kost und Logis!“

„Freie Kost und Logis.

„Plus geringfügige Beschäftigung!“

„So gering es geht!“

Alina sah Michael streng an.

„Ich bin nicht dein kleines Sexspielzeug!“

„Natürlich nicht!“

„Ich bestimme!“

„Über mich und alles andere!“

„Du darfst nichts erwarten als Arbeit!“

„Auf keinen Fall erwarte ich irgendwas anderes. Aber ich kann ja hoffen!“

Michael lächelte schelmisch und entschärfte so die barsche Art der Vertragsverhandlung, die Alina angestrengt hatte.

„Verarschst du mich?“

Michael besann sich. „Nein. Natürlich nicht!“

„Nur Buchhaltung!“

Michael nickte. „Wann fängst du an?“

„Morgen!“

„Okay. Ich kann's nicht erwarten!“

„Du kannst es nicht erwarten, dass ich dir die Buchhaltung mache!“

„Genau so habe ich es gemeint. Ich kann es nicht erwarten, dass du mir die Buchhaltung machst.

„Sehr gut! Dann verstehen wir uns also!“

Michael nickte.

„Zeig mir deine Buchhaltung!“, meinte Alina, und ihr fiel auf, dass der herrische Tonfall ihr schon ganz selbstverständlich über die Lippen kam.

Die beiden saßen sich in Michaels Büro gegenüber. Er hinter seinem großen Schreibtisch in seinem Designer-Chefsessel, sie davor in einem sicherlich auch teuren, aber deutlich weniger pompösen Bürostuhl.

„Kein Problem!“, meinte Michael, stand auf und holte eine große Kiste aus einer Ecke. Sie war Alina schon aufgefallen. Sie hatte aber geglaubt, dass darin Altpapier war.

Michael stellte die Kiste auf den Tisch.

„Hier ist alles drin!“, meinte er stolz. Meine gesamte Post ist hier drin! Alles, was in meinen Briefkasten kommt, bewahre ich hier auf! Natürlich nicht die Fachzeitschriften oder Werbung.

Die nehme ich vorher raus. “

Alina konnte es nicht glauben. Die Kiste war wirklich voller Briefe. Die meisten waren nicht mal geöffnet.

Sie fischte mit spitzen Fingern ein wenig darin herum, als hätte sie einen Eimer mit Fischabfällen vor sich.

„Hier sind auch Rechnungen drin?“

„Da ist ausnahmslos alles drin!“ Nun war der Stolz in seiner Stimme nicht zu überhören.

„Bezahlst du deine Rechnungen denn nicht?“

„Ich finde, wenn man bis auf die zweite oder dritte Mahnung wartet, dann hat man länger sein Geld, und es kann für einen arbeiten. So mit Zinsen und so. Außerdem bringe ich die Kiste alle sechs bis acht Wochen in die Firma meines Vaters, und da geht die dann einer durch und bezahlt die Rechnungen und so. „

„Und was ist mit anderen wichtigen Schreiben?“

„Wenn es wichtig ist, mache ich die Briefe auf und antworte natürlich sofort!“

„Aber die meisten Briefe sind doch noch zu.

Wie kannst du denn wissen, ob die wichtig sind?“

„Meist sieht man das doch schon am Umschlag, ob da Werbung drin ist oder nicht. Ich habe da mittlerweile Gespür für entwickelt. „

Alina schüttelte ungläubig den Kopf.

„Und das funktioniert?“

„Ich finde, das klappt sogar ganz gut!“

„Hast du dir nie Gedanken gemacht, wie sich das auf den Ruf deiner Firma auswirkt, wenn du deine Rechnungen immer zu spät bezahlst und auf Briefe nicht reagierst?“

„Es gibt ein paar Leute, die mit mir keine Geschäfte mehr machen wollen.

„Ach?“

„Aber es sind ganz wenige. Die meisten sind darauf angewiesen, mit meinem Vater zusammenzuarbeiten. Die sehen darüber hinweg. Und wenn jemand nicht mit mir zusammenarbeiten will, dann will ich mit dem auch nicht. Das ist ganz einfach, finde ich!“

„So, so. „

Alina schüttelte den Kopf.

„Ich habe mir auch schon gedacht, dass es besser wäre, wenn ich da etwas disziplinierter wäre.

Aber ich bin nicht so der Typ für Büroarbeit. Ich bin halt Künstler, mit der Buchhaltung habe ich es nicht so!“

„Das sehe ich auch. „

„Aber jetzt habe ich dich ja!“, meinte Michael arglos und lächelte.

Alina erwiderte darauf nichts, sondern stand auf. Sie musste sich zügeln. Wie konnte jemand nur so unorganisiert sein?

Künstler! Pah! Mit Buchhaltung hat er es nicht so.

Als ob das eine Lappalie wäre! Dieser Idiot!

„Morgen um sechzehn Uhr dreißig. „

„Halb fünf, okay!“, meinte Michael. „Passt mir gut!“

Sie sah ihn kühl an, stand auf und verabschiedete sich recht schnell.

+ + +

Michael verstand nicht, was sie so auf die Palme gebracht hatte, aber sie schien sauer zu sein.

Er war verdammt guter Dinge.

Dass Alina das Angebot so schnell angenommen hatte, hätte er nicht gedacht. Um ehrlich zu sein, war sie sogar etwas zu schnell gewesen. Er war durchaus willens gewesen, ihr mehr zu bezahlen, wenn sie versucht hätte zu handeln.

Aber so war es ihm lieber. Denn wenn er seinem Vater gegenübertreten müsste, und mal wieder Kosten gelten machen müsste wie die ausbleibende Miete für Alinas Wohnung und ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis, dann musste er sich einstellen auf eine weitere Lektion in Geschäftsmoral und Ausgabendisziplin.

Immerhin hatte er ein gutes Argument. Alina hatte nicht ganz unrecht mit ihrer Kritik an seinem Karton. Auch Herr Well, der Buchhalter seines Vaters, hatte darüber schon wiederholt den Kopf geschüttelt, und sein Vater hatte ihm schon diverse Male mitgeteilt, dass es so nicht ginge. Man könne so kein Geschäft führen. Michael glaubte, eine gute Verhandlungsposition zu haben, wenn er argumentieren könnte, dass er seine Buchhaltung mit der Hilfe einer ausgebildeten Industriekauffrau auf Vordermann bringen könnte.

Sein Vater musste einfach einverstanden sein!

Natürlich wäre er es. Michael war der einzige Sohn einer richtig reichen Familie, und sein Vater war so um die Reputation des Familiennamens besorgt, dass er Michael lieber Geld in den Rachen warf, als zum Gespött der Stadt zu werden, indem er ihm den Geldhahn abstellte und so zugeben musste, dass sein Sohn nicht so perfekt war, wie er sich das erhofft hatte.

Michael war zufrieden.

Er nahm sich vor, noch ein wenig zu recherchieren, ob er einen Fliesenleger fand, der die Ansprüche an Terrazzo erfüllen konnte, wurde dann aber doch recht schnell abgelenkt.

Michael suchte nämlich nach „Buchhaltungsdomina“, „Buchhaltung + Domina“, „Sekretärin + Domina“. Laut der „Regel 34″ gab es zu jeder Sache, die man sich vorstellen konnte, auch Pornografie. Er hatte das probiert.

Es gab Zombies, und wenn er nach „Zombieporno“ suchte, dann fand er dazu etwas. Nicht, dass ihn Zombiepornografie interessiert hätte, aber es war gut zu wissen, dass es zu jeder Neigung Interessensgenossen gab. In diesem Fall allerdings, das musste Michael erkennen, fand er auf die Schnelle nichts. Zumindest unter den Begriffen erhielt er keinen Treffen. Er suchte also mit seinen begrenzten Englischkenntnissen und wurde ein wenig fündig. So richtig aber auch nicht. Als er schließlich seine Suche abbrach, war es schon spät in der Nacht.

Mit dem Terrazzo war er nicht weitergekommen, aber er hatte das gute Gefühl, etwas gelernt zu haben und einen schwarzen Fleck im Internet gefunden zu haben, zu dem es noch nicht ausreichend Material gab. Er beschäftigte sich eine Weile mit der Frage, ob er was gegen diesen Mangel unternehmen sollte.

Später im Bett gab er sich seiner Phantasie hin, und da gab es eine dominante Sekretärin.

Sie hieß Mercedes Maria, war eins achtzig groß.

Ihre schlanken Beine steckten in schwarzen Nylons, eingerahmt von halsbrecherisch hohen Pumps mit Pfennigabsätzen. Der enge Rock, der gerade ihre Kniescheiben bedeckte, schmiegte sich um ihre Hüften und betonte die Wespentaille. In ihrem tiefen, braungebrannten Dekolletee glänzten Perlen. Sie war offensichtlich Spanierin, was nicht nur die langen schwarzen Haaren zeigten.

In seiner Fantasie hatte er an seinem Schreibtisch seinen Laptop geöffnet, surfte aber nur ziellos umher. Ihre Schritte auf den winzigen Absätzen hämmerten in kompromissloser Entschlossenheit über den Naturschieferboden.

Sie baute sich vor ihm auf, lehnte sich auf die Schreibtischplatte und thronte nun über ihm wie eine Unwetterfront.

Michael klappte den Rechner gerade noch zu, bevor sie entdeckte, dass er wieder auf Pornoseiten surfte.

Mercedes Maria hatte die langen Haare zu einem strengen Dutt hochgesteckt. Ihre Augenbrauen waren gefährlich geschwungen, die kohleschwarzen Augen schauten aufmerksam und streng.

„Ich will einen Café con Latte!“, warf sie ihm entgegen in einer resoluten Stimme, die keinen Widerspruch duldete.

Ihrem spanischen Akzent war er vollkommen verfallen.

Seine Augen waren gefangen von dem üppigen Dekolletee, das sich mit jedem Atemzug hob und senkte, sich beim Einatmen weitete und beim Ausatmen verschloss. Immer wenn der Sauerstoff ihren Brustkorb hob, hielt Michael den Atem an, weil sich die Spalte ihrer Bluse für einen kleinen Augenblick weitete und den Blick auf ihre Brüste freigab. Es hatte etwas Hypnotisches.

„Café con Latte!“, wiederholte sie, weil er nicht sofort reagierte, sondern immer noch gefangen war von ihrem Ausschnitt.

„Natürlich!“, murmelte er unterwürfig und sah ihr in die Augen, die funkelten wie Kohle auf dem Weg zum Diamanten. Hart, scharfkantig, erbarmungslos.

Wie konnte eine Frau so schöne Augen haben? So dunkel, so tiefgründig?

Sie hatte sich aufgerichtet und zeigte auf die Küche.

„Soll ich den etwa selbst machen, que? Ich muss noch die Buchhaltung machen! Fürs Kaffeekochen bin ich nicht zuständig!“

„Natürlich nicht!“, murmelte Michael und stand auf.

„Was fällt dir ein?“ Wie sie das R in „dir“ rollte!

Michael sah sie entsetzt an. Was hatte er falsch gemacht?

„Du willst doch nicht etwa gehen oder?“

Ihre linke Augenbraue schoss hinauf wie das Beil des Henkers, das in jedem Moment auf seinen Hals herunter sausen konnte.

„Verzeihung!“

Er fiel auf seine Knie und kroch auf allen Vieren hinter ihr her in die Küche.

Sein Blick war auf den wohlgeformten Hintern gerichtet, die ausladenden Hüften, die rhythmisch hin und her schwangen, wenn sie einen Schritt vor den anderen setzte.

Jede Bewegung schien sorgsam geplant, jeder Schritt, den sie machte, genau kalkuliert. Keine Regung ihres Körpers war unüberlegt. Es schien, als wäre alles Resultat langer Überlegungen, nichts Zufall, nichts unperfekt.

Ihre langen Beine, die so makellos waren! Was er geben würde, wenn er sie nur einmal berühren durfte! Einen sanften Kuss auf ihre Waden setzen durfte.

Er würde sich auch benehmen!

Was er dafür tun würde!

Doch sie ließ es nicht zu.

Sie ließ ihn hinter sich her kriechen. Sie ließ ihn Kaffee kochen, sie ließ ihn für sich arbeiten.

Er hatte sie eingestellt, aber sie war es, die bestimmte.

Sie sagte, sie würde die Buchhaltung machen, aber er wusste, dass er die Arbeit machen würde.

Sie würde derweil in ihrem Stuhl sitzen, die Beine hochgelegt haben und sich um ihre Fingernägel kümmern.

Und Michael würde sich wieder nicht konzentrieren können. Er würde versuchen, sich auf die Zahlen zu konzentrieren, aber eigentlich würde er nur versuchen, einen Blick auf ihre Beine und vielleicht unter den Rock zu riskieren.

„Glotz nicht! Arbeite, du Wurrrrm!“, würde sie lachen, mit ihrem spanischen Akzent und dem gerollten „Wurrrrm“.

Michaels Hände verschwanden unter der Bettdecke.

Er musste sich Erleichterung verschaffen!

+ + +

In genau diesem Moment hatte Alina ihr linkes Bein, das sehr viel kürzer und auch nicht so schlank war wie das der imaginären Mercedes Maria, auf den Rand der Badewanne gestellt und rasierte sich die Beine.

Es war mal wieder Zeit. Eigentlich war es sogar lange überfällig.

Alina hatte lange nicht das Verlangen gehabt, sexy auszusehen, und da hatte sie diese Sache immer wieder aufgeschoben. Aber nun war es Zeit. Sie musste an ihre Fantasie in dem Café denken. Wenn sie irgendwem ihren Fuß auf die Kehle setzte, dann sollte der nicht unbedingt die Stoppel an ihren Beinen sehen. Das wäre irgendwie unprofessionell.

Und als ihr das bewusst wurde, da wurde ihr klar, dass es mit den Beinen nicht getan wäre.

Stattdessen wäre danach die Pinzette dran und dann ginge es darum, die paar dunklen Härchen auf ihrer Oberlippe zu bekämpfen. Und auf ihrem Ohr wuchs auch immer ein einziges, dickes Haar. Auch das musste weg!

Sie musste innerlich schmunzeln. Diese Sache wurde größer, als sie zunächst gedacht hatte. Wenn man etwas anging, sollte man es ernsthaft machen. Das war so etwas wie ihr Motto. Langweilig und spießig, das wusste sie, aber so war sie halt.

Alina hatte eine Liste mit allen Stellen an ihrem Körper, an denen es Haare zu entfernen galt. Sie hatte diese mittlerweile auswendig gelernt, aber irgendwo existierte dieser Zettel noch.

Auf ihrer Liste allerdings stand auch noch ihr Schambereich. Sollte sie auch daran? Es stand auf ihrer Liste. Daran gab es nichts zu rütteln. Aber sie erwartete nicht ernsthaft, dass es so weit gehen würde mit Michael, dass er bis an ihr Heiligstes käme.

Alina hatte keine feste Meinung zu der Frage nach der Behaarung da unten. Ihr Ex-Freund hatte sie dort unten lieber glatt und weich wie ein Babypopo, und da er sehr viel aufgeschlossener war, was seine Zungenakrobatik betraft, wenn er sie da unten glatt und weich vorfand, hatte sie ihm und nicht zuletzt sich den Gefallen getan. Ihre Beine konnten ruhig ein wenig kratzen, aber dort unten gab es keinen Dschungel, weil er das wollte.

Keine Landebahn. Nichts.

Doch als sie sich getrennt hatten, da hatte sie die Intimrasur ausgesetzt. Sie fand sich mit Haaren manchmal weiblicher, erwachsener, fraulicher. Wenn es ohne auch angenehmer und hygienischer sein mochte.

Doch an diesem Abend entschied sie sich dagegen, die Schere anzusetzen. Dominas schliefen nicht mit ihren Klienten. Das hatte sie irgendwo gelesen. Es war so ziemlich das Einzige, was sie wusste. Nein, sie küssten auch nicht.

Das hatte sie auch irgendwo aufgeschnappt. Es war ein ehernes Gesetz. Und sie war nicht einmal eine Domina! Allein der Gedanke war absurd.

Sie klopfte sich einmal mit der flachen Hand auf den Venushügel, und spürte ihre Haarpracht unter dem Slip.

„Keine Sorge, meine Freunde! Ihr bleibt!“, murmelte sie und grinste. Damit beendete sie auch ihre Enthaarungskur. Man sollte es nicht übertreiben!

Es war nicht unbedingt so, dass sie so viele Erwartungen an den nächsten Tag hegte.

Sie fühlte sich auch nicht erotisch, aber da war doch etwas versteckt in ihr, eine Ahnung, vielleicht auch eine Vorfreude. Sie wollte korrekt vorbereitet sein, und dazu gehörten nun einmal auch rasierte Beine. Alina wollte nicht in eine Situation kommen, in der sie sich für ihre Beine schämen müsste.

Dabei wusste sie gar nicht so genau, in welche Situation sie eigentlich vorhatte zu kommen.

Sie wäre ja schließlich diejenige, die das alles zu bestimmen hatte.

Alina brauchte einen Plan. Aber es war schon spät. Alina ging ins Bett, aber in ihren Fantasien kam keine rassige spanische Sekretärin vor. Sie musste noch etwas für die uni tun.

Sie ließ Revue passieren, was sie sich zuvor zur Kosten- und Leistungsrechnung angelesen hatte, weil sie wusste, dass man sich Lerninhalte besonders gut einprägen konnte, wenn man sie vor dem Einschlafen noch einmal rekapitulierte. Auch das hatte sie gelernt.

Zuvor hatte Alina den Abend ebenfalls produktiv verbracht.

Sie hatte ihren Haushalt gemacht, die Abläufe in ihrer neuen Küche justiert und optimiert, hatte sich etwas gekocht und dann bis spät in die Nacht Fachbücher gewälzt, um all die Defizite in BWL aufzuarbeiten, die sie glaubte zu haben.

Sie musste an Michaels Einstellung zur Buchhaltung denken. Auch wenn sie ihren Beruf nicht sonderlich mochte, hatte sie ihn stets respektiert.

Buchhaltung war eine wichtige Aufgabe, und dass er diese so geringschätzte, konnte sie gar nicht haben. In ihrer Ausbildung hatte man ihr immer wieder gesagt, wie wichtig es war, präzise und genau zu arbeiten. Genau diese Präzision und Zuverlässigkeit lag ihr im Blut. Ihre Mitschüler mochten über sie lachen, aber Alina war immer diejenige gewesen, die die wenigsten Fehler gemacht hatte. Wenn sie etwas an dem Beruf der Industriekauffrau schätzte, dann die Tatsache, dass man eben genau sein musste.

Das war ein hohes Gut in ihren Augen. Und wenn da so ein Innenarchitekt ankam und ihr was davon erzählte, dass er über diesen banalen Aufgaben stand, weil er ein „Künstler“ war, dann sollte er besser keine Arrangements eingehen, in denen er ihr irgendeine Macht über ihn gab! Überhaupt „Künstler!“ Was tat er denn schon? Er suchte die Tapeten für Leute aus, die dafür zu faul waren! Das machte ihn in ihren Augen noch nicht zu einem Künstler!

Sondern zu einem Tapetenaussucher.

Picasso war Michael jedenfalls nicht!

Kapitel 12 ÜBER UND UNTER DEM TISCH

„Okay, du hörst mir jetzt genau zu!“ Alina stürmte in Michaels Büro, bevor dieser die Tür auch nur vollkommen geöffnet hatte.

„Folgendermaßen wird das laufen! Ich mache deine Buchhaltung, aber ich bin nicht für deine Schlampigkeit zuständig! Du wirst jetzt schön die Kiste nehmen, und die ganzen Unterlagen darin sortieren.

Ich will einen Stapel mit Rechnungen, und zwar erst alphabetisch und dann nach Rechnungseingang sortiert. Außerdem will ich den gesamten übrigen Schriftverkehr alphabetisch geordnet haben. Werbebriefe und ähnlichen Mist will ich nicht dabei sehen. Ist das klar?“

„Absolut!“ Michael war perplex. Aber es war ihm auch egal, was sie sagte, es ging ihm darum, wie sie es tat.

Sie war energisch, sie war stark, sie war resolut.

Das hatte er sich gewünscht! Wenn sie nur diesen Ton beibehielte, würde er auch die albernen Briefe ordnen. Auch wenn er sie ja genau genommen eingestellt hatte, um diese Arbeit für ihn zu machen. Aber am Ende ging es ja nur darum, mit ihr zusammen zu sein und dass die Arbeit gemacht wurde. Vielleicht war es nicht so wichtig, wer sie tat. Er konnte damit leben.

+ + +

Alina stand mit in die Hüften gestemmten Händen vor Michael.

Ihre Beine schulterbreit auseinander. Diese kleine Rede hatte sie vor dem Spiegel einstudiert.

Sie war ihr beim Frühstück eingefallen, und sie hatte diese Idee den ganzen Tag über mit sich geschleppt und immer wieder überarbeitet.

Ein wenig besorgt war sie schon gewesen, wie er darauf reagieren mochte, dass er die Drecksarbeit machen musste, wo er sie doch engagiert hatte. Alina war nicht dazu da, den Laden herumzureißen und das Unternehmen profitabel zu machen.

Sie hatte von Innenarchitektur keine Ahnung. Sie war keine Unternehmensberaterin. Sie wusste nur, dass man seine Arbeit gewissenhaft verrichten sollte, wenn man Erfolg haben wollte. Es war nicht ihre Aufgabe, ein Tochterunternehmen des großen Baulöwen (sie hatte ein wenig gegooglet) zu retten.

Was Michael brauchte, war eine harte Hand. Was die mit ihm machte, war bestimmt nicht so wichtig. Die Buchhaltung würde sie so nebenbei hinkriegen. Da war sie zuversichtlich.

Nun, all das hatte Alina sich in der Theorie überlegt. Aber sah sie das richtig? Das war die große Frage, die sie nervös machte. Auch noch als sie breitbeinig vor Michael stand und ihn streng ansah.

Aber Michael war butterweich und machte keine Zicken. Und er bemerkte auch nichts von Alinas Unsicherheit.

Alina war zufrieden.

Sie ließ Michael stehen, und anstatt sich auf den Stuhl zu setzen, auf dem sie am Tag zuvor gesessen hatte, ging sie um den Schreibtisch herum und fläzte sich in den riesigen Bürostuhl.

Michael stand immer noch da und starrte sie sprachlos an.

Sie fing seinen Blick ein und starrte streng zurück, bis er nach einer Weile unsicher die Augen sinken ließ und auf den Boden blickte, als hätte sie ihn besiegt.

Sie sah, wie es in seinem Schritt wuchs.

Wie einfach es doch war!

Sie wusste, dass Männer nicht die größte Selbstbeherrschung an den Tag legten und schnell zu erregen waren.

Aber dass das so schnell ging! Durch ein paar Worte!

Sie kam langsam in Fahrt.

„Hol die Kiste!“

Er brachte sie still zu ihr.

„Stell sie auf den Boden!“

+ + +

Michael war wie hypnotisiert. Er hatte das Gefühl, dass die Welt plötzlich eine andere war. Er glaubte, es mit einem anderen Menschen zu tun zu haben.

Alinas Augen hatten sich gewandelt. Sie waren auf einmal stählern. Sie duldeten keinen Widerspruch. Alinas Augen hatten magische Kräfte entwickelt. Sie zwangen seine Aufmerksamkeit in ihren Bann, und dann strahlten sie diese unglaubliche Kraft aus, der er sich nicht entziehen konnte. Es war fast unheimlich! Genau das war es, was er gewollt hatte, was er nicht bei der Prekariatsdomina gefunden hatte. Hier war es! Sie sollte befehlen, befehlen, befehlen und er würde ihr dienen!

In diesem Moment, in dem eigentlich nicht viel passierte, war er genau da, wo er schon immer hatte sein wollen.

Er war in ihrer Hand. Sie konnte mit ihm anstellen, was sie wollte. Er würde vor ihr auf die Knie gehen, wenn sie das verlangte. Er würde sich vor ihr zum Affen machen, wenn sie es verlangte. Hier wollte er ein, hier war er am richtigen Fleck!

+ + +

Alina gefiel das Spielchen auch. Sie musste an ihre Fantasie in dem Café denken, hier wurde alles Realität.

Mit einer kühlen Bewegung schob sie die Kiste unter den Schreibtisch.

„Unter den Tisch! Ich will dich nicht sehen, wenn du das machst!“

Michael sah sie erstaunt an.

„Wirklich?“

War sie zu weit gegangen? Dieses Zögern Michaels erstaunte sie. Aber sie musste jetzt Durchsetzungskraft zeigen. Es war wie bei ihren Brüdern.

„Du sollst keine dummen Fragen stellen! Hättest du das gewissenhaft gemacht, bräuchten wir das alles nicht!“

„Natürlich.

“ Michael sah sie mit großen Augen an, als würde er um Mitleid winseln. Aber Alina gab nicht nach und Michael ging auf alle Viere, um unter den Schreibtisch zu kriechen.

Alina lächelte innerlich.

Das war einfacher, als sie gedacht hatte! Und es machte sogar Spaß!

„Gut, dass du so einen großen Schreibtisch hast! Da ist es da unten nicht so eng!“

Sie beugte sich vor, um unter den Schreibtisch zu schauen.

So viel Platz hatte er dann doch nicht da unten.

Es war ihr egal. Im Gegenteil. Sie wollte sogar noch einen Schritt weitergehen.

„Rutsch mal was!“

Sie setzte sich auf den Stuhl und rollte an den Schreibtisch. Damit zwängte sie ihn noch mehr ein.

„Hey!“, protestierte er dann auch, als ihre Beine ihn noch mehr in die Ecke drückten.

„Ruhe da unten!“, meinte sie und trat einfach mal so unter dem Tisch ins Blaue.

Ihr Schuh traf ihn in die Rippen. Michael jaulte auf.

„Ruhe, sage ich!“

Sie trat noch einmal, diesmal traf sie ihn in den Bauch. Es war kein kräftiger Tritt, aber er war sicherlich unangenehm.

„Wie soll ich denn hier die ganzen Sachen ordnen? Hier ist kein Platz!“, jammerte er.

„Verdammt, du sollst einfach machen!“ Sie trat noch einmal, nun heftiger.

+ + +

„Uff!“, machte Michael, versuchte aber leise zu sein. Auf dem engen Platz versuchte er eine einigermaßen erträgliche Haltung zu finden und dann auch die Papiere auszubreiten.

Eng war es nicht nur unter dem Schreibtisch, es war es auch in seiner Hose.

Michael hatte nicht damit gerechnet, dass Alina solch ein Tempo an den Tag legen würde.

Er hatte mit wochenlangen Annäherungen gerechnet, bevor etwas passieren würde. Und nun hockte er bereits am ersten Tag unter seinem eigenen Schreibtisch, machte die doofe Arbeit, für die er Alina eigentlich angestellt hatte und musste auch noch ihre Tritte einstecken.

Er liebte es jetzt schon!

Wohin mochte das alles noch führen?

+ + +

Alina wusste es auch nicht. Sie hatte das alles geplant, aber sie hatte sich das alles nicht plastisch vorstellen können.

Nun war sie mitten drin. Sie hätte auf jeden Fall nicht die Chucks anziehen sollen, wenn sie ihm schon so nah kam. Die waren bequem, aber überhaupt nicht dominant. Sie trug ein langes Kleid. Es war nicht eng, es war nicht kurz, es war nicht sexy. Aber es hatte etwas Weibliches. Kleider und Röcken versprachen etwas. Sie deuteten an, betonten die Figur, die Taille, die Hüfte. Sie ließen die Frau wissen, dass sie einen Körper hatte, der schön sein konnte.

Man konnte Röcke raffen, mit ihnen spielen. Männer trugen Hosen. Die waren praktisch. Röcke waren weiblich. Selbst wenn sie nicht viel zeigten.

Sie mochte ihre Beine. Sie waren nicht lang, aber sie waren schön geformt. Sie mochte die Luft an ihren Beinen, sie mochte vor allem, wenn dünner Stoff ihre Haut streichelte. Und manchmal, aber wirklich nur ganz selten, ein einziges Mal, um genau zu sein, da hatte sie ein ganz dünnes Kleid angezogen, und sie war in den Park gegangen, einfach nur, um die Sonne zu genießen.

Es war an einem der ersten Sommertage des Jahres gewesen. Da war dieser alte Mann mit einem Gehstock. Er saß auf einer Bank und sie spürte seine Blicke auf sich. Er beobachtete sie. Es machte ihr nichts aus. Sie fand es sogar schmeichelhaft, dass der Mann sie attraktiv fand. Sie wollte ihm eine Freude bereiten und begann zu tanzen. Nicht für ihn. Natürlich eigentlich schon, aber sie tat so, als würde sie ihn nicht bemerken.

Mit ausladenden Bewegungen tanzte sie zu einer eingebildeten Musik über den Rasen. Niemand sonst war weit und breit, außer ihr und dem alten Mann. Sie tat, als hätte sie ihn nicht gesehen, sprang in die Luft, dass ihr Rock hochrutschte und den Blick auf ihre Beine für einen Augenblick freigab. Auf ihre Beine, die sie mochte. Der dünne Stoff ihres Kleids wurde gedehnt, und sie wusste, dass das Licht hindurch fiel. Sie lieferte ihm ein kleines Schauspiel.

Wie oft mochte der Mann noch Spaß haben?

Das Ganze dauerte nicht lange, nicht mal eine Minute, dann verschwand sie und ließ ihn auf seiner Parkbank sitzen. Aber sie musste noch lange daran denken, wie sie für diesen Fremden getanzt hatte. Sie war mutig gewesen, auch wenn es ihr nachher ein wenig peinlich war und sie es daher niemandem erzählte und es auch nie wieder getan hatte.

Was mochte Michael wohl von ihr denken? Da unten unter dem Tisch? Viel von ihr sah er nicht.

Außer ihren Chucks, den weißen Söckchen, ein wenig ihrer Beine und dann ihr Kleid, das bis unter die Knie ging. Nichts Besonderes. Aber es ging ihm ja vermutlich um etwas Anderes.

Er war sicherlich nicht wegen ihrer Beine hinter ihr her.

Alina fragte sich, ob er sie attraktiv fand, ob er etwas von ihr wollte, oder ob es nur dieses Konzept war, dass eine Frau über ihn bestimmte.

Eigentlich konnte es ihr egal sein, aber in diesem Moment wäre sie von ihm gerne begehrt worden. Als Frau, nicht als Domina.

Sie wollte nicht nur als Abziehbild für seine Fantasien dienen.

Er sollte sie, Alina, wollen. Nicht nur eine Domina.

Vielleicht war es das, was man meinte, wenn man davon sprach, dass Frauen zu Lustobjekten wurden.

Dass es nur um ein Konzept ging.

Sie wollte nicht sein austauschbares Lustobjekt sein.

In diesem Moment wollte sie sein Lustsubjekt sein.

Was immer das sein mochte.

Der Gedanke überraschte Alina. Warum lag ihr etwas daran, dass er sie als Mensch und nicht nur in ihrer Funktion mochte?

Alina hatte sich noch nie Gedanken gemacht, warum man jemanden mögen konnte. Konnte man jemanden mögen, weil man ihn dominierte? Weil er tat, was man von ihm verlangte?

Das alles war kompliziert.

Sie mochte den Moment, an dem Schreibtisch zu sitzen und Michael unter ihr zu haben.

Alina wollte eigentlich ein wenig studieren. Sie hatte sich Bücher mitgebracht, die sie durchackern wollte, während Michael seinen Job machte.

Aber das war Unsinn. Sie konnte sich nicht konzentrieren.

Es war zu spannend, was da gerade passierte!

„Geht's dir gut da unten?“, meinte sie spöttisch, und als Antwort erhielt sie ein gedämpftes:

„Danke, geht schon!“ An Michaels Antworten musste sie noch arbeiten.

Sie hätte da gerne ein bisschen mehr den Hinweis auf ihre Beziehung. Michael sollte wissen, mit wem er es zu tun hatte.

Statt sich mit BWL zu beschäftigen, kritzelte sie einige Namen auf ihren Block.

Amazing Alina, Herrin Alina, Domina Alina, Lady Alina, Alina die Große.

Aber die Namen gefielen ihr alle nicht. Sie klangen lächerlich. Sie strich sie wieder durch.

Sie könnte sich auch einen anderen Vornamen geben.

Ein Pseudonym. „Alina“ war nicht gerade ein Name, der sich wahnsinnig nach Respekt und Überlegenheit anhörte. Er hörte sich auch nicht sehr erotisch an. Aber vielleicht war ihr Name auch nicht für sie wichtig, sondern für ihn. Für ihn musste sie sich keinen Namen zulegen. Sie hatte ja auch keinen für ihn.

Wie sollte sie ihn nennen?

Sklave?

Dabei dachte sie an Ägypter bei dem Bau der Pyramiden oder an Schwarze beim Baumwollpflücken, während sie den Blues sangen.

Lächerlich.

Ein „Diener“ war Michael auch nicht. Er war auch kein Tier. Kein Hund. Ein Wurm war er nicht. Auch kein armseliger Wurm.

Adjektive halfen ihr auch nicht weiter.

Sie dachte zu viel nach. Mit langen Strichen vernichtete sie die dahingekritzelten Namen. Sie war keine Gräfin, keine Madame, keine Comtesse. Sie wusste nicht einmal, was eine Comtesse war oder tat, aber sie hatte gelesen, dass viele Dominas sich so nannten.

Als sie sich aus ihren Gedanken befreit hatte und wieder bei sich war, da fiel ihr auf, dass das Ganze sie doch nicht alles so unbeeindruckt ließ. Es kribbelte. Es kribbelte in ihrem Bauch, in ihrem Kopf, vor allem aber in ihrem Schoß.

Es wurde warm.

Sie spreizte ein wenig die Beine, unauffällig, nur einige Zentimeter.

Ihr war natürlich bewusst, dass sie Michael damit einen Anblick bot.

Er wäre nun in der Lage, ein wenig unter ihr Kleid zu schauen. Sie stellte sich vor, wie seine Augen fixiert waren auf die Dunkelheit, die das Geheimnis verbarg. Er würde in dieses Dunkel starren in der Hoffnung, dass sie ihm mehr zeigte.

Und wenn sie wollte, konnte sie einfach ihre Beine noch ein wenig weiter auseinander stellen, und dann sah er mehr. Sie hatte es in der Hand.

War das schon Exhibitionismus?

Es fühlte sich zumindest aufregend an!

Wie mochte er nun da unter dem Schreibtisch sitzen? Hielt er den Atem an, starrte er wie gebannt, hoffend, dass sie ihre Beine weiter öffnete und den Blick auf ihren Slip freigab?

Sie trug einen ganz einfachen weißen Baumwollslip.

Nichts Außergewöhnliches. Sie hatte nicht damit gerechnet, am ersten Tag schon so weit zu gehen. Es war nicht Teil ihres Plans gewesen. Aber es störte sie nicht. Sie hatte keine so richtig gewagte Unterwäsche, keine schwarze Spitzenunterwäsche. Nur ein paar Sachen, die so etwas andeuteten.

Sie hatte sich bisher nie so gesehen. Als jemand, der sich so aufbretzeln konnte. Mit ihrem Körper war sie einigermaßen im Reinen, aber zum Vamp hatte es nicht gereicht.

Sie fand es aber auch irgendwie passend, ihm die einfache Schießer-Unterwäsche zu präsentieren. Er unterwarf sich einer ganz normalen Studentin, keiner Göttin, keiner Femme Fatale.

Hatte sie gerade ein Keuchen vernommen und einen kleinen Hauch, warmer Atemluft an ihrem Knie? Sie musste schmunzeln.

War er da unten so geil?

Sie schloss die Beine wieder ein wenig.

Wie groß mochte seine Enttäuschung jetzt sein?

Ihr bereitete das Spielchen Spaß.

Sie spreizte die Beine wieder ein wenig, und gab wieder etwas mehr Blick frei.

Wie mochten ihre Schenkel in der Enge und Dunkelheit unter dem Schreibtisch aussehen? Sie mochte ihre Beine. Es fühlte sich weich an, wenn sie ihre Schenkel streichelte. Sie schloss die Beine wieder, und ihre Schenkel berührten sich. Sie rutschte ein wenig auf dem Stuhl hin und her, um ihre Haut zu spüren.

Dann öffnete sie sie wieder.

„Wie geil bist du?“ Schrieb sie auf den Block.

„Wie geil bist du auf mich?“

„Wie geil?“

Sie öffnete die Beine weiter als zuvor. Nun war sie sich sicher, dass er ihren weißen Slip sehen konnte.

Konnte er sie sogar riechen?

Ihre Wärme zwischen den Schenkeln?

„Wie sehr willst du es?“, schrieb sie.

Sie wollte es wissen, aber sie wollte nicht fragen.

Alina genoss die Stille. Sie zeigte sich ihm, aber eigentlich ging es nicht um ihn, es ging um sie selbst. Sie machte ihn scharf, weil sie es konnte, und er konnte nichts anderes tun, als sich seiner Geilheit hinzugeben. Er musste nichts sagen. Seine Worte würden den Augenblick nur zerstören. Er musste nur genießen. Oder leiden, weil er nur schauen durfte.

Er würde sie nicht berühren. Ihr Slip bliebe so unerreichbar, obwohl er so nah war.

„Wie weit wirst du gehen?“, schrieb sie.

Sie lehnte sich in dem Stuhl zurück und streckte die Beine aus. Ihre Schuhspitze traf seinen Arm. Er machte ihr Platz, rückte beiseite, und sie wusste nun, dass er wirklich zwischen ihren Beinen kauerte und sie ansah. Ihre Füße ruhten auf den Papieren, die er ordnen sollte.

Sie hatte seine Aufgabe vollkommen vergessen, wie er bestimmt seine auch.

„Wie weit wirst du gehen?“

Sie wollte es wissen. Sie setzte sich auf, schloss die Beine und sagte:

„Zieh dich aus! Komplett!“

Ihre Stimme klang nun rau.

„Ja …“ erklang von unter dem Schreibtisch seine Stimme. Er suchte nach einer Anrede für sie, und fügte schließlich hinzu: „Alina“.

„Halt den Mund! Ich will nichts von dir hören! Verstanden?“

Es blieb einen Augenblick still, und dann verstand sie, dass sie ihm einen widersprüchlichen Befehl erteilt hatte. Er konnte nicht gleichzeitig still sein und antworten. Trotzdem presste er ein kleines „Ja“ heraus, wie um ihrem Befehl nur halb nicht gehorchen zu müssen.

Alina merkte sich das. Unerfüllbare Befehle. Darin lag Potenzial.

Aber nicht in diesem Moment.

In diesem Moment war sie erst einmal zufrieden, dass er zustimmte. Er hätte auch ablehnen können, weil ihm das alles zu schnell ginge. Sie strich den Gedanken wieder. Er würde in diesem Moment vermutlich alles für sie tun.

Es blieb still unter dem Schreibtisch.

„Was ist jetzt? Ich höre nichts. Zieh dich aus. Da unten!“

Er begann sich zu bewegen.

Es war verdammt eng da unten, aber das war sein Problem. Sie hörte, wie er sich an seinem Hemd zu schaffen machte, die Knöpfe langsam aufmachte. Sie hörte, wie er sein Hemd aus der Hose zog und die Ärmel auszog. Dabei berührte er sie.

„Wer hat dir erlaubt, mich anzutatschen?“, blaffte sie, und weil sie nicht wollte, dass er sich entschuldigte, fügte sie noch drohend hinzu: „Sag nichts!“

Sie wollte es nur genießen.

Alina spreizte die Beine wieder und gab den Blick auf ihre Schenkel frei. Aber sie tat es nicht, um ihn heiß zu machen, sondern weil ihr heiß war. Die Hitze in ihrem Schoß wurde immer stärker. Wenn er schaute, würde er vielleicht sehen, wie sich ihr Slip von ihrer eigenen Erregung verfärbte. Vielleicht konnte er gar ihre Erregung riechen. Sie stellte sich vor, wie ihre Hormone in seine Nasen stiegen und ihn noch geiler machten.

Wie potent mochte dieses Aphrodisiakum auf ihn wirken?

Sie wollte es herausfinden.

Nicht heute.

Es gab noch viele Tage.

Sie hörte, wie er dort unten in seinem Gefängnis rumorte, sich die Schuhe abstreifte, den Gürtel öffnete und dann den Reißverschluss hinunterzog. Sein Kopf knallte hart gegen den Schreibtisch, als er die Hose auszog.

Alina verkniff sich einen hämischen Kommentar.

Sie wollte das alles still genießen. Sie könnte ihm mehr Platz zugestehen, wenn sie ein wenig von dem Schreibtisch zurück rutschte. Aber warum sollte sie das tun? Er sollte sich gefälligst ein wenig anstrengen!

Und anstrengend war es wohl. Denn er mühte sich, stöhnte ein wenig.

Sie hätte gerne gesehen, wie er sich aus seiner Hose befreite, das Hemd auszog. Es musste richtig mühselig sein.

„Brav!“, schrieb sie auf den Block.

Er schob langsam seine Schuhe heraus. Die Socken hatte er säuberlich hineingesteckt. Dann zusammengelegt zum Rest seiner Klamotten.

„Brav bist du!“, schrieb sie wieder.

Unter dem Schreibtisch kauerte nun ein nackter Mann, der tat, was sie von ihm verlangte.

Sie könnte ihm befehlen, ihr den Slip auszuziehen, und er würde gehorchen. Sie könnte die Beine noch weiter spreizen.

Sie müsste nicht einmal ein Wort sagen, er würde es tun, wenn sie es nur andeutete.

Sie könnte das jetzt einfach so haben.

Wann hatte sie zum letzten Mal eine Zunge zwischen ihren Schenkeln gespürt?

So genau wusste sie es nicht mehr. Ihr letzter Freund hatte das eklig gefunden. Nun könnte sie das einfach anordnen, und sie würde es bekommen. Sie brauchte sich darüber keine Gedanken zu machen.

Alina kämpfte mit sich.

Doch am Ende gewann ihr Hirn über ihre Hormone.

Sie schloss die Beine, rollte von dem Schreibtisch weg und stand auf. Die Wärme ihres Schoßes fühlte sich angenehm an, ebenso wie die Feuchtigkeit in ihrem Schritt. Sie drehte ihm den Rücken zu und sah aus dem Fenster.

Was mochte Michael jetzt denken?

War er enttäuscht, dass es nicht weiterging?

Sie dachte daran, sich umzudrehen, ihn zu mustern, das Spiel weiterzudrehen.

Aber so mutig war Alina nicht. Sie war vorsichtig und überlegt. Sie müsste eigentlich an den Schreibtisch zurückkehren und eine Liste erstellen. Aber dazu brauchte sie einen klaren Kopf und nicht diese Hormone, die wie elektrifiziert durch jede Faser ihres Körpers jagten und ihre Sinne benebelten.

Alina schaute nach draußen, aber sie nahm nicht wahr, was dort passierte. Sie hörte, wie er sich hinter ihr unter dem Schreibtisch bewegte.

Er wurde ungeduldig.

Er wollte, dass das Spiel weiterging. Er wollte, dass sie sich seiner annahm.

Am Ende wollte er seine Erlösung.

War es so einfach?

Man sagte immer, dass Männer so einfach gestrickt waren.

War Michael das auch?

Sie verstand es immer noch nicht.

Wie er sich ihr so auslieferte, wie er sich auf ihren Befehl auszog.

Sie war viel jünger als er, und er unterwarf sich ihr, einer jungen Frau, die selbst nicht so recht wusste, was sie in der Welt sollte.

Sie war sicher, er würde noch viel mehr tun, wenn sie ihm noch mehr befahl.

Aber sie bekam langsam eine Ahnung, warum er dieses Machtspiel spielte.

Es machte sie jedenfalls an, dass er da nackt unter dem Tisch hockte und auf den nächsten Befehl von ihr wartete.

Ein neues Gefühl.

Sie hatte so etwas noch nie erlebt.

Sie hätte sich gerne angefasst.

Ihre Arme hatte sie um die Taille geschlungen, als wäre ihr kalt. Aber sie wollte sich nur fühlen, sie wollte ihren Körper festhalten. Am liebsten hätte sie sich gestreichelt, am liebsten hätte sie ihre Hand nach unten wandern lassen, zwischen ihre Schenkel.

Aber auch das tat sie nicht.

Sie wusste, dass er sie aufmerksam betrachtete, und sie wollte ihm dieses Schauspiel nicht liefern. Sie schämte sich für ihre Gefühle.

Dabei war das doch lächerlich!

Immerhin war Michael nackt.

Sie könnte ihn von unter dem Schreibtisch herauszerren.

Sie könnte ihn mustern mit kritischem Blick. Er war es, der sich vor ihr erniedrigte.

Warum war ihr das alles peinlich?

Alina fühlte sich dem Moment unterlegen.

Er hatte sich mit der ganzen Sache viel weiter beschäftigt. Er hatte gottweißwielange diese Phantasien gesponnen. Und sie war da plötzlich hineingestolpert. Sie wollte hinaus aus seiner Wohnung.

Sie wollte die Kontrolle zurückerlangen, und sie wollte sich auf ihre Couch werfen und mit sich spielen.

Es würde sicherlich nicht lange dauern. Sie war reif.

Aber dazu musste sie das Spielchen hier angemessen beenden.

Er sollte nicht merken, wie unsicher sie sich fühlte.

„Wie geil bist du gerade?“

Sie drehte sich nicht zu ihm um, sondern sah immer noch aus dem Fenster. Ihre Stimme sollte kühl und ein wenig gelangweilt klingen. Sie wusste nicht, ob ihr das gelang.

„Sehr geil! Total geil!“, gestand Michael.

Alina fand die Antwort geistlos.

Aber was sollte Michael auch sagen?

Was hätte sie gesagt?

Eine dumme Frage konnte nichts als eine dumme Antwort hervorbringen.

„Hast du Eis da?“

„Natürlich. “ Nach einer Weile fügte er hinzu: „Für gelungene Geschäftsabschlüsse muss man ja gerüstet sein. Whiskey habe ich auch da. Natürlich auch Champagner!“

Sie musste schmunzeln.

Er dachte nicht in ihre Richtung.

„Auch einen Sektkühler?“

„Ja!“

„Du kriechst jetzt in die Küche, füllst den Sektkühler ganz voll mit Eis und stellst den Champagner da rein.

Aber den teuersten, den du hast!“

„Verstanden!“

Sie drehte sich nicht um, als er unter dem Schreibtisch hervorkroch. Sie hörte, wie er sich schnell bewegte.

Sie wollte ihm die Ehre nicht schenken, ihn zu mustern.

Ein wenig neugierig war sie schon, wie er aussehen mochte.

Nackt und beschämt, aber wahrscheinlich steinhart. Aber sie schaute weiter aus dem Fenster, als wäre das interessanter.

Sie wollte ihn nicht noch weiter treiben. Die Inspektion würde sie sich für ein anderes Mal aufsparen.

In der Küche hörte sie es rumoren. Eiswürfel klirrten in den Sektkühler. Dann das Geräusch, als die Flasche hineingestellt wurde. Für einen Moment fühlte sie sich sicher. Sie öffnete ihre eigene Umklammerung und griff einmal zwischen ihre Beine. Sie rieb einige Mal ihren Schoß, und das nicht zart und sinnlich, sondern recht rau und grob.

Dies war keine Zeit für Sanftheit und Nuancen.

Widerwillig zog sie ihre Hand zurück und umarmte ihre Taille wieder, als sie hörte, wie er zurückkam. Der Sektkübel wurde immer wieder kurz über den Boden geschoben. Anders konnte Michael ihn auf allen Vieren nicht transportieren.

Alina blieb am Fenster stehen und hörte das Geräusch langsam näher kommen, bis es neben dem Schreibtisch verstummte.

„Sag kein Wort mehr! Nimm die Flasche aus dem Kübel.

Sie hörte, dass er gehorchte.

Alina schwieg einen Augenblick, um die Spannung zu erhöhen. Sie musste lächeln.

„Stell sie auf den Boden!“

Er gehorchte.

„Und jetzt steck deinen Schwanz in den Kübel richtig tief rein!“

Einen Augenblick lang war es still, dann kam er ihrem Befehl nach.

Sie hörte, wie er scharf die Luft einsog, als die Kälte sein Geschlechtsteil umfing.

Es musste dümmlich aussehen, wie er da über dem Kübel hockte.

Aber Alina wollte es nicht sehen.

Sie drehte sich um, und erhobenen Hauptes, ohne dass sie ihn ansah, ging sie an ihm vorbei. Nur aus den Augenwinkeln konnte sie seinen gekrümmten Körper erkennen, der grotesk über dem Sektkübel kauerte.

„Ich will nicht, dass du an dir herumspielst!“, sagte sie nüchtern.

„Von jetzt an musst du mich dafür um Erlaubnis bitten! Hast du das verstanden?“

„Verstanden!“ Seine Stimme klang gequält. Alina wusste nicht, ob es an dem Eis an seinem Genital oder ihrem Befehl lag.

„Wenn es dir zu heiß wird, dann geh kalt duschen!“

Damit verließ sie das Büro und ging in ihre kleine Wohnung hoch. Sie war kaum angekommen, da zerrte sie ihren Slip von den Hüften, ließ sich auf die Couch fallen, und ihre Hände verschwanden unter ihrem Kleid.

Sie brauchte wirklich nicht lange.

Kapitel 13 DAS PROBLEM MIT DEM VERLANGEN

Michael hockte noch eine Weile über dem Sektkühler. Von seiner Erregung war nichts mehr übrig. Die Eiseskälte hatte seinen Unterleib in einem metallenen Griff gefangen. Er hätte nicht dort kauern müssen. Es musste sowieso lächerlich wirken. So nackt in seinem Innenarchitektenbüro auf dem Boden. Sein Schwanz in einem Sektkübel voller Eis.

Sein Unterleib schmerzte dumpf, und seine Knie taten ihm weh. Schmerz war nicht seine Sache. Immer noch nicht. Aber das hier war etwas anderes. Er wollte das alles auskosten, weil es sich einfach richtig anfühlte.

Damit hatte er wirklich nicht gerechnet, als sie zu ihm gekommen war. Er hatte gedacht, dass sie eine Zeit brauchen würde, um sich für das Spiel zu erwärmen.

Und dann hatte sie so losgelegt und ihn auf dem falschen Fuß erwischt!

So souverän war sie gewesen, so überlegen und so kalt!

Alina war eine Meisterin im Vergleich zu der Prekariatsdomina Mistress Jasmin.

Es war klar, dass Alina es faustdick hinter den Ohren hatte.

Als der Schmerz zu stark wurde, erhob er sich auf wackeligen Beinen. Seine Knie waren rot, und brannten. Er war das nicht gewöhnt. Seine Hoden waren taub.

Er stand in seinem Büro.

Sie war verschwunden.

Wie gerne hätte er noch etwas von ihr gehabt, ein Kleidungsstück, ihren Duft.

Er ging langsam ans Fenster, vor dem sie gestanden hatte, um zu sehen, was sie betrachtet hatte. Aber was immer dort draußen Interessantes gewesen war, war nun verschwunden, wie sie.

Michael stand eine Weile unschlüssig da. Er fühlte sich leer und unerfüllt. Nun war es vorbei. Zu schnell, zu abrupt war es zu Ende gegangen. Michael stellte die Champagnerflasche zurück in den Kühlschrank und kippte den Sektkühler in der Spüle aus.

Er schob das Eis in der Spüle ein wenig hin und her und sah ihm beim Schmelzen zu.

Nach einer Weile griff er sich zwei Küchenhandtücher, ging zurück ins Büro und kroch zurück unter den Schreibtisch.

Er breitete die Handtücher vor sich aus, damit seine Knie ein wenig weicher lagen. Dann setzte er seine Arbeit fort und ordnete die Papiere unter dem Schreibtisch, wie es seine Aufgabe war.

Er bekam eine ganze Menge geschafft, bis sein Körper sich von der Kälte an seinen Genitalien erholt hatte und die Erinnerung an das zuvor Erlebte ihn wieder in den Griff nahm.

Bald schon wurde er wieder steif und merkte, wie seine Konzentration schwand. Er griff seinen Schwanz und streichelte ihn.

Sie hatte es ihm verboten, und er wollte sich an das Verbot halten.

Er wollte ihr gehorchen.

Aber er konnte nicht anders!

Er brauchte Erlösung!

Er musste sich erleichtern. Sonst könnte er den ganzen Tag an nichts anderes denken. Und so besorgte er es sich unter dem Schreibtisch zwischen den Papieren. Vor seinen Augen spielte sich noch einmal die Situation ab. Er erinnerte sich an seinen Blick unter ihren Rock, wie sie ihn mit ihren Beinen immer wieder provozierte, sie immer wieder öffnete und schloss.

Wie er ihr ausgeliefert war, vollkommen nackt und schutzlos, während sie bekleidet war. Und sie wollte ihn noch nicht einmal ansehen. Sie hatte ihn so geringgeschätzt, dass sie ihm sogar ihre Verachtung vorenthielt.

Er spritzte schließlich auf die Küchentücher ab und keuchte voller Enttäuschung.

Michael konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal solch einen intensiven Orgasmus erlebt hatte, und dabei hatte er es sich selbst besorgt! Er hatte nicht einmal mehr Sex gebraucht, sondern nur den Gedanken an sie.

Er beendete die Arbeit unter dem Schreibtisch noch, nunmehr widerwillig, dann kroch er darunter hervor und legte die geordneten Stapel säuberlich und akkurat auf den Schreibtisch.

Er wollte, dass Alina auf ihn stolz war.

Über diesen Gedanken stolperte er allerdings. War es nicht lächerlich, dass sie auf ihn stolz sein sollte deswegen? Er hatte sie schließlich angestellt für die Arbeit, die er nun selbst machen musste.

Michael machte sich nicht die Mühe sich anzuziehen. Er nahm seine Kleidungsstücke, die immer noch auf dem Boden lagen, und die Küchenhandtücher. Dann ging er zur Eingangstür, lauschte kurz, ob er im Treppenhaus etwas hörte. Als das nicht der Fall war, huschte er nackt über den Flur in seine Wohnung.

Dort ging er direkt ins Badezimmer, verstaute die beiden besudelten Handtücher ganz unten in der Wäschekiste.

Ganz eindeutig aus schlechtem Gewissen. Da ihm fröstelte, ließ er sich ein heißes Bad ein. Die sprudelnden Luftbläschen und die Wärme fühlten sich gut an.

Aber auch die Hoffnung, dass er nach seinem Abspritzen nun den Kopf etwas freier hatte, erfüllte sich nicht. Seine Gedanken kreisten wieder nur um die erlebte Szene und um Alina.

Wäre er halb so alt wie jetzt, er hätte gesagt, er wäre verliebt in sie.

Aber vielleicht war er nur in die Szenerie verliebt, die sie ihm geboten hatte. Er konnte es nicht sagen.

Da er bald schon wieder so erregt war, dass er keinen klaren Gedanken fassen konnte, masturbierte er ein weiteres Mal.

Wann war er das letzte Mal so geil gewesen?

Er wusste es nicht.

Als er aus dem mittlerweile erkalteten Bad stieg, war er jedenfalls erfüllt von Tatendrang.

Er hüllte sich in seinen Bademantel, öffnete eine Flasche guten Merlots, von der Sorte, die er Alina am Tag zuvor bereits serviert hatte, und machte sich an einige lange aufgeschobene Arbeiten. Zunächst recherchierte er den Terrazzo-Auftrag, schrieb einige Mails und bat um Angebote. Als er damit durch war, nahm er sich einiger lange schon ausstehender Aufgaben an.

Seine Motivation für all den Arbeitseifer war ihm zunächst nur vage bewusst. Aber er redete sich ein, dass Alina, wenn sie einen tieferen Einblick in seine Bücher bekäme, herausfände, dass er sein Geschäft eher locker führte.

Diese Erkenntnis war ihm nicht neu, sein Vater, sein Großvater, der Buchhalter seines Vaters und diverse andere hatten ihm das immer schon zum Vorwurf gemacht. Er hatte diese Einwände aber stets ignoriert, hatte damit argumentiert, dass das Gewerbe des Innenarchitekten ein anderes wäre als das Baugewerbe, dass es da um mehr ginge, als Steine aufeinandersetzen, vier Wände zu errichten und am Ende ein Dach draufzusetzen.

Michael war mit dieser Einstellung stets allein geblieben.

Er hatte sich damit getröstet, unverstanden zu sein. Nach dem Motto: Der Prophet gilt im eigenen Lande nichts. Aber nun, da er Alina hatte, der er gefallen wollte und die sicherlich einen Haufen Motivation für ihn parat hatte, wollte er sich nicht mehr unverstanden fühlen. Michael hatte das Gefühl, dass die sexuellen Erniedrigen, die er sehr bereit war zu empfangen, nicht auch noch durch persönliche Erniedrigungen verstärkt werden mussten. Alina konnte seine Männlichkeit infrage stellen.

Aber seinen Einsatz, seine Kompetenz, seine Expertise in seinem Fachbereich und sein beruflicher Erfolg, die waren tabu.

Wenn er also bislang das Gefühl, mehr tun zu können, immer schön beiseitegeschoben hatte, so war er zumindest in diesem Augenblick davon überzeugt, sein Leben ändern zu müssen und den Müßiggang ein wenig einzuschränken.

Allerdings war Michael nicht naiv. Er wusste durchaus, dass solch eine Gemütswandlung nicht unbedingt nachhaltig sein musste.

Schon in der Vergangenheit hatte er einige Male den Anlass verspürt, sein Leben radikal zu ändern. Mehr als ein paar Tage hatte der Entschluss aber nie überdauert, und dann war Michael wieder in sein altes Leben zurückgeglitten, welches, wie er unumwunden zugab, schon ziemlich genial war.

Aber für den Augenblick hatte Michael der Tatendrang ergriffen, was so weit führte, dass er ein paar potentiellen Kunden antwortete, die ihm eigentlich nicht zusagten, weil sie zu traditionell eingestellt waren und ihm keine künstlerische Herausforderung boten.

Sie waren nur dadurch interessant, dass sie Geld hatten und bereit waren, ihn zu engagieren, um mit seinem Vater Geschäfte machen zu können. Für Michael war Umsatz bislang keine große Motivation gewesen. Aber für den Augenblick fühlte er sich so gestählt, dass er auch bereit war, die ausgestopften Hirschgeweihe in seine Planungen einzubeziehen, die diesen Leuten so wichtig waren.

+ + +

So geschäftig Michael war, so sehr war Alina eine Etage über ihm nicht in der Lage, sich auf ihr Studium zu konzentrieren.

Eigentlich hatte sie vor, einige Grundlagen der BWL zu wiederholen, aber ihre Gedanken konnten sie nicht auf diese langweiligen Themen fokussieren. Stattdessen war sie immer wieder bei dem vergangenen Nachmittag.

Während Michaels Hormonhaushalt sich nach der ausgiebigen Beschäftigung mit sich selbst wieder eingepegelt hatte, war Alina immer noch aufgewühlt. Ihr war klar geworden, welche sexuellen Möglichkeiten sich ihr durch Michael erschlossen. Immerhin konnte sie von ihm eine Menge verlangen, und er wäre mehr als willig, ihr bei der Erfüllung ihrer sexuellen Wünsche behilflich zu sein.

Sie hatte immer schon das Gefühl gehabt, in sexuellen Dingen abenteuerlicher sein zu müssen. Ihr Exfreund war dabei stets auf der konservativen Seite geblieben. Damals hatte sie das überhaupt nicht gestört. Aber als sie sich von ihm getrennt hatte, sah sie ihren Weg in die Stadt zum Studium auch vage als eine Chance zu ihrer sexuellen Emanzipation, was immer das auch bedeuten mochte.

Michael schien bereit, sich ihr vollkommen auszuliefern, sich ihr vollkommen zu öffnen und ihre Wünsche widerstandslos zu befolgen.

Zumindest hatte er das an diesem Nachmittag angedeutet. Wenn er also so schamlos war, konnte sie es dann auch sein?

Immerhin musste sie ihm keine Rechenschaft ablegen. Sie musste sich auch nicht schämen für die Dinge, die sie anmachten. Sie musste ihm nur befehlen, sie zu befriedigen, und er würde das tun, sogar mit größter Freude. Darüber hinaus war sie diejenige, die zu bestimmen hatte, wann was wie passieren würde.

Sie musste sich nicht mit einem nervenden Freund abgeben, der immer zur falschen Zeit erregt war. Sie bestimmte die Zeit, den Ort und die Art und Weise.

Zumindest theoretisch.

Alina war sich nicht sicher, ob es wirklich so laufen würde.

Eine neue Welt tat sich ihr auf, aber es sorgte sie auch. Denn sie wäre ja auch irgendwie verantwortlich für ihn. Sie würde über ihn bestimmen, sie hätte ihn in der Hand.

Aber was würde sie mit ihm machen? Sie wusste es ehrlich nicht.

Er stand nicht auf Schmerzen. Das hatte sie schon verstanden. Aber auf Erniedrigung scheinbar. Zumindest hatte sie das so gesehen.

Aber was konnte sie mit ihm anstellen und was nicht?

Ohne nachzudenken und ganz automatisch nahm sie sich ihren Notizblock vor und machte eine Liste.

Es fielen ihr ein paar Dinge ein, wie sie über sein Leben Kontrolle erlangen könnte und ihm zeigen könnte, wer die Herrin im Haus war.

Sie kritzelte diese nieder, aber schnell war sie am Ende ihrer Weisheit.

Am Ende aber musste sie sich eingestehen, dass sie schrecklich wenig wusste. Anstatt noch ein wenig in ihrem BWR-Buch zu lesen, ging sie ins Netz und recherchierte Dominas und Sado-Maso.

Was sie an diesem Abend recherchierte, war spannend, interessant, es war aber auch abstoßend und ekelhaft. Einige Dinge, die sie sah, machten ihr gar Angst.

Sie verstand nicht, wie Menschen so sein konnten.

Aber immer, wenn es ihr zu viel wurde, dann erinnerte sie sich an den vergangenen Nachmittag, wechselte die Internetseite und suchte nach Dingen, die sie machen könnte, die sie gemeinsam machen könnten und mit denen sie beide Spaß haben könnten.

Am Ende drehte sich ihr Kopf voller Ideen und ihre Liste war voll mit Begriffen, die sie vor wenigen Stunden noch nicht gekannt hatte.

Ihr schien sich eine neue Welt aufgetan zu haben. Nicht unbedingt nur eine positive, aber ihr wurde bewusst, wie wenig sie zuvor von dieser Art von… was war es eigentlich… Sex nannte sie es, aber es war wohl mehr, gewusst hatte.

Es war eine neue Welt, und sie wollte mehr davon.

Als sie im Bett lag, sortierte sie die Ideen zusammen und erstellte eine Choreographie für ihre nächste Begegnung, und das bescherte ihr wieder dieses warme Gefühl im Schoß, das sie mit ihren Fingern wegstreicheln musste.

Kapitel 14 UNERWARTETE EREIGNISLOSIGKEIT

„17 Uhr in deinem Büro!“

Michael schlug das Herz schneller, als er diese Nachricht in seinem Briefkasten fand.

Die übrige Post interessierte ihn nicht mehr. Er packte die Briefe zusammen und ging wieder in seine Wohnung. Im Treppenhaus musste er sich an die Wand drücken, denn seiner Nachbarin aus dem zweiten Stock wollte er den Anblick seiner Erektion unter seiner Hose ersparen.

Als er die Tür seiner Wohnung hinter sich geschlossen hatte, musste er seinen ersten Impuls unterdrücken. Er hatte schon die Schnalle seines Gürtels in der Hand. Doch er ließ die Finger von sich.

Alina hatte ihm befohlen, nicht ohne ihre Zustimmung an sich herumzuspielen, und er war gewillt, zumindest an diesem Tag diesem Wunsch nachzukommen. Es war ja nicht so, dass er nicht wollte, es war nur eben am vorangegangen Tag unmöglich gewesen, ihr zu gehorchen.

Aber an diesem Tag, das nahm er sich vor, würde er folgsam sein!

Sie wollte es so, dann sollte sie es so bekommen!

Allerdings musste er schnell feststellen, dass das schwerer war, als er gedacht hatte. Er konnte seine Gedanken einfach nicht von diesen verdammten 17 Uhr in seinem Büro bekommen. Es war verflixt.

Sein ganzer Körper war auf diese 17 Uhr fixiert.

Es war wie das Warten auf die Bescherung zu Weihnachten.

Michael beschloss zu arbeiten. Er machte sich einen Kaffee und setzte sich an den Schreibtisch. Aber der Elan vom vergangenen Abend war verschwunden. Nur mit Mühe erinnerte er sich all der guten Vorsätze, wie er sein Geschäft voranbringen konnte, um bei Alina ein wenig Eindruck zu schinden. Er schrieb einige Mails, machte eine Präsentation für einen Kunden fertig. Es waren mechanische Arbeiten, die er verrichtete, um die Zeit zu töten, die so gemein langsam bis 17 Uhr dahin kroch.

+ + +

Im Vergleich dazu verging Alinas Tag an der Uni wie im Flug. Sie hatte einigen Ärger, schlug sich mit einer renitenten Bibliotheksdame herum, die ihr keinen Bibliotheksausweis geben wollte, weil sie den Antrag nicht richtig ausgefüllt hatte. Dann hatte sie verzweifelt und vergebens nach einem bestimmten Buch gesucht, bis sie nach zwei Stunden herausfand, dass sie an der falschen Stelle suchte. Das Essen in der Mensa (ihr erstes) war fad und matschig und dazu noch vegetarisch, weil sie sich in der falschen Schlange angestellt hatte.

Sie kam sich ziemlich doof vor, wie so ein Grünschnabel, der ganz offensichtlich alles falsch machte, weil er ganz offensichtlich neu war. Aber sie wollte nicht neu sein. Sie wollte dazu gehören!

Alina war also froh, als sie wieder zuhause war. Es war bereits halb fünf. Sie hechtete die Treppen bis in das Dachgeschoss hinauf, zog sich um, machte sich etwas frisch, legte für fünf Minuten die Beine hoch, um so etwas wie einen Powernap zu machen (davon hatte sie in einer Unizeitschrift gelesen), und dann ging sie pünktlich zu ihrem 17 Uhr Termin hinunter zu Michael.

Es war nicht der Powernap, der sie wach gemacht hatte, als sie Michaels Klingel drückte. Es war die Erwartung und die Spannung.

Das Läuten war noch nicht verklungen, da hatte Michael schon die Tür geöffnet, als hätte er hinter der Tür auf sie gewartet.

„Hallo!“, meinte er. „Schön dich zu sehen!“

Sie nickte nur, sah ihn kühl an und trat an ihm vorbei in sein Büro, ohne ihn weiter zu beachten.

Aber als sie an ihm vorbeiging, roch sie, dass er sich frisch geduscht hatte, und Aftershave hatte er auch aufgelegt.

Sie lächelte innerlich. Es gefiel ihr, dass er sich so um sie bemühte, dass er sich für sie in Schale warf. Männer machten das für sie nicht oft. Offensichtlich erwartete er eine Belohnung. Er wollte sich in seinem besten Licht darstellen. War doch nett!

Zielstrebig setzte sie sich an seinen Schreibtisch.

Er folgte ihr und blieb davor stehen.

Es gefiel ihr, dass er verunsichert war.

Das sollte das Motto für diese Session werden!

Alina ignorierte ihn. Auf dem Schreibtisch lagen schön säuberlich gestapelt einige Packen mit Schriftstücken.

Sie sah aus den Augenwinkeln, dass Michael etwas sagen wollte, aber sie bedeutete ihm mit einem Fingerzeig, dass er still sein sollte.

Stattdessen zog sie einen Stapel an sich heran und blätterte diesen durch. Es fiel ihr nicht ganz einfach, sich zu konzentrieren, da sie aus den Augenwinkeln immer wieder auf Michael schaute und seine Reaktion sehr viel spannender fand als die Rechnungen.

Sie ließ sich dennoch Zeit und zwang sich zur Konzentration. Gerne hätte sie einen Fehler gefunden, aber die Schriftstücke waren säuberlich geordnet, wie sie das angeordnet hatte.

Es wäre Haarspalterei gewesen, etwas an der Arbeit auszusetzen. Aber natürlich wäre das ihr gutes Recht. Sie konnte tun und lassen, was sie wollte. Wenn ihr danach war, konnte sie die Papierstapel in die Luft werfen und damit seine ganze Arbeit zunichtemachen. Schließlich war das ihre Rolle. Aber sie verzichtete darauf.

+ + +

Michael stand derweil immer noch da wie so ein Schuljunge.

Sollte er sich setzen? War Alina mit der Arbeit beschäftigt oder spielten sie? Sie prüfte seine Unterlagen, also war es Arbeit. Also konnte er sich zu ihr setzen, und er konnte sich erkundigen, was sie von seiner Arbeit hielt. Aber beim letzten Mal hatte sie auch Arbeit und Spiel verknüpft. Warum sollte das jetzt anders sein? Also wollte er gehorchen, und da sie ihm keinen Befehl gegeben hatte, weder sich zu setzen, noch es nicht zu tun, entschied er sich, zu warten, bis sie es ihm gestattete sich zu setzen.

Also stand er da und wusste nicht, was er machen sollte, nicht einmal, wie er sich hinstellen sollte. Sollte er vielleicht Haltung annehmen wie ein Butler? Das wäre ihm dann aber doch zu albern erschienen.

Er sah Alina aufmerksam zu, wie sie in den nunmehr geordneten Unterlagen blätterte. Er suchte nach einer Reaktion in ihrer Haltung. Gerne hätte er ein Lob von ihr erhalten. Immerhin hatte er sich ziemliche Mühe gegeben.

Aber sie ließ sich nichts anmerken, und so stand er da und wartete. Die Zeit verrann, er kam sich ziemlich doof vor, wie bestellt und nicht abgeholt, und sie tat das, was sie eigentlich nicht sollte. Sie machte ihre Arbeit, für die er sie bezahlte.

Dabei sollte sie ihn doch quälen!

Und nun quälte sie ihn durch ihre Missachtung, quasi durch ihr Nichtquälen.

Er fragte sich, ob sie das so geplant hatte, ob das ihr Spielchen war.

Qual durch Nichtqual.

Sein Körper war voller Adrenalin, voller Testosteron. Er war angespannt, sein Herz schlug, und sie tat nichts als das, was sie sollte: ihre Arbeit.

Er konnte sie schlecht fragen, und so blieb er in dieser Frustration gefangen.

Er hatte mit dem Verlauf der Dinge jedenfalls nicht gerechnet.

Was ihm eigentlich fremd war, begann nun an ihm zu nagen: Selbstzweifel. Hatte er etwas gesagt, was er nicht hätte sagen sollen? Hatte er etwas getan, was er nicht hätte tun sollen?

Kühl war sie am vorangegangenen Tag schon gewesen, aber nun ignorierte sie ihn vollkommen.

Es war nicht seine Art, an sich zu zweifeln. Er war mit sich im Reinen. Manches Mal hatte man ihm gar bescheinigt, zu selbstbewusst zu sein, sich zu überschätzen.

Er hatte über diese lächerlich weit hergeholten Anschuldigungen nur lachen können.

Hatte er also etwas gesagt, etwas getan, das sie wütend gemacht hatte? Worüber konnte sie wohl sauer sein? Das Einzige, das ihm einfiel, war vielleicht, dass er sich ein, zwei oder mehrere Male einen heruntergeholt hatte, obwohl sie ihm das verboten hatte. Aber woher konnte sie wissen, dass er das getan hatte? Sie konnte das nicht wissen, und sie hatte auch nicht gefragt.

Es ergab alles keinen Sinn.

Ihr einiger Satz bislang:

„Bring mir mal die Bilanzen vom letzten Jahr!“

Natürlich kam er dem Wunsch nach. In einem kleinen Zimmer, das einmal ein Kinderzimmer gewesen war, hatte er sich eine Art Bibliothek eingerichtet, und da standen auf einem ziemlich leeren Regel auch ein paar Aktenordner, die der Buchhalter seines Vaters angelegt hatte, und in die er noch nie geschaut hatte.

So richtig wusste er nicht, welchen Ordner er bringen sollte, und so riet er einfach.

„Bitte schön!“, sagte er, als er ihr den Ordner auf den Schreibtisch legte. Aber seine Hoffnung auf eine Antwort, die er irgendwie interpretieren konnte, erfüllte sich nicht. Nicht einmal durch eine Kopfbewegung dankte sie ihm. Ohne aufzusehen öffnete sie den Ordner, scheinbar war es der richtige, und blätterte darin.

Und so stand Michael wieder da und kam sich dumm vor.

Genau das war es, was er so hasste! Aus diesem Grund wollte er immer sein eigener Chef sein. Dass man ihn nicht dumm dastehen lassen konnte, dass man so nicht mit ihm umgehen konnte.

Und nun saß da so eine kleine Studentin, die noch nichts geleistet hatte, und einfach nur weiblich war. Das reichte scheinbar schon, um sich über ihn zu erheben!

Sie war schön, wie sie da saß, das Kinn auf ihre kleine Hand gestützt und mit der anderen Hand umblätternd.

Sie war keine umwerfende Schönheit, aber sie gefiel ihm.

Und dann schließlich sagte sie doch noch etwas.

Sie klappte den Aktendeckel zu, schob den Ordner von sich und meinte:

„So wie ich das sehe, machst du seit Jahren Verlust. „

Sie sah ihn herausfordernd an.

Was sollte er sagen? Sie hatte Recht. Aber es dauerte eben, wenn man sich eine Existenz aufbauen wollte, und er hatte es nicht so einfach wie irgendein mittelloser Innenarchitekt, der klein anfangen konnte.

Michael hatte einen Namen, dem er gerecht werden musste. Er hatte einen Ruf zu verlieren. Nicht nur seinen eigenen, sondern auch den seiner Familie. Da konnte man nicht kleckern!

Aber schließlich hatte er am vergangenen Abend ja geackert, hatte ein paar neue Aufträge klar gemacht. Er war auf dem besten Weg, auch den Breakeven noch hinzubekommen.

Doch bevor er seine Argumente vorbringen konnte, unterbrach sie ihn mit der bereits bekannten angedeuteten Bewegung ihres Fingers.

„Du musst dich nicht rechtfertigen, aber du wirst härter daran arbeiten müssen, profitabel zu werden. Das versteht sich von selbst! So geht es nicht weiter! Ich kann so nicht arbeiten!“

Er war baff.

Was nahm sie sich heraus?

Wie sprach sie mit ihm?

Wut stieg in ihm auf. Er, der erfolgreiche Geschäftsmann, musste sich doch nicht von so einer kleinen Studentin belehren lassen! Er brauchte sich beim besten Willen nicht zu rechtfertigen!

Aber dieser Augenblick der Empörung verschwand schnell wieder, denn natürlich spielte sie mit ihm.

Das tat sie doch, oder?

Michael hoffte es.

Und deshalb sagte er nichts, sondern nickte nur, und nachdem die Wut verschwunden war, tat es ihm gar leid, dass er sie enttäuscht hatte. Dieses Mädchen, das gerade erst in seinem Leben erschienen war. Es tat ihm leid, dass er sie enttäuscht hatte. Was ging da gerade in ihm vor? Er schämte sich dafür, ihren Ansprüchen nicht gerecht geworden zu sein.

Stattdessen brannte ihm auf den Nägeln, ihr zu erzählen, was er noch alles erreicht hatte, dass er auf potentielle Klienten zugegangen war, dass er auch schon Antworten erhalten hatte. Vielversprechende Antworten! Dass sich alles ändern würde, sein gesamtes Leben. Es wäre nur noch eine Frage der Zeit, bis sein Umsatz die Millionengrenze überschreiten würde!

Aber davon wollte sie nichts hören. Sie wollte nicht, dass er sprach, und so schwieg er und starrte peinlich berührt auf den Boden und war verunsichert, weil so viele widersprüchliche Dinge in seinem Kopf kursierten.

+ + +

Alina musste innerlich grinsen. Es lief gut. Sie hatte sich das so vorgestellt. Es war so etwas wie ein Test gewesen. Der vergangene Nachmittag war spannend gewesen, aber es war auch alles schwindelerregend schnell gegangen. Sie hatte das Tempo aus der ganzen Sache herausnehmen wollen. Er sollte nicht den Eindruck bekommen, dass sie seine Sexgespielin wäre. Frau gewordene plüschummantelte Handschellen, die immer verfügbar waren.

Also hatte sie sich vorgenommen, an diesem Tag in erster Linie zu arbeiten und ihn zappeln zu lassen. Sie fand, dass ihr das ziemlich gut gelungen war. Wie er da stand, wie bestellt und nicht abgeholt, unsicher, wartend, ungeduldig aber folgsam. All das sah sie aus den Augenwinkeln, während sie sich wirklich am Riemen reißen musste. Er war total auf sie fixiert, nervös, wartete, wusste nicht, was mit ihm passierte.

Es war interessant, und es schmeichelte ihr. Andere Männer waren nie so aufmerksam gewesen.

Zum Ende dieser Begegnung änderte sie kurzerhand ihren Plan. Sie hatte sich eigentlich vorgenommen, quasi als Abschluss ihrer Hinhaltetaktik, ihn zurechtzuweisen, ein wenig zu demütigen, sich lustig zu machen über seine Erfolglosigkeit. Sie wollte oberlehrerhaft dozieren, wie schlecht er als Geschäftsmann war, wie wenig er verstand von der Leitung eines Unternehmens. Alina hatte ihm eigentlich klarmachen wollen, wer das Sagen hatte, wenn es um die betriebswirtschaftliche Seite eines Unternehmens ging.

Aber sie verschob das auf einen anderen Zeitpunkt.

Stattdessen hakte sie das Thema mit einem knappen Satz ab:

„Naja, es gibt noch viel zu tun. Aber lassen wir das mal! Ich will was anderes wissen:“

Sie machte eine effektvolle Pause.

„Ich will wissen, wie scharf du auf mich bist. Wie lange brauchst du, um einen Steifen zu bekommen?“

Der Satz haute Michael um.

Er hatte nicht mit so etwas gerechnet. Er hatte sich einlullen lassen von der stumpfen Langeweile Alinas Buchprüfung. Michael hatte längst aufgehört, sich von diesem Tag irgendwas zu erhoffen, und dann das!

Noch bevor sein Verstand den Inhalt des Satzes verarbeitet hatte, regte es sich schon in seiner Hosen, und sein gutes Stück richtete sich auf.

Fast gegen seinen Willen. Zumindest musste er keinen Befehl geben, er musste sich nicht anstrengen.

Es war fast schon erschreckend, wie schnell das ging, wie geil er war, aber auch, wie sehr er in ihrer Hand war. Dass sie einfach so mit einem knappen Satz über seinen Körper verfügen konnte.

Es war ihm peinlich, dass er sich so einfach manipulieren lassen konnte, und er schaute ein wenig beschämt, dann aber auch wieder irgendwie stolz zu Boden, während die Beule in seiner Hose immer größer wurde.

„Brav!“, meinte Alina trocken und lächelte süffisant. „Wir werden gut miteinander auskommen! Wenn du schon jetzt so folgsam bist!“

Diese Sätze!

Wenn er schon jetzt so folgsam war?

Er hatte diese Sätze gewollt.

Er hatte sie darum gebeten.

Er bezahlte sie sogar dafür, dass sie sich über ihn lustig machte! Aber trotzdem stachen sie wie Dornen, und genau das machte ihn nur noch geiler.

Sie sollte weitermachen! Sie sollte ihm befehlen, er würde gehorchen!

Ja, er wäre folgsam!

Er würde sich vor ihr entblößen, ihr vor die Füße fallen, ihre Schuhe küssen. Sie musste es nur befehlen. Er würde sich ihr unterwerfen. Er würde ihr zeigen, wie ergeben er war, wie sehr er ihr verfallen war.

Aber sie schwieg.

Sie saß einfach da, sah ihn an, lächelte überlegen.

Ihr Blick fiel dabei auf seinen Schritt.

Sie sollte es nur sagen, und er würde sich vor ihr entblößen. Schließlich konnte sie über ihn verfügen, über ihn befehlen.

Aber sie tat nichts dergleichen.

Lange Augenblicke vergingen, in denen die Spannung unerträglich wurde.

Michael konnte den nächsten Befehl nicht erwarten.

Aber er kam nicht.

Er kam einfach nicht.

Sie sagte nichts, blieb einfach stumm da sitzen.

Und dann beendete sie es.

Das überhebliche Lächeln verschwand aus ihrem Gesicht, als wäre sie aus einer Schauspielrolle gefallen. Mit einem leichten Seufzen erhob sie sich von dem Schreibtisch und meinte nur noch:

„Wir werden das wohl fortsetzen. Du solltest dir schon mal überlegen, wie du mehr Klienten kriegen kannst.

Ich will beim nächsten Mal fünf gute Ideen. Und ich meine richtig gute Ideen! Nicht irgendeinen Quatsch!“ Sie machte eine Pause und fügte dann hinzu: „Verstanden?“

Michael nickte. Aber das war offensichtlich die falsche Antwort.

„Verstanden?“, insistierte sie mit leichter Schärfe in der Stimme.

„Ja, ich habe verstanden!“, antwortete er kleinlaut.

„Gut! Ach und noch was. Dass du geil bist, sehe ich ja.

Aber ich will nicht, dass du ohne meine Erlaubnis an dir rumspielst. Klar? Ich habe das schon mal gesagt. Ich wollte nur noch mal sichergehen. „

„Klar“, antwortete er und wusste nicht, ob sie ihn durchschaut hatte, ob er schuldbewusst sein sollte, ob sie wusste, dass er sich nicht an ihre Auflagen gehalten hatte.

Mehr sagte sie nicht. Sie stand auf, und verließ das Büro, ohne ihn noch eines Blickes gewürdigt zu haben, und er blieb stehen wie ein dummer Junge mit seinem Steifen.

Kapitel 15 PLAISIRS DE LA FEMME

Alina war immer noch gefangen zwischen ihrer Unsicherheit und ihrer eigenen Lust.

Diese Spielereien waren kompliziert.

Sie hatte das Gefühl, dass dieses Arrangement mehr ihm nutzte als ihr. Es war bisher nur darum gegangen, seine Lust zu befriedigen. Es erschien ihr ein wenig ungerecht, dass sie, die doch eigentlich das Sagen haben sollte, zur Dienstleisterin reduziert war.

Sie hätte gedacht, dass so eine Domina etwas mehr Freude empfinden würde.

Sexuelle Freude meinte sie damit.

Sie hatte mehr Spaß, als sie erwartet hätte, aber sie hätte gerne mehr davon. Was ihr blieb, waren ihre Hände, die nach getaner Dominanz zwischen ihren Schenkeln verschwanden.

Natürlich könnte sie Michael auch zu anderen Dingen verdonnern. Sie könnte ihm alles Mögliche befehlen, dass er sie befriedigte.

Sie hatte keinen Zweifel, dass er gerne selbst zwischen ihren Schenkeln verschwinden würde. Sie konnte sich vorstellen, wie sie auf ihren Schoß schaute, in dem sein Kopf ruhte, der sich rhythmisch bewegte und in ihrem Unterleib Wellen der Freude bereitete.

Sie konnte sich das alles gut vorstellen.

Aber sie war nicht so.

Nicht so schnell, nicht so mutig.

Überhaupt war das alles nicht so einfach.

Man stapfte nicht einfach in die Wohnung Michaels und kommandierte herum. Man brauchte einen Plan, man musste überlegen, was man verlangen konnte und was nicht. Man durfte es nicht übertreiben.

Nicht man, sie.

Sie durfte seine Grenzen nicht verletzen, durfte nicht zu viel erwarten. Die Story von der inkompetenten Domina, von der Michael erzählt hatte, blieb ihr als warnendes Beispiel immer im Hinterkopf. Es war offensichtlich nicht so einfach, eine Domina zu sein.

Mittlerweile konnte sie sich mit dem Begriff ein wenig mehr anfreunden. Einfach nur, weil es ihr zu mühsam war, einen alternativen Begriff zu finden.

Sie wollte es aber auch nicht zu schnell angehen lassen. Vielleicht war sie etwas verklemmt, vielleicht zu kleinstädtisch, dass sie seinen Kopf nicht sofort zwischen ihre Schenkel presste und ihn zwang, sie zu befriedigen. Vielleicht machte man das so in der Stadt, aber sie machte es eben nicht so.

Sie brauchte Zeit, und sie brauchte einen Plan.

Vielleicht konnten andere improvisieren, sie wollte jedenfalls Kontrolle über die Situation haben, und das klappte nur, wenn sie im Voraus wusste, was sie tat.

Es schien ihr eine Frage der Effizienz zu sein, langsam vorzugehen. Vielleicht hatte eine erfahrene Frau Tausende von Szenarien, die sie durchspielen konnte. Alina jedenfalls hatte die nicht, und ihr sollten auch nicht die Ideen ausgehen.

Das galt es zu vermeiden. Also musste sie sparsam mit ihren Ressourcen umgehen.

Das vergangene Treffen war also das Resultat einer Planung gewesen. Nur eben dieser wiederholte Zusatz nicht. Den Befehl, dass er ohne ihre Erlaubnis nicht an sich herumspielen sollte. Sie war gar nicht so glücklich darüber, denn es bedeutete, dass sie nun seine Sexualität vollkommen in der Hand hatte. Sie musste jetzt bestimmen, wann er was durfte. Das war nicht ihre Absicht gewesen.

Aber nun war es gesagt, und sie konnte es schlecht zurücknehmen. Irgendwann würde es an ihrer Tür klingeln, und er würde sie um Erlaubnis bitten, sich befriedigen zu können. Daran hatte sie überhaupt kein Interesse. Sie malte sich schon aus, wie er sie morgens aus dem Bett klingelte, und um Erlaubnis bat, wie sie in der Mensa oder während der Vorlesung gestört wurde oder abends, wenn sie mit Freunden einen trinken war.

Sollte er doch an sich herumfummeln! Es war seine Sache, so wie es ihre war, wann sie Wellenreiten ging oder wie oft oder einfach nur wie.

Auf der anderen Seite gab es ihr ein unglaubliches Gefühl der Macht über Michael.

Sie konnte bestimmen, wann er zum Schuss kam, sie konnte es ihm verwehren, sie konnte Wege finden, wie er sie befriedigte, selbst aber nichts abbekam.

Sie stellte sich vor, wie er sich vor ihr in den Staub warf, wie er bettelte und flehte, sie anhimmelte und winselte. Wie sie da stand, über ihm thronte.

Und wie eine Imperatorin, wie eine Kaiserin konnte sie den Daumen heben oder senken. Sie könnte die begehrteste Frau der Stadt werden. Niemand würde so angebetet wie sie.

Auch ein netter Gedanke irgendwie.

Sie wusste nur nicht, wie sich das umsetzen ließe. Sie könnte zur Göttin der Surfer werden, oder zumindest die eines einzelnen. Das war auch schon mal was!

Nun jedenfalls war sie nicht nur für sich, sondern auch für sein Surfbrett verantwortlich.

Das hatte man davon, wenn man spontan sein wollte. Sie würde einen Weg finden müssen, wie sie damit umgehen sollte, dachte sie, bevor sie sich ihrem nächsten Plan widmete.

Sie hatte fünf Ideen von ihm verlangt, wie er sein Unternehmen nach vorne bringen könnte.

In Alinas Augen war Michael zu verwöhnt. Das war nicht schwer zu erkennen. Und er war zu überheblich. Eine ziemlich miese Charaktereigenschaft, wie sie fand.

Aber vielleicht brauchte man so etwas, wenn man in der besseren Gesellschaft mitspielte.

Sie wollte jede der fünf Ideen also irgendwie bewerten und belohnen oder bestrafen, je nachdem, wie gut oder schlecht sie diese fand.

Sie setzte sich hin und kritzelte ihren Plan nieder. Das machte ihr mehr Spaß, als das Studium, und so vergaß sie über diese Liste, dass sie noch etwas lernen wollte.

Als sie schließlich ins Bett ging, war es schon spät, später als sie eigentlich gedacht hatte.

Und trotzdem musste sie sich noch mal schnell ein paar Wellen reiten.

Als die Sonne am nächsten Morgen in ihr kleines Zimmer schien, kuschelte sie sich verschlafen in ihre Laken, und machte das, was sie in den letzten Tagen verdammt oft tat, öfter als sie das gewohnt war. Und als sie darüber nachdachte, fiel ihr wieder auf, dass Michael sie noch nicht um Erlösung gebeten hatte.

War er so diszipliniert oder betrog er sie einfach und scherte sich nicht um ihre Regeln?

Sie hatte das Gefühl, dass es Letzteres war.

Sie würde sich etwas einfallen lassen müssen!

Alina stand auf, ging unter die Dusche, frühstückte und machte sich dann ein wenig müde und ein wenig unvorbereitet auf in die Uni. Ihre Vorlesung war anspruchsvoll, aber langweilig. Sie musste feststellen, dass ihre Gedanken immer wieder abschweiften von dem Stoff, der da behandelt wurde. In ihrem Privatleben spielten sich Dinge ab, die so unendlich viel spannender waren. Wen interessierten da SWOT-Analysen? Stärken, Schwächen, Möglichkeiten und Gefahren? Das waren alles Begriffe, die sie mit etwas anderem in Verbindung brachte, und da waren sie viel spannender!

In der Mensa traf sie sich mit zwei Kommilitoninnen, die mit ihr ein Einführungsseminar belegt hatten.

Die beiden anderen, Michelle und Laura, kamen auch beide aus kleinen Käffern, sogar noch kleineren als Alina. Aber im Gegensatz zu ihr hatten sie noch keine Ausbildung hinter sich, sondern gerade erst das Abi gemacht, dafür aber weitaus bessere Abiturdurchschnitte.

Alina verstand sich auf Anhieb mit ihnen.

Michelle und Laura teilten sich eine Wohnung. Sie hatte zusammen Abi gemacht und zusammen entschieden zu studieren. Die drei Jahre Altersunterschied merkte man sofort.

Die beiden waren noch verspielt, hatten den Ernst und die Langeweile des Lebens noch nicht kennengelernt. Sie wollten Spaß haben, sie nahmen die Dinge locker. Wenn sie erzählten, ging es um Jungen und um Klamotten. Sie hatten noch nie gearbeitet und wussten nicht, wie es in der Wirtschaft zuging. Beeinträchtigte das ihr Studium? Sicherlich nicht. Alina hatte schon verstanden, dass das Studium etwas Weltfremdes hatte. Egal, wie sehr man versuchte, mit konkreten Fällen zu arbeiten, am Ende ging es in den Unternehmen, mit denen die Seminare in der Uni sich beschäftigten, nicht um Abteilungsleiterinnen, die grell aufgetakelt den Auszubildenden nachstellten, oder um zu laute Radios in der Kaffeeküche.

Und auch die wirtschaftlichen Probleme, um die es ging, schienen ihr an den Haaren herbeigezogen zu sein.

Sie hatte jedenfalls wenig zu tun mit dem, was sie in der Praxis erlebt hatte.

Alina war erleichtert, zwei Gleichgesinnte gefunden zu haben. Es stellte sich heraus, dass sie selbst nicht die einzige war, die das ganze Drumherum um das Studium äußerst kompliziert fand. Nicht nur sie hatte tausend Fragen, wie dies oder das funktionierte, was es alles zu bedenken und zu beachten galt an der Uni.

Den beiden ging es ähnlich. Glücklicherweise waren es nicht die Gleichen. So hatte Alina Antworten auf die Fragen Michelles, und die konnte ein paar der Wissenslücken Lauras ausräumen. Sodass man sich am Ende klüger vorkam.

Sie war also nicht allein mit ihrer Ignoranz und kam sich nicht mehr ganz so doof vor. Alina bekam die Bestätigung, dass nicht sie etwas dumm war, sondern dass das System einfach undurchschaubar war. Und das war tröstlich zu wissen.

Sie war nicht allein. Es gab Menschen wie sie.

Als sie nachhause radelte, hatte sie viel mehr Zeit mit den beiden verbracht, als sie eingeplant hatte. Schon wieder waren ihr die Stunden entglitten.

Auf ihrem Weg zurück kam sie dann an einem kleinen Laden vorbei.

„Plaisirs de la Femme“ hieß er, und unter der altmodischen Schrift wurden „Spielzeuge für die Frau“ versprochen.

Ein Sexshop für Frauen also!

Alina war schon vorbei geradelt, als sie realisierte, was für ein Geschäft sie da passiert hatte, und zunächst trat sie weiter in die Pedalen, denn der Slogan „Spielzeuge für die Frau“ klang schon ein wenig seltsam.

Sie musste unwillkürlich an angsteinflößend geformte Vibratoren denken, die nach billigem Plastik rochen. Vibratoren hatten sie insgeheim schon immer interessiert. Aber sie hatte sich nie getraut, einen zu kaufen.

Es wäre ihr zu peinlich gewesen, wenn irgendwer solch ein Ding in ihrer Schublade fand. Der Lustgewinn, den solch ein Ding versprach, war definitiv geringer als der Peinlichkeitsfaktor, wenn man so etwas bei ihr finden sollte. Überhaupt dachte sie bei Vibratoren an frustrierte Hausfrauen, die technische Hilfe brauchten, um noch ein wenig Freude im Leben zu haben. Vibratoren und Fernbedienungen für die Glotze!

Aber nun lebte sie ja nicht mehr zuhause.

Nun hatte sie eine neue Wohnung und keinen Freund und keine Brüder, die durch ihre Schubladen gehen könnten.

Da war es doch nicht schlecht, neue Erfahrungen zu machen. Sie war ziemlich spitz, seit sie mit Michael zu tun hatte. Aber mit ihm zu schlafen, das erschien ihr noch in sehr, sehr weiter Entfernung zu sein, wenn es überhaupt irgendwann mal stattfinden würde.

Vielleicht war so ein Vibrator doch keine so schlechte Idee.

Sie bremste ab, drehte um und fuhr erneut an dem Laden vorbei. Es war ein kleines Geschäft mit nur einem Schaufenster, das spärlich bestückt war. Details konnte sie im Vorbeifahren nicht erkennen. Sie drehte erneut um, und nun hielt sie vor dem Schaufenster. Die Straßen waren leer. Trotzdem war es ihr irgendwie peinlich, vor einem Sexshop für Frauen zu halten.

Alina ärgerte sich über ihre Prüderie. Dies war eine Stadt, in der sie keine zwanzig Menschen kannte.

Warum schämte sie sich trotzdem?

In dem Schaufenster lagen drei Vibratoren. Sie sahen sehr stylisch aus, geschwungen, in einem dezenten Lila gehalten. Es waren Designobjekte. Aber welche Frau stellte schon ihre Sexspielzeuge aus? Am Ende lagen diese Teile doch sicherlich genauso in der Schublade wie die weniger schicken, fleischfarbenen Exemplare.

Alina versuchte in den Laden zu schauen, aber der Blick hinein war durch die Dekoration nicht möglich.

Sie bedauerte das, vermutete aber auch eine bewusste Entscheidung dahinter. Welche Frau wollte schon so einfach in einem Sexshop gesehen werden? Überhaupt gefiel ihr das Geschäftsmodell, dass Frauen ihren eigenen Laden hatten, in dem sie unter sich waren und sich nicht von Männern beäugen und belästigen lassen mussten. Aber war die Zielgruppe groß genug? Gab es genug Frauen, die Sexshops besuchen wollten?

Sie traute sich nicht, hinein zu gehen. Nur umsehen wollte sie sich nicht.

Sie hätte bestimmt sofort eine Bedienung am Hals, die sie ausquetschen würde. Und sie hätte bestimmt sofort irgendwelche dezenten Fragen zu ihrem Masturbationsverhalten zu beantworten gehabt, damit man ihr den richtigen Vibrator verkaufen könnte.

Und weil der Gedanke sie ärgerte, schwang sie sich auf ihr Rad und fuhr weiter.

Auch wenn es sie interessierte, auch wenn ein Vibrator keine schlechte Idee war, auch wenn sie keine Männer befürchten musste, es wäre ihr trotzdem zu peinlich, in solch einen Laden zu gehen.

Sie konnte sich nicht vorstellen, sich in einem Sexshop beraten zu lassen über die Form und Funktion von Vibratoren. Womöglich von einer mittelalten Frau, die zu stark geschminkt war und zu blond gefärbte Haare hatte, von einer hinterhältigen Lesbe vielleicht. Sie hatte nichts gegen Lesben, um Gottes Willen, keine Frage! Aber sie wollte auch nicht von einer in einem Sexshop für Frauen beraten werden. Gott, wie prüde konnte man sein?

So radelte Alina zurück, kaufte noch ein paar Lebensmittel ein und verbrachte den ersten Teil des Abends damit, ihr Seminar nachzubereiten.

Doch irgendwann juckte es zu sehr in ihren Fingern, und dann griff sie sich ihren Laptop und suchte in Online-Sexshops nach Vibratoren und Sexspielzeug. Es war alles ein wenig schmuddelig, aber auch irgendwie spannend!

Und von da kam sie zu Sado-Mado-Utensilien. Je mehr sie in dem Shop stöberte, desto mehr Ideen bekam sie. Es war wie ein Flash der Eingebung, der sie packte, und sie warf alles Mögliche in ihren virtuellen Warenkorb.

Die Rechnung würde sie Michael geben, schließlich war das Zeugs ja für ihn.

Sie war aufgeregt und ein wenig stolz auf sich, dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben Sexspielzeuge gekauft hatte.

Jetzt musste das alles nur noch diskret geliefert werden! Nicht, dass die Sachen von einer kurzgeschorenen Kampflesben-Postbotin gebracht würden, die sie gleich anmachte.

Kapitel 16 TURNAROUND

Drei Tage waren vergangen, seitdem sie Michael das Gelöbnis auferlegt hatte, dass er sich melden sollte, wenn er an sich rummachen wollte.

Bislang hatte er sich nicht gemeldet. Alina fand das unglaubwürdig, denn der am vorherigen Tag gelieferte Vibrator war schon zum Einsatz gekommen. Sie hatte sich noch nicht überlegt, wie sie mit dieser Angelegenheit umgehen sollte. Legte er es darauf an, sie zu provozieren? Wollte er ihren Zorn und irgendeine Strafe? Oder hatte er das Ganze nicht so ernst genommen, als Spiel abgetan? Oder war er gar nicht so scharf, wie sie dachte?

Sie war sich noch nicht sicher, wie sie damit umgehen sollte.

An diesem Nachmittag hatte sie beschlossen, es zu ignorieren.

Alina schritt selbstbewusst durch den Flur. Sie war in guter Stimmung.

„Warst du auch schön brav?“, fragte sie, als er sie in sein Büro ließ. Es war eine Anspielung auf seine phänomenale Enthaltsamkeit.

„Brav?“

„Brav. Hast du dir den Kopf gestoßen oder warum bist du so langsam?“

„Nein, nein, mit meinem Kopf ist alles in Ordnung.

Brav. Das hört sich wie so ein Hündchen an. „

„Vielleicht bist du mein kleines Hündchen?“

„Soll ich dein Hündchen sein?“

„Würdest du mein Hündchen sein wollen?“

„Kommunizieren wir heute nur in der Form von Fragen?“

„Bist du heute ein wenig renitent?“

„Wie kommst du darauf?“

„Wegen deinen vielen Fragen. „

„Gewonnen!“

„Was?“ Alina verstand nicht.

„Zu spät!“

„Erklär's mir. „

„Wegen deinen vielen Fragen. Das war keine Frage. Auch wenn das Wort „Frage“ drin vorkommt. Wenn wir das Heute-nur-Fragen-Spiel spielen, habe ich gewonnen. „

„Wenn's dich glücklich macht, dann gönne ich dir den Sieg. „

„Sehr großzügig!“

„Was mich aber viel mehr interessiert, ist dein Hinweis auf das Hündchen. „

„Und?“

„Würdest du einmal für mich bellen?“

„Wuff!“

„Sehr schön!“ Alina lachte.

„Vielleicht sollte ich dir noch ein kleines Halsband besorgen, eines mit Strass wie für einen Pudel. „

„Kann ich nicht lieber dein Rotweiler sein?“

„Dafür bist du mir zu verwöhnt! Du bist mehr der Typ, der den ganzen Tag nur Sheba frisst. “

„Ich glaube, Sheba ist für Katzen. „

„Wie heißt dann das Gourmet-Hundefutter? Ist ja auch egal!“ Sie lachte.

Alina setzte sich in Michaels Chefsessel, die Beine hatte sie wieder auf den Tisch gelegt und die Arme hinter dem Kopf verschränkt.

Sie war sich bewusst, wie lässig und überheblich sie bei Michael ankommen musste.

Sie mochte es, wie ihre Brüste sich hoben, flacher und wohlgeformter erschienen, wenn sie ihre Arme über den Kopf hob. Nicht dass sie ein Problem mit ihren Brüsten hatte!

Er hatte sich wieder in Schale geworfen, trug eine weite Leinenhose und ein helles Hemd.

Die weite Hose erklärte sie sich damit, dass er im Schritt vermutlich etwas freier sein wollte. Vielleicht wollte er sich ihr aber auch zeigen, es ihr einfacher machen zu erkennen, ob er erregt war oder nicht.

Er schien auch beim Frisör gewesen zu sein, denn seine Haare lagen nun anders, etwas akkurater und geordneter. Sie konnte nicht sagen, ob sie das mehr mochte als der legere Stil, den er ihr zuvor gezeigt hatte.

Aber es freute sie, dass er sich bemühte, einen guten Eindruck zu hinterlassen.

Im Übrigen tat sie das Gleiche. Wenn sie zu ihm kam, dann nicht mehr in ihren abgewetzten Jeans und Chucks. An diesem Nachmittag trug sie ihre gestreiften Ballerinas und das geblümte Sommerkleid. Es war ihr eigentlich ein wenig zu kurz, ging nicht mal bis an ihre Knie, und der Stoff war sehr leicht und dünn, sodass der Wind es schnell erfasste.

Aber in Michaels Büro war sie mutig genug es zu tragen, und wenn er es schaffte, unter ihr Kleid zu schauen, dann würde er nicht ihre Alltagsunterwäsche sehen, sondern eben die bessere. Ihr BH passte nun auch zu ihrem Slip. Das waren alles Vorsichtsmaßnahmen. Es war nicht so, dass es eingeplant war, dass sie ihn an die Wäsche ließ, aber sie wollte sich selbst gut fühlen, wenn sie mit Michael hantierte.

Der stand wieder etwas unschlüssig neben seinem Schreibtisch.

„Sollen wir anfangen?“, fragte Alina.

„Womit?“

„Ich habe echt keine Lust auf diese Fragesache. Okay?“

„Kein Thema. „

„Du wolltest mir fünf Ideen präsentieren, wie du deine Firma wieder auf Vordermann bringen kannst. „

„Habe ich!“

„Bevor du anfängst. Ich fände es gut, wenn hier so ein wenig die Hierarchie deutlich wird.

„Okay! Was soll ich tun? Schieß los!“

„Erst mal den Ton ändern! Von jetzt an einsilbig. “

„Einsilbig?“

„Das waren drei Silben!“

„Ernsthaft?“

„Schon besser, das waren nur noch zwei!“

„Gut!“, antwortete er.

„Wunderbar!“, meinte Alina, aber Michael setzte noch einen drauf.

„Schön!“, er lächelte herausfordernd.

Ihre Antwort enthielt ein wenig Schärfe.

„Vorsicht mein Freund! Übertreib's nicht! Kein Wort mehr!“

Er nickte.

„Und geh mal schön auf die Knie vor mir!“

Michael nickte wieder und kniete sich vor sie.

Alina mochte den Anblick, wie er da vor ihr kniete und ihre Dominanz akzeptierte. Und dann hatte sie einen spontanen Einfall:

„Ich finde, du warst ein wenig respektlos.

Das ist in Ordnung, wenn wir miteinander reden, aber wenn es ums Geschäft geht, dann möchte ich, dass klar ist, dass du meine Kompetenz anerkennst. Wie siehst du das?“

Michael nickte.

„Ich fände es ein angemessenes Zeichen, wenn du meine Schuhe küssen würdest. Als Zeichen deines Respekts. “

Er nickte, kroch auf seinen Knien an den Schreibtisch heran, und lehnte sich nach vorne.

+ + +

Michael mochte dieses Geplänkel zwischen ihnen. Aber nun begann das, was ihn richtig heiß machte. In seiner Hose regte es sich sofort.

„Ich sehe, du bist schon wieder scharf. Mir kommst du schon vor wie so ein kleines Hündchen, das nicht an sich halten kann, wenn es auch nur eine Hündin sieht. „

Die Worte brannten wie eine warme Backpfeife in der sibirischen Steppe.

„Mir wäre das ja peinlich, wenn ich ständig so geil wäre. Meine Füße reichen schon, um dir einen Ständer zu verpassen? Kein Wunder, dass du deinen Laden nicht profitabel kriegst, wenn du immer nur an das Eine denkst. “

Er senkte den Blick auf den Boden. Sie kam ziemlich schnell zur Sache. So war er nicht. Er war nicht so ein triebgeleiteter Lüstling. Aber die Situation, die ganze Situation! Er konnte nichts dagegen tun, wenn Alina sich so über ihn erhob.

„Verzeihung“, murmelte er.

„Meine Güte! Du hast die Selbstbeherrschung eines geilen Pudels!“ Ihr Lachen schepperte in seinen Ohren.

„Komm schon, mein Kleiner! Küss mir die Füße! Zeig mir, wer hier der Boss ist!“ Sie lachte wieder übermütig. „Küss die Füße von deinem Frauchen!“

Er kroch näher, doch als er seine Lippen auf die Spitze ihrer Schuhe legen wollte, begann sie mit den Füßen zu wippen und sich ihm zu entziehen.

„Was ist, streng dich gefälligst ein bisschen an!“

Er versuchte, der Bewegung ihrer Füße zu folgen. Aber sie war zu schnell, und so konnte er dem Befehl nicht nachkommen. Stattdessen knallten ihre Füße immer wieder grob gegen seinen Kopf.

„Oh, tut mir leid!“, spottete sie. „Habe ich dich getroffen?“

Sie hielt inne, doch als Michael wieder zu einem Kuss ansetzen wollte, da bewegte sie ihre Füße weg.

Das machte sie ein paarmal, bis sie ihn endlich ihre Ballerinas küssen ließ.

+ + +

Alina fragte sich, wie eklig das sein musste, doch ein Blick auf seinen Schritt verriet ihr, dass unter seiner Hose alles noch stramm stand.

Er genoss das!

Für einen Augenblick erwog sie, die Schuhe auszuziehen. Dann hätte er ihre Füße küssen können, aber sie wusste nicht, was sie davon halten sollte, wenn er seine Zunge zwischen ihre Zehen steckte und an ihrem großen Zeh lutschte.

Das ging ihr dann doch ein wenig zu schnell. Sie war da eigen, und ihre Füße fand sie ohnehin nicht das Prickelndste an ihrem Körper. Auch wenn sie keinen Zweifel hatte, dass er einiges darum gegeben hätte, an ihren Zehen zu lutschen.

Vielleicht später!

Sie hatten Zeit.

Stattdessen machte sie sich noch ein wenig über ihn lustig:

„Du bist ja ein braves kleines Hündchen! Mach nochmal Wuff für mich!“

„Wuff!“

Alina klatschte entzückt in die Hände.

Sie konnte in seinem Gesicht lesen, wie sehr ihn das demütigte, dass sie ihn solche kindischen Sachen machen ließ. Er mochte es nicht, das war ganz klar. Aber sie war sich auch sicher, dass es ihn scharf machte, dass sie es von ihm verlangen konnte. So sollte es sein!

„Braves Hundchen! Komm näher! Na komm! Wo ist das Hundchen?“

Mit ihrem Zeigefinger winkte sie ihn zu sich, und als er neben ihr war, da tätschelte sie ihm den Kopf und kraulte ihn unter dem Kinn.

Schließlich wurde sie übermütig, lehnte sich nach vorne, streifte doch eine ihrer Ballerinas ab und warf sie durch das Zimmer in eine Ecke.

„Apportier! Hol das Schühchen!“

Michael sah sie gequält an, aber dann begab er sich auf alle Viere und kroch über den Boden zu dem Schuh, hob ihn mit seinen Zähnen auf und brachte ihn ihr zurück.

+ + +

„Gott, was tat sie nur mit ihm!“, dachte er!

Musste sie ihn so erniedrigen? Mit solchen albernen Spielereien? Der ranzige Geruch ihres Fußschweißes kroch ihm in die Nase.

Michael stellte fest, dass er keinen Schuhfetischismus hatte. Der Gestank war nicht gerade angenehm. Aber die Situation war es. Was sie von ihm alles verlangen konnte! Wie sehr er sich vor ihr zum Affen machte, nur weil sie es wollte! Er wollte sie zufrieden stellen, wollte, dass sie mit ihm zufrieden war. Und wenn er sich dafür wie ein Hund benehmen musste, weil sie das so wollte, dann war das eben so!

Als er wieder am Schreibtisch war, ließ er den Schuh vor ihr auf den Boden fallen, und weil sie so viel Spaß hatte, ihn über den Boden kriechen zu sehen, warf sie auch ihren zweiten Schuh, und er holte auch diesen.

„Du machst das echt gut, und ich könnte das stundenlang machen! Aber jetzt sollten wir mal langsam zum Geschäftlichen kommen. Fünf Ideen hast du mir versprochen. Ich bin gespannt!“

Er sah sie stumm an, und sie starrte stumm zurück, bis es ihr zu blöd wurde:

„Was?“

„Darf ich sprechen?“, fragte er.

„Was glaubst du denn? Willst du mir deine Ideen vortanzen?“

„Ich meine ja nur.

Ich will ja nicht gegen irgendwas verstoßen!“

Pampig wird er jetzt, dachte Alina. Wollte er sie testen? Ihre Autorität? Aber natürlich hatte er auch irgendwie Recht. Sie hatte ihm mehr als eine Silbe verboten.

„Ich erlaube dir zu sprechen!“, sagte sie gönnerhaft.

Augenblicklich sprühten seine Augen voller Enthusiasmus. Er zog ein paar gefaltete Blätter aus seiner Gesäßtasche, entfaltete sie und begann einen Vortrag, der von einer nicht für möglich gehaltenen Verve strotzte.

Dummerweise verstand Alina nur die Hälfte. Ziemlich schnell erkannte sie, dass sie keine Ahnung hatte, was so ein Innenarchitekt eigentlich tut, und dass ein paar Blicke in die Buchhaltung sie noch nicht zu einer Unternehmensberaterin machten.

Sie hatte verstanden, dass er neue Kunden akquiriert hatte, dass er seine Arbeitsweise ändern würde, dass er mehr Kontakt halten wollte. Aber ehrlich gesagt verstand sie nicht so richtig, was er vorhatte. Offensichtlich glaubte er, dass sie nach dem Blick in seine Bücher eine präzise Kennerin seiner Firma war.

Das war sie nicht. Aber sie wollte auch nicht nachfragen und ihre Ignoranz offenbaren. Also hörte sie zu, nickte, stellte hier und da ein paar Fragen, die intelligent klingen und beweisen sollten, dass sie aufmerksam zuhörte. Aber eigentlich hörte sie nicht zu. Es war nämlich schrecklich langweilig. Lieber hätte sie ihn ihre Ballerinas apportieren lassen.

Um ehrlich zu sein, sie hatte bei den fünf Punkten so etwas erwartet wie dies:

Erstens: Er würde sein Geschäft ernster nehmen.

Zweitens: Er würde mehr auf seine Ausgaben achten.

Drittens: Er würde nicht so viel Mist kaufen.

Viertens: Er würde mehr Kunden akquirieren.

Fünftens: Er würde sich einfach mehr bemühen.

Aber Michael hatte sich wirklich detaillierte Gedanken gemacht, um sie zu überzeugen. Das war nett, aber es interessierte sie an diesem Tag gar nicht.

Nun gut.

Da musste sie jetzt durch.

Sie unterdrückte ein Gähnen.

Michael kniete immer noch vor ihr, aber die spielerische Stimmung war bald etwas verflogen. Ein Blick in seinen Schritt verriet ihr, dass sein Blut in seinem Hirn zirkulierte, zumindest war es nicht mehr in seinen Lenden.

Ihr Plan hatte interessanter geklungen. Da hatte er vor ihr gekniet, während sie eben in dem Schreibtischsessel saß.

Er sollte seine Schenkel auseinander halten, und sie hatte vorgehabt, während er seine Ideen vortrug, mit ihrem Fuß zwischen seinem Schritt zu spielen. Sie hätte gute Ideen belohnt, indem sie mit ihrem Fuß seinen Schritt streichelte, und bei einer schlechten Idee hätte sie ein wenig Druck ausgeübt, vielleicht ganz leicht zwischen seine Beine getreten. Nicht, um ihm richtige Schmerzen zu bereiten, sondern um ihm ein wenig Angst einzujagen und ihre Möglichkeiten zu zeigen. Sie hätte so zart und sanft seinen Schritt massieren können, und vielleicht einen Augenblick später zugetreten, um ihm zu zeigen, wie unberechenbar sie war.

Sie hatte sich das alles so schön ausgemalt. Aber nun wurde sie mit einem langweiligen Vortrag malträtiert.

Alina seufzte innerlich.

+ + +

Michael sprühte vor Elan. Er war jedenfalls in seinem Element. Ganz sein eigenes Element war es nicht, das musste er zugeben. Seine Pläne waren in erster Linie die des Buchhalters seines Vaters. Der hatte ihm mal ein paar gutgemeinte Vorschläge unterbreitet, wie man profitabel werden könnte.

Michael hatte das in der Kategorie „Man müsste mal“ abgelegt. Aber nun hatte er einen Ansporn, und da musste er feststellen, dass die Ideen doch nicht so schlecht waren. Er hatte den gesamten vergangenen Tag damit verbracht, das alles zu überdenken und auszuarbeiten. Jetzt müsste sie ihn loben. Er hatte sich wirklich Mühe gegeben.

Michael war jedenfalls in seinem Element und redete und redete und bekam nicht mit, wie sehr er Alina langweilte.

Als er endlich fertig war, sah er Alina erwartungsvoll an. Aber die hatte Schwierigkeiten, ein ernsthaftes Feedback zu geben, und so sagte sie unbestimmt:

„Insgesamt nicht übel. An diesem einen Punkt musst du noch arbeiten, der hat noch Schwächen. Aber du bist auf einem guten Weg!“

Es war so konkret, wie sie nur werden konnte, und so distanziert, wie es ihr möglich war. Natürlich hatte sie auch keine Ahnung, was dieser „eine Punkt“ war, an dem er noch arbeiten sollte.

Aber sie wollte auch nicht zu euphorisch werden. Eine Rückfrage Michaels unterband sie barsch. Stattdessen kam ihr noch eine spontane Idee:

„Ich will, dass du mir das alles noch einmal ausführlich und detailliert aufschreibst. Ich habe gesehen, dass du in deiner Wohnung eine kleine Abstellkammer hast. „

„Meinst du die, in der die Putzfrau ihren Kram aufbewahrt?“

„Genau die. Ich will, dass du die leerräumst, und dann schreibst du mir da alles auf.

Nackt! Ich will nicht, dass du ein Fitzelchen Stoff an dir trägst, wenn du das aufschreibst. Verstanden?“

Er nickte, aber seine verständnislose Miene brachte sie dazu, zu erklären:

„Du bist mir zu verwöhnt mit deiner fetten Wohnung und dem fetten Büro und all deinem Luxus. Du musst dringend mal ein bisschen Bescheidenheit lernen. Deshalb schön nackt mit Papier und Stift in der Abstellkammer! Verstanden?“

„Verstanden!“

„Und noch was: Die Kammer bleibt, wie sie ist.

Du kaufst dafür keine Möbel, lässt die nicht tapezieren oder fliesen oder machst sonst was damit. Außer sie vorher sauberzumachen. Und das machst du selbst. Nicht deine Putzfrau! Verstanden?“

„Verstanden. “

Der Zusatz mit der verbotenen Neudekoration der Abstellkammer war eher als Scherz gemeint, aber Michaels enttäuschter Gesichtsausdruck zeigte, dass er in den wenigen Augenblicken, in denen dieser Befehl im Raum stand, schon ein paar Ideen entwickelt hatte.

Alina konnte in Michaels Schritt jedenfalls erkennen, dass ihr Einfall nicht so ganz falsch gewesen war.

„Eins noch!“

Er schaute sie niedergeschlagen an.

„Du erinnerst dich an meinen Befehl. Ich will nicht, dass du in der Kammer an dir herumspielst. Ist das klar?“

Er nickte.

„Ist das klar?“ Ihre Stimme schnitt metallen durch den Raum.

„Klar. “

Er sah niedergeschlagen aus.

Alina war zufrieden. Sie nahm sich vor, ihm zumindest noch ein kleines Bonbon zu gönnen.

„Du hast das nicht schlecht gemacht. Zum Dank darfst du mir die Füße küssen. Jeden Zeh einzeln. Aber keine Zunge!“

Er nickte, und in seinen Augen erkannte sie Dankbarkeit. Sie nahm die Füße von dem Schreibtisch, damit er sich schön vor ihr verneigen müsste.

Er kroch zu ihren Füßen und beugte sich vor ihr nieder.

Seine Lippen fühlten sich warm auf ihren Füßen an. Langsam und sorgsam platzierte er einen Kuss auf jeden einzelnen ihrer Zehen.

Es kitzelte ein wenig, und während er seiner Arbeit nachkam, fragte Alina sich, wie ihre Zehen wohl auf ihn wirken mussten. Kurz schoss ihr durch den Kopf, dass sie sich eine Pediküre hätte machen lassen sollen.

Aber nun war es zu spät, und vielleicht musste sie einfach nur ein wenig entspannter werden, was ihren Körper betraf. Bisher hatte einfach noch nie jemand ihre Füße geküsst.

Als Michael von ihrem linken zum rechten Fuß wechselte (er ließ sich recht viel Zeit, was Alina aber nicht unrecht war), konnte sie die Geste sogar genießen. Hier lag ein Mann ihr zu Füßen und küsste ihre Zehen.

Wünschte sich nicht jede Frau einen Mann, der sie auf Händen trug? Der sich um sie kümmerte?

Sie hatte einen gefunden, der ihr sogar die Füße küsste, und das nicht nur im übertragenen Sinne.

Wenn sie das jemandem erzählte! Man würde es ihr nicht glauben. Aber wem sollte sie es auch schon erzählen?

Ihre Freundinnen in ihrer Heimatstadt hätten überhaupt kein Verständnis, würden das als pervers bezeichnen, wie sie das bis vor wenigen Tagen selbst auch noch getan hatte. Alina dachte an Michelle und Laura, ihre Kommilitoninnen, aber sie kannte die beiden noch nicht gut genug, um ihnen solche Geheimnisse anzuvertrauen.

Als er wieder zu ihr aufsah, hatte sie einen kühlen Gesichtsausdruck aufgelegt und meinte:

„Fertig? Scheint dich ja sehr aufgegeilt zu haben!“

Ihr schien, als zucke er unter ihren Worten ein wenig zusammen.

Das war in Ordnung. Sollte er doch.

Sie war zufrieden.

Kapitel 17 NACHARBEITEN

Michael kauerte in der Abstellkammer.

Nackt.

Er hatte sie selbst ausgeräumt und dabei Reinigungsmittel gefunden, deren Zweck ihm schleierhaft war. Vorher hatte er mit seinem iPhone ein Foto gemacht, um festzuhalten, was wo stand, denn offensichtlich würde er alles wieder einräumen müssen, wenn er mit der Arbeit fertig war.

Einmal war Michael auf die absurde Idee gekommen, einen Fleck aus seiner Jeans zu bekommen, und da hatte er mangels Alternativen in der Abstellkammer gekramt und verschiedene Mittelchen ausprobiert.

Maria, die Putzfrau, war ausgeflippt und hatte ihm mit ihrem schwerfälligen Akzent Vorhaltungen gemacht. Sie hatte geschrien und geflucht, teilweise auf Polnisch, und er konnte sich keinen Reim machen, warum das so eine große Sache wäre. In der Retrospektive überlegte er, ob ihr resolutes Auftreten ihn damals schon erregt hatte, wie er nun von Alina immerzu in einen Zustand der Geilheit versetzt wurde, wenn sie ihre Dominanz zeigte.

Aber er hatte das damals nicht so empfunden.

Vielleicht lag es daran, dass Irina Ende fünfzig und ziemlich rundlich war, und sie ihre Körperhygiene nicht immer so ganz im Griff hatte. Um es genauer zu sagen, versagte ihr Deo teilweise gewaltig. Aber er hatte sie einstellen müssen, weil sein Vater das so wollte. Irina war die Frau vom irgendwem, einem ehemaligen Angestellten seines Vaters, der vom Gerüst gefallen war oder so. Er hatte keine Wahl gehabt.

Michael kauerte also in der Abstellkammer.

Nackt, wie Alina es ihm befohlen hatte.

Und die fehlenden Klamotten waren ihm stets bewusst, sodass er nicht viel zustande brachte. Er war einfach nur fokussiert auf die kühle Luft auf seiner Haut und die Situation, in der er sich befand. Dass er sich zu so etwas hergab, nur weil sie es von ihm verlangte!

Die Worte, die er auf dem Block niederschrieb, waren zusammenhanglos, und er würde das Gestammel in einem zweiten Durchgang präsentabel aufbereiten müssen.

Michael hatte durchaus mitbekommen, dass Alina nicht so aufmerksam gewesen war, wie er sich das erhofft hatte, und er hatte auch mitbekommen, dass sie nicht alles verstanden hatte, was er ihr erklärt hatte. Das war ja auch kein Wunder. Sein Geschäft war kein Kinderspiel. Er sah sich als hochprofessionellen Experten, da konnte er auch nicht erwarten, dass so eine kleine Studentin, die gelernt hatte, ein paar Zahlen zusammenzurechnen, auch nur im Ansatz seine Ideen verstand.

Und trotzdem hockte er nach ihrer Anweisung in einer Abstellkammer und versuchte ihr verständlich zu machen, was er unter Synergien verstand und wie er mit dem Unternehmen seines Vaters kooperieren konnte. Alles in äußerst demütigender Position und ständig geil und nicht in der Lage, einen klaren Gedanken zu fassen.

Er konnte sich so einfach nicht konzentrieren.

Am Ende musste er eine Entscheidung treffen.

Er musste seinen Hormonhaushalt in den Griff bekommen, ansonsten würde er nie fertig, konnte ihre Order nicht ausführen und sie damit nicht zufrieden stellen.

Er musste sich über eine ihrer Befehle hinwegsetzen, um andere einzuhalten. Es ging nicht anders, dachte er und holte sich in einem intensiven Orgasmus einen runter.

Die ganze Zeit über hatte er vor Augen, wie sie in dem Türrahmen stand, die Arme in die Hüfte gestemmt, barfuß und er ihr schutzlos ausgeliefert war.

Wie sie ihn ihre Füße küssen ließ, wie er zu ihr aufsah.

Als er sich wieder unter Kontrolle hatte, fühlte er sich kalt und verbraucht. Er schaute auf seine Notizen, fand, dass sie fast fertig waren und beschloss, die Sache in der Abstellkammer zu beenden. Er wollte sich in dem kühlen Raum ohne Kleider keine Erkältung holen. Außerdem wäre er schneller fertig und ordentlicher, wenn er die Reinschrift an einem Tisch anfertigen könnte.

Er beschloss, dass das sicher auch in Alinas Sinne war, verließ die Abstellkammer, zog sich etwas an und räumte die Kammer schnell und etwas schlampig wieder ein.

Er würde den Zorn seiner Putzfrau ertragen.

Dann setzte er sich an seinen Laptop, schrieb noch ein paar Mails und machte einen Termin mit einem der neuen Klienten fest, um die er sich bemüht hatte. Es war einfacher, Geschäfte zu machen, als er gedacht hatte, wenn man sich ein wenig rein hing.

+ + +

Alina saß derweil ihrerseits an ihrem kleinen Küchentisch und lernte. Der vorherige Abend hatte sie zwei Dinge gelehrt:

Erstens: Sie hatte weniger Ahnung von Unternehmen, als sie so gedacht hatte. Ihr schien es unumgänglich, sich mehr Wissen anzueignen. Sie konnte nicht einerseits die Domina spielen und andererseits nichts kapieren von all den Dingen, für die sie bezahlt wurde.

Ihr Arbeitsethos verbat ihr zu dilettieren.

Es erschien auch ihrer Autorität abträglich, wenn sie von den Dingen, von denen sie vorgab, Ahnung zu haben, keine hatte.

So eine käufliche Domina hatte es da einfacher, die musste keinen Schimmer haben von den Dingen, mit denen ihre Klienten ihr Geld verdienten. Die konnte sich auf ihre Dominanz konzentrieren. Aber da Alina auch auf diesem Gebiet neu war, wollte sie sich nicht gerade noch eine weitere Blöße geben. Also musste sie pauken, und so lernte sie erst für die Uni und machte sich dann kundig über die Umstrukturierung von kranken Unternehmen, las über Rationalisierungsmaßnahmen und andere Dinge.

Erst als sie Kopfschmerzen bekam, ging sie ins Bett. Da war es schon ziemlich spät, und bevor sie einschlief, ließ sie noch einmal das Spielchen mit Michael Revue passieren.

Diese kleine Einlage mit dem nackten Aufschreiben seiner Ideen in der Abstellkammer war vorzüglich gewesen. Sie stellte sich vor, wie er da hockte und ihrem Befehl nachkam.

Und doch blieb ihr seine Motivation immer noch fremd.

Sie verstand ihn nicht, sie verstand die Männer nicht.

In der Schule hatte sie ein Theaterstück von Max Frisch lesen müssen. Don Juan hieß es, aber der Dun Juan in dem Stück war ein unfreiwilliger Frauenschwarm. In diesem Stück gab es einen Satz ausgesprochen von Don Juan, der sie interessiert hatte:

„Jeder Mann hat etwas Höheres als das Weib, wenn er wieder nüchtern ist. „

In ihrer Erfahrung mit Männern war ihr der Satz schon häufiger über den Weg gelaufen.

Sie hatte die Erfahrung gemacht, dass ihre Ex-Freunde beim Liebesspiel sehr viel schneller erregt wurden, aber auch sehr viel schneller wieder ihr Interesse verloren als sie. Wenn ihr letzter Ex beim Sex gekommen war, dauerte es nur Sekunden, und er hatte jedes Interesse an ihr verloren.

Kein Kuscheln, kein Nachspiel.

Gerade noch mochte er voller Ekstase gewesen sein, einen Moment später rollte er sich aus dem Bett und fragte sie, ob sie auch ein paar Spiegeleier wollte.

Es war unglaublich, wie schnell all seine Erregung sich verflüchtigen konnte.

War das bei Michael auch so? Brannte seine Kerze vielleicht sogar noch heller und noch kürzer als die ihres Ex?

Sie würde es herausfinden.

Kapitel 18 SICHERHEITSMAßNAHMEN

„Ich mache mir ein wenig Sorgen!“

„Über was?“ Michael war verwirrt.

Alina hatte einfach bei ihm geklingelt.

Es war schon nach zehn Uhr, Michael langweilte sich vor dem Fernseher. Der Beamer projizierte ein Bundesligaspiel, aber er schenkte ihm keine Beachtung. Stattdessen surfte er mit seinem Laptop und nippte immer wieder an seinem Rotwein. Ein Klient wollte unbedingt ausgefallene Stofftapeten, also recherchierte er Muster. Gleichzeitig kritzelte er auf einem Block herum, weil er Ideen für die Einrichtung einer Wohnung brauchte. Eigentlich künstlerisch vollkommen uninteressant für Michael, aber es brachte eben Geld ein, und er hatte sich der Idee verschrieben, nicht länger Verluste zu machen, sondern auf eigenen Beinen zu stehen.

Da musste er nun über seinen Schatten springen.

Er war sich der Ironie durchaus bewusst, dass dieser Weg über die Leute führte, die Kontakte zu seinem Vater herstellen wollten. Der Person also, von der er sich emanzipieren wollte. Aber so war das nun einmal. Man konnte nicht alles haben, und Michael fand es unverantwortlich, diese Leute, die ihm ihr Geld hinterherwerfen wollten, zu ignorieren. In diesem Fall deuteten sich am Horizont sogar große Geschäfte an, denn der Geschäftsmann, der eine kleine Kette von Hotels betrieb, nichts Großes, aber immerhin, wollte sich von Michael das Wohnzimmer neu einrichten lassen.

Eigentlich aber wollte er sich bei Michaels Vater beliebt machen, um mit dem zusammen ein paar neue Hotels am Stadtrand diverser Mittelstädte zu errichten. Und da kam Michael dann wieder ins Spiel, denn es bestand die vage Aussicht, dass er die Einrichtung übernehmen könnte. Es sollten moderne Designhotels werden.

Allein bei dem Begriff lief ihm schon das Wasser im Mund zusammen. Obwohl er sich eigentlich im Klaren war, dass das ein ziemlich großer Auftrag wäre, weitaus größer als alles, was er bis jetzt in Angriff genommen hatte.

Und Michael musste zugeben, dass er keine Ahnung hatte, wie man solch ein Projekt in Angriff nehmen sollte, denn eines war vollkommen anders als die Aufträge von Privatiers, mit denen er bislang zu tun gehabt hatte. Bei denen war Geld kein Problem. Im Gegenteil, es ging ihnen sogar darum, zu zeigen, dass sie es hatten und ausgeben konnten. Hotels aber waren was anderes. Da sollten die Dinge edel aussehen, mussten aber günstig sein. Man machte kein Geld mit Luxus, sondern mit dem Anschein davon.

Das war ein anderes Arbeiten.

Mit diesen Fragen jedenfalls beschäftigte er sich. Mit allen allerdings gleichzeitig, was sich nicht gerade positiv auf die Qualität seiner Arbeit auswirkte. Es war ein Herumspielen, ein Warten auf Eingebung, auf einen Geistesblitz, und der ließ auf sich warten.

Umso dankbarer war er, als überraschend die Türklingel ging.

Alina stand dort, und sofort war er hellwach.

Mir ihr hatte er nicht gerechnet.

„Ich finde, du solltest mir einen Schlüssel geben“, meinte sie. „Vor der Tür warten zu müssen, finde ich nicht gerade angemessen. „

„Natürlich“, brachte er ohne viel Enthusiasmus hervor, denn seine Privatsphäre war ihm schon wichtig.

Sie trat ohne zu fragen ein, ging in sein Wohnzimmer und setzte sich auf die Couch. In der Hand hatte sie so etwas wie einen Kulturbeutel, den sie beiläufig neben sich legte.

„So einen Wein hätte ich auch gerne!“

„Natürlich!“, meinte er wieder und ging in die Küche, um ihr ein Glas zu bringen. Er schenkte ihr ein und kam sich wie ein Kellner vor.

Sie nahm es, ohne ihn weiter zu beachten.

„Womit verdiene ich die Ehre deines Besuchs?“

„Störe ich?“

„Nein, nein!“, wehrte er ab! „Ich meine nur!“

„Ich hatte vor, dir ein wenig Erleichterung zu verschaffen.

Aber wenn es gerade nicht passt, dann verschwinde ich wieder!“

„Nein, nein! Um Gottes Willen! Du störst doch nicht!“

„Musst es nur sagen!“ Sie tat, als wolle sie wieder aufstehen.

„Ich bitte dich!“ Er ging auf sie zu mit ausgestreckten Armen, als wolle er sie anflehen.

„Das ist nett, dass du das so siehst!“

Alina schlug die Beine übereinander und genoss ihre Überlegenheit.

„Du warst bisher so gehorsam und hast alles getan, was ich von dir verlangt habe. Das war bestimmt nicht immer einfach!“

Er nickte zustimmend, auch wenn er insgeheim nicht sagen konnte, welche großen Entbehrungen oder Qualen er bisher hatte erleiden müssen. Aber in der Tat fand er, dass er sich vorbildlich verhalten hatte.

„Deswegen wollte ich dich belohnen! Wie findest du das?“

„Das finde ich sehr großzügig von dir!“

„Großzügig findest du das! Das finde ich süß, dass du das sagst!“

Veräppelte sie ihn? Michael konnte es nicht mit Bestimmtheit sagen.

Er konnte sein Glück fast nicht glauben.

„Es gibt da nur eine Sache. „

„Was meinst du?“

„Ich mache mir ein wenig Sorgen!“

„Über was?“

„Über deine Libido. „

„Meine was?“

„Deine Libido. Deine Sexualität. Deine Geilheit!“

„Keine Sorge, mit der ist alles in Ordnung. „

„Das ist es ja, warum ich mich sorge! Wenn ich dich spitz mache, wer garantiert mir dann, dass du nicht über mich herfällst?“

„So etwas würde ich nie machen! So gut solltest du mich kennen!“

„Das ist es ja gerade.

Ich kenne dich eben nicht so gut. Ich weiß nicht, wie du so bist oder wie du bist, wenn du geil bist! Vielleicht wirst du dann zum Wüstling!“

Meinte sie das ernst? Er war bisher der perfekte Gentleman gewesen.

„Du brauchst dir wirklich keine Sorgen zu machen!“

„Ja, wenn ich das nur könnte! Aber du wirst verstehen, dass ich dir nicht trauen kann. Ich meine, du hast ja schon komische Neigungen.

Welcher Mann lässt sich schon gerne von Frauen wie Dreck behandeln. Normal würde ich das nicht nennen!“

Das traf ihn nun, dass sie ihn als pervers bezeichnete. Er wusste aber nicht, was er darauf erwidern sollte, und so schwieg er.

„Lange Rede, kurzer Sinn. Das kriegen wir sicher ganz schnell hin. Ich will ja nur eine kleine Schutzmaßnahme. Nur zur Sicherheit!“

Damit öffnete sie den Kulturbeutel und zog ein paar Handschellen heraus.

Sie waren mit Plüsch bezogen!

„Die habe ich mir schicken lassen. Zusammen mit einigem anderen Kram. Die Rechnung gebe ich dir noch. Nichts Dramatisches. “ Sie ließ die Handfesseln einladend vor seinem Gesicht baumeln.

„Was sagst du? Eine kleine Sicherheitsmaßnahme. „

Was sollte er dazu sagen außer:

„Ja! Natürlich! Wäre natürlich nicht nötig, auch wenn ich verstehe, dass meine Männlichkeit dir Kopfzerbrechen bereitet.

Michael war sich nicht so ganz sicher, wie viel Ironie in diesem Statement steckte. Sicherlich ein wenig, aber vielleicht nicht so viel, wie man erwarten könnte. Michael wollte keine Zweifel an seiner Männlichkeit aufkommen lassen. Es gab bestimmt einen Haufen kluger Männer, Philosophen, Feldherren und Diktatoren, die Spaß an ähnlichen Spielchen hatte wie er. Er musste sich nicht rechtfertigen! Er war ein Mann wie jeder andere. Nur eben, dass er diese eine Vorliebe hatte.

Gegen die Handschellen hingegen hatte er nichts. Im Gegenteil. Der pure Anblick hatte ihn schon wieder erregt.

„Schön, dass du einverstanden bist!“

Sie warf ihm die Handschellen zu, aber zu kurz, so dass sie vor ihm auf den Boden fielen. Konnte sie nicht werfen oder war das Absicht gewesen? Michael bückte sich und hob die Handschellen auf.

„Uups! Sorry!“, meinte Alina mit betont mädchenhafter Stimme.

„Tut mir leid!“

Na gut, er hätte das erraten können.

„Hol dir doch einen der Stühle vom Esstisch, und dann stell den hierhin!“

Sie zeigte auf die Mitte des Wohnzimmers, und er brachte den Stuhl.

„Setz dich!“

Er gehorchte.

„Und jetzt leg die Handschellen an, hinter der Lehne.

Michael schluckte einmal, und dann gehorchte er.

Mit Handschellen hatte er an diesem Abend nicht mehr gerechnet. Er setzte sich auf den Stuhl, und ein komischer Gedanke schoss ihm durch den Kopf:

Wie leichtsinnig war das, was er da gerade tat? Er lieferte sich ihr aus. Wenn er mal gefesselt auf dem Stuhl wäre, dann konnte sie mit ihm alles machen. Er musste an seine Prekariatsdomina denken.

Denn diesen Gedanken des Ausgeliefertseins hatte er nicht gehabt, als er diese Mistress Jasmin besucht hatte.

Es war ihm nie in den Sinn gekommen, sich übermäßig Sorgen zu machen, obwohl er am Ende mit einem zerschundenen Hintern davon gehumpelt war. Aber das war es nicht allein. Es war wohl eher die Tatsache, dass Alina ein anderes Kaliber war. Sie war unberechenbar, sie machte sich Gedanken, sie spielte mit ihm. Sie war großartig! Vor ihr musste er wirklich Angst haben. Sie prügelte ihm vielleicht nicht die blauen Flecken auf den Arsch, aber sie war durchtrieben und gefährlich.

Er war ihr verfallen, und er liebte das!

Aber diese Gedanken kamen ihm erst später, als es zu spät war, wenn er so wollte.

In jenem Moment klickten die Handschellen nach einiger Fummelei hinter seinem Rücken und besiegelten sein Schicksal.

Obwohl er nun gefesselt war, blieb sie auf der Couch sitzen, mit übergeschlagenen Beinen und unergründlichem Lächeln.

Sie sah so sexy aus.

Ein hinterhältiges Luder in der Aufmachung einer harmlosen Studentin.

Er wusste nicht, was nun kommen würde.

Ihren Worten traute er nicht mehr, aber er vertraute ihr.

Sie war nun seine Traumfrau.

Michael war gespannt, wohin ihre Reise gehen sollte.

Alina war es auch.

+ + +

Sie war ein wenig erstaunt, wie leicht das doch ging, wie gefügig er war.

Männer galten ja gemeinhin als hormongesteuert, aber dass es so einfach war!

Langsam stand sie auf. Sie hatte den Kulturbeutel in der Hand.

Seine Augen lagen auf ihr, gierig und voller Verlangen, aber eben auch ein wenig sorgenvoll. Immerhin hatte er sich ihr ausgeliefert, saß da gefesselt und hilflos vor ihr.

Alina ließ ihren Blick nicht von Michael. Sie war sich ihrer Bewegungen sehr bewusst, jeder einzelnen.

Sie fühlte sich wie eine Frau. Das war nicht neu, aber jetzt war es anders.

Nie zuvor hatte ein Mann sie so sehr begehrt wie in diesem Moment. Zumindest vermutete sie das. Ihr schien, dass sie noch nie so wenig hatte tun müssen, um einen Mann anzumachen.

Es war ihr recht. Sie war gerne begehrt, und sie war gerne sexy.

Sie ging langsam auf ihn zu, ihre Hüften schwangen mit jedem Schritt etwas mehr, als sie gemusst hätten.

Michael hielt seinen Blick auf sie gerichtet.

„Du bist leichtsinnig!“, hauchte sie ihm ins Ohr.

„Warum?“

„Ich kann jetzt alles mit dir machen!“

„Mach es bitte! Alles! Mach alles mit mir!“

„Du solltest nicht gierig werden, und du solltest nicht leichtsinnig werden! Wer weiß, was ich mit dir vorhabe. „

Sie trat hinter ihn, dass er sie nicht mehr sehen konnte.

Sanft streichelte sie ihm über das Haar.

„Ich möchte dich sehen. „, flüsterte sie ihm ins Ohr, sie nahm den Kulturbeutel und holte eine kleine Nagelschere heraus.

„Natürlich!“

„Leider hast du dein Hemd noch an!“

Sie hielt ihm die Nagelschere vors Gesicht und dann an den obersten geschlossenen Knopf.

„Teures Hemd?“, fragte sie.

„Maßgeschneidert!“

„Oh! Dann sollten wir es vielleicht ganz lassen, und alles abblasen!“

„Nein, nein, bitte nicht! Schneide es auf, wenn du willst!“

„Sicher? Das teure Hemd!“

Aber Alina wartete nicht auf seine Antwort, sie schnitt das Garn durch und der Knopf flog in hohem Bogen durch das Zimmer und fiel klappernd irgendwo in die Ecke.

Mit den nächsten machte sie es ebenso, bis sein Hemd ganz offen war. Sie trat vor ihn, beugte sich zu ihm, bis ihre Gesichter sich ganz nah waren. Michael glaubte schon, sie wolle ihn küssen, stattdessen riss sie mit aller Kraft das Hemd über seine Schultern. Das Reißen der Nähte durchschnitt den ganzen Raum.

„Ich habe meinen Kulturbeutel mitgebracht. Die Schere hast du ja schon gesehen!“, meinte sie.

„Auf Reisen muss man immer mal waschen. Sie zog zwei Wäscheklammern heraus, öffnete und schloss sie vor Michaels Augen, dann setzte sie eine an Michaels linke Brustwarze. Als sie sich schloss, zischte er vor Schmerz auf.

„Ich will dich nicht jammern hören!“, meinte sie streng, und Michael versuchte sich zu beherrschen, als die zweite Klammer in seine rechte Brustwarze biss.

Sie trat einen Schritt zurück und sah Michael an.

„Weißt du, ich habe so ein bisschen das Gefühl, dass du nicht ehrlich mit mir bist!“

„Wie kommst du darauf?“

„Ich habe dir befohlen, dass du ohne meine Zustimmung nicht an dir herumspielen darfst. Erinnerst du dich?“

Er nickte.

„Ich weiß ja nicht, wie es dir geht, aber ich habe schon Schwierigkeiten, meine Finger an mir zu halten, und ich darf das.

Ich muss niemanden um Erlaubnis fragen! Ich kann meine fünf Freunde jederzeit benutzen! Sie hielt ihm ihre rechte Hand vor das Gesicht, küsste ihren Mittelfinger und legte ihn sanft auf seine Lippen.

Wenn ich sehe, wie scharf du bist, dann frage ich mich, wie du das aushältst. „

Michael wusste nicht, ob er antworten sollte. Er entschied sich, still zu bleiben.

„Du sagst ja gar nichts! Aber ich finde das auch besser so!“ Sie griff wieder in ihren Kulturbeutel und zog einen Frotteewaschlappen hervor, mit dem sie vor Michaels Augen hin und her wedelte.

„Den benutze ich, um meinen Körper zu reinigen. Weißt du, wo der schon alles war?“ Sie lachte und deutete vage an, wie sie sich damit zwischen den Beinen wusch. Es war eine vulgäre Bewegung, aber sie wollte in diesem Moment vulgär sein.

Michaels Kopfkino musste explodieren.

Sie wunderte sich selbst ein wenig vor ihrer Offenherzigkeit.

Alina rollte den Lappen zusammen und stopfte ihn Michael in den Mund.

„Damit du nicht so viel quatschst!“

Michael schnaufte durch die Nase.

„Aber zurück zum Thema! Wie hältst du das mit deinen Hormonen aus?“

Sie schnippte mit ihrem Finger gegen eine der Wäscheklammern an seiner Brustwarze.

Der Schmerz, der zu einem dumpfen Pochen verklungen war, war sofort wieder da.

„Oder hältst du das gar nicht aus, weil du es dir nach Lust und Laune selbst besorgst?“

Er sah sie mit großen Augen an, froh, nicht antworten zu können.

„Ich habe nämlich ein wenig Zweifel an deiner Bereitschaft, meine Autorität anzuerkennen. Wie soll ich denn Vertrauen haben, wenn du mich so dreist hintergehst?“

Michael antwortete nicht.

„Also, wie sieht es aus? Habe ich Recht? Ach, sag besser nichts!“

Sie ging langsam und stumm um ihn herum, wie eine Raubkatze, die ihre Beute umkreist.

„Ein paar Sachen habe ich noch in meiner Kulturtasche!“

Sie zog einen ziemlich roten Lippenstift heraus.

Alina hatte sich den mal gekauft. Er war sogar teuer gewesen, aber auch viel zu grell. Er passte nicht zu ihr. Aber er reichte, um ihn Michael ins Gesicht zu schmieren.

Alina hielt ihm das Teil vors Gesicht.

„Du könntest ein wenig Farbe gebrauchen, finde ich!“

Er sträubte sich, versuchte den Kopf wegzudrehen, als sie näher kam, aber Alina packte ihn grob an den Haaren und fixierte so seinen Kopf.

„Nicht so widerspenstig!“

Sie drückte den Lippenstift hart auf seinen Mund und verschmierte ihn. Michael schaute angewidert und versuchte seine Lippen klein zu machen.

Alina war erstaunt, wie sehr er sich sträubte.

„Was stellst du dich so an? Ich mach dich hübsch. Als wärst du meine kleine Freundin!“

Er schüttelte den Kopf.

„Magst du das nicht?“ Alina lachte.

„Willst du nicht meine kleine Schlampe sein?“

Alina erkannte seinen Widerwillen. Er schien nicht gespielt. Aber gerade das törnte sie an.

„Wenn du dich so sträubst, dann mache ich es erst recht! Je mehr du zickst, desto länger spiele ich an dir herum! Weißt du warum?“

Er schüttelte den Kopf.

„Weil ich es kann! Und du kannst nichts dagegen tun!“ Sie lachte.

Alina werkelte noch ein wenig mit dem Lippenstift herum. Michael sah schon ziemlich lächerlich aus, wie er da saß mit roten, verschmierten Lippen. Aber sie war noch nicht fertig.

Sie kramte in ihrem Kulturbeutel und fand ihr Rouge. Sie klappte den Deckel hoch und verteilte großzügig mit einem Pinsel zu kräftiges Rouge auf seinen Wangen.

Er schüttelte wieder den Kopf und bäumte sich gegen seine Fesseln auf und zerrte an den Handschellen.

Alina sah, wie sich seine Muskeln anspannten. Die beiden Wäscheklammern tanzten an seinen Brustwarzen, als er sich bewegte. Das musste doch wehtun!

Er sah eigentlich noch ganz fit aus für sein Alter.

Doch nun reichte es Alina, und ohne nachzudenken, gab sie ihm eine Backpfeife, die schallender ausfiel, als sie das vorgehabt hatte.

„Schluss jetzt!“, herrschte sie ihn an.

Sie erschrak selbst über das schallende Geräusch, das sie verursacht hatte, und ihre Hand brannte. Es war nicht ihre Absicht gewesen, ihn zu verletzen. Ihr Handabdruck war klar auf seiner Backe zu sehen.

Michael starrte sie stumm an.

In seinen Augen fand Alina Respekt, vielleicht gar ein wenig Angst.

Alina hatte einen Nerv bei Michael getroffen. Sie nahm an, dass es die Feminisierung war, die ihn zu der Reaktion verleitete.

Es konnte aber auch seine Fesselung sein.

„Stell dich nicht so an!“, blaffte sie. „Und jetzt halt still. Noch ein bisschen Cajal, um deine schönen Augen zu betonen, und dann siehst du total süß aus!“

Er hielt wirklich still, als sie ihm die Augen machte, obwohl er sie wütend anstarrte, als wären seine Augen glühende Dolche. Aber stoisch ignorierte Alina dies. Als sie fertig war, trat sie einen Schritt zurück und meinte stolz:

„Jetzt schau dich mal an! Wie eine bezaubernde kleine Dame!“ Sie klatschte entzückt in die Hände, kramte den Schminkspiegel hervor und hielt ihn Michael vors Gesicht.

Der grunzte böse.

„Gefällt's dir nicht?“, fragte Alina mit gespielter Sorge. „Ach das wird schon. Ich finde, du siehst wunderbar aus! Wir sollten das für die Ewigkeit festhalten!“

Sie kramte ihr iPhone heraus und machte ein paar Fotos.

„Wunderbar!“ Sie lachte wieder. „Wer weiß, wem wir die alle zeigen können!“

Sie schaute sich die Fotos an und zeigte sie dann Michael, der nur in den Knebel grunzen konnte.

Dann ging sie zurück zum Sofa, setzte sich und schlug die Beine übereinander.

Bis jetzt war alles nach Plan gegangen, aber nun sollte das Finale kommen! Sie war gespannt.

Doch zuvor genoss sie den Augenblick.

Michael mit Frotteewaschlappen im Mund, mit auf den Rücken gefesselten Händen, zwei Wäscheklammern an seinen Brustwarzen und aufgetakelt wie eine durchgeknallte Dame.

Der Anblick war göttlich!

Sie nahm noch einmal ihr Handy heraus, dirigierte ihn ein wenig und machte ein paar Fotos.

„Lächeln! … Gut so! … Den Kopf nach links! Wunderbar!“

Michael sah sie mit finsterer Miene an.

Schließlich steckte sie ihr Handy wieder weg und meinte:

„Ich habe immer noch keine Antwort, wie du das schaffst, dich so im Zaum zu halten. Du hast mich noch kein einziges Mal um Erlaubnis gebeten, abspritzen zu können. Ich finde, das zeigt entweder eine beachtliche Selbstdisziplin oder dass du mich hintergehst.

Wie siehst du das?“

Michael grunzte unverständlich.

„Aber ich bin mal großzügig und nehme an, dass du wirklich so viel Selbstbeherrschung hast. „

Sie sah ihn an, aber er starrte nur ausdruckslos zurück.

Eine Antwort hätte auch nur ihren Plan sabotiert, denn ihr Ziel war ein anderes. Sie fuhr fort:

„Und deshalb möchte ich dich belohnen! Ja, du hast richtig gehört.

Ich möchte dich belohnen! Du warst echt brav in den letzten Tagen. Du hast alles getan, was ich so von dir wollte, du hast dich nie beschwert. Dann hast du diese netten Pläne zur Umstrukturierung gemacht. Die klingen echt gut! Es war bestimmt nicht immer leicht. “ Sie gab sich Mühe, ein wenig herablassend zu klingen.

„Ich finde, dafür hast du eine Belohnung verdient. Was meinst du?“

Sie sah ihm an, dass er nicht wusste, was er davon halten sollte.

„Oder willst du keine Belohnung?“ Sie spielte mit ihm, und er schüttelte sofort den Kopf.

„Nein, du willst keine Belohnung?“

Sie tat enttäuscht, und ignorierte sein heftiges Nicken zunächst.

„Jetzt willst du doch deine Belohnung?“

Er nickte heftiger und grunzte in den Knebel.

„Bist du sicher? Du scheinst mir nicht sehr überzeugt!“

Er nickte weiter.

„Na gut. Dann sollst du deine Belohnung bekommen! Meinst du, du kannst von dem Stuhl aufstehen?“

Er erhob sich langsam von dem Stuhl und versuchte die Arme über die Rückenlehne zu heben.

„Vorsicht!“, ermahnte sie in mit gespielter Besorgnis.

Er verhakte sich einmal, aber am Ende hatte er die Arme befreit und stand nun. Hinter dem Rücken gefesselt waren seine Hände allerdings immer noch.

„Bravo! Das hast du gut gemacht!“ Sie klatschte in die Hände, als wäre sie wirklich stolz auf ihn.

„Aber mir gefällt es besser, wenn du auf den Knien bist. Das symbolisiert unser Verhältnis zueinander passender, findest du nicht auch?“

Er ließ sich auf die Knie sinken.

„Fall nicht um!“

Er tat es nicht.

„Und jetzt komm was näher gekrochen! Hierhin!“ Sie zeigte vor ihre Füße.

Es war für ihn mühselig, sich schrittweise nach vorne zu robben, und es sah lächerlich aus, aber er schaffte es. Er tat es nicht zum ersten Mal.

„Brav machst du das!“ Sie lächelte mit gespielter Milde und machte eine kleine Pause. Der nächste Befehl sollte perfekt rüberkommen. Sie war selbst ein wenig aufgeregt, was ja eigentlich albern war.

„Ich finde, du hast dir einen Orgasmus verdient!“

Sie sah, wie seine Augen sich weiteten.

„Freust du dich?“

Alina wartete sein Nicken ab.

„Ich hoffe, du glaubst nicht, dass wir beide miteinander schlafen!“ Sie lachte, als fände sie den Gedanken selbst absurd. „Aber einen kleinen Orgasmus hast du dir verdient, wie ich finde!“

Sie machte eine Pause und sagte dann: „Du darfst beginnen!“

Er war verwirrt. Seine Arme waren hinter dem Rücken gefesselt, er kniete auf dem Boden.

Fragend sah er sie an.

„Du glaubst doch hoffentlich nicht, dass ich Hand anlege oder? Ich will deinen Schmier nachher nicht an den Händen haben. „

Er zuckte mit den Schultern.

„Aber weil du so ein braves kleines Hündchen bist, ein Pudelchen, wenn ich mir dein Makeup so ansehe, da darfst du es so machen wie läufige kleine Hundchen!“

Sie streckte ihr linkes Bein vor.

„Hieran kannst du dich reiben!“

Er sah sie an.

„Wie ein kleines Hundchen!“

Alina war in ihrem Spiel gefangen, dass sie selbst unglaublich erregt war. Sie hätte nie gedacht, dass sie so viel Freude empfinden konnte, jemanden zu demütigen. Es machte ihr schon fast ein wenig Angst. Aber nicht in diesem Moment. In diesem Moment war ihr das überheblich Gönnerhafte ins Gesicht gemeißelt.

Sie war ein Miststück, und sie wusste es. Es war wie schwarzes Blut, das durch ihre Adern floss und sie mit geiler Boshaftigkeit infizierte. Wie ein wildes Pferd über das sie die Kontrolle verloren hatte und das sie von einer Gemeinheit zur nächsten trug. Sie konnte nichts tun, als sich an seiner rabenschwarzen Mähne festzuhalten und seine Kraft und Macht zu genießen.

Michael sah sie entsetzt an. Aber sie erkannte auch seine Erregung.

Er sollte sich an ihrem Bein zu einem Orgasmus reiben!

Sie sah ihm an, wie erniedrigend das für ihn sein musste.

„Du weißt, dass danach zwischen uns alles anders ist? Wenn du dich so vor mir erniedrigst. „

Er sah sie lange an, dann nickte er.

„Das sind keine Spielchen mehr. Ich unterwerfe dich. Du musst es nicht tun.

Aber wenn du es tust, dann wissen wir beide für immer, was hier passiert ist. Dann hast du dich zu meinem Hundchen gemacht. “

Er nickte.

„Dein Makeup kann man wegwischen, die Fotos löschen. Aber diese Sache hier bleibt! Wir beide werden immer wissen, dass du dir an meinem Bein einen runtergeholt hast!“

Er nickte.

„Wenn du es willst: Dann los!“

Es kostete ihn Überwindung.

Alina genoss es. Ihr Herz schlug, und in ihrem Schoß pochte es.

Dann kroch er langsam vor. Es war immer noch mühsam.

Alina winkelte ihr Bein ein wenig an.

Er war nun nah an der Couch, seine Beine bereits zwischen ihrem. Er sah sie noch einmal an, als wollte er ihr noch eine Gelegenheit geben, ihre Meinung zu ändern, sich vielleicht zu ihm vorzubeugen, und ihn leidenschaftlich zu küssen.

Sie konnten sich über den Boden wälzen. Alina hätte immer noch alle Macht über ihn, gefesselt wie er war. Aber wollte er das lieber als die Erniedrigung, die er im Begriff war sich abzuholen?

Alina betrachtete ihr Bein. Es war frisch rasiert und eingecremt. Sie war vorbereitet.

Er berührte nun ihr Schienbein. Alina spürte seine Erektion. Es war seltsam. Michael rutschte noch etwas nach vorne, und dann hatte er seine Position gefunden.

Langsam und vorsichtig bewegte er seine Hüften nach vorne und zurück, übte mit seinem Steifen rhythmisch Druck auf ihr Bein aus. Er bewegte sich langsam.

Sie fand das gut. Er sollte es genießen.

Aber im nächsten Moment nahm er an Fahrt auf. Er hatte sich vorgebeugt und war mit sich selbst beschäftigt. Alina spürte, dass es alles schnell gehen würde. Er schnaufte schon schwer in den Knebel.

Aber sie konnte nicht zulassen, dass er seinen Höhepunkt ohne sie erfuhr. So griff sie in seine Haare und riss seinen Kopf hoch, und sie starrte ihm in die Augen. Ihre Blicke verschränkten sich, und sie ließ ihn nicht mehr los. Er sollte wissen, wem er das zu verdanken hatte. Wer ihn beherrschte.

Seine Bewegungen wurden augenblicklich noch schneller, das Grunzen lauter. Wie ein geiler Eber keuchte er.

Sie starrte ihn an, hatte immer noch seine Haare in der rechten Hand. Als sie spürte, dass er kurz vor dem Höhepunkt war, gab sie ihm mit ihren Augen ein Zeichen, und im nächsten Moment wusch der Höhepunkt über ihn. Mit einem befreienden Grunzen. Sie riss seinen Kopf grob zurück und mit der anderen Hand schlug sie die Wäscheklammern ab, die immer noch an seinen Brustwarzen klemmten. Der plötzlich einsetzende Schmerz, als das Blut in seine tauben Nerven fuhr, brachte ihn zu einem durch den Stoff in seinem Mund gedämpften Schrei, der dennoch so laut war, dass Alina sich fragte, ob die Nachbarn ihn mitbekommen hatten.

Und während all dem starrten sie beide sich an, und Alina hatte das Gefühl, als hätte sie seine Seele geraubt, als gehöre er nun ihr.

Am Ende sank er vollkommen erschöpft auf ihr zusammen. Ihr Kleid war hochgerutscht, und seine Brust lag nun warm auf ihrem Schenkel. Sie spürte, wie sein Brustkorb sich hob und senkte. Sein Kopf lag in ihrem Schoß. Durch das dünne Kleid spürte sie seinen schweren Atem.

Sie ließ ihm diesen Moment und streichelte seine Haare wie einem Kind, das man tröstet.

Brauchte er Trost? Er hatte sich ihr immerhin hingegeben.

Die beiden lagen noch einige Augenblicke dort.

Als er wieder einigermaßen zu sich gekommen war, rollte sie ihn von sich und stand auf.

Er wollte sie nicht ansehen, ließ den Kopf auf dem Sofa.

Es war ihr recht.

Sie kramte die Schlüssel zu den Handschellen hervor, öffnete sie und warf sie achtlos auf den Boden.

Ein wenig unschlüssig stand sie über ihm. Sie hatte alles so schön geplant, und es war alles so großartig Realität geworden.

Ein letztes Mal griff sie in seine Haare und drehte seinen Kopf zu ihr, dieses Mal aber sanft und mütterlich.

„Wir wissen beide, was hier gerade passiert ist. „, hauchte sie leise.

Er nickte.

„Gut!“, sagte sie, öffnete seine Handschellen und verließ dann seine Wohnung.

Als sie hinausging, spürte sie an ihrem Schienbein die Feuchtigkeit, die sein Höhepunkt auf ihr hinterlassen hatte.

Kapitel 19 WAHRE MÄNNLICHKEIT

Es bereitete ihm schon ein wenig Sorge, was da in ihm vorging.

Michael konnte sich nicht entsinnen, wann er einen großartigeren Orgasmus erlebt hatte, und dabei hatte er nicht mal Sex gemacht, er hatte sich am Bein einer Studentin gerieben.

War das alles noch in Ordnung?

Die Wucht seiner Gefühle war schon ein wenig schockierend.

Es war nicht zu verhehlen, dass er da etwas in sich gefunden hatte, das er nicht in sich vermutet hatte.

Er war niemand, der in der Vergangenheit lebte, aber an dieses Ereignis würde er sich noch lange erinnern.

So eine Frau wie Alina hatte er gesucht. Er hatte nicht unbedingt Verlustängste, war nicht unbedingt eifersüchtig, aber ihm war bewusst, dass er sich nicht sicher sein konnte, dass sie ihm nicht verloren ging.

Michael fand, dass es eine gute Idee wäre, sie zunächst einmal gut zu bezahlen, und so gab er ihr eine Gehaltserhöhung, obwohl sie noch gar keinen Lohn vereinbart hatten.

Es war abgemacht, dass er die Miete für ihre Dachgeschosswohnung übernehmen würde. Er überwies diese Summe also auf das Konto des Unternehmens von seinem Vater. Er würde einfach behaupten, dass Alina ihre Miete immer bar zahlte, wenn der Buchhalter seines Vaters ihn fragte. Er würde das bestimmt tun, denn dem fiel alles auf. Gleichzeitig überwies Michael Alina noch einmal 1000 Euro für ihre Tätigkeit als Buchhalterin. Er hatte keine Ahnung, wie viel man solchen geringfügig beschäftigten Angestellten bezahlte.

Aber er hatte schon etwas von Mindestlohn gehört und den Arbeitsbedingungen bei Amazon, die zu Protesten geführt hatten.

Er wollte, dass Alina zufrieden war. 1000 Euro plus die Miete erschienen ihm auch nicht zu viel. Sie hatte immerhin dazu beigetragen, dass er mit mehr Elan vorging, und die Kunden, die er sich geangelt hatte, die brachten ihm so viel Umsatz, dass er die Summe locker reinbrachte. Es war in seinen Augen also ein gutes Investment.

Nachdem das Geschäftliche abgehakt war, ließ Michael ihr letztes Treffen Revue passieren.

Vor allem diese Schminkerei! Er hatte sich noch keine Gedanken über seine devote Rolle gemacht, hatte sich bisher immer als normalen und potenten Mann gesehen, der vielleicht eine nicht ganz alltägliche, aber auch nicht total ungewöhnliche Neigung hatte. Und dann kam sie mit ihrer Schminke, mit Lippenstift, Rouge und Cajal und demütigte ihn, indem sie ihn zu einer Frau machte.

Wenn es eine Grenze gab, dann die.

Er war keine Tunte, keine Drag Queen!

Dieses Schminken war eine Sache, die ein Tabu für ihn war.

Punkt.

Und doch hatte es ihn scharf gemacht, dass sie sich nicht darum geschert hatte, dass sie ihn geschminkt hatte, obwohl er es nicht wollte.

Er wollte die Fotos, die sie geschossen hatte, nicht sehen.

Er stellte sich vor, dass er so rüberkam wie dieses Plakat, das die Schwulenbewegung in Russland in Umlauf gebracht hatte. Dieses, auf dem Vladimir Putin geschminkt war.

Er konnte sich vorstellen, wie sehr der Macho Putin dieses Poster hassen musste. Er musste es als einen Angriff auf seine Männlichkeit verstehen.

Unter keinen Umständen durfte jemand diese Fotos sehen. Er wäre erledigt, wenn das rauskäme!

Kapitel 20 AUF DER PISTE

„Caipi, Caipi, Caipi“, brüllte es in ihr linkes Ohr.

„Pipi, Pipi, Pipi!“ in ihr rechtes.

Es war Freitag. Mädelsabend auf Alinas erster Mensaparty.

Brasilien war das Thema und während Michelle noch Calpirinha bestellen wollte, musste Laura dringend vorher aufs Örtchen.

Sie hatten vorgeglüht, und nun galt es das Studentenleben zu genießen. Bisher war das alles eher einschüchternd gewesen. Was man von jungen Studentinnen wie Alina erwartete, war schon eine Menge.

Es schien alles kompliziert und verwirrend. Dass das Studentenleben so eine tolle Sache war, konnte Alina bislang jedenfalls nicht bestätigen.

Aber jetzt war alles anders! Die drei waren auf der Piste.

Die Bässe wummerten, die Discokugel streichelte sie regelmäßig mit ihren Lichtstrahlen.

Die Füße waren leicht und flatterten über die Tanzfläche. Alina trug ihre neuen Killerpumps. Sie waren verdammt hochhackig, aber sie sah darin auch verdammt großartig aus.

Musik der Neunziger. Sie sangen sich die Seele aus dem Leib, und glücklicherweise war die Musik laut genug, dass sie niemand hören musste.

Pipi war nicht, dafür Caipi.

Die nächste Runde wurde herangeschleppt.

Es gab nichts anderes als die Party.

Irgendwann waren sie dann nicht mehr zu dritt, sie waren zu sechst.

Da waren diese drei Typen.

Alina wusste nicht, wo die herkamen, sie wusste auch nicht, wie sie hießen. Sie waren irgendwann einfach da.

Ein kleiner Blonder (Carsten) hatte seine Hand in der kleinen Kurve von Michelles Rücken. Ein bisschen zu nah vielleicht an ihrem Hintern. Laura hatte ihre Lippen quasi in den Ohren dieses großgewachsenen Latin Lovers (Manfredo). Sie brüllte ihm irgendwas ins Ohr, und er nickte und lachte. Alina glaubte nicht, dass er wirklich verstand, was sie sagte.

Die Musik war einfach zu laut. Aber vielleicht war es auch nicht so wichtig, was Laura sagte, vielleicht war es wichtiger, dass sie ihm ins Ohr blies.

Neben Alina stand Tim. Philosophie studierte er oder Anglistik. Sie hatte es schon wieder vergessen. Er ging nicht ganz so schnell ran wie der kleine Blonde, er hatte auch nicht das gewisse Etwas. Aber er bemühte sich um Alina. Sie hätte lieber den kleinen Blonden genommen, aber Tim der Philosoph war nun derjenige, der für Alina übrig geblieben war.

Aber ihr war auch mehr nach Tanzen und Alkohol als nach Typen. Auf Flirten hatte sie keinen Bock, obwohl sie es irgendwie nett fand, wie sehr er sich um sie bemühte.

Alina ging auf die Tanzfläche. Michelle und Tim knutschten schon in einer Ecke, und die Hand des Blonden knetete nun ziemlich aufdringlich ihren Hintern und rutschte noch tiefer. Laura und ihr Latin Lover wechselten sich ab, sich gegenseitig ins Ohr zu brüllen.

Sie standen sich so nah, dass Lauras Brüste gegen den muskulösen Körper des Typen pressten. Das Licht der Discokugel erleuchtete für einen Augenblick Lauras Zunge, die sie im Ohr ihres Gegenübers versenkte. Er lachte. Im nächsten Moment wandte er sich ihr zu und biss in ihr Ohrläppchen.

Alina stellte sich vor, dass er ein geschickter Taschendieb wäre, der ihr mit Lippen und Zunge ihren Ohrring klauen wollte.

Alina ging auf die Tanzfläche, warf die Arme in die Luft, schloss die Augen und vergaß sich.

Erst als die Musik langsamer und schlechter wurde, fiel ihr auf, dass sie Tim hatte stehen lassen. Sie zuckte mit den Schultern. Es war nicht nett gewesen, aber er hatte sicherlich verstanden, dass ihr nicht danach war. Doch als sie eine Pirouette drehte, sah sie ihn, wie er etwas linkisch neben ihr tanzte. Er lächelte sie an und nickte ihr zu, wie um zu zeigen, dass die Musik gut war.

Sie war es aber gerade nicht mehr. Alina drehte ihm den Rücken zu und tanzte für sich. Er würde es irgendwann schon verstehen.

Sie vergaß ihn dann auch und gab sich der Musik hin. Wenn sie die Augen schloss, war Tim der philosophische Engländer auch schnell verschwunden.

Als Alina zu ihrem Tisch zurückkam, versuchten die zwei Pärchen miteinander zu kommunizieren. Alina beteiligte sich nicht. Schließlich brüllte Laura ihr ins Ohr, dass sie gehen wollten.

Sie wollten alle zusammen zu dem Blonden gehen.

Alina gefiel der Gedanke nicht sonderlich. Nicht, weil ihr Tim nicht gefiel. Sie hatte ihm keine richtige Chance gegeben. Wenn sie sich mit ihm unterhielte, könnte er sich vielleicht als ein interessanter Typ darstellen. Aber sie wollte es gar nicht herausfinden. Sie brauchte keinen One-Night-Stand, und sie brauchte keine Beziehung. Sie hatte zuhause schon Michael sitzen, der ihre ganze Zeit in Anspruch nahm.

Sie brauchte nicht noch jemanden.

Sie bildete sich ein, dass sie zuhause jemanden sitzen hatte, mit dem sie machen konnte, was sie wollte. Sie musste keine Rücksicht nehmen. Sie musste sich am nächsten Morgen nicht aus dem Zimmer stehlen oder einen unangenehmen Abschied über sich ergehen lassen. Sie musste keinem Typen und sich nichts vormachen.

Trotz ihres Alkoholspiegels überraschte sie diese Einstellung.

Und wenn sie noch einen Grund brauchte, sich der Gruppe nicht anzuschließen, dann war es die Tatsache, dass ihre Füße sie in den Pumps mittlerweile umbrachten.

Sie stellte sich vor, dass ihre Füße zu rohen Fleischklopsen mutiert waren. Die wollte sie beim besten Willen niemandem zeigen. Schon gar nicht dem Tim-Philosophen.

Alina wollte keine Diskussionen, und deshalb brüllte sie Laura ins Ohr, dass sie noch etwas zu erledigen hätte und nachkommen würde.

Als ihre beiden Freundinnen mit ihren Eroberungen abzogen, blieb Tim stumm und erwartungsvoll bei ihr.

Sie exte noch ihren Calpirinha und zur Sicherheit auch noch den von Tim, damit es schneller ging.

Sie gab ihm zu verstehen, dass sie auf die Toilette musste, schlich sich aber aus der Disko und sprang in ein Taxi. Für eine spontane Idee war das eine großartige Sache, wie sie fand. Auch wenn es vielleicht ein wenig arschig war.

Der Taxifahrer war ein junger, sympathischer Türke, und Alina, die froh war, dass sie sich so klug aus der Affäre gezogen hatte, erzählte ihm von ihrem Abend und ihrem Leben.

Augenblicklich war sie besserer Stimmung, und so brachte sie den Mann dazu, an einer Tanke zu halten, wo sie sich noch zwei Piccolo besorgte und Mesut dem Taxifahrer, der keinen wollte, weil er arbeitete, eine Dose Red Bull. Sie ließ ihn noch dreimal um den Block fahren, weil sie mit ihrer Geschichte noch nicht am Ende war. Schließlich endete ihre Story damit, dass sie von Michael erzählte. Nur vage natürlich, sie nannte keine Namen, bezeichnete ihn nur als älteren Mann.

Mesut konnte es nicht glauben, und die beiden lachten sich schlapp über Michael, über alles, was sie alles mit ihm anstellte.

Sie gab Mesut ein fettes Trinkgeld, winkte ihm noch nach, trank den ersten Piccolo aus und torkelte dann ins Haus.

Die Treppenstufen erschienen ihr mehr geworden zu sein, als hätten sie noch ein paar Etagen eingezogen, seit sie das Haus am frühen Abend verlassen hatte.

Und da sie ihren zweiten Piccolo noch hatte und Michaels Wohnung schöner war als ihre eigene und vor allem eine Etage niedriger lag, entschied sie sich dazu, bei ihm eine Stippvisite zu machen.

Kapitel 21 NACHTWACHE

Michael schreckte aus seinen Gedanken hoch.

Erst klingelte es, dann, wenige Augenblicke später, wummerte es an seiner Wohnungstür.

Ein schneller Blick auf seine Uhr verriet ihm, dass es drei Uhr in der Früh war, und Michael kniete nackt in seiner Abstellkammer, die er dieses Mal nicht ausgeräumt hatte.

Er kniete dort und stellte sich vor, wie Alina vor ihm stand, in ihrem dünnen Kleid, das ihre Beine so schön betonte. Er stellte sich vor, wie sie ihm Befehle gab, wie sie ihn auslachte, und wie sie ihn zwang, Dinge zu tun, die er nicht tun wollte.

„Hey! Mach auf!“, brüllte es durch die Tür.

Michael war in einer Mischung aus Panik und Ärger.

Alina brüllte das ganze Haus wach.

Sie war offensichtlich betrunken.

Wenn sie jetzt was Falsches sagte, wussten all seine Nachbarn Bescheid über die Sache zwischen ihnen. Gleichzeitig aber fühlte er sich auch erwischt, immerhin kauerte er nackt in der Abstellkammer und nun kam ihm auch Alinas Verbot an sich herumzumachen wieder in den Sinn. Er hatte das bisher nicht so ernst genommen, auch wenn sie ihm offensichtlich auf die Schliche gekommen war. Wie sollte sie herausfinden, was er in seiner Freizeit machte, und wenn er ehrlich war, fand er es auch ein bisschen extrem, dass sie meinte, sich so weit in sein Leben mischen zu müssen.

Auch darüber müssten sie vielleicht mal reden, aber nicht in diesem Moment. In diesem Moment fühlte er sich nur ertappt.

Er stolperte aus der Abstellkammer, knallte die Türe hinter sich zu, rief in Richtung der geschlossenen Tür:

„Einen Moment, ich komme!“

Dann stürmte er in sein Schlafzimmer, zog sich seine Jeans an, für die Shorts hatte er keine Zeit, und ein T-Shirt, das schon ein wenig nach Schweiß roch.

Als er den Reißverschluss hochzog, klemmte er sich auch noch sein bestes Stück ein. Michael fluchte und lief zur Tür.

Als er die Tür öffnete, fiel ihm Alina entgegen. Er fing sie auf, bevor sie auf den Boden knallte, und er roch den Alkohol in ihrem Atem.

„Das wurde aber auch Zeit, mein kleiner Sklave!“, lachte sie, aber als sie das letzte Wort herausgrölte, hatte er die Türe schon wieder hinter ihr geschlossen.

„Das hat aber verdammt lange gedauert!“

„Tut mir leid, ich war schon im Bett. “

„Von unten habe ich Licht bei dir gesehen. „

„Muss ich vergessen haben auszumachen. „

„Und warum hast du Klamotten an? Hast du keinen Schlafanzug oder so? Schläfst du etwa in Jeans?“

„Ich habe mir schnell was übergeworfen, konnte ja nicht wissen, dass du das bist.

Hätte ja jeder sein können!“

„Du meinst ein Klient? Eine Klientin vielleicht? Kommen die oft nachts noch so vorbei?“ Alina lachte dreckig, aber es klang ein wenig wie das Grunzen eines Schweinchens.

Er folgte ihr, als sie zur Couch in seinem Wohnzimmer wankte und sich darauf fallen ließ.

Dezent und ohne dass Alina das merkte, löschte er noch das Licht in der Abstellkammer.

„Wo ist mein kleiner Sklave?“, rief Alina.

„Hier bin ich! Was kann ich für dich tun?“

„So ist es richtig! Du kannst was für mich tun! Heute wirst du was für mich tun! Bislang habe ich nur immer für dich getan, und du hast genossen! Jetzt bin ich dran!“

„Wie kann ich dir behilflich sein?“, fragte Michael, aber es war keine Demut in seiner Stimme.

Eher war er verärgert.

„Erstens will ich einen Drink! Einen Whiskey! Mit Eis! Und dann kannst du mir die Füße massieren! Die tun mir so richtig scheißweh! Scheißweh!“, wiederholte sie. Alina versuchte ihre Pumps abzustreifen, aber sie kam nicht weit, dann zischte sie vor Schmerz:

„Au, au, au! Komm her, Sklave, und zieh mir die Schuhe aus! Du darfst meine göttlichen Füße liebkosen!“ Sie lachte.

Michael kniete sich vor sie und zog ihr die Pumps langsam vom Fuß, allerdings nicht ohne sich einige Vorwürfe gefallen lassen zu müssen.

„Vorsicht verdammt, du Grobmotoriker!“

Sie lachte.

„Massier mir die Füße! Komm schon! Das macht dich doch bestimmt geil!“

Sie lachte wieder gackernd.

„Du darfst sie mir auch sauber lecken! Und vielleicht lasse ich dich danach noch was anderes lecken!“

„Darf ich etwas Besseres vorschlagen?“ Er wartete nicht auf ihre Erlaubnis, sondern fuhr sofort fort: „Wie wäre es mit einem schönen, warmen Fußbad.

Wie wäre das?“ Ihm war nicht nach Spielchen, wenn sie in solch einer Verfassung war.

„Sehr gut! Genau! Ich erteile dir hiermit den Befehl, mir die Füße zu baden! Wie Cleopatra! Und außerdem will ich Spiegeleier! Jawohl! So endet man ein Besäufnis. Mit schönen Spiegeleiern! Ich hoffe, du hast Eier da!“

Bevor er antworten konnte, fügte sie hinzu: „Ich meine im Kühlschrank! Weißt du, wie ich das meine?“

Er nickte nicht einmal, sondern meinte nur:

„Ich bereite das Wasser vor!“

Damit verließ er das Wohnzimmer und füllte eine Wanne mit heißem Wasser und ein wenig Badesalz.

Den Wunsch nach dem Whiskey ignorierte er. Aber als er mit der Schüssel und einem Handtuch zurückkam, hatte sie schon ihren Piccolo aufgemacht und halb geleert.

Michael kniete sich vor sie, nahm ihre Füße, ließ sie langsam in das warme Wasser gleiten und massierte sie dann vorsichtig. Er hatte so etwas noch nie gemacht, aber er erinnerte sich an das Gespräch über Fußmassagen zwischen John Travolta und Samuel L.

Jackson in Pulp Fiction. Irgendwer vermittelte in dem Gespräch den Gedanken, dass Fußmassagen ein Zeichen der Männlichkeit wären. Michael konnte also damit leben, sich in diese Riege einzureihen. Er hatte auch etwas von John Travolta, wie er fand.

„Oh, das ist gut!“, schnurrte Alina. „Du bist der beste Sexsklave, den man sich wünschen kann! Ich glaube, ich lasse dich noch was ganz anderes massieren“ Sie lachte wieder und brabbelte noch eine Weile.

Aber Michael merkte, dass ihre Stimme leiser und immer unverständlicher wurde. Das warme Wasser und der Alkohol ermüdeten sie offensichtlich.

Einmal rülpste sie noch laut und stammelte dann:

„Oh Gott, fast hätte ich dir die Wohnung vollgereihert!“

Aber schnell fing die Müdigkeit sie wieder ein. Sie brabbelte, forderte von ihm noch einmal Spiegeleier, weil man die so aß, nach einer langen Nacht, brabbelte noch was, und irgendwann dann war sie ganz still.

Als Michael aufsah, war sie weggenickt. Ihr Mund stand offen und langsam rann ein Speichelfaden aus ihrem Mundwinkel.

Michael hob vorsichtig ihre Füße aus dem Bad, trocknete sie ab und nahm ihr den Piccolo aus den Händen.

Aus seinem Schlafzimmer holte er eine Decke und legte sie über Alina.

Er hatte so etwas noch nie gemacht. Sich um eine Frau derart gekümmert.

In seinen Kreisen war Stil immer wichtig. Man besoff sich nicht wahllos und ließ sich nicht so gehen. Seine Mutter hatte ihm das so eingebläut. Mehr oder weniger neureich, wie sie war, hatte sie auf das angemessene Auftreten der Familie viel Wert gelegt und das auch Michael vermittelt. Und der hatte immer daran geglaubt. Er hatte sich auch schon besoffen, auch hemmungslos, aber nie im Beisein einer Freundin, sondern allenfalls mit seinen Saufkumpanen und nie in der Stadt, immer nur auf Vacation.

Er fand, dass das ein Unterschied war.

Michael hatte sogar Gefallen daran gefunden, ihr zu helfen. Auch etwas, das er nicht für möglich gehalten hatte. In seiner Welt kaufte man sich Dienstleistungen wie Putzfrauen oder Köchinnen oder… andere.

Michael fand sich ziemlich fortschrittlich in seiner Entwicklung hin zu einem anderen Menschen. Diese ganze Sache zwischen ihnen war offensichtlich nicht nur etwas Sexuelles. Es veränderte ihn auch zum Guten.

Er machte mehr Umsatz, setzte sich mehr ein, massierte Frauenfüße und wischte Speichelfäden weg.

Michael überlegte, ob er in sein eigenes Bett gehen sollte, ob er Alina vielleicht hoch in ihr Bett tragen sollte, aber er entschied sich dagegen. Stattdessen schob er sich einen Sessel zurecht und setzte sich neben sie zu einer Nachtwache.

Wenn Alina am nächsten Morgen aufwachte, sollte sie ruhig wissen, dass er neben ihr gewacht hatte.

Es dauerte allerdings, bis er einschlief, denn der Alkohol brachte Alina dazu, recht laut und nervig zu schnarchen.

Dominas waren eben auch nicht perfekt.

Kapitel 22 WENN MAN WIEDER NÜCHTERN IST

Die Sonnenstrahlen stachen Alina in die Augen wie lange, rostige Nadeln.

Wo war sie?

Sie erinnerte sich, dass sie umgezogen war und sie nicht in ihrem alten Kinderzimmer lag.

Sie lag aber auch nicht in dem Bett in ihrer neuen Wohnung. Was sie da bedeckte, war nicht ihr geblümtes Plumeau.

Tim der Philosoph! Hatte sie doch mit ihm gepennt? Lag sie in seinem Bett, lag der vielleicht neben ihr? Musste sie sich leise aus dem Bett stehlen? Ihre Klamotten suchen und dann lautlos verschwinden? Scheiße. Aber das wäre der einzige Weg, denn sie erinnerte sich nicht mal daran, mit ihm gepoppt zu haben, und sie wollte ihn definitiv nicht sehen.

„Oh Gott!“

Sie erinnerte sich jetzt an einen türkischen Taxifahrer und Piccolos an der Tanke, und dann an viele Treppenstufen. Hatte sie den Taxifahrer vielleicht sogar vernascht?

Alina stöhnte.

Ihr Kopf war schwer, ihr Hals trocken, die Zunge belegt. Sie regte sich und bemerkte, dass sie verspannt war. Sie lag auch nicht in einem Bett, sondern auf einer Couch.

Alina schloss die Augen.

Das hier brauchte sie so gar nicht.

Sie wollte nicht auf Zehenspitzen durch eine fremde Wohnung tippeln, um ihre Klamotten zu finden.

Aber wenn sie nun mal aufstehen musste, dann sofort.

Jetzt, als sie noch Zeit hatte unbemerkt zu entkommen.

Sie stöhnte, rieb sich die Augen und musste feststellen, dass die Wohnung ihr ziemlich bekannt vorkam.

Es war Michaels, und bevor sie Panik bekam, ob sie Sachen getan hatte, die sie bereute, stellte sie fest, dass sie ihre Klamotten noch anhatte. Und sie roch nicht unbedingt gut, sondern verschwitzt und nach kaltem Zigarettenrauch.

Nun, das war trotzdem besser als nackt in einem fremden Bett zu sein.

Sie richtete sich auf, doch leider zu schnell, so dass die Kopfschmerzen sich wieder übelst meldeten.

„Ach, Madame ist auch schon wach!“

Alina erschrak und Michaels Stimme schepperte in ihrem Kopf. Er war gerade aus der Küche gekommen und stand da mit einem Grinsen, das so breit war, dass ihr schlecht werden konnte.

„Wie spät ist es?“, murmelte sie.

„Halb elf!“

„Halb elf?“

„Zehn Uhr dreißig. „

„Scheiße!“

„Keine Sorge, es ist Samstag zehn Uhr dreißig! Du verpasst nichts.

„Sehr witzig!“

„Ich frage besser nicht, wie du dich fühlst. „

„Besser nicht. „

„Wie fühlen sich denn deine Füße?“

„Meine Füße?“

„Heute stellst du die vielen Fragen. „

„Sorry. Aber was soll mit meinen Füßen schon sein?“

„Du bist gestern Nacht extra zu mir gekommen, um dir eine Fußmassage abzuholen.

„So?“

„So. Also interessiert mich, ob ich das gut gemacht habe!“

Alina räkelte sich, versuchte sich auf ihre Füße zu konzentrieren, aber ihre Füße ließen nicht vernehmen, dass sie sich irgendwie besser fühlten als der Rest ihres Körpers.

„Ich spüre nichts Besonderes!“

„Oh!“ Michael klang ernsthaft enttäuscht.

„Ich bin also gestern Nacht zu dir gekommen.

„Genau!“

„Und wollte eine Fußmassage. „

„Und einen Whiskey. Und Spiegeleier. Aber die gab's gestern nicht mehr. Du kannst die gerne heute haben, wenn du willst. Sollen wir mit dem Whiskey starten?“

„Bitte nicht. Dann muss ich kotzen. „

„Hättest du gestern übrigens auch fast noch. „

„Gekotzt?“

„Jawohl, die Dame! Ich habe dir zur Sicherheit noch einen Eimer neben die Couch gestellt.

Alles für meine Herrin!“

„Kannst du damit aufhören?“

„Womit?“

„Mit der Domina-Scheiße. Mir ist echt nicht danach. „

„Kein Problem. Wie wäre es denn mit den Spiegeleiern zum Frühstück? Brötchen und O-Saft habe ich schon besorgt. Speck habe ich auch noch da. „

Sie konnte sich nicht entscheiden.

„Soll ich dir Papier und Bleistift bringen?“

„Wofür?“

„Dann kannst du eine Liste machen mit Pro und Contra Argumenten.

„Mir ist nicht nach Witzen!“

„Dann lass mich dir die Entscheidung abnehmen. Du gehst jetzt hoch und duschst schön lange mit viel Duschlotion, legst danach kräftig Deo auf, ziehst dir was Frisches an, meinetwegen die bequeme Schlabberhose und das kuschelige Sweatshirt für Sonntage und dann kommst du runter, ganz ohne Domina-Allüren. Wo ein Katerfrühstück auf dich wartet, das sich gewaschen hat. „

„So wie ich mich dann, meinst du?“

Alina roch an ihren Klamotten.

„Ich sehe, dein Verstand kehrt langsam wieder zurück. „

Sie dachte nach.

„Okay, aber eine Frage musst du mir noch beantworten, sonst treibt mich das in der Dusche um: Habe ich mich gestern sehr blamiert?“

„Du warst charmant wie eine kleine Lady. „

„Verarschen kann ich mich selbst. „

„Es ist aber lustiger, wenn ich das für dich mache.

So als dein Sklave. Dein Lustsklave, um genau zu sein. „

„Oh Gott, habe ich dich so genannt? Lustsklave? Wie peinlich!“

„Ich fand's lustig!“

„Das kann ich mir vorstellen. Habe ich sonst noch was gesagt?“

„Du hast mir alle möglichen sexuellen Dienstleistungen in Aussicht gestellt. Aber da du sie nicht aufgeschrieben hast, sind sie nun für immer verloren, und ich muss weiter hoffen.

„Aber sonst habe ich mich nicht zu sehr zum Affen gemacht?“

„Es blieb alles im Rahmen. “

„Na gut. „

Alina stand mühsam auf, rieb sich den Nacken und seufzte.

„Das nächste Mal lässt du mich nicht auf der Couch schlafen!“

„Tut mir leid, dann musst du mir vorher Anweisungen geben. Du hast mir kein Alkohol-Koma-Testament hinterlassen!“

„Schon gut!“

Als sie aufstand, krachte ihr Hirn wieder gegen ihre Schädeldecke.

Schwankend stand sie auf.

„Soll ich dich vielleicht hochtragen?“

„Du lässt die Finger von mir!“

„Sehr wohl, Madame!“

„Ich schaffe das noch allein! Und wehe, die Spiegeleier sind gleich nicht großartig!“

„Was dann?“

„Dann peitsche ich meinem kleinen Lustsklaven die Haut in feine Streifen!“

„Klingt, als ginge es dir schon wieder besser!“

Alina versuchte so viel Würde, wie es ging, zusammenzukratzen.

Sie hob den Kopf, versuchte aufrecht und gerade zu gehen und einen einigermaßen respektablen Abgang hinzubekommen. So stakste sie barfuß an ihm vorbei, die Treppe hoch in ihre Wohnung.

Sie zog sich noch auf dem Weg in die Dusche aus, ließ die Klamotten wahllos hinter sich auf den Boden fallen. Vielleicht ließ sie Michael die Sachen später aufheben. Er schien sich ja gerade als Hausmann und Diener profilieren zu wollen.

Als das Wasser der Dusche über ihren Körper glitt und ihren Kreislauf langsam in Schwung brachte, seufzte sie gedehnt. Sie stand lange unter der Dusche. Sehr lange. Als sie schließlich herausstieg, waren ihre Fingerkuppeln bereits verschrumpelt, ihre Kopfschmerzen waren immer noch da, aber sie waren etwas dumpfer geworden. Vor ihrem Kleiderschrank überlegte sie sich, wie sie sich für das Frühstück mit Michael kleiden sollte. Sie entschied sich aber, wie er es vorgeschlagen hatte, für die schlabberigen Sweatpants und einen ebenso schlabberigen Hoodie.

Mit noch feuchten Haaren und hochgeklappter Kapuze ging sie wieder hinunter und klingelte.

Einen Augenblick später öffnete er auch schon.

„Du siehst besser aus!“

„Danke! Kopfschmerzen sind noch nicht weg. „

„Ich habe Tabletten. „

Er führte sie in die Küche, wo sie sich an den Tisch setzte. Es war nur für sie gedeckt.

Er machte ihr mit seinem Kaffeeautomaten von beachtlicher Größe einen Kaffee, den er ihr sofort servierte.

Sie nahm sich aus dem Korb ein Brötchen.

„Hast du Nutella?“

„Sorry, leider nicht. Aber ab morgen. „

„Kein Problem. „

Sie schmierte sich stattdessen ein Käsebrot und aß, während er ihr zwei Eier briet und Speck dazu. Sie genoss das Frühstück stillschweigend, und er hantierte ebenso still.

Als die Eier fertig waren, servierte er sie ihr und stellte sich dann neben den Tisch wie ein Diener.

Er hatte sogar das Küchenhandtuch über dem Unterarm drapiert.

„Hast du keinen Hunger?“, fragte sie.

„Ich habe schon gefrühstückt!“, meinte Michael.

„Setz dich trotzdem. Ich kann es nicht haben, wenn du da so rumstehst!“

„Wie du willst!“

Er setzte sich. Alina kaute eine Weile, und dann meinte sie gereizt:

„Nimm dir einen Kaffee oder einen Saft! Es nervt mich, wenn du da so rumhängst! Wir machen gerade keine Spielchen!“

„Okay.

Michael stand auf und machte sich einen Kaffee mit der Maschine, die laut den Kaffee malte und allerlei Geräusche machte. Schließlich setzte er sich wieder an den Tisch.

„Wir müssen wohl echt mal irgendwann so ein paar Regeln aufstellen, wie das hier laufen soll zwischen uns. „, meinte Alina.

„Das sollten wir wirklich. „

„Ich meine, du musst hier nicht den Devoten spielen.

Ich habe mich gestern nicht wie die Lady Madame Gräfin Comtessa Weiß-Ich-Nicht verhalten. Ich erinnere mich ja nicht mal mehr, was ich so alles gesagt habe. Da musst du heute nicht den Sklaven spielen!“

„Okay. „

„Okay? Mehr nicht? Mir wäre es lieber, du würdest was sagen. Mein Hirn ist noch auf der Intensivstation. „

„Aber willst du das wirklich jetzt machen? So ohne Vorbereitung?“

„Natürlich nicht! Wo denkst du hin!“

„Lass mich raten, du machst dir erst mal eine Liste.

„Ganz genau! Du kannst drüber lachen, aber Listen haben mir bislang gute Dienste geleistet. Wenn ich die Dinge plane, dann gehen sie meist nach Plan. Hätte ich gestern besser geplant, wäre ich nicht besoffen zu dir gekommen, hätte nicht auf deiner Couch gepennt und vorher allerlei Dinge gesagt, die ich nicht hätte sagen sollen, und an die du dich sicherlich ziemlich genau erinnerst, ich aber überhaupt nicht. „

„Vielleicht hast du Recht.

„Ich nehme nicht an, dass ich gestern meine Autorität gefestigt habe!“

„Aber vielleicht ging es ja auch nicht darum. „

„Um Autorität? Ich dachte, es geht um nichts anderes. Ist es nicht das, was du willst? Meine Autorität?“

„Vielleicht aber nicht immer und ausschließlich. Jetzt gerade geht es ja auch nicht darum. „

„Stimmt. Wir müssen unsere Beziehung ein wenig professionalisieren.

Michael nahm zur Kenntnis, dass sie das Wort „Beziehung“ verwendete. Ihm war natürlich bewusst, dass sie es vermutlich in einer sachlichen und nicht in einer romantischen Weise benutzt hatte.

+ + +

Alina schnitt sich ein Stück von ihrem Spiegelei. Das Eigelb verlief dabei. Sie tunkte es mit einem Stück ihres Brötchens auf.

„Eine Sache ist mir aber wichtig!“, meinte Michael.

„Das hier. Das alles muss unter uns bleiben. Niemand darf davon wissen. Nicht deine Freundinnen, nicht mal deine besten. Niemand. Egal wie weit die Person weg ist. Und wenn sie auf einer Marsmission ist und kein Treibstoff für den Rückweg mehr da ist. Niemand darf davon wissen! Okay?“

Alina sah ihn an. Sie war erstaunt, dass er so einen ernsten Ton anschlug. Aber sie konnte ihn verstehen. Sie wollte auch nicht gerne als Domina bekannt werden.

Auch wenn sie keine war.

Vor diesem Hintergrund wurde ihr schmerzlich bewusst, dass sie am vorangegangenen Abend recht freigiebig mit allerlei Informationen gewesen war. Sie erinnerte sich nun dunkel an den Taxifahrer. Sie erinnerte sich daran, dass er so nette Grübchen hatte, und sie erinnerte sich noch, dass sie ihn gefragt hatte, ob seine Freundin Zahnarzthelferin wäre, weil seine Zähne so gerade, so weiß und so makellos waren. War das eigentlich rassistisch gewesen? So von wegen, sie traute dem türkischen Taxifahrer keine Freundin mit höherer Bildung zu? Oder war sie jetzt gerade rassistisch gegenüber Zahnarzthelferinnen? Sie wusste es nicht.

Ihr fiel aber der Name des Taxifahrers ein. Mehmet. Und aus den Fetzen ihrer Erinnerung konstruierte sie, dass sie von diesem Philosophen-Tim erzählt hatte und von einem Typen, dessen Domina sie war. Oder so ähnlich. Vielleicht bildete sie sich das Letzte aber auch nur ein. Sie wusste nicht mehr, ob sie dem Taxifahrer nicht angeboten hatte, ihn zu ihrem Sklaven zu machen. Aber da Michael sich an den Begriff „Lustsklaven“ erinnerte, war das wohl nicht an den Taxifahrer gegangen.

Was war mit Michelle und Laura? Hatte sie denen auch davon erzählt? Sie wusste es nicht. Aber sie konnte sich das nicht so richtig vorstellen. Und der Taxifahrer war es sicherlich gewohnt, dass komische Leute ihm komische Geschichten erzählten. Wahrscheinlich hatte der allein am vergangenen Tag schon ein Dutzend Dominas durch die Stadt kutschiert. Da war eine mehr oder weniger sicherlich nicht etwas, von dem er der Welt mitteilte. Aber egal, wie sehr sie sich alles Mögliche einredete, es war ihr alles superpeinlich!

Jedenfalls hatte sie ihre Lektion gelernt.

Ein schlechtes Gewissen hatte sie wegen ihres losen Mundwerks, aber zu einer Beichte fühlte sie sich nicht berufen. Ihr Fazit lautete also:

„Okay. Kein Wort an niemanden. Das gilt aber für uns beide!“

Er nickte.

„Das versteht sich von selbst!“

„Gut, dann werden wir mal reden. Ich muss aber vorher meine Liste machen. „

„Schon klar! Wie war dein Abend?“

Alina seufzte und dachte nach:

„Offensichtlich zu viel Alkohol.

Ansonsten war es nett. Dampf ablassen. Mädelsabend. Sowas eben. „

Alina erzählte von den beiden. Sie berichtete von dem Vorglühen, den drei Typen, die irgendwann auftauchten. Sie erzählte von Tim, mit dem sie sich nicht einlassen wollte. Statt aber zu sagen, dass sie mit Michael genug zu tun und deshalb keine Lust auf noch einen Typen hatte, blieb sie vage in diesem Punkt. Alina fand, dass es ein wenig früh war, irgendeine emotionale Verbindung zu Michael zuzugeben.

Nicht bevor sie nicht den Status ihrer Beziehung geklärt hatten. Als sie diesen Gedanken in ihrem Hirn wälzte, wurde auch ihr bewusst, dass sie den Begriff „Beziehung“ verwandte. Wie Michael konnte sie noch nicht viel damit anfangen, und so beließ sie es dabei.

Während sie also frühstückte und erzählte, kamen von Michelle und Laura Whatsapp-Nachrichten. Beide wollten wissen, wo sie war, warum sie am vergangenen Abend verschwunden war. Beide warfen ihr vor, was sie alles verpasst hatte.

Beide waren wohl mit ihrem jeweiligen Typen in der Kiste gelandet.

Alina fand nicht, dass sie da sehr viel verpasst hatte. Sie wollte aber auch nicht die Wahrheit schreiben. Sie hatte gerade erst einen Pakt geschlossen, die Wahrheit für sich zu behalten. Sie redete sich also raus damit, dass sie zu viel getrunken hatte und es ihr schlecht geworden war. Das war ja auch nicht so richtig falsch gewesen.

Entweder vertrug sie nicht so viel wie Michelle und Laura oder sie hatte wirklich viel mehr gekippt. Sie wunderte sich jedenfalls, wie die beiden noch mit Typen ins Bett gehen konnten.

Vielleicht war sie es wirklich nicht gewohnt. Vielleicht wurde sie auch einfach zu alt dafür. Sie war immerhin so circa drei Jahre älter als die beiden Mädchen. Sie sah Michael dabei an, der nochmal zehn Jahre älter als sie war.

Der sah auch nicht so aus, als würde er noch viel saufen.

Wenn Alina an ihren Kopf dachte, dann war das vielleicht gar keine schlechte Entscheidung. Sie jedenfalls hatte vom Alkohol fürs Erste genug.

Die Nachrichten, die auf ihrem Smartphone einliefen, berichteten, dass Tim nach ihr gefragt hatte. Aber Alina verbot Michelle und Laura, ihre Nummer weiterzugeben. Sie musste sich das erst alles überlegen. Generell aber hatte sich ihre Einstellung nicht geändert.

Michael hatte sich ja wirklich vorbildlich um sie gekümmert. Das machte ihn noch nicht zu mehr als das, was er jetzt war, aber immerhin war es nett, wie er ihr Kaffee nachschüttete, wie er ihr Kopfschmerztabletten brachte und ein Glas Wasser, wie er den Tisch abräumte, während sie erzählte. Er stellte Fragen, interessierte sich für sie, und Alina hatte das Gefühl, dass sie nichts im Gegenzug tun müsste. Sie konnte das einfach genießen.

Sie überlegte, ob sie ihm irgendeinen dominanten Knochen hinwerfen müsste, damit er auch ein wenig Spaß hatte, aber ihr war nicht danach, irgendwas zu improvisieren.

Hier in seiner Küche so früh am Morgen war einfach nicht der richtige Augenblick.

Kapitel 23 INTERMEZZO UND PRÄPARATION

Alina hatte ihren Kater mittlerweile überwunden. Ihrem Körper ging es wieder gut, ihr Ego war sich noch nicht so sicher, dass es nicht ein paar Dellen bekommen hatte. Sie fand, dass sie nicht so wahnsinnig souverän gehandelt hatte in der besagten vergangenen Nacht.

Aber Michael war zuvorkommend gewesen.

Die Chemie zwischen ihnen stimmte.

Er hatte sich wie ein Gentleman verhalten, und dafür wollte sie ihn belohnen.

Fürs Erste aber schlug sie ihren Block um und begann eine neue Seite. Die nächste Session stand an! Die zu planen war sehr viel spannender, als den Status ihrer „Beziehung“ zu ergründen.

Sie überlegte sich erst eine Struktur, dann zog sie fein säuberlich mit dem Lineal ein paar Linien.

Links wollte sie den Verlauf ihres nächsten Zusammentreffens skizzieren. Auf der rechten Seite gab es oben eine Kategorie, in der sie die Utensilien eintrug, die sie selbst hatte. Darunter kam eine, die sie im Supermarkt kaufen konnte und darunter gab es noch eine Kategorie mit dem Sexspielzeug, das sie im Online-Sexshop gekauft hatte.

In dieser Spalte standen Handfesseln und Fußfesseln, eine Gesichtsmaske und ein Ball-Gag. Sie hatte die Bezeichnung googlen müssen, kannte das Teil aber aus einigen Pornofilmen, die sich zu Studienzwecken angeschaut hatte.

Sie war in kurzer Zeit eine ziemliche Expertin mit diesen Spielzeugen geworden, obwohl sie noch keines eingesetzt hatte. Ihre Recherchen im Internet hatten ergeben, dass diese Sachen alle komplizierter waren, als sie gedacht hatte. Sie hatte beispielsweise gedacht, dass Seidentücher eine gute Idee wären, um Michael zu fesseln. Seide ist weich, zart, müsste sich also super eignen. Aber sie hatte schnell herausgefunden, dass Seide ganz schlecht für Fesselungen war, denn die Fasern waren so dünn, dass Knoten nur ganz schwer wieder zu lösen waren.

Bei Seilen aber musste man auch vorsichtig sein, weil die teilweise in die Haut schnitten. Allein zum Thema Fesseln gab es verdammt viel zu wissen. Das alles hatte mehr mit Sicherheit und Verantwortung zu tun, als sie gedacht hätte.

Sie wollte Michael eigentlich nur ans Bett fesseln. Aber diese ganze SM-Szene im Internet legte erstaunlich viel Wert auf Sicherheit. Und das war ja auch nicht unbedingt falsch. Man hörte ja immer wieder von der Feuerwehr, die anrücken musste, um Handschellen aufzuschneiden, weil die Schlüssel beim Liebesspiel verloren gegangen waren.

Alina wollte das unbedingt vermeiden.

Sie ließ diese Dinge über Michaels Kreditkarte bestellen. Sollte er das doch bezahlen! Er war ja auch der Nutznießer.

Und wo sie schon beim Geld waren: Alina hatte auf ihrem Konto eine lächerlich hohe Summe gefunden, die Michael ihr überwiesen hatte.

„Du kannst mir doch nicht einfach so über tausend Euro überweisen!“, hatte sie ihm vorgeworfen.

„Warum nicht? Ist doch mein Geld! Damit kann ich doch machen, was ich will.

Es kommt von meinem Konto. „

„Ich bin überhaupt nicht als deine Mitarbeiterin angemeldet. „

„Na und? Du arbeitest ja auch nicht so für mich. Sondern anders irgendwie. „

„Erklär das mal dem Finanzamt, wenn von deinem auf mein Konto regelmäßig solche Summen überwiesen werden!“

„Dann stelle ich dich einfach ein. Dann wirst du meine Vollzeitbuchhalterin!“

„So viel tue ich für dich doch gar nicht!“

„Ich finde, du tust verdammt viel für mich.

Ich bin jedenfalls sehr zufrieden!“

„Ich will dafür aber nicht bezahlt werden. Zumindest nicht so!“

„Wieso nicht? Du tust was für mich, dafür bezahle ich dich. Du hast mich dazu gebracht, einen Haufen Aufträge anzunehmen. Ich arbeite viel mehr als noch vor einem Monat. Ich habe mehr Klienten, ich habe mehr Aufträge, ich mache mehr Umsatz!“

„Es bleibt Schwarzarbeit!“

„Ich bezahle dich doch gerade dafür, dass du dich um die Bücher kümmerst.

Tu deinen Job und mach dich legal!“

Alina war sprachlos vor der Naivität Michaels. Wie konnte man bloß so einfältig sein? Er hatte nicht die geringste Ahnung von den einfachsten betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen.

„So einfach geht das nicht. Dann müsstest du mich richtig anstellen!“

„Dann stelle ich dich richtig an. Vollzeit und alles!“

„Weißt du, wie teuer das ist?“

„Ich glaube du weißt nicht, wie teuer du mir bist!“

Sie sahen sich einen Moment an.

Beiden war bewusst, was Michael da gerade angedeutet hatte.

Dieser Satz brachte Alina ein wenig aus dem Konzept.

„Dein Vater wird so einer Sache nicht zustimmen. Es macht ja vollkommen Sinn, dass deine Buchhaltung über die Firma deines Vaters läuft. Warum solltest du Vollzeit eine eigene Buchhalterin einstellen? Außerdem darf ich als Studentin wahrscheinlich gar nicht so viel verdienen. Ich kriege schließlich Bafög. „

„Erstens bin ich mein eigener Chef.

Zweitens hat mein Vater nichts zu sagen, was mein Geschäft betrifft!“

„Das sind zwei Argumente. Toll!“

„Okay, wenn du das nicht willst, dann machen wir es anders. Ich hebe alles bar ab und gebe es dir! Besser? Dem Finanzamt sage ich dann, dass ich spielsüchtig bin, und meine ganze Kohle am Automaten verheize. Zufrieden?“

Alina grummelte. Es ging ihr nicht nur um den Weg, wie das Geld zu ihr kam.

Es ging ihr vor allem um die Summe. Das war einfach alles zu viel. Sie sagte ihm das auch.

„Fein! Dann kriegst du weniger und in bar, und wir sind durch! Zufrieden? Kannst du mich jetzt bitte wieder dominieren?“

Alina musste lachen. Vielleicht hatte Michael ja Recht.

Sie ließ das Thema fallen, auch wenn sie sich nicht auf eine Summe verständigt hatten.

Alina werkelte also weiter an ihrer Liste, und als sie fertig war, hatte sie die Seite vollgeschrieben und ihre nächste Session mit Michael geplant.

Es lief. In ihr steckte so viel Potenzial, das war schon erstaunlich, was man alles für Talente an sich entdecken konnte!

Kapitel 24 DIE FEDERLEICHTE FOLTERBANK

„Runter mit den Klamotten! Shorts kannst du anbehalten!“

Alina stand in seiner Wohnung. Sie mochte es, breitbeinig vor ihm zu stehen. Sie genoss seine Aufmerksamkeit und wie folgsam er war. Er wurde direkt ein paar Zentimeter kleiner, als er den Befehl hörte.

Sie sah, wie er schluckte. Es war herrlich, wie schnell das ging!

Michael zierte sich, spielte mit dem obersten Knopf an seinem Hemd, nestelte daran, als wäre es ihm peinlich. Es kam ihr vor, als mache er einen Striptease für sie. Nur ohne zu tanzen, ohne ausladende Bewegungen. Aber man merkte, dass Michael sich seiner Bewegungen sehr bewusst war. Ganz langsam öffnete er einen Knopf nach dem anderen. Alinas Augen hielten seinen Blick gefangen als hielte sie ihn an einer unsichtbaren Leine.

Es schien ihr, als könne sie direkt in seine Seele sehen, als öffne er sich ihr. Er zog sich sein Hemd aus und stand für einen Moment still da. Sie nutzte den Augenblick, um sich seinen nackten Oberkörper zu betrachten. Sie fand, dass Frauen einen schöneren Oberkörper hatten als Männer. Nur wenige Männer waren in ihren Augen ansehnlich. Michael hatte einen winzigen Ansatz eines Bauches, aber auch ein paar Brustmuskeln.

Ein Bodybuilder war er nicht, aber es war noch in Ordnung. Schön war etwas anderes, aber es ging ihr nicht um Äußerlichkeiten. Immerhin war sie auch nicht gerade ein Supermodel.

Er fummelte an seinem Gürtel, aber Alina bremste ihn:

„Erst die Schuhe und die Socken!“ und dann fügte sie noch eine grundsätzliche Regel hinzu: „Hier kommt eine Grundregel: Ich will dich niemals in Socken sehen. Wenn du was ausziehst, dann immer die Socken vor der Hose.

Klar?“

Er nickte.

„Gut!! Nackte Männerbeine in Socken sehen sowas von blöd aus!“

Er nickte, beugte sich vor, und zog sich erst die Schuhe, dann die Socken aus.

Alina war zufrieden. Sie konnte sich so etwas wünschen, und er hielt sich daran. Sie stellte sich vor, dass sie ihm alle Macken austreiben könnte und zu einem perfekten, folgsamen Gefährten machen konnte.

Wie toll war das denn? Sie konnte alles mit ihm machen! Und trotzdem könnten sie vielleicht von Zeit zu Zeit gleichberechtigt sein und gemeinsam oberhalb der Gürtellinie Spaß haben.

Er stellte seine Schuhe nebeneinander, richtete sich wieder auf und wartete auf einen weiteren Befehl.

„Worauf wartest du? Du weißt, was du zu tun hast!“, blaffte sie ihn an und hielt seinen Blick gefangen, als er seinen Gürtel öffnete.

Alina dirigierte ihn mit der winzigsten Bewegung ihrer Augen.

Er streifte die Hose herunter und stieg aus ihr heraus.

„Und jetzt ins Schlafzimmer!“

Er sah sie an. Damit hatte er nicht gerechnet. Sie fand es süß, wie einfach er zu durchschauen war.

„Aufs Bett!“

Er gehorchte.

Alina stellte die Tasche ab, öffnete den Reißverschluss, und als erstes streifte sie ihm die Augenbinde über.

Ein letztes Mal sah er sie an. Sie erkannte Sorge in seinen Augen und daneben diese unendliche Geilheit. Dann wurde es schwarz um ihn.

Sie nahm seinen linken Arm, legte ihm eine der Handfesseln um, die sie gerade erste gekauft hatte. Es waren die teuren. Sie roch den würzigen Geruch des Leders. Er ließ es geschehen, auch als sie seinen Arm an dem Bettpfosten festmachte. Sie wollte eigentlich aufstehen und sich auf die Bettkante auf der anderen Seite setzen, aber dann wurde sie mutig, kletterte auf das Bett und setzte sich auf seine nackte Brust, während sie seinen zweiten Arm an dem anderen Bettpfosten fixierte.

Als sie seinen Arm festmachte, beugte sie sich vor, sodass ihre frisch gewaschenen Haare über sein Gesicht streiften. Es mochte aussehen, als wäre diese Bewegung Zufall, aber es war kalkuliert. Sie konnte sich vorstellen, was der Duft ihrer Haare in seiner Nase anrichten musste.

Als seine beiden Arme gefesselt waren, nahm Alina sich die Gelegenheit, Michael genau zu betrachten. So nah war sie ihm noch nie gewesen. Sie formte ihre Hände zu Krallen und kratzte wie eine Raubkaste über seine Brust.

Er zuckte zusammen und sog die Luft scharf ein. Sie zwirbelte seine längst erigierten Brustwarzen.

Alina spürte das Gefühl ihrer Macht. Es war wie eine Droge, sie war im Rausch.

Alina beugte sich über ihn. Wieder strichen ihre Haare über ihn, über seine Brust, dann über seine Wangen. Sie spürte, wie die winzigen Berührungen ihrer Haare auf seiner Brust ihn erregten, dass seine Nerven verrücktspielten, als hätten sie kleine Stromstöße bekommen.

Sie betrachtete sich die roten Streifen, die ihre Nägel auf seiner Brust gezeichnet hatte.

„Die Spuren, die ich auf deiner Seele hinterlassen werde, verschwinden nicht so schnell wie die Kratzer hier!“, flüsterte sie ihm ins Ohr.

Sie kratzte noch einmal über seine Brust, doch nun drückte sie fester zu und verursachte ihm mehr Schmerzen.

„Aber die Schmerzen, die ich deiner Seele zufügen werde, die werden sehr viel heftiger sein als die auf deiner Haut.

Michael nickte und wollte etwas sagen, aber Alina legte ihren Zeigefinger auf seine Lippen.

„Du sagst nichts. Ich will von dir nichts hören als ein Geständnis! Verstanden?

Er nickte, obwohl er keine Ahnung hatte, was er gestehen sollte.

„Sehr schön. Du wirst schon noch verstehen, worauf ich hinaus will!“

Er blieb still liegen, und sie nahm ihren Zeigefinger von seinen Lippen.

Dann drehte sie sich auf seiner Brust herum und kettete seine Beine an die Pfosten am Fußende.

Sie stieg von ihm ab und betrachtete sich ihr Werk, dann beugte sie sich zu ihm hinunter und hauchte ihm ins Ohr:

„Jetzt bist du mir total ausgeliefert!“

Michaels Brust hob und senkte sich schwer, und unter seinen Shorts platzte es bald. So kam es ihr zumindest vor.

Sie kramte in ihrer Tasche herum und fand, was sie suchte.

Aber bevor sie irgendwas tat, stand sie eine Weile ziemlich still da und rührte sich nicht.

Da Michael nichts mehr sah, hatte er nur noch seine Ohren, um mitzubekommen, was um ihn herum vorging. Wenn es aber nichts mehr zu hören gab, weil sie keinen Laut machte, dann gab es nichts mehr als seine Einbildung, die ihn sicherlich rasend machen musste!

Sie lächelte und betrachtete ihn, wie er den Kopf drehte, um doch irgendwas zu hören.

Er lag dort vor ihr wie ein teures Buffet auf einer Hochzeit. Oder wie ein Opfer auf dem Altar. Sie konnte sich nicht entscheiden. Ihr gefielen beide Bilder.

Schließlich bewegte sie sich. Langsam, ganz langsam.

+ + +

Michael wusste nicht, wie ihm geschah. Er hatte so etwas noch nie erlebt. Gab es etwas Großartigeres als das, was gerade passierte? Er wusste nicht, was es war, aber er wusste, dass er das hier so schnell nicht vergessen würde.

Und dabei wusste er noch nicht einmal, was ihn erwartete. Es tat ihm jetzt schon leid, dass das hier irgendwann vorbei sein würde, und dabei hatte es noch nicht einmal so richtig angefangen!

Es war still. So still. Michael drehte seinen Kopf.

War Alina noch da?

War sie weggegangen?

Aber dann hätte er doch ihre Schritte hören müssen. Er wusste es nicht.

Aber sie war doch offensichtlich nicht mehr da. Warum sollte sie sich sonst so still verhalten? Seine Muskeln spannten sich, als erwartete er eine fiese Überraschung.

Einen Schlag vielleicht.

Aber nichts kam.

Zurückgeworfen auf sich selbst, hörte er das Rauschen seines Blutes in seinen Ohren. Er spürte, wie seine Brust sich hob und senkte, und er zerrte einmal an seinen Fesseln. Aber es klapperte nur ein wenig metallisch.

Sein Bett war teuer gewesen. Er wusste, dass er sich nicht befreien könnte, egal wie stark er zerren würde. Er war einfach zu qualitätsbewusst in seinen Kaufentscheidungen! Das Bettgestell beispielsweise bestand aus handgeschweißten Stahlrahmen eines finnischen Designers. Er galt als der Shooting Star in der Szene und man sprach davon, dass die Originale einmal den gleichen Wert bekommen könnten wie die Barcelona-Sessel von Mies van der Rohe! Die Tatsache, dass ein finnischer Designer sich mit Stahl statt mit Holz beschäftigte, galt bereits als revolutionär.

Nicht vielen war bewusst, dass Designgüter wie Kunst enorm wertvoll werden konnten. Es war also kein rausgeschmissenes Geld, hohe vierstellige Summen für „simple“ Betten auszugeben. Es war eine Geldanlage. Und er schlief darauf! Leider teilten nur wenige Menschen seinen Enthusiasmus, sein Vater beispielsweise nicht.

Aber all das war dann doch nur ein flüchtiger Gedanke, denn er war immer noch gefangen!

Sein Herz schlug heftig in seiner Brust.

Und dann endlich ein Geräusch!

Ein kleines Knacken, als ob ein Holzstäbchen durchgebrochen würde.

Im nächsten Moment schossen die Eindrücke auf ihn ein.

Ein reibendes Geräusch, dann ein Zischen direkt an seinem Ohr, und der Geruch von Schwefel stieg in seine Nase.

Sie hatte ein Streichholz entzündet.

Michael spürte die Wärme an seiner Wange.

Es war nicht heiß, aber sein Herz schlug nun heftiger. Sie spielte nicht nur mit ihm, sie spielte mit Feuer!

Die Angst stieg in ihm hoch.

Er vertraute ihr.

Er glaubte nicht, dass sie ihn in seinem eigenen Bett abfackeln würde. Sie war nicht so eine. Sie war eine kleine Spießerin, die total normal war und ihn schon für pervers hielt, weil er starke Frauen mochte.

Sie machte Listen. Das sagte doch alles!

Sie hielt ihm etwas unter die Nase. Der seifige Geruch einer Kerze stieg ihm in die Nase, und dann roch er, wie die Kerze angezündet wurde. Er konnte sogar ganz leise hören, wie der Docht knisterte, als er Feuer fing.

Dann ein Luftzug und der Gestank verbrannten Holzes drang in seine Nase. Sie hatte das Streichholz ausgewedelt.

Dann war wieder Stille.

Der Geruch hing noch eine Weile in der Luft, vor allem der Schwefel des Streichholzes. Aber sonst gab es nichts zu hören oder zu riechen.

Das Warten zerrte an seinen Nerven, aber es war eben auch so geil darauf zu warten, was als Nächstes passieren würde.

Es war wahnsinnig!

Und dann schreckte er hoch.

Etwas spritzte auf seine Brust.

Eine Flüssigkeit. Es dauerte einen Bruchteil einer Sekunde, bis er verstand, was es war. Es war flüssiges Wachs, und das erstarrte fast augenblicklich auf seiner Haut.

Ein leichter Schmerz durchfuhr ihn, aber es war erträglich. Das Wachs tropfte erst auf seine linke, dann auf seine rechte Brustwarze, dann über seine Brust. Es wurde plötzlich heißer, aber nicht unerträglich, dann wieder etwas kühler. Manchmal tropfte es nur, dann rann es wie aus einem kleinen Bächlein.

Nun tropfte es in seinen Bauchnabel, und es floss so lange nach, bis sein ganzer Bauchnabel mit Wachs gefüllt war.

Auf seiner Haut fühlte es sich seltsam an, denn als der Wachs trocknete, schien er sich zusammenzuziehen. Dort, wo er getroffen worden war, brannte seine Haut.

Eine Weile passierte wieder nichts, dann spürte Michael plötzlich etwas Scharfes auf seiner Haut, ganz nah neben der linken Brustwarze.

Es war ein Fingernagel Alinas, der verspielt über seine Brust fuhr, unter die verkrustete Wachsschicht fuhr und diese von seiner Haut pellte. Ein leichtes Ziehen spürte er, und dann Kühle, da die Wärme des Wachses von seiner Haut verschwand. Langsam, setzte der Finger immer wieder an und hebelte das getrocknete Wachs von seiner Brust. Manchmal zog es, wenn eines seiner wenigen Haare auf der Brust mit herausgerissen wurde.

Aber Alina kümmerte sich nicht darum.

Sie spielte mit seinem Körper, machte ihn zu ihrem Objekt, und Michael konnte nichts tun, als es zu ertragen. Aber er ertrug es nicht, er genoss es. Es war ein unglaubliches Gefühl, und er hätte nie gedacht, dass Kerzenwachs so erregend sein konnte.

Schließlich machte sie sich an dem getrockneten Teich in seinem Nabel zu schaffen. Sie drückte seinen Bauch zusammen und zog dann den Pfropfen heraus und mit ihm langsam, so dass es doch h unangenehm wurde, einige seiner Haare.

„Jetzt habe ich einen Abdruck von deinem Bauchnabel. „, meinte Alina knapp, und Michael war aus seiner Kontemplation gerissen.

„Ich sollte deinen ganzen Körper in heißes Wachs werfen und einen Abdruck davon machen. Was meinst du?“

Er wusste, dass er nichts sagen durfte, und so schüttelte er nur mit dem Kopf.

„Du hast Recht! Das ist es nicht wert.

So toll bist du nun auch wieder nicht, dass man aus dir eine Wachsfigur machen müsste. „

Ihre kalte Stimme stand im Gegensatz zu der Hitze auf seiner Haut, und sie irritierte ihn.

„Weißt du, ich war nett. Wirklich nett. Wenn ich nicht so nett gewesen wäre, hätte ich Enthaarungswachs genommen. Und dann hätte ich schön deinen ganzen Körper enthaart. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie das brennt, wenn da mit einem Ruck alle deine Haare aus der Haut gerissen werden.

Mit Wurzeln und allem!“

Sie schwieg, und die Vorstellung sank in seinen Verstand. Sie konnte es tun, er konnte sich schließlich nicht wehren. Er konnte sich nicht vorstellen, ohne Körperbehaarung zu sein. Das gehörte einfach zu einem Mann dazu! Die Jugend rasierte sich heutzutage überall, auch junge Männer. Er hatte das in einer Doku gesehen. Aber für ihn war das ein Zeichen von Weiblichkeit. Frauen hatten eine weiche Haut, die waren enthaart und zart.

Männer rochen nach Schweiß und hatten Haare an den Beinen!

„Ich habe den Wachs hier. Den kann ich ganz schnell heiß machen. Und dann gehen wir einmal über deinen ganzen Körper, inklusive Bikinizone!“

Sie lachte kalt, und Michael lief es ebenso kalt den Rücken hinunter.

„Liegt alles daran, ob du kooperierst. Wenn du gestehst, kommst du vielleicht drum herum!“

„Was soll ich denn bloß gestehen?“, entfuhr es ihm.

Klatsch!

Eine Ohrfeige traf ihn aus dem Nichts.

Es war nicht der Schmerz, es war die Überraschung, die sein Herz zum Rasen brachte. Er erschrak fürchterlich.

„Du sollst nicht ohne Erlaubnis reden!“, herrschte sie ihn an, und nun bekam Michael wirklich ein wenig Angst. Denn mit der Reaktion hatte er nicht gerechnet.

Seine Wange brannte.

„Durch dein Verhalten bist du der Wachskur einen gewaltigen Schritt näher gekommen, Freundchen!“

Er schwieg. Diese Wachskur musste er auf jeden Fall vermeiden! Er wollte nicht wieder zu einer Frau degradiert werden. Makeup konnte man wieder abwischen, aber wenn sie ihn seiner Haare raubte, war er dann nicht so etwas wie ein Samson? Wehrlos und hilflos, seiner männlichen Kräfte beraubt? Er musste gehorchen. Er musste tun, was er konnte, damit sie nicht noch wütender wurde.

„Wirst du jetzt schön brav sein?“

Er wollte das Wachs nicht, die Behandlung nicht, nicht die Entmannung. Trotzdem nickte er. Das Wort „brav“ allerdings konnte er nicht ertragen.

„Gut. Wir werden sehen!“

Sie kramte wieder in ihrer Tasche.

Was mochte jetzt kommen?

Dann wieder diese Stille.

Wieder dieses Warten.

Was tat sie?

Nichts geschah.

Michael war auf sich selbst zurückgeworfen. Immer wieder spielten seine Nervenenden ihm einen Streich, erwarteten etwas, das nicht kam, meldeten seinem Hirn einen Reiz, den es nicht gab. Immer wieder spielte sein Körper ihm einen Streich. Da war nichts, aber sein Körper erfand einfach etwas, wie einen Phantomschmerz.

Und dann war er sich nicht mehr so sicher, dass da nichts mehr war, denn plötzlich schrien seine Nerven besonders laut auf, und er glaubte einen Luftzug gespürt zu haben.

Dann wieder nichts, dann wieder ein Streicheln, unglaublich zart. Er fühlte sich wie von einer Spinnwebe im Wind gestreichelt. Der Gedanke erschrak ihn und eine heftige Gänsehaut jagte über seinen Rücken. War es wirklich eine Spinne?

Da war es wieder!

Michael bäumte sich gegen seine Fesseln auf.

„Gefällt's dir nicht?“, Alina lachte. „Gleich wird's noch besser!“

Das Unbekannte berührte ihn wieder.

Und nun erkannte er es auch. Es war eine Feder. Sie streichelte ihn mit einer Feder, eine dieser feinen Daunenfedern!

Sie streichelte ihn damit überall an seinem Körper, und seine hypersensiblen Nerven beruhigten sich, weil sie verstanden hatten.

Aber nun passierte etwas anderes:

Es kitzelte!

Es kitzelte ganz übel.

Er erschrak und schüttelte sich.

Er konnte sich nicht wehren, er konnte sich nicht schützen.

Es kitzelte wahnsinnig.

Die Feder griff ihn an seiner linken Fußsohle an und dann unter der rechten Achsel.

Michael bäumte sich auf, zerrte wie wild an seinen Fesseln, dass das Bett sich bewegte.

„Bitte nicht! Bitte! Nein! Bitte nicht!“, rief er, flehte er, bettelte er. Aber er musste bei all dem eben auch lachen. Er wollte es nicht.

Es war ihm ernst. Bitterernst. Aber er lachte.

Es war unerträglich.

Aber Alina reagierte nicht. Sie sagte nichts, sie verriet ihre Position nicht. Sie griff unvermittelt an und streichelte ihn mit dieser verfluchten Feder.

Er war ihr ausgeliefert.

Vollkommen.

Er war hilflos.

Er musste lachen, gleichzeitig war er wütend.

An ihm zerrte so viel.

Michael versuchte sich unter Kontrolle zu bekommen, aber es gelang ihm nicht.

Er befand sich in ihrer Hand.

Er war ihr vollkommen ausgeliefert, und er war vollkommen hilflos.

„Bitte! Bitte! Nicht!“ Er flehte, er bettelte und biss die Zähne zusammen, um nicht zu lachen: „Ich tue alles, was du sagst! Aber bitte hör auf!“

Sie stoppte sofort.

„Du solltest sowas nicht sagen. Sowas wie ‚Ich tue alles, was du sagst!‘ Das ist einfach unprofessionell. Sowas endet immer übel. „

Sie schwieg, und Michael hatte Gelegenheit, wieder ein wenig zur Ruhe zu kommen. Er atmete schwer und Schweißperlen hatten sich auf seinem Körper gebildet.

„Bitte. Bitte. Bitte!“

Er schnaufte.

„Merkst du eigentlich, dass du schon wieder redest?“

Er erwartete eine erneute Ohrfeige oder eine andere Strafe.

Aber nichts passierte.

„Immerhin ist deine Geilheit verschwunden! Ist ja schon mal was!“

In der Tat war seine Erektion abgeflaut.

„Bin ich doch nicht so scharf oder ist es dein Alter? Kannst du nicht mehr so lange?“

Sie lachte kalt.

Wie demütigend es war!

Was machte sie mit ihm?

Er versuchte wieder runterzukommen, aber es gelang ihm nur langsam.

Derweil stand sie dort. Sie gab sich keine Mühe, still zu sein, er konnte hören, wie sie sich bewegte, ein paar Schritte machte.

Sie schien zu warten.

Er wälzte sich in seinem Bett, soweit seine Fesseln es zuließen. Er musste einfach seinen Nerven ein paar verlässliche Reize geben.

Als er sich wieder beruhigt hatte, sprach sie wieder:

„Ich habe das Gefühl, dass ich deinen kleinen Freund ziemlich in der Hand habe.

Meinst du, ich schaffe es, den allein mit meinen Worten wieder aufzurichten?“ Sie machte eine kleine Pause, dann schnitten ihre Worte kalt in sein Ohr. Sie war wieder ganz nah: „Zeig mir Respekt und richte deinen mickrigen Schwanz auf!“

Michael spürte, wie es zwischen seinen Beinen zu kribbeln begann. Er konnte sich nicht wehren. Er wollte es ja auch. Er wollte ihr gefallen und gehorchen, und so spürte er, wie das Blut in seinen Unterleib schoss und langsam die erwünschte Wirkung erzielte.

Sie lachte, als sie es sah.

„Du bist so leicht zu manipulieren!“

Michael wäre am liebsten vor Scham in seinem Bett versunken, hätte die Decke über seinen Kopf geschlagen! Er war ihren Beleidigungen und Erniedrigungen vollkommen ausgeliefert, und er genoss es auch noch.

„Brav! Folgsam bist du ja, das kann man dir nicht absprechen!“

Sie lachte wieder.

„Jetzt will ich aber auch sehen, wie schnell ich dich wieder schlapp kriege!“

Er ahnte Schlimmes.

„Weißt du, die Feder und die Kerze, die hatte ich zuhause. War kein Problem. Für das nächste Teil musste ich leider rausgehen. Bis in den Park.

Etwas klatsche im gleichen Moment auf seine Brust. Es war eine Pflanze. Er roch den würzigen Geruch.

Es war im ersten Moment nicht unangenehm, und es blieb bei dieser einen Berührung.

War es das schon?

Aber im nächsten Moment begann es fürchterlich zu jucken und zu brennen auf seiner Haut.

„Ich denke, du kannst erraten, was das ist!“

Es waren Brennnesseln!

Langsam wuchs das Brennen, und es wurde unerträglich. Wie Tausend winzige Nädelchen piekten sie ihn.

Michael stöhnte. Das war wahnsinnig! Es musste aufhören! Er wand sich in seinen Fesseln, versuchte, sich auf den Rücken zu wälzen, um sich an dem Stoff zu reiben. Aber es gelang ihm nicht.

Sein Körper war ihr ausgeliefert.

„Wie ich sehe, geht es wieder bergab! Schön, dass du dich so gut unter Kontrolle hast!“

Michael kümmerte sich nicht darum.

Ja, sie hatte Recht, seine Erektion war schon wieder verschwunden.

Er war einfach nur mit dem Jucken auf seiner Brust beschäftigt.

„Bitte, bitte! Mach, dass es aufhört!“, flehte er.

Sie lachte ihn aus.

„Bitte? Ich tue alles, was du sagst?“ Sie äffte seine Stimme nach.

Er nickte heftig.

„Dann will ich mal nicht so sein! Ich bin ja auch kein Unmensch!“

Dann spürte er ihre Hand auf seiner Brust, schnell darüber rieb und so seine Pein linderte.

„Danke!“, murmelte er.

Sie hörte sofort auf, und der Schmerz war wieder da.

„Was hast du gesagt?“

Er wusste nicht, was er tun sollte. Er hatte wieder geredet. Deshalb hatte sie aufgehört.

Aber was sollte er jetzt machen? Sollte er reden? Dann würde er weiter ihre Befehle ignorieren. Sollte er schweigen? Dann würde sie ihn nicht kratzen.

Er war verzweifelt, entschied sich aber zu schweigen.

Einen Augenblick später spürte er ihre Hand auf seiner Brust, die ihm die Pein wegkratzte.

Er seufzte vor Erleichterung.

„Weißt du, wir könnten so langsam zum Gestehen kommen. „, sagte sie beiläufig. „Du schuldest mir noch ein Geständnis!“

„Was für ein Geständnis?“

Sofort verschwand ihre Hand wieder.

„Entschuldigung! Entschuldigung! Ich entschuldige mich! Bitte hör nicht auf!“

„Du redest schon wieder! Aber ich will mal nicht so sein.

Wenn du so schön um Verzeihung bittest, dann kann ich einfach nicht widerstehen!“

Sie kratzte ihm wieder die Brust.

Michael konnte nicht mehr. Er hasste sie. Nicht wirklich, aber doch irgendwie. Er hasste sie. Er hasste es, wie sie ihn in der Hand hatte und mit ihm tun konnte, was sie wollte. Und sie tat es. Noch nie war er so abhängig gewesen vom Wohlwollen eines anderen Menschen.

Es brachte ihn um den Verstand.

Er schien ein Nichts zu sein in ihren Händen.

Sie lachte, machte sich über ihn lustig, erniedrigte ihn, und er fand das auch noch geil.

„Lass uns mal zum Ende kommen. Mir wird es langsam langweilig. Ich habe ja mittlerweile verstanden, wie leicht du zu beeinflussen bist und wie schwach du bist!“

Dieses Biest!

Hilfloser Zorn stieg in ihm auf, aber er sagte nichts.

Er wollte nicht, dass sie aufhörte.

„Ich muss was aus der Tasche holen. Deswegen höre ich mal gerade auf zu kratzen. Keine Sorge. Es geht sofort weiter!“

Ihre Hand verschwand, und sie kramte in der Tasche. Das Jucken war sofort wieder da, aber ihr Versprechen half es zu ertragen.

„Wir müssen leider wieder mal eines deiner Kleidungsstücke kaputtmachen. Ich hoffe, das ist in Ordnung für dich!“

Er hatte nur noch die Shorts an.

Eigentlich hätte er sich gefreut, dass sie so zur Sache gehen wollte. Immerhin hatte er sich zwar schon vor ihr entkleidet, aber sie hatte ihn noch nicht nackt gesehen.

Aber in diesem Augenblick schwante ihm nichts Gutes.

Der kalte Stahl der Schere erschrak ihn, aber geübt und mit einer Hand, die andere rieb wieder seine Brust, schnitt sie den Stoff durch. Er spürte an dem Luftzug, wie sein schlaffer Penis freigelegt wurde.

„So richtig groß ist er auch nicht, finde ich. Was sagst du? Ich habe jedenfalls schon größere gesehen!“

Sie stoppte ihr Kratzen für einen Augenblick, um ihren Worten mehr Wirkung zu geben.

Was sollte er sagen? Er musste die Schmach über sich ergehen lassen. Er war bisher mit der Größe seines kleinen Freundes immer recht zufrieden gewesen. Nicht dass er große Vergleiche anstellte, aber die unauffälligen Größenvergleiche in der Umkleidekabine im Schwimmbad hatten ihm immer ein gutes Gefühl hinterlassen.

„Kommt bestimmt schon mal vor, dass deine Freundinnen nachher nicht so richtig glücklich waren mit deiner Performance oder?“

Michael erwiderte nichts.

„Rätst du ihnen schon mal, sich einen Dildo mitzubringen, wenn du mit ihnen schlafen willst? Damit sie auch was davon haben?“ Sie lachte. „Naja, machen wir mal weiter!“

Sie zerrte an der zerschnittenen Unterhose, und er hob seine Hüften, dass sie sie ihm unsanft unter dem Hintern wegziehen konnte.

Nun lag er vollkommen nackt und schutzlos vor ihr.

Und er schämte sich.

„Ich gebe dir drei Möglichkeiten. A, B und C. Und du darfst wählen. Finde ich eigentlich ganz fair. A. Ich mache das Wachs warm und wir machen eine Ganzkörperwachsbehandlung. Beine, Brust, Arme, Achselhöhlen, zwischen deinen Beinen. Vorteil: Ich bin sicher, dass das Jucken von den Brennnesseln verschwinden wird. Zweiter Vorteil: Es wird dem Größeneindruck sicherlich guttun, wenn dein Ding nicht aussieht wie ein Würmchen im Vogelnest.

Als Nacktmull wirkt er sicher größer. „

Sie machte eine kleine Pause. „Ich finde mich verdammt witzig. Wie sieht es eigentlich mit den Brennnesseln aus? Lässt die Wirkung noch nicht nach? Soll ich nochmal nachlegen?“

Er schüttelte heftig den Kopf.

„Bitte nicht!“

„Option B: Ich lege nach. Ganz schnell, einmal wischiwuschi über den ganzen Körper. Dauert keine zehn Sekunden. Ich habe gehört, dass das auf Schleimhäuten besonders intensiv wirkt.

Wie auf deinem kleinen Dödel. Was meinst du? Willst du das mal ausprobieren? Die Erfahrung ist bestimmt spannend! Und dann gehe ich in die Küche und mache mir einen schönen Brennnesseltee. Dann haben wir beide ein gemeinsames Erlebnis. Hast du Brennnesseltee da?“

Er schüttelte den Kopf.

„Na, dann würde ich mir den danach einfach kaufen gehen. Du kannst ja inzwischen die Wirkung auf der Haut ein wenig genießen.

Der soll munter machen. Und gegen Akne soll er auch gut sein, habe ich gelesen. „

Konnte sie das wirklich ernst meinen? Er wusste es nicht, aber er schloss es nicht mehr aus. Bei der dritten Option klang ihre Stimme eisig.

„Option C: Du erzählst mir, wie oft du hinter meinem Rücken und ohne Erlaubnis an dir rumgespielt hast. Dann akzeptierst du deine Strafe, die sicherlich nicht angenehm sein wird, aber weitaus weniger schlimm als Option A oder B.

Was sagst du? Ich will von dir nur einen Buchstaben hören. Kein Gejammer, kein Betteln, kein Winseln. „

„C, C, C!“

Was sollte er anders sagen? Er hatte doch nicht wirklich die Wahl.

„Oh, interessant! Ich hätte gedacht, du wählst B. Oder habe ich dich falsch verstanden?“

„Nein, C! C ist richtig!“

„Dann erzähl mal!“

Das war nicht so einfach.

Er wusste es nicht. Oft, öfter als sonst auf jeden Fall. Er schätzte.

„Ein Dutzendmal!“

„Wow wirklich?“ Ein Dutzendmal! Zwölfmal hast du an dir rumgespielt, und kein einziges Mal hast du dabei daran gedacht, um Erlaubnis zu fragen? Obwohl ich dich darum gebeten habe?“

Was sollte er sagen. Es war so.

„Du bist dir im Klaren darüber, dass du eine Strafe dafür bekommst.

Zwölfmal hast du mich betrogen, zwölf Treffer finde ich angemessen! Ich hätte mit ein oder zweimal gerechnet, aber offensichtlich hast du nichts anderes zu tun gehabt in den letzten Tagen als deinen Schwanz in der Hand zu haben!“

„Aber du hast mir versprochen, dass es nicht so schlimm wird!“

Michael fühlte sich hilflos und total ungerecht behandelt. Das konnte sie doch nicht machen!

„Da wusste ich auch nicht, wie groß dein Betrug war! Ich bin echt enttäuscht von dir! Ich erkläre dir jetzt, wie es laufen wird.

Du nimmst deine Strafe wie ein Mann. Alle zwölf. Ich mache es auch nett, wenn du kooperierst. Dann werde ich noch etwas unternehmen, dass so etwas nicht wieder passiert. Immerhin kann ich dir ja nicht vertrauen. Da sind wir uns wohl einig. Und dann mache ich dich los. Gegen Brennnesseln hilft Spucke. Aber ich nehme nicht an, dass du so viel Spucke zusammenkriegst, um deinen ganzen Körper einzureiben. Außerdem hilft Essig und kaltes Wasser.

Ich habe eine Flasche Essigessenz hier. Die kannst du haben. Ich schlage vor, du kooperierst, hältst still, dann geht es alles ganz flott und du kriegst deine Erlösung!“

Michael schluckte.

Ihm schauderte vor ihrem Sadismus, den sie an den Tag legte. ‚Ich tue alles, was du willst‘. Dieser Satz klang nun bitter und verhängnisvoll. Aber was sollte er machen? Er konnte es natürlich beenden. Dieses Spiel.

Aber würde er es dann für immer beenden? Keine Chance. Er schob diesen Gedanken ganz schnell weit von sich.

Sein Kopf war schwer, und es kostete Überwindung, als er schließlich nickte.

Bevor er es sich versah, hatte sie sehr schnell über seine Oberarme, seine Unterarme, seine Oberschenkel, seine Unterschenkel, seine linke und rechte Brust und über seinen Bauch gestrichen.

„Das waren elf.

Ich habe deinen kleinen Freund verschont! Du schuldest mir also noch einen! Wenn das wieder vorkommt, dann kriegst du den Zwölften, und der wird nicht so freundlich und flott aufgetragen! Verstanden?“

„Verstanden. „

Sie kramte in der Tasche, und in diesem Moment setzte auch das Jucken ein.

Er konnte nicht sagen, wo es begann, es gab keine Stelle, die schlimmer war als eine andere.

Immer wieder meldete ein anderes Körperteil sich und meldete Notrufe an sein Hirn.

Und während er fühlte, wie sein Körper brannte, machte sie sich an seinem Penis zu schaffen. Er wusste nicht, was sie da tat, das Jucken raubte ihm jeden klaren Gedanken.

Einmal ermahnte sie ihn:

„Ruhig! Beweg dich nicht so viel! Dann dauert alles nur noch viel länger!“

Dann machte es Klick.

Er erinnerte sich später an das Geräusch, das so verhängnisvoll klang. Aber in jenem Moment war da nur das Brennen auf seinem Körper.

Einen Moment später hatte sie seine Fesseln gelöst.

Michael riss sich die Maske vom Kopf.

Das gleißende Tageslicht stach ihm in die Augen. Er sprang vom Bett auf wie von der Tarantel gestochen, griff nach der Flasche Essigessenz, die sie ihm hinhielt, und stürmte ins Bad.

Er drehte die Dusche voll auf, und kaltes Wasser kühlte seinen Körper. Dann fummelte er an der Flasche, drehte den Verschluss ab. Der strenge Geruch des Essigs stach in seine Nase. Es kümmerte ihn nicht. Er kippte das Zeug über seinen Körper und verrieb es. Es brannte etwas, neutralisierte aber das viel schlimmere Brennen der Nesseln. Er war mit sich selbst beschäftigt für eine ganze Weile.

+ + +

In der Zwischenzeit packte Alina ihre Sachen zusammen, dann ging sie ins Bad und betrachtete sich Michael, der in der Dusche kauerte und wild über den ganzen Körper rieb.

Es sah lustig aus.

Sie hängte sich die Kette, an der der Schlüssel zu Michaels Keuschheitsgürtel hing, um den Hals und verließ dann seine Wohnung. Michael hatte offensichtlich genug mit sich selbst zu tun, um zu realisieren, was da unten zwischen seinen Beinen baumelte.

Kapitel 25 MANÖVERKRITIK

Alina konnte es nicht leugnen: Sie war verdammt weit gegangen. Zu weit? Das mit den zwölf Streichen mit der Brennnessel hatte sie nicht so geplant gehabt.

Aber sie war echt sauer gewesen, dass er sie so dreist hintergangen hatte.

Es war eigentlich so geplant gewesen, dass sie ihm mit der Essigessenz selbst das Brennen lindern wollte. Es sollte so etwas sein wie Zuckerbrot und Peitsche. Sie wollte seine Krankenschwester und seine Domina sein. Alles gleichzeitig. Aber dann hatte die Wut sie übermannt.

Sie fand es nicht sonderlich elegant, wie er wie ein Wilder splitternackt aus dem Bett unter die Dusche gestürzt war, um seine Qualen zu lindern.

So extrem hatte sie eigentlich gar nicht werden wollen. War das alles etwas too much gewesen? War sie zu weit gegangen?

Sie war immerhin totale Anfängerin. So richtig konnte man ihr nicht vorwerfen, dass nicht alles klappte.

War Michael sauer? Würde Michael sie nun fallenlassen, wie diese Asi-Domina?

Sie dachte schon mit Grausen daran, wie sie sich eine neue Wohnung suchen müsste, ihre ganzen Möbel all die Treppen wieder runter schleppen musste.

Dieses Mal würde ihr niemand helfen. Es wäre zum Kotzen.

Verdammt!

Vielleicht kam es ja auch nicht so weit.

Vielleicht hatte es ihm ja auch gefallen.

Es war jedenfalls eine Menge Arbeit gewesen, das alles zu recherchieren.

Auf die Brennnesseln war sie nur durch Zufall gestoßen, aber dann hatte es sie interessiert. In einem Forum im Internet wurde darüber berichtet.

Also recherchierte sie Brennnesseln, las Wikipedia-Artikel und versuchte herauszufinden, wie schädlich die Ameisensäure war, die das Jucken erzeugte. Schließlich wollte sie nicht, dass Michael irgendeinen allergischen Schock bekam. Sie wollte dem Notarzt nicht erklären müssen, warum Michael nackt an die Bettpfosten gekettet war und im Brennnessel-Schock lag.

Sie wusste nun eine Menge über Brennnesseln.

Nun, sie behielt den Gedanken im Hinterkopf. Es erschien ihr aber nicht so wahnsinnig attraktiv an seinem kleinen Freund herumzumachen.

So weit war sie noch nicht.

Obwohl sie natürlich noch viel weiter gegangen war.

Das mit dem Keuschheitsgürtel war ihr auch eher zufällig über den Weg gelaufen.

Was es alles gab!

Bei Amazon hatte sie sich durch die Rezensionen der verschiedensten Modelle gekämpft, hatte von Vor- und Nachteilen gelesen. Es gab riesige Gemeinschaften im Netz, die sich mit Keuschheitsgürteln für Männer beschäftigten, und wenn man so las, konnte man den Eindruck bekommen, dass jeder zweite Mann von seiner Ehefrau so im Zaum gehalten wurde.

Alina hatte gezögert, ob sie so ein Ding bestellen sollte. Immerhin bedeutete es, dass sie damit vollkommen über ihn bestimmte, und daran hatte sie eigentlich kein Interesse. Aber dann hatte sie sich nach langem Ringen und dem Abwägen der Vor- und Nachteile dafür entschieden, es einmal auszuprobieren. Sie musste ihn ja nicht monatelang darin halten, wie das einige Frauen mit ihren Männern zu machen schienen. Sie hatte es sich als Spiel überlegt, das nach wenigen Tagen wieder beendet war.

Schließlich hatte das auch was mit Hygiene zu tun.

Eigentlich war sie ziemlich zufrieden mit sich. Es war alles nach Plan gelaufen, und sie hatte ihn aus der Reserve gelockt. Vielleicht war sie am Ende etwas zu weit gegangen. Das war aber auch alles nicht so einfach!

+ + +

Während Alina mit sich im Reinen war, war Michael erschüttert.

Er saß in seinem Bademantel auf der Couch und dachte nach. Sein Körper hatte sich wieder einigermaßen beruhigt, aber er war immer noch erschöpft. Eigentlich hatte er arbeiten wollen, aber daran war nicht zu denken. Nicht nach dieser Sache.

An wen war er da geraten? War Alina einfach perfekt oder vollkommen durchgeknallt? Er war sich nicht so sicher, was er da gerade erlebt hatte. Es hatte ihn umgehauen.

Sie war wirklich an seine Grenzen gegangen.

Es war schon krass.

Aber wusste sie, was sie da tat und war das alles noch im grünen Bereich? Wie kam man auf solche Ideen wie Brennnesseln? Das war doch nicht normal! Wie sie mit ihm spielte, ihn aus der Reserve lockte, wie sie ihn manipulierte, mal nett und freundlich war wie ein kleiner Engel und im nächsten Augenblick zu einer kalten Hexe mutierte.

Sie machte ihm definitiv Angst. Er hatte das Gefühl, sich da mit einer Naturgewalt angelegt zu haben, die ihn irgendwann zermalmen würde. Wie einer diese Extremsurfer, die sich nur die größten Killerwellen aussuchten und jedes Mal mit ihrem Leben spielten, bis sie irgendwann von ihnen verschluckt und nie wieder ausgespuckt wurden.

Michael hätte es stoppen können, aber wie so ein Surfjunkie wollte er mehr. Er wollte weitermachen. Und wenn sie ihn irgendwann verschluckte und nie wieder ausspuckte, dann war das auch in Ordnung.

Aber es war nicht nur das, was ihn beschäftigte. Sein Schwanz klemmte in einer Plastikröhre, die verdammt eng saß und jede Regung untersagte. Durch ein kleines Vorhängeschloss war das ganze gesichert. Für einen Bolzenschneider wäre das kein Problem. Sein fachmännischer Blick sah das sofort. Aber wollte er in dieser sensibelsten von allen Körperregionen mit einem Bolzenschneider hantieren? Keine Chance. Er selber würde das ganz bestimmt nicht machen, und er konnte auch sonst niemanden fragen, ob er ihm das Ding wegschnitt.

So blieb ihm nichts anderes übrig, als das Spiel mitzumachen. So ein wenig hatte er sich das ja auch selbst eingebrockt, und es war ja auch nicht unangenehm.

Sein Problem war nur, dass er zwar keinen mehr hochbekam, aber immer daran denken musste, weil dieses Plastikteil ständig zu spüren war, und so versuchte sein Schwanz ständig steif zu werden. Es war so schlimm, dass er an nichts anderes denken konnte.

Aber egal, was er versuchte, er kam auch mit den Fingern nicht dran, um sich irgendwie Linderung zu verschaffen. Es war zum Kotzen. Wie lange konnte sie ihn darin eingesperrt halten? Er hatte schon festgestellt, dass es für ihn immer noch möglich war zu pinkeln, das war also kein Grund. Aber trotzdem!

So hatte er sich das alles nicht vorgestellt. Dass sie das alles so ernst nahm.

Nun, er hatte jedenfalls fürs erste keine Wahl. Er musste mitspielen. Er würde das sportlich sehen und ihr zeigen, wie lange er es ohne ihre Erlaubnis aushalten konnte. Sie würde schon sehen! Es war ihm wichtig, ein Weg, seine Selbstachtung zurückzubekommen und ihr zu zeigen, dass er diese Enthaltsamkeit ertragen konnte wie ein Mann.

+ + +

Alina hatte derweil ein anderes Problem.

Sie saß mit Michelle und Laura zusammen in der Cafeteria der Uni, und sie lachten ausgelassen. Michelle und Laura erzählten ihr von ihrer Nacht nach der Disko. Laura von ihrem Latin Lover und Michelle von ihrem kleinen Blonden. Sie hatten die Geschichten offensichtlich schon häufiger erzählt, denn sie kannten ihre jeweiligen Pointen. Alina war sich sicher, dass der Latin Lover nicht so ein erbärmlicher Liebhaber war wie Lauras Story, und der kleine Blonde war bestimmt nicht so ein toller Hengst mit so einem riesigen Teil, dass man das Gefühl hatte, in zwei Teile gerissen zu werden, wie Michelle ziemlich freimütig und mit recht vielen Details, vielleicht zu vielen, erläuterte.

Es war natürlich lustig, die Anekdoten zu hören, und es machte Spaß, über die Typen zu lästern.

Aber da begann Alinas Problem: Sie hätte so gerne von Michael erzählt. Was sie mit ihm tat, wie sie ihn nach Strich und Faden verarschte, dass er alles machte, was sie wollte. Sie hätte die beiden am liebsten mit zu sich nachhause genommen. Dann hätten sie bei Michael geklingelt, wären in seine Wohnung gestürmt.

Alina hätte ihn vor den beiden zur Sau gemacht, und dann hätte sie ihm befohlen, sich auszuziehen. Sie hätte so gerne sein Gesicht gesehen, wie es abwechselnd rot und blass wurde, wie er schluckte und sie mit ihren Augen anflehte, das nicht von ihm zu verlangen. Sie hätte ihm laut gesagt, dass er sich nicht so anstellen solle, und er hätte schließlich nachgegeben. Sie hätte so viel um den Blick ihrer Freundinnen gegeben, wenn sie den Keuschheitsgürtel zum ersten Mal sahen.

Die beiden Mädchen würden vor Lachen keine Luft mehr bekommen. Und wie sie die beiden kennengelernt hatte, würden sie nicht lange fackeln. Sie würden sich an Michael heran schmeißen und sich über ihn lustig machen. Sie würden versuchen, ihn geil zu machen und sich dann über seinen schlaffen, gefangenen kleinen Wurm lustig machen. Sie würden sich schlapp lachen und Michael würde vor Scham im Boden versinken. Und gleichzeitig wäre er so geil! Sie konnte sich vorstellen, wie heiß ihn das machen würde.

Aber das alles konnte sie nicht machen. Er hatte ihr klar gemacht, dass Anonymität seine große Grenze war, die sie auf keinen Fall überschreiten durfte. Und damit blieben das alles Hirngespinste. Sie war sich sicher, dass ein Kaffee und ihr Block ihr einen Haufen toller Ideen bescheren könnten, wie sie Michael mit der Hilfe ihrer Freundinnen noch kleiner machen könnte. Aber all das war vollkommen außerhalb jeder Diskussion. Er würde das nicht mitmachen, selbst wenn sie ihm so eine Sado-Maso-Ledermaske aufsetzte.

Es wäre ihm zu riskant, und das konnte sie auch verstehen. Sie selbst wollte ja auch nicht so gesehen werden. Als Domina. Und so gesprächig wie Michelle und Laura waren, so sehr sie auch das Lästern liebten, war Alina sich nicht sicher, dass sie selbst nicht auch ganz schnell zum Gesprächsgegenstand werden könnte. Und als durchgeknalltes Flittchen wollte sie beim besten Willen nicht gelten. Dann schon lieber das Image der leicht Verklemmten, das sie jetzt hatte, die sich Ausreden einfallen ließ, um One-Night-Stands aus dem Weg zu gehen.

Aber trotz allem brannte es ihr auf den Nägeln und auch auf der Zunge. Alina überlegte, on sie ihre Story jemand anders in den Mund legen konnte: „Der Tochter meiner Mutter ist da letztens was total Verrücktes passiert! Die hat da so einen Typen kennengelernt…“ Aber erstens war das zu durchschaubar, und selbst wenn sie damit durchkäme, klänge es lahm, von anderen Leuten zu berichten, denen was Cooles passiert war.

Das zeigte doch nur, wie uncool man selbst war.

Auf eine komische Art und Weise fand sie sich seelisch verbunden mit Michael, der jetzt sicherlich voller Verlagen war, sein Teil auszufahren, das aber nicht mehr konnte. Genau so konnte Alina nicht von ihren großartigen Erfolgen in Bezug auf Michael reden.

Sie konnte sich noch in seinem Sado-Maso-Forum anmelden und da ein wenig prahlen, aber wahrscheinlich konnten die, die das schon seit Jahren machten, nur müde über ihre kleinen Erfolge lächeln.

Das Internet war nicht ihre Lösung.

Alina und Michael, sie beiden waren Gefangene ihrer Geschichte. Sie machten miteinander so großartige Dinge, aber sie mussten sie für sich behalten.

Gott, warum musste das nur so kompliziert sein? Geheimnisse! Wenn die nur nicht so viel Verschwiegenheit verlangen würden!

So musste Alina den Spott der beiden Freundinnen über sich ergehen lassen, weil sie Tim den Philosophen hatte sitzen lassen und Belehrungen, dass sie nicht so prüde sein sollte.

Genauso, wie sie sich über die Größe von Michaels Teil lustig gemacht hatte, ohne dass das wirklich gerechtfertigt gewesen wäre.

Tim übrigens hatte sie zufällig am vergangenen Tag wiedergetroffen. In der Mensa stand sie in der Schlange für Vegetarier und plötzlich war er hinter ihr. Sie erkannte ihn zuerst nicht, reagierte aber auf seinen Gruß. Bei normalem Licht sah er eigentlich ganz nett aus. Groß, mit wuscheliger Frisur, ein wenig abgewetzten Klamotten, die wahrscheinlich unterstreichen sollten, dass er nicht so materialistisch war.

Der Dreitagebart gefiel ihr.

„Du auch bei den Veggies?“, fragte er, und ohne eine Antwort abzuwarten, meinte er: „Habe ich gleich gewusst!“

Es wunderte Alina nicht, dass er Vegetarier war, vermutlich sogar Veganer. Er hatte noch nichts auf seinem Tablett, daher konnte sie nicht sicher sein. So ein Philosoph war davon überzeugt, dass alle Tiere auch eine Seele haben, und die konnte man dann schlecht essen.

Alina hingegen stand nur in der Vegetarier-Schlange, weil ihr das beim Goulasch und den Bratwürsten zu lange dauerte. Ihr war es schnell zu kompliziert geworden, Vegetarier zu sein.

Sie kamen jedenfalls ins Gespräch, und Tim erzählte von den Tücken der richtigen Ernährung. Und weil Alina das Gespräch nicht durch ihre karnivoren Vorlieben für Schnitzel vergiften wollte, nickte sie hier und da, als kenne sie diese Probleme genau. Als sie ihr weniges Wissen an den Mann brachte: Dass es auch vegetarische und vegane Fertigprodukte gab, die nicht gesünder waren als die Fertigprodukte für Fleischies, wie sie sie nannte, da schaute Tim nur entsetzt.

Alina konnte den Blick nicht so richtig deuten.

Sie war bemüht, ihm seinen Ernährungsfundamentalismus nicht negativ auszulegen.

Aber während des gesamten Gespräches hatte sie das Gefühl, dass der nächste Satz, den er von sich gab, ihn als totales Arschloch entlarven würde.

Aber das passierte nicht. Er blieb nett und auch durchaus witzig. Doch Alina konnte eben dieses ungute Gefühl nicht loswerden, dass in ihm ein Idiot steckte, der nur darauf wartete, dass man ihn herausließ.

Sie hatte plötzlich diese Phantasie vor Augen, wie sie mit Tim am Tisch der Mensa saß, mitten in der vegetarischen Abteilung. Er hatte das vegane Gemüse-Pesto auf seinem Teller, sie das Wiener Schnitzel mit Pommes.

Sie war genervt von seinem Gutmenschentum. Er laberte und laberte und laberte von den armen Tieren, die leiden mussten, wenn man Fleisch oder Käse aß oder Leder trug. Er konnte einfach nicht aufhören.

Mitten in seiner Lektion über die Tierquälerei beim Halten von Mastschweinen hatte sie dann endgültig die Nase voll. Sie sprang auf und wischte sein Tablett vom Tisch. Der Teller zersprang, als er auf dem Boden landete, und die Nudeln verteilten sich auf dem Boden. Er sah sie perplex an und all die anderen Vegetarier ebenso. Alles verstummte und sah zu ihnen hinüber.

Aber Alina legte jetzt erst los.

Wutentbrannt war sie.

„Ich habe genug von deinem Moralisieren, du Pfeife! Du bist nicht besser als ich, nur weil du keine Wurst willst. Du bist selbst eine! Nee, du bist noch weniger als das. Du bist ein kleiner, armseliger Wurm!“

Speicheltröpfchen flogen aus ihrem Mund, so wütend war sie!

„Du bist so armselig, und deine Prinzipien sind so billig, du würdest dieses Schnitzel fressen, wenn du im Gegenzug meine Füße küssen dürftest! Meinst du, ich habe nicht gesehen, wie du ständig auf meine Titten starrst? Du bist total scharf auf mich und versuchst mich mit deinem vegetarischen Radikalismus zu beeindrucken!“

Er sah sie entgeistert an.

Der ganze Saal schaute ihn an. Jeder war auf seine Reaktion gespannt.

Er schluckte und wand sich, und dann kam seine Reaktion so leise, dass Alina ihn laut wiederholen ließ:

„Das würdest du mir erlauben? … Dass ich deine Füße küssen darf? … Wirklich?“

Sie packte ihn am Kragen und zog ihn über den Tisch.

„Los, kletter hier rauf! Alle sollen sehen, was du für eine arme Figur bist!“

Er hockte bald auf dem Tisch vor ihrem Tablett, zusammengekauert wie ein geprügelter Hund.

„Und jetzt iss mein köstliches Schnitzel!“

Er sah sie an mit Abscheu, aber auch mit einer unwiderstehlichen Bereitschaft, es zu tun.

„Tu es! Iss! Dann lasse ich dich meine Schuhe küssen! Mehr wirst du von mir nie kriegen!“

Unter den gespannten Blicken der gesamten Mensa beugte er seinen Kopf über ihren Teller, nahm mit spitzen Fingern das Schnitzel in die Hand und biss hinein.

„Genau so sollst du es machen! Iss mein Schnitzel! Iss es komplett auf, du Wurm! Dieses Schwein ist für dich gestorben! Zeig ihm den nötigen Respekt! Du verdienst die luftige, goldbraune Panade nicht, die sich so zart von dem hauchdünn geklopften Fleisch wölbt!“

Zunehmend angetörnt biss er immer größerer Fleischstücke ab, kaute kaum, sondern schluckte gierig.

Die Menge um ihn herum johlte. Alina sah in die Runde.

Es waren hauptsächlich Frauen, klar, weil ja auch Frauen meist Vegetarier waren. Zudem hielt die lesbische Studentenvereinigung ihre wöchentliche Sitzung ab. Es waren also ganz viele lila Wallawalla-Klamotten zu sehen und mehr Beinbehaarung als in einem Neandertaler-Museum.

„Zeig's ihm!“, feuerten sie Alina an. „Nicht das Schwein ist das Schwein! Der Mann ist das wahre Schwein!“

Als Tim der Philosoph das Schnitzel auf hatte, stürmte eine der Frauen mit kleinem Oberlippenbärtchen zu ihm.

Aus dem Müll hatte sie eine angebissene Bratwurst gefischt. Die steckte sie Tim in den Mund und schob sie rein und raus, als würde er zum Oralsex gezwungen.

„Nimm das, du Sau!“

Er ließ es geschehen, schluckte die Wurst sogar, und als die Emanze auf den Tisch stieg, da leckte er artig ihre Zehen in den verschwitzten Birkenstocksandalen.

Die anderen Frauen lachten ihn aus und hielten ihm alle möglichen Fleischreste hin.

„Das ist dein Platz, du chauvinistisches Schwein! Zu den Füßen der Frauen!“, riefen sie und lachten. Tim der Philosoph ließ es einfach geschehen, und in ihren Augen sah sie, wie scharf er war, dass man ihn zu so etwas zwang.

Und dann war Alina wieder in der Realität. Okay, sie hatte sich das eingebildet. Sie bekam ein schlechtes Gewissen. Sie hatte nichts gegen Emanzen, Vegetarier, Lesben, Birkenstock oder Lila.

Aber es hatte alles so gut gepasst.

Sie musste den Kopf schütteln, um das Bild aus dem Kopf zu kriegen.

Alina wunderte sich selbst ein wenig über diese Phantasien.

Sie schob es auf den schrecklich langweiligen Vortrag Tims. Alina war aber irgendwie schon ziemlich auf diesen Sado-Maso-Kram fixiert, das musste sie selbst zugeben.

Sie konnte sich nicht wirklich vorstellen, dass Tim locker und offen genug war, sich auf irgendwelche Spielchen dieser Art einzulassen.

Aber scheinbar hatten sie ein gemeinsames Schicksal, das über das Anstellen an der vegetarischen Theke hinausging. Michelle, Laura, Carsten (der kleine Blonde), Manfredo (der Latin Lover), sie und er sollten in ein paar Wochen zusammen auf irgendein Musikfestival fahren. Tim erzählte das ganz selbstverständlich, aber Alina hatte davon noch nichts gehört. Aber offensichtlich war sie mit eingeplant.

Die Planungen dafür waren wohl schon ziemlich weit fortgeschritten.

Niemand hatte Alina das bisher allerdings mitgeteilt. Alina wusste nicht, was sie davon halten sollte. Sie kam sich in diesem Moment ein wenig alt vor, weil sie vermutete, dass Leute, die drei Jahre jünger waren als sie darin einfach spontaner waren und solche Planungen machten, ohne alle Beteiligten darüber zu informieren. Oder vielleicht war Alina auch nicht so ein richtiger Teil der Gruppe, dass man sie nicht in diese Planungen einbezog. Sie wusste es nicht.

Verbrachte sie vielleicht zu wenig Zeit mit ihren Freunden?

Sie sah Laura und Michelle fast jeden Tag an der Uni. Aber abends machte sie eben was anderes. Sie ging nicht in Kneipen. Stattdessen lernte sie (oder spielte mit Michael). Michelle und Laura sahen das mit dem Lernen deutlich lockerer. Vielleicht hatten die noch mehr drauf, weil sie gerade erst die Schule verlassen hatten, vielleicht waren sie aber auch noch etwas zu unbedarft.

Alina jedenfalls wollte die Uni möglichst schnell hinter sich bringen. Ihre beiden jüngeren Freundinnen machten sich da scheinbar weniger Gedanken.

War sie zu viel mit Michael zusammen?

Die Spiele mit ihm waren nicht so zeitaufwändig. Ihre ganzen Recherchen und Planungen im Vorfeld schon eher. Es war eine willkommene Abwechslung von ihrem Alltag. Sie konnte planen, sich die Dinge zurechtlegen. Michael widersprach nicht. Domina zu sein war eigentlich eine tolle Betätigung für Menschen, die es mit Spontanität nicht so hatten und ein bisschen Bestätigung gebrauchen konnten.

Alina hatte keine große Lust aufs Zelten, auf Matsch, wenig Schlaf, viel Alkohol, schlechtes Essen und so weiter. Sie konnte sich eigentlich nicht vorstellen, dass so ein Festival irgendwas Positives hatte. Außer eben, dass sie noch nie auf einem gewesen war und studieren gegangen war, um Neues zu erleben. Festivals waren für sie was Neues und vielleicht sogar etwas Interessantes. Es war etwas, das man mal mitgemacht haben musste. Sie entschloss also mitzufahren und das Beste daraus zu machen.

So richtig zufrieden war sie mit der Entscheidung aber nicht, als sie nachhause radelte.

Sie stellte ihr Rad im Flur hinter der Treppe ab und stieg die Stufen hoch. Alina war müde, würde sich vielleicht ein wenig aufs Ohr hauen, dann aber musste sie noch was für ihr Studium tun. Lust hatte sie nicht. Immerhin stand im Moment mit Michael nichts an. Sie wollte ihn ein paar Tage schmoren lassen.

Eine Entscheidung, wie sie mit dem Gürtel und einer Keuschheit umgehen sollte, hatte sie auch noch nicht getroffen. Ihr würde was einfallen.

Als sie die Treppe hinaufstieg und an Michaels Tür vorbeikam, öffnete sich augenblicklich seine Tür.

Er tat erst so, als bemerke er sie nicht:

„Oh sorry! Ich habe dich gar nicht gesehen! Ich wollte gerade in mein Büro, noch was holen!“

„Schon klar!“, meinte Alina knapp.

Sie war ihrerseits ein wenig nervös, mehr aber neugierig, wie er reagieren würde, ob er ihr sagen würde, dass sie zu weit gegangen war, ob er sie gar rauswarf. Aber sie erkannte an seinem Auftreten ganz schnell, dass er ihr nicht die Kündigung aussprechen würde. Sie konnte sich also entspannen.

Michael trug eine Jeans und ein Hemd. Sie schaute beiläufig auf seinen Schritt. Es kam ihr so vor, als wäre die Beule ein wenig größer als normal, aber sonst fiel der Keuschheitsgürtel nicht auf.

Es war ja auch eigentlich kein Gürtel, sondern mehr so ein kleines Plastikteil, in das man den Penis im schlaffen Zustand packte und dann verschloss, so dass er sich nicht ausdehnen konnte. Eigentlich eine clevere Idee. Wer sich so etwas ausdenken mochte? Man konnte ihn jedenfalls unter seiner Kleidung nicht erkennen.

Sie stand ihm noch einen Augenblick gegenüber, aber er sagte nichts. Als sie dann einen Schritt machte, um an ihm vorbei zu gehen, meinte er hastig:

„Und sonst so?“

„Und sonst?“

„Ja, ich meine, hattest du einen schönen Tag an der Uni?“

„Einen schönen Tag? Klar.

War großartig schön. So richtig kuschelig schön. Im Hörsaal haben sie Teddybären verteilt, und dann durften wir alle noch ein paar Koalas streicheln und mit Lollys füttern. Am Ende gab's eine Kissenschlacht. War sehr schön heute! Könnte eigentlich immer so schön sein!“

Es kam vielleicht etwas bissiger rüber, als sie das vorgehabt hatte. Aber sie kam sich verarscht vor, hier so zufällig auf Michael zu stoßen. Wenn er ihr so auflauerte, dann war er ja scheinbar schon wieder scharf.

„War dein Tag auch schön?“, fragte sie und setzte noch hinterher, um nicht ganz so kalt zu klingen: „Hat die Dusche geholfen? Was macht der Käfig?“

„Alles wieder in Ordnung. Ich kann nicht klagen. Das war schon…“ er stockte.

„Schön?“, bot sie an.

„So würde ich das nicht nennen. Intensiv eher… oder so. „

Sie musste nun doch innerlich schmunzeln über seine Verlegenheit.

Dieses Ding da zwischen seinen Beinen schien ihn bis ins Mark zu verunsichern. Aber auf der anderen Seite war er sich scheinbar zu fein, sie darauf direkt anzusprechen.

„Wann sehen wir uns wieder?“, fragte er betont beiläufig.

„Du, ich weiß nicht. Ich denke in den nächsten Tagen nicht. Ich habe echt total viel zu tun. Vielleicht am Wochenende, aber versprechen kann ich dir das nicht. Ist gerade echt stressig!“

„Ich meine nur, wegen der Buchhaltung.

„Ach, gibt es da was Neues?“

„Nein, nein. Ich will dir nur ein paar Vorschläge zeigen, die ich noch ausgearbeitet habe. „

„Naja, die werden uns ja nicht weglaufen, oder? Ich melde mich einfach wieder bei dir. Sollen wir das so machen? Schön!“

Damit ließ sie ihn stehen und nahm die letzten Stufen in Angriff.

War ja schließlich nicht ihr Problem, dass er nicht mehr konnte.

Und überhaupt könnte er ja ganz einfach auf die Knie sinken und winseln. Vielleicht würde sie ihn ja erhören.

Na gut, nach ein paar Stunden des Eingesperrtseins war es wohl noch ein wenig früh. Seine Schuld.

Aber als sie sich ihr Abendbrot schmierte und ihren Tee zubereitete, da bekam sie doch ein wenig Mitleid mit ihm. Irgendwie hatte er da einen Stolz entwickelt, den sie nicht verstand.

Nun gut, Menschen waren kompliziert, und Michael hatte natürlich Recht, dass er seine Macken hatte.

Als sie schließlich über ihren Büchern saß, da konnte sie nicht anders und musste immer wieder an ihn denken, wie er jetzt mit seiner Gefangenschaft umging und wahrscheinlich keinen klaren Gedanken fassen konnte.

Sie überlegte, zu ihm hinunterzugehen, irgendein Spielchen mit ihm zu spielen, ihm vielleicht noch einen Abspritzer zu gönnen und dann den Gürtel zu vergessen.

Aber einerseits hätte sie das alles planen müssen, andererseits war ihr nicht danach. Er würde es überleben, und bis zur nächsten Woche müsste er ja nicht warten.

Es war eine leere Drohung gewesen.

Kapitel 26 BETTELN

Während Alina die Beine hochgelegt hatte und vor dem Fernseher saß mit einer zu großen Portion Eis mit Karamell und Erdnusscreme, drehte Michael fast durch. Er konnte an nichts mehr denken.

Er hatte es versucht. Er hatte sich echt Mühe gegeben. Er hatte versucht sich abzulenken. Er hatte kalt geduscht. Aber nun, da er nicht mehr frei war, da er gefangen war und seine Erektion nicht mehr im Griff hatte, konnte er an nichts anderes mehr denken. Er hatte über die Anzahl seiner autoerotischen Spielereien nicht Buch geführt, aber er war sich sicher, dass es nicht so häufig passierte, wie er es jetzt wollte. Und das lag nur daran, dass er nicht mehr durfte.

Michael war nur noch erregt, das war definitiv nicht mehr schön!

Es ging jedenfalls nicht so weiter.

Michael musste arbeiten. Er hatte einen Entwurf fertigzustellen für die Einrichtung eines Restaurants. Sein Zölibat wirkte sich also negativ auf sein Geschäft aus. Das konnte er nicht zulassen. Er musst klar denken können.

Jede Sekunde war sein Gedanken in seinem Schritt. Jede Sekunde spürte er das Teil, das an ihm zog, Es war schrecklich!

Er konnte so nicht arbeiten!

Also tat er, was er eigentlich nicht tun wollte, was er vermeiden wollte um jeden Preis:

Er nahm all seine Selbstachtung zusammen, stapelte sie fein säuberlich und akkurat, und dann warf er sie in die Tonne.

Es konnte nicht so weitergehen!

Er trat den Gang nach Canossa an und klingelte bei Alina.

+ + +

Die ließ sich Zeit. Wer sonst sollte an ihrer Wohnungstür klingeln um diese Zeit als Michael? Und was konnte der wohl wollen?

Das war ja wohl eindeutig. Sie brauchte sich das nicht zu fragen.

„Komme!“, rief sie in Richtung der Wohnungstür, aber sie blieb noch eine Minute sitzen, stopfte sich noch einen Löffel Eis in den Mund, bevor sie dann ganz langsam zur Tür schritt und ihm öffnete:

„Ach, das ist ja eine Überraschung! Du, mit dir habe ich gar nicht gerechnet!“

„Darf ich reinkommen?“, fragte Michael irritiert, da Alina sich im Türrahmen breit gemacht hatte und ihm den Weg versperrte.

„Was gibt's denn?“

„Nicht hier im Treppenhaus. Komm schon, lass mich rein!“

„Komm schon? Da ist aber jemand garstig! Wenn du so bist, dann sollten wir besser warten, bis du wieder bessere Laune hast! Was meinst du?“

„Ich bitte um Entschuldigung! Aber ich muss dich dringend sprechen!“

„Ich habe die Erfahrung gemacht, dass man so spät abends eigentlich gar nichts mehr muss.

Und dringend schon mal gar nicht. Die Leute machen sich einfach zu viel Stress. Man muss auch mal Zeit zum Entspannen finden!

+ + +

Alinas gespielte Gelassenheit und ihr Besserwissertum brachten ihn zur Weißglut. Aber er konnte ja schlecht durch das Treppenhaus brüllen, dass es um seinen Keuschheitsgürtel ging, den er nicht mehr ertragen konnte.

Aber genau das erwartete sie wohl von ihm.

„Es geht um das Ding da unten?“

„Das Ding? Meinst du mein Fahrrad unter der Treppe? Was ist damit?“

„Dein Fahrrad? Nein verdammt!“

Sie hielt ihm den ausgestreckten Zeigefinger vors Gesicht: „Du bist schon wieder so aufbrausend! Das kann ich im Moment nicht so gut ertragen! Vielleicht doch besser morgen?“ Sie sah ihn mit schiefem Kopf an, als wäre das ein ernstgemeinter Vorschlag.

Michael knirschte mit den Zähnen.

„Es tut mir nochmal leid! Ich bitte um Verzeihung!“

Sie sah ihn stumm an.

„Es geht um den Gürtel, den Keuschheitsgürtel!“, flüsterte er.

„Ach den Keuschheitsgürtel!“, meinte sie ein wenig zu laut für seinen Geschmack. „Sag das doch gleich! Was ist damit?“

„Lass uns das bitte drinnen diskutieren!“

„Ja, wenn dir das so wichtig ist, dann komm doch rein!“

Sie gab die Türe frei und ein hochroter Michael schlüpfte durch die Tür in das kleine Wohnzimmer.

Alina folgte ihm, ließ sich auf das Sofa fallen und schaute in Richtung der Glotze.

Michael stand derweil wie bestellt und nicht abgeholt im Wohnzimmer. Er wollte nicht unverschämt sein und sich setzen. Offensichtlich würde dieses Gespräch nicht so einfach werden.

„Meinst du, du könntest das Fernsehen einen Moment ausstellen?“

Sie antwortete erst nicht, sah mit gespieltem Interesse auf den Bildschirm und antwortete schließlich:

„Was meinst du? Das Fernsehen? Oh, klar!“

Sie schaltete es aber nicht aus, sondern nur auf stumm.

Das Bild flackerte im Hintergrund immer noch, und sie warf immer mal wieder einen Blick darauf, um ihm zu zeigen, dass er nicht mit ihrer ungeteilten Aufmerksamkeit rechnen konnte.

„Okay, also gut. Es geht um den Gürtel. Den Keuschheitsgürtel! Das geht so nicht!“

„Kannst du mir einen Gefallen tun?“, unterbrach sie ihn. „Ich habe mir den Hals heute ein wenig verrenkt. Wenn du da so stehst, dann kriege ich so ein übles Ziehen im Hals.

Meinst du, du könntest dich hinknien, dann muss ich nicht so hochschauen!“

Er gehorchte und erntete dafür ein übertriebenes: „Du bist ein Schatz!“

Michael nahm sein Flehen wieder auf:

„Es geht so nicht. Es geht einfach nicht. Ich kann das Teil nicht mehr ertragen! Ich muss die ganze Zeit nur noch an Sex denken! Das geht so nicht weiter. Ich muss arbeiten, ich habe morgen einen wichtigen Termin, und den muss ich noch vorbereiten!“

„Wenn der so wichtig ist, dann bist du mit deiner Vorbereitung aber recht spät dran.

Findest du nicht? Wenn du einfach ein wenig früher damit angefangen hättest, würde dir jetzt die Zeit nicht davonlaufen!“

Er hätte jetzt wütend werden können, denn schließlich war sie dafür verantwortlich, dass er jetzt nicht mehr klar denken konnte! Aber er hielt den Mund.

„Du musst mich freilassen! Du… also, du solltest mich freilassen. “ Michael wurde bewusst, dass er auf seine Wortwahl achten musste. „Also es wäre super, super nett! Nur fünf Minuten! Ich muss einmal Dampf ablassen! Einmal nur, es wird verdammt schnell gehen! Das kann ich dir garantieren! Wenn du willst, kannst du sogar zuschauen!“

„Na, das hört sich ja toll an! Fünf Minuten! Schnell gehen! Zugucken! Das ist ja ein Angebot, das ich nicht ablehnen kann, was? Klingt ehrlich gesagt nicht sehr spannend, und zugucken, wie du da an dir rummachst, das muss ich nun wirklich nicht!“

Er war vollkommen verzweifelt.

Sie verstand einfach nicht, wie wichtig ihm das war, wie hoch der Druck war.

„Bitte! Bitte Ich flehe dich an!“

Michael faltete die Hände beschwörend, und sie lachte einmal und schaute dann wieder auf das Fernsehbild.

Wie konnte er nur so tief sinken?

Er bettelte.

Er hatte noch nie gebettelt. Um nichts hatte er jemals gebettelt.

Es war einfach zum aus der Haut fahren, was er alles tat, zu was sie ihn zwang. Es brachte ihn zur Verzweiflung, und es machte ihn so scharf. Er war so erregt! Sein kleiner Freund kämpfte gegen dieses verdammte Plastikgefängnis, und das machte ihn nur noch schärfer! Er hatte das Gefühl, dass er wahnsinnig würde. Das war keine Übertreibung. Er hatte so etwas noch nie gefühlt, hatte noch nie so sehr kommen wollen wie in diesem Moment.

Und sie? Sie saß da auf ihrer Couch wie so ein kleines Mädchen, wie eine Studentin, und ihr war das alles vollkommen egal. Es kümmerte sie einfach nicht. Sie sah sich stattdessen irgendeine Scheiße im Fernsehen an!

Er hätte sie würgen können!

„Weißt du, ich wäre auch bereit, dir im Gegenzug ein wenig Freude zu bereiten. „

„Du meinst, du willst mich flachlegen?“

„Wenn du willst… ich meine… nein.

Wie du willst!“

„Du gehst aber ziemlich forsch ran! Hat die Methode schon einmal funktioniert?“

„Du weißt doch, wie ich das meine!“

„Nein, weiß ich nicht, und ich will es auch nicht wissen!“

Sie schaute wieder zum Fernsehen.

Michael rang nach einer Strategie.

Vielleicht war er ihr einfach nicht devot genug. Vielleicht musste er nur mehr Einsatz zeigen!

Er warf sich auf den Boden und kroch zu ihr.

„Was wird das jetzt?“ Sie verdrehte die Augen. „Okay, okay! Hör auf! Stopp! Ich kann das nicht mit ansehen! Du hast ja wirklich keinen Funken Selbstachtung!“ Sie schüttelte theatralisch den Kopf. „So was habe ich noch nicht erlebt!“

Sie spuckte die Worte nur so vor ihm aus, und er war sich nicht sicher, ob sie das Ganze nicht sogar ernst meinte, was sie da so von sich gab.

Er war sich nie so sicher, und fand sich immer auf dem falschen Fuß erwischt.

„Also gut! Du kannst ja mal versuchen mich zu überzeugen. Wenn du ganz brav bist, dann lasse ich vielleicht mit mir reden. Sie hob den Zeigefinger. „Aber nur vielleicht!“

Michael war erleichtert.

„Danke! Danke! Danke!“, meinte er. „Ich tue auch alles, was du willst!“

„Das hast du schon mal gesagt, und es ist dir nicht so gut bekommen! Aber du musst ja selbst wissen, was du so von dir gibst.

Wie wäre es, wenn du dich mal nützlich machst? Du könntest mal mein Bad putzen. Da steht auch noch schmutziges Geschirr in der Küche. Und einmal die Wohnung feucht durchwischen wäre auch mal wieder angebracht!“

Er sah sie verständnislos an.

Er sollte putzen?

War das ihr ernst?

Aber sie sah nicht nach Scherzen aus.

Was blieb ihm anderes übrig? Er nickte und fügte sich seinem Schicksal.

Als er mit gesenktem Kopf aufstand, zischte Alina schmerzverzehrt auf: „Oh, oh, oh! Mein Hals! Es zieht schon wieder!“

Michael seufzte und ließ sich wieder auf die Knie nieder. Dann kroch er ins Bad.

Er fand die Putzutensilien, betrachtete sie wie Artefakte aus einer fremden Welt, füllte schließlich einen Eimer mit warmem Wasser und kippte von allen Mittelchen einen guten Schuss hinein.

„Viel hilft viel“, dachte er.

Und dann schrubbte er, wischte, wusch. Seine Bewegungen waren ungelenk, er hatte so etwas noch nicht oft gemacht. Eigentlich konnte er sich nicht entsinnen, überhaupt schon mal so richtig geputzt zu haben.

Wie weit war er gekommen? Vom großartigen, vielleicht etwas unterschätzten Starinnenarchitekten zu einem auf den Knien kriechenden Putzmann.

Aber was blieb ihm übrig?

Er war einfach abhängig von ihr.

Er musste es tun.

Er wollte, dass sie zufrieden war, denn nur, wenn sie glücklich war, konnte er es auch sein. Er war von ihr abhängig, und er wollte es sein. Es war ein goldener Käfig, in dem er lebte, und war gerade dabei, ihn auch noch zu polieren. Und das war in Ordnung. Er hatte seinen Platz gefunden. Wenn sie wollte, dass er auf dem Badezimmerboden vor dem Klo kroch und es sauber machte, dann war das eben so.

Dann tat er das. Wenn er nur am Ende sein Ziel erreichte.

Aus dem winzigen Wohnzimmer erklang der Fernseher wieder. Irgendwelche Asis brüllten sich gegenseitig an. Es klang nach RTL2. Er schaute kein Fernsehen.

Fühlte sich so das Leben von diesen Paaren an, die diesen Lebensstil permanent lebten? Er putzte das Klo, sie stopfte Eis in sich rein und schaute RTL2? Im Moment war er damit zufrieden.

Wenn sie nur ihr Versprechen einlöste!

Nach zwei Stunden hatte er seine Arbeit erledigt, wie sie es befohlen hatte. Seine Knie schmerzten, aber die Demütigung und das Gefühl ihr unterlegen zu sein und auf ihre Gnade angewiesen zu sein, das war noch immer stark und brannte in ihm.

+ + +

Alina saß nur scheinbar teilnahmslos vor der Glotze.

Aber von dem Programm nahm sie nichts wahr. Aus den Augenwinkeln versuchte sie einen Blick auf ihn zu werfen, wie er da werkelte. Wie geil war das denn? Nie wieder putzen! Sie musste ihn nur zu ihrem Putzsklaven abrichten.

Diese ganze Sache und Michael machten sie schon scharf. Dass er sich vor ihr auf den Boden warf, dass er ihre Wohnung putzte, obwohl sie ihn seiner Sexualität beraubt hatte! Wie blöd konnte man sein, dass er ihr dafür auch noch dankbar war? Es war natürlich rührend, wie sehr er sich um sie kümmerte in der vagen Hoffnung, doch noch zum Schuss zu kommen!

Als Michael mit einer Hingabe, die sie selbst nicht an den Tag legen konnte, ihren Badezimmerboden schrubbte, hatte sie sich schnell von der Couch gestohlen und ihren Block mit all ihren Aufzeichnungen genommen.

Sie hatte eine Sektion eingerichtet für Ideen, die sie noch umsetzen wollte. Sie hatte sich sogar schon eine etwas edlere Kladde gekauft, eine von Moleskin, recht teuer war das Teil gewesen (zumindest für ihre Verhältnisse). Sie wollte dem Ganzen etwas mehr Stil geben und nicht mehr auf einem billigen Block aus dem Aldi ihre teuflischen sexuellen Pläne skizzieren. Sie musste dem Ganzen etwas mehr Würde geben.

Sie überlegte auch, ob sie so etwas wie ein Domina-Tagebuch führen sollte, in dem sie alles festhielt, was sie mit Michael so anstellte.

Es hätte den Vorteil, dass sie wusste, was sie bereits getan hatte und wie es bei ihr und Michael angekommen war. Sie erhoffte sich vor allem davon, dass sie etwas erfuhr über ihre und Michaels Entwicklung. Es schien ihr, dass sie sich in der letzten Zeit ziemlich verändert hatte, was ihre Sexualität betraf, und sie hätte diese Änderungen gerne nachgehalten, um herauszufinden, was das über sie sagte.

Nun, an diesem Abend aber ging es nicht darum.

Sie hatte sich schon gedacht, dass Michael mal irgendwann wegen seines Gürtels angekrochen kam. In einer langweiligen Vorlesung hatte sie angefangen, ihre Ideen aufzuschreiben. Sie hatte eine Menge Einfälle. Die reichten für einige Sessions.

Weil sie nichts falsch machen und nicht dilettantisch improvisieren wollte, sah sie sich ihre Notizen an. Und sie merkte, dass ihre Finger immer wieder in ihren Schoß wanderten, während sie so überlegte, was sie mit Michael anstellen würde.

Während sie so plante, kam ihr eine neue Idee. Eine ziemlich mutige sogar. Und es war eine spontane Idee. Sie hatte zu tun mit einem Spielzeug, das sie Michael bisher vorenthalten hatte. Alina hatte es online mit all den anderen Sachen bestellt. Es war so etwas wie das Krönungsstück in ihrer Sammlung, und sie musste sich eingestehen, dass sie ein wenig Angst hatte, es einzusetzen. Es wäre schon ziemlich extrem. Zumindest im Rahmen dessen, was sie bisher so gewagt und mit Michael erlebt hatte.

Aber nun dachte sie eben daran, es anders einzusetzen.

Sollte sie das tun?

Ihre Finger, die immer wieder unter den Block huschten, rieten ihr dazu. Ihr Verstand hingegen zweifelte. Das war wieder so eine spontane Sache, die in die Hose gehen konnte. Und wenn es das tat, dann aber gewaltig.

Das konnte sie nicht riskieren.

Vielleicht war Plan B, der viel konventioneller und weniger exotisch war, ohnehin besser, denn sie hatte etwas vor, das Michael die Socken ausziehen würde!

Alina kritzelte, strich durch, veränderte ihren Plan und war noch lange nicht fertig, als Michael ins Wohnzimmer gekrochen kam.

„Fertig!“, meinte er stolz.

„Du hast das Bad geputzt?“

„Wie du es gefordert hast. „

„Auch das Klo?“

„Natürlich, und das Waschbecken und die Dusche auch. Und gespült habe ich auch, und die Küche auch feucht durchgewischt. Das Spülbecken habe ich mit so einer Scheuermilch noch ausgewischt. Willst du es sehen?“

„Später. Sagen wir, dass ich dir fürs Erste vertraue.

„Das ist sehr großzügig!“

Sie schwieg, und Michael übernahm die Initiative.

„Ich habe meinen Teil der Abmachung eingehalten. „

„Ich kann mich nicht erinnern, dass wir eine Abmachung hatten. „, meinte Alina, fügte aber schnell hinzu: „Aber ich verstehe, was du meinst. Wir sollten uns zumindest um deine Hygiene kümmern, finde ich. Du stinkst da unten doch bestimmt wie ein Otter!“

„Ich habe eigentlich geduscht.

“ Michael war etwas indigniert über diese Andeutung, verstand aber, dass sie sich um seinen Kleinen kümmern wollte, und das war natürlich genau das, was er auch wollte.

„Du kommst da unten doch gar nicht richtig dran! Ich werde dich jetzt waschen. Natürlich muss ich ein paar Vorkehrungen für meine eigene Sicherheit treffen, bevor ich dich freilasse. Hol mal den Stuhl aus der Küche und bring den ins Bad!“

„Wie du willst!“

Michael kroch davon, und Alina griff hinter das Sofa, wo sie ihr neues Spielzeug in einer Kiste versteckt hatte.

Sie suchte die Handschellen und die Augenbinde heraus und ihr besonderes Spielzeug. Als sie es in den Händen hielt, fragte sie sich, ob sie das wirklich durchziehen wollte. Sie war noch nicht hundertprozentig überzeugt.

Sie stopfte alles in eine Tasche, damit er es nicht sah, und ging in die Küche. Dort kam ihr Michael entgegen. Auf allen Vieren schob er den Küchenstuhl vor sich her. Es war mühsam.

Sie überlegte, ob sie ihm erlauben sollte, aufzustehen, aber dann fand sie, dass er sich auch ein wenig anstrengen konnte. Sie schloss die Tür hinter sich, öffnete das Gefrierfach des Kühlschranks, holte die Eiswürfel heraus und schlug sie in eine Plastikschüssel. Sie selbst hatte noch nie Eiswürfel benötigt, aber als die Sache mit Michaels Keuschheitsgürtel sich anbahnte, da hatte sie vorsorglich welche gemacht. Nun zahlte sich ihre Weitsichtigkeit aus.

Unter der Spüle fand sie noch ein paar Küchenhandschuhe, die sie auch in die Tasche warf.

Sollte sie das wirklich durchziehen?

Ihr Herz schlug ziemlich schnell, und sie spürte die Endorphine und das Östrogen in ihren Adern kribbeln.

Sie atmete ein letztes Mal ein und aus, und dann öffnete sie die Küchentür und ging entschlossen zu Michael.

Der hatte den Stuhl mitten ins Bad gestellt. Es war eng, aber es würde gehen.

Alina ging an ihm vorbei, ließ die Tasche fallen, sodass Michael hörte, dass sie mit allerlei gefüllt war.

Sie lehnte sich ans Fenster und verschränkte die Arme.

„Runter mit den Klamotten!“

Michael sah sie an. Sein Herz schlug nun auch schneller, und das Testosteron fand seinen Weg in seinen Körper.

Alina hatte sich Mühe gegeben, kalt zu klingen, und sie sah Michael an, dass ihre Worte ihre Wirkung nicht verfehlten.

Sie mochte es, wie er sich genierte.

Es war immer noch ein Erlebnis. Sie legte den Kopf schief, wie ein kleines Mädchen, das mit ihrem ungezogenen Bruder schimpfte. Er sollte den Altersunterschied zwischen ihnen beiden nicht vergessen.

Er sah zu ihr hoch wie ein begossener Pudel, aber natürlich kam er ihrer Forderung nach. Sie fand, dass er ein bisschen zu viel spielte, sich ein wenig zu sehr zierte, aber sie mochte das, und so ließ sie ihn gewähren.

Es sah nicht sehr erotisch aus, wie er sich kniend aus seinen Klamotten quälte, aber sie sah trotzdem interessiert zu. Sie war immerhin die Herrin im Haus.

Schließlich war er fertig, hockte vor ihr mit dem grotesk aussehenden Teil zwischen seinen Beinen.

Sie musterte ihn distanziert.

„Du siehst schon ziemlich albern aus mit deinem Ding da. Das muss ich schon sagen. Naja, du kannst halt nicht anders!“

Sie rümpfte die Nase, als wäre er ihre ganze Aufmerksamkeit eigentlich nicht wert, und kramte dann in der Tasche herum.

„Da werde ich mich mal um dich kümmern. Ich denke, dir ist klar, dass ich dich fesseln muss, damit du nicht über mich herfällst oder mir davon rennst, wenn ich dich raus lasse. „

Sie hielt ihm die Handschellen vors Gesicht, ging dann hinter ihn und fesselte seine Hände hinter seinem Rücken so, dass er mit der Lehne verbunden war. Er konnte dieses Mal also nicht aufstehen.

Sie wollte ihn schon überraschen, indem sie ihm die Augenbinde von hinten überzog, aber dann erinnerte sie sich, dass die Reihenfolge eine andere war.

Sie trat vor ihn, schwenkte die Handschuhe und sagte:

„Ich will mir ja nichts holen. Wer weiß, was da schon für Pilze wachsen und welches Getier da unten rumkrabbelt!“

Sie zog die Handschuhe an und dehnte sie, dass der Gummi gegen ihr Handgelenk klatschte, wie in den schlechten Filmen, wenn der Doktor eine Analuntersuchung ankündigte.

Das Klatschen erfüllte den kleinen Raum, und Michael schluckte. Dann öffnete sie den Kosmetikschrank und holte eine kleine Nagelbürste heraus, die sie ihm vors Gesicht hielt.

„Ich denke, mit der werden wir dir den ganzen Dreck schön runter geschrubbt kriegen. Was meinst du?“

Er sagte nichts, sondern starrte die groben, weißen Borsten an.

Alina lachte: „Du siehst nicht aus, als würdest du dich auf ein Festival der Freude einstellen.

Naja, wir werden sehen! Lass dich überraschen!“

Sie sah ihm an, dass er die Überraschung nicht unbedingt wollte. „Okay, dann wollen wir mal!“

Sie beugte sich über ihn und zog sich langsam die lederne Kette aus dem Dekolleté, an dem der Schlüssel für den Keuschheitsgürtel hing.

Hätte sie gewusst, dass er an diesem Abend noch vorbei käme, hätte sie sich etwas Freizügigeres angezogen als das ausgewaschene und ausgeleierte T-Shirt, das sie schon so lange hatte, zwar sehr mochte, mit dem sie sich aber nicht mehr in der Öffentlichkeit sehen ließ.

Aber er hatte sich nicht angekündigt, und so bekam er keinen aufreizenden Anblick. Es war seine eigene Schuld.

Sie zelebrierte das Hervorziehen des Schlüssels und ließ ihn vor seinen Augen hin und her baumeln.

„Sieh dir den an! Die ganze Zeit war der zwischen meinen weichen Brüsten! Wie gerne würdest du die wohl küssen, was? Aber keine Chance!“

Seine Augen folgten dem Schlüssel, als werde er hypnotisiert.

„Du kannst es kaum erwarten, was?“ Sie lachte laut und herzhaft wie ein kleines Mädchen. „Vielleicht überlege ich es mir wieder anders!“ Sie machte Anstalten, sich den Schlüssel wieder umzuhängen. „Was sagst du?“

„Bitte nicht!“, flehte er. Michael konnte nicht mehr.

Alina dachte: Der spielt nicht mehr, der ist kurz vor dem Nervenzusammenbruch!

Sie lachte:

„Dann will ich mal nicht so sein! Aber ich will dir den Anblick von deinem kleinen Wicht nicht zumuten!“ Mit diesen Worten stülpte sie ihm die Augenmaske über.

Als Nächstes öffnete sie das Schloss zu dem Keuschheitsgürtel. Es war ein wenig mühsam mit den Handschuhen, aber es gelang ihr.

Im gleichen Augenblick, da das Teil sich öffnete, stellte sich sein Penis senkrecht auf.

„Hui, das ging aber schnell! Da ist aber jemand bereit!“ Sie lachte. „Ein bisschen notgeil, findest du nicht? Ich meine, so ein wenig Anstand und Selbstbeherrschung wären ja auch nicht schlecht!“

„Tut mir leid!“ flüsterte er.

„Ja, das sollte dir auch leidtun!“

Sie schmierte ein wenig flüssiger Seife auf die Handschuhe und massierte damit seinen Penis. Er begann sofort zu stöhnen und schwerer zu atmen.

Alina beugte sich zu ihm und flüsterte ihm leise und sinnlich ins Ohr:

„Gefällt dir das?“

„Ja!“, stöhnte er. „Ja! Ja! Ja!“

„Meinst du, du hast dir das verdient?“

Michael dachte nicht nach, er nickte einfach.

Sie massierte ihn nun langsamer und hauchte wieder:

„Meinst du wirklich?“

Er nickte.

Michael war in seiner eigenen Welt gefangen. Sie wusste, dass er nicht mehr Herr seiner Sinne war. Sie konnte alles mit ihm anfangen, sie konnte von ihm alles verlangen. Er würde alles tun, wenn sie nur weitermachte.

Alina fand das einerseits ein wenig bedenklich, aber vor allem machte sie das unglaublich an.

Noch nie hatte sie jemanden so verrückt gemacht. Alles, was sie bisher getan hatte, von dem sie dachte, dass es einen Mann scharf machte, war nichts im Vergleich zu diesem Moment. Sie war sich sicher, dass sie so etwas wie eine Göttin in seinen Augen war.

Sie hielt inne.

„Bitte mach weiter, bitte!“

„Sag mir, was ich dir bedeute!“, hauchte sie ihm wieder ins Ohr.

„Alles, alles bedeutest du mir!“, kam es sofort herausgeschossen.

„Ich finde, du solltest dir ein wenig mehr Mühe geben. Wenn ich dir alles bedeute, dann verdiene ich doch bestimmt auch etwas mehr Wortgewalt.

Michael überlegte einen Moment, und dann schoss es nach einigem Stocken aus ihm heraus:

„Du bist alles für mich! Du bist… du bist… Du bist der wertvollste Mensch in meinem Leben.

Du hast mich in der Hand, du bestimmst, was ich tue und was nicht. “

Alina begann wieder, ihn zu massieren, und im Rhythmus ihrer Bewegungen keuchte er die Worte hervor:

„Ich muss immer an dich denken. Ich kann nicht mehr anders! Du bist immer da. Morgens, mittags, abends!“

Alina war vorsichtig,. Sie merkte, dass er sich dem Höhepunkt näherte, also bremste sie das Tempo wieder.

Sie wollte die Kontrolle über ihn nicht verlieren.

„Du demütigst mich, du zwingst mich auf die Knie, du befielst mir, dir zu dienen. Und es ist so geil. So geil! Wie du mich erniedrigst, wie ich vor dir im Staub liege! Es ist so beschämend, aber ich möchte immer mehr!“

Sein Atem ging nun immer schneller, seine Stimme wurde immer schwerer. Alina wurde es langsam zu heikel.

„Du bedeutest alles für mich!“

Und dann sagte er nur noch ein Wort im Rhythmus ihrer Bewegungen:

„Bitte! Bitte! Bitte!“

Er war so knapp vor dem Höhepunkt, warf seinen ganzen Körper in ihre Bewegungen.

Alina sah fasziniert zu. Es schien, als wäre Michael vollkommen verschwunden in einer eigenen Welt der Lust, in der alles zu seinem Höhepunkt zustrebte.

Aber genau den Weg wollte sie ihm nicht freimachen. Sie bekam augenblicklich ein schlechtes Gewissen, als sie plötzlich aufhörte und mit einer vollkommen deplatziert hohen Stimme rief:

„So, das hätten wir! Eingeseift bist du schon mal!“

Michael bäumte sich in seinen Fesseln.

Plötzlich hing er in der Leere. Er pumpte seine Hüften vor und zurück, um ihre Hand zu finden, aber es ging in die Leere, und er wurde in die Wirklichkeit zurückgerufen, in der es für ihn nichts mehr gab.

„Nein! Nein! Nein!“, brüllte er frustriert in das Badezimmer, und seine Stimme hallte von den Kacheln wider.

„Doch, doch. Du bist eingeseift, glaub mir!“, gab Alina naiv zurück, als verstehe sie nicht, worauf sich seine Aussage bezog.

„Hör nicht auf! Hör nicht auf!“ erflehte, zerrte an den Fesseln, bettelte. Aber sie gab sich weiter ignorant.

Sie kümmerte sich einfach nicht um seine Qualen.

Es war ihr vollkommen egal!

Und dann brach der Frust in ihm aus.

Und er schrie:

„Oh Gott, du verdammtes Miststück!“

Sofort fing er sich eine Backpfeife.

„So nicht Freundchen! So nicht! Du solltest mir dankbar sein, dass ich dir den Pilzbefall vom Leib halte!“

Michael sackte in seinem Stuhl zusammen.

Er war so kurz davor gewesen!

Wie er da hing, schwer atmete und gegen die Fesseln rebellierte, Alina war fasziniert.

Das „Miststück“ nahm sie ihm nicht weiter übel. Sie hätte wahrscheinlich noch viel kräftigere Begriffe gefunden! Sie war wirklich widerlich. Aber er wollte es ja so. Er bettelte darum. Da konnte er sich nicht beschweren.

Sie fand es faszinierend, wie sich seine Muskeln anspannten und wieder erschlafften, wenn sein Kampf gegen seine Fesseln vergebens war.

So schlecht sah er eigentlich nicht aus in Handschellen!

Alina machte weiter.

Aber nun ging es zum zweiten Teil!

„Dann wollen wir mal den Dreck wegschrubben, was meinst du?“, plärrte sie in einer hohen und vollkommen deplatzierten und unerotischen Stimme. Und dann begann sie, ihn mit der Nagelbürste unsanft zu schrubben.

Zunächst war Michael noch so sehr mit der ihm vorenthaltenen Erleichterung beschäftigt, dass er die Pein nicht wahrnahm.

Aber dann spürte er es.

Wie die harten Borsten über sein empfindliches Teil schrubbten. Michael wand sich in den Fesseln, als das eklige Teil über seinen empfindlichen Körper kratzte.

Alina musste schon ziemlich zudrücken, doch diese ganze Situation machte ihn so geil, dass sie es nicht schaffte, seine Erektion wegzuschrubben. Er blieb einfach hart, und sie wollte ihn nicht verletzen.

Seine Erregung war offensichtlich zu stark.

„So, fertig!“, rief sie.

„Jetzt bist du schön sauber! Fühlt sich doch gut an oder nicht?“

Sie lachte, und dann klatschte sie ihm eine Handvoll Eis auf seine Erektion.

„Oh Gott! Nein!“, grunzte Michael vollkommen frustriert.

Alina musste trotzdem kämpfen, um ihn wieder zum Schrumpfen zu bekommen.

„Während der ganzen Zeit brabbelte Michael vor sich hin: „Nein, nein, nein! Was machst du mit mir?“

Ja, was machte sie mit ihm? Alina sagte nichts, aber innerlich lächelte sie.

Sie war schon ein verdammtes Miststück. Was sie da mit ihm machte!

Alina ließ sich nicht beirren, und schließlich war Michaels Freund wieder klein und zusammengeschrumpelt und fertig für sein Gefängnis.

Alina musste ein wenig fummeln, bis sie ihn wieder in dem Keuschheitsgürtel verschlossen hatte.

„Das kannst du doch nicht mit mir machen!“, flehte er, und seine Stimme schwankte, als heule er.

Alina war sich nicht sicher. Sie nahm keine Rücksicht darauf. Nun musste sie sich entscheiden.

Sie konnte ihn jetzt einfach demütigen und dann losmachen, oder sie konnte mutig sein und ihren Plan umsetzen.

Was gab es da zu entscheiden? Diese ganze Situation hatte sie total heiß gemacht! Jetzt oder nie, dachte sie.

Alina zog die Handschuhe aus, griff in die Tasche und holte das letzte ominöse Utensil heraus.

+ + +

Michael kam aus seinem Frust langsam wieder zu sich in die Realität. Er wusste nicht, wie ihm geschah, und was sie tat, denn sie fummelte an seinem Schoß und schnallte ihm irgendwas um.

Was sollte das?

Er war verwirrt, doch auf seine Fragen gab sie ihm keine Antwort.

Er hörte Kleidungsstücke. Es klang, als zöge sie sich aus!

Direkt kämpfte sein gutes Stück wieder gegen sein Gefängnis.

Mein Gott, wenn er sie nur sehen könnte! Sie war so nah, und doch so weit entfernt. Ein paar Handschellen und eine Augenmaske raubten ihm alles. Was er gegeben hätte, wenn er sie hätte betrachten dürfen! Wie sehr er sie sehen wollte!

Was machte sie als Nächstes?

Und dann spürte er sie ganz nah an sich und hörte sie ganz nah an seinem Ohr.

Sie flüsterte:

„So mein kleiner Hengst! Jetzt will ich meinen Spaß haben!“

Damit setzte sie sich langsam auf seinen Schoß.

Er spürte ihre nackten Schenkel auf seinen. Sie fühlten sich weich an, auch wenn er ihre Muskeln spüren konnte.

Ihre nackten Arme legten sich um seine Schultern, und griffen in seine Haare.

Ihre langen Haare streiften seine Brust, und wieder schossen elektrische Ströme durch seinen Oberkörper.

Sie bewegte sich langsam in seinem Schoß auf und ab, und er spürte ihren Atem auf seiner Brust und seinem Gesicht.

Ihre Muskeln strafften und entspannten sich, sie bewegte sich, rhythmisch auf ihm. Erst langsam. Sehr langsam und bewusst.

Es war ein langsames Auf und Ab, und er verstand erst nicht, was sie da tat. Außer eben, dass ihr Atem schwerer wurde und sie immer wieder fester in seine Haare griff und daran zog.

Er stellte sich vor, wie ihre Schenkel aussehen mochten, die sich immer wieder auf seine setzten und sich erhoben, als reite sie ihn.

Er selbst hätte sich so gerne erregt.

Ihre Nähe!

So nah war sie ihm noch nie gekommen!

Sie hatte noch nie so viel Haut gezeigt wie jetzt, und er konnte es nicht sehen, weil er diese verdammte Maske trug!

Wie konnte man nur so gemein sein!

Sie bewegte sich auf und ab, und stöhnte nun stärker, und dann hauchte sie etwas in sein Ohr:

„Du bist so groß und hart!“

Es dauerte einen Moment, bis er verstand.

Er war weder hart noch groß. Sein Teil war schlaff in einem Stück Plastik.

Wovon sprach sie?

Und dann verstand er.

Dieses Miststück!

Dieses verdammte Miststück!

Sie hatte ihm so einen künstlichen Schwanz umgebunden, und den ritt sie jetzt!

Während zwischen seinen Beinen sein eigener Schwanz, der so gerne wollte, der bereit war, der so hart werden könnte, verschmäht wurde.

Stattdessen bevorzugte sie ein Plastikteil!

Es war unerträglich!

Wie konnte sie so sein?

Erst ließ sie ihn nicht kommen, und dann setzte sie sich auf ihn und ritt einen Plastikschwanz!

Es war unerträglich!

Hatte jemand jemals einen Menschen mit so viel Verachtung gestraft?

„Oh mein Gott!“, stammelte er. „Was machst du da? Was machst du mit mir?“

„Jammer ruhig!“, stöhnte sie.

„Das hier ist für mich!“

Ihr Atem heiß und schwer auf seiner Wange.

Er schwieg.

Er war sich bewusst, was da gerade passierte. Sie bewegte sich auf und ab, und er war passiver Zuschauer.

Er hätte gerne etwas getan, ihre Lust zu steigern, wenn er schon selbst nichts tun konnte. Aber seine Hände waren hinter seinem Rücken gefesselt, und sein Teil hing schlaff zwischen den Beinen und hatte keine Bedeutung.

Er war Zuschauer ihrer Lust.

Unbeteiligt, unwichtig.

Er hatte nichts mehr zu sagen.

Er war reduziert zu einem Möbelstück, vollkommen abgemeldet.

Sie brauchte ihn nicht.

Er hatte für sie keine Bedeutung.

Doch dann stöhnte sie:

„Sag's mir. Sag's mir nochmal! Sag mir, was ich für dich bin!“

Sie bewegte sich immer noch auf und ab, an der Art, wie sie das Gewicht verlagerte, konnte er erkennen, dass sie ihren Rücken bog, als hätte sie einen Punkt gefunden, der sie besonders stimulierte.

Noch nie hatte er so nah und so unbeteiligt am Sex teilgenommen, noch nie hatte er die Gelegenheit gehabt, sich so intensiv mit dem Sex einer Frau zu beschäftigen. Er hatte nicht mit sich selbst zu tun, er konnte nichts tun, als sich auf ihre Lust zu konzentrieren. Wie sie sich bewegte, wie sie atmete, wie sie ihn streichelte.

Noch nie war er so nutzlos gewesen.

Er flüsterte:

„Du bist das Größte, du bist die geilste Frau, die ich bisher kennengelernt habe. Du bist alles, du bist meine Herrin! So etwas ist mir noch nicht passiert. Ich bin so scharf auf dich. Ich liebe dich! Ich begehre dich! Ich liebe dich! Du bist alles für mich! Du bist meine Herrin!“

Mit seinen Worten kam sie ihrem Höhepunkt näher, stöhnte, stöhnte, stöhnte.

Ihre Bewegungen waren noch ausdrucksstärker, schwerer, bedeutungsschwangerer, schneller.

Michael hielt nun den Atem an.

Ihr Höhepunkt war so nah, und dann brach es über sie herein wie eine Naturgewalt.

Mit einem spitzen Schrei, dann Momenten der Stille und einem weiteren kurzen Schrei.

Er saugte alles auf, was er konnte. Ihren Atem, ihr Keuchen, ihre Bewegungen.

Es war krass.

Er hätte es so gerne gewusst, er hätte es so gerne selbst erfahren!

Stattdessen konnte er nur erahnen, wie es sich über sie ergoss, wie die Wellen über sie spülten, ihr Körper sich hineinwarf und alles aus ihrer Lust herauspresste.

Am Ende brach sie über ihm zusammen und umarmte ihn. Ihre nackten Brüste an seinem Oberkörper. Er konnte sie nicht sehen, aber ihre harten Brustwarzen drückten in seine Brust.

Ihre Arme um seine Schulter, ihre Schenkel auf seinen.

Er schwieg, als sie schwer atmete und zur Ruhe kam. Er spürte, wie sich ihr Brustkorb hob und senkte.

Ihr Schweiß rieb sich auf seine Brust ab.

Sie schien weggetreten zu sein, sagte nichts, tat nichts, keuchte einfach nur.

Als sie sich schließlich aufrichtete, streiften ihre Haare seine Schulter.

Sie spürte ihren Atem ganz nah an seinem Mund und flüsterte:

„Und, wie war's für dich?“

Aber bevor er etwas sagen konnte, fingen ihre Zähne seine Unterlippen und küssten ihn leidenschaftlich, und er gab sich dem Kuss hin und schenkte ihr alles, als hätte er einen Grund, ihr dankbar zu sein, dass er ihren Höhepunkt hatte erleben können. Als wäre er der Zeuge von etwas Großartigem geworden.

Nun, er war es auch.

„Danke, dass du so kooperativ warst!“, hauchte sie.

Sie stieg von ihm herunter.

Als sie seine Augenbinde abnahm, hatte sie ihren Slip schon wieder angezogen, aber ihre Brüste hatte sie noch nicht bedeckt.

„Du sollst ja auch nicht leben, wie ein Hund!“, meinte sie lächelnd und hielt ihm ihre Brüste vors Gesicht, und einmal drückte sie sie ihm kurz an den Mund, dass er einmal über ihre Brustwarze lecken konnte.

„Danke schön!“, flüsterte sie. „Ich hoffe, du weißt, dass du auch noch zum Zug kommst. Aber ich will, dass du dich geduldest. Meinst du, du schaffst das?“

Er nickte. Was blieb ihm anderes übrig? Irgendwie hatte diese Sache reinigend gewirkt. Er stand immer noch unter Druck, aber es war nun etwas anders. Er konnte es auch nicht beschreiben, aber das war so ein Erlebnis gewesen, das sie ihm da bereitet hatte, dass er versuchte, es zu ertragen.

Er hatte ja auch keine Wahl.

„Brav! Ich bin stolz auf dich! Vertrau mir einfach!“

Er nickte wieder.

Damit schloss sie ihm die Handschellen auf.

Seine Muskeln schmerzten, schwankend stand er auf, zog sich an und verließ ihre Wohnung eingesperrt in seinem Käfig.

Trotzdem war er stolz.

Er vertraute ihr.

Kapitel 27 EIN FESTIVAL DER LIEBE

Ich werde langsam zu alt für sowas.

An diesem Wochenende war das Alinas Motto.

Ich werde langsam zu alt für sowas.

Sie war zu alt für diese Festivals.

Sie musste nicht mehr bei Nässe im Matsch zelten. Sie musste nicht mehr im Gestank von Kotze und Pisse zu Klohäuschen aus Plastik stapfen. Sie musste sich nicht drei Tage lang mit Ravioli aus der Dose ernähren, die auch noch kalt waren, weil sie nur einen kleinen Kocher und eine kleine Kartusche für sechs Leute mitgebracht hatten, die ganz flott leer war.

Sie hätte auch gerne etwas mehr alkoholfreie Getränke gehabt.

Aber die Jungs hatten gemeint, die Mädels müssten sich um nichts kümmern. Und so gab es palettenweise Bier und nur sechs Flaschen Wasser.

Alina machte gute Miene zu diesem Spiel. Sie versuchte zu scherzen und sich an Gesprächen zu beteiligen und nicht arschig zu sein.

Aber es war nicht so ganz einfach.

Sie hatte das Gefühl, dass die drei Jahre, die sie den anderen voraus hatte, sie in eine andere Generation packte. Es erschien ihr schwer nachvollziehbar, dass man morgens zum Frühstück schon ein Bier zischen konnte, und man sich mittags dann wunderte, dass einem schlecht war.

Weit entfernt wummerten die Bässe auf einer entfernten Bühne. Alina erschien es nicht sehr erstrebenswert, sich den Weg durch die Massen von Zelten zu bahnen, um sich dann durch noch unangenehmere Massen von Menschen zu kämpfen, deren Hygiene zu wünschen übrig ließ.

Vielleicht war sie zu verwöhnt.

Sie war definitiv zu alt für so etwas.

Für das Saufen am frühen Morgen, fürs Zelten. Für alles.

Das aber war es, was Manfredo (der Latin Lover) und Carsten (der kleine Blonde) praktizierten. Und Laura versuchte sich durchaus dort einzufügen und votierte auch für das Bier zum Frühstück. Michelle sah dem Ganzen zunächst wohlwollend zu, änderte dann ihre Meinung aber und nahm die Rolle der Zicke an, die sich über alles echauffierte.

Alina hatte zwar das Gefühl, von den Sechs die größte Abneigung gegenüber diesem Wochenende zu empfinden, aber sie versuchte, konstruktiv und friedlich zu bleiben und kam sich bald wie eine Mutter vor, die zwischen allen vermittelte und um Ausgleich bemüht war. Mal gab es Zoff über Nichtigkeiten, dann vertrugen sich wieder alle, und es wurde lautstark gefeiert. Für Alinas Geschmack fühlte es sich aber nie richtig an. Es war immer zu viel: Zu viel Gejammer, zu viel Enthusiasmus, zu laut, zu schrill.

In dem ganzen Gewühl hatte Tim sich an Alinas Seite gesellt. Er wollte den vernünftigen Vater spielen, der die anderen zur Ordnung rief, der Anstoß nahm an den in Plastik verschweißten Würstchen, der aber auch immer darauf hinwies, dass in den Pringels Schweineborsten steckten und in den Gummibärchen das Knochenmark von Schweinen. Alina wusste nicht, ob das alles so stimmte, es war ihr auch ziemlich egal. Aber sie konnte sein griesgrämiges Maulen irgendwann nicht mehr hören.

Aber Tim war nicht immer so. Er konnte auch nett sein, auch mal Interessantes sagen, aber er schien den Gedanken zu haben, dass er bei Alina Erfolg haben könnte, wenn er sich so spießig und spaßfeindlich gab, wie er vermutlich glaubte, dass sie war.

Aber so spießig und spaßfeindlich sah Alina sich nun auch wieder nicht. Im Gegenteil. Sie hatte da zuhause einen Typen sitzen, der ihr beschwören konnte, wie durchgeknallt und lustfreundlich sie war.

Aber den durfte sie ja beim besten Willen nicht erwähnen.

Alina war einfach nicht mehr so kindisch, dass sie sich besaufen musste und dann grölend umherlief. Sie musste sich auch das Fehlen von genug Messern und Gabeln nicht schönreden, weil irgendwer das vergessen hatte, die einzupacken.

Alina hatte sich bislang nicht als eine Einzelgängerin gesehen, aber hier unter all den Tausenden von feiernden Menschen fühlte sie sich bald ziemlich allein, wie die einzige Erwachsene in einem Kindergarten fremder Kinder, für die sie nicht so richtig, dann aber doch irgendwie verantwortlich war.

Sie sehnte sich bald nach ihrer Wohnung und fragte sich, was Michael machte. Sein Schlüssel hing immer noch an dieser Lederkette um ihren Hals, und manchmal drehte sie ihn zwischen ihren Fingern und erinnerte sich an diese letzte Session in ihrem Badezimmer.

Sie fragte sich, was Michael tat, ob er tapfer war und für sie litt, in der Hoffnung irgendwann seine Belohnung zu erhalten. Nun, es blieb ihm nicht viel anderes übrig, wenn er nicht auf die Idee kam, das Schloss zu knacken oder zum Schlüsseldienst zu gehen.

Sie konnte sich in der Beziehung alles Mögliche vorstellen, und das machte es alles so spannend.

Sie nutzte die erstaunlich viele Zeit, in der nichts passierte, um sich in einen unbequemen Campingstuhl zurückzuziehen und auf ihrem Block herum zu kritzeln.

Laura hatte allen schon erläutert, dass Alina ein Listen-Luder war, wie sie es nannte, und so interessierte sich niemand für die Details.

Die anderen fanden allerdings, dass Alina von nun an alles planen sollte.

Alina hatte höflich abgelehnt, was sie sicherlich als Spielverderberin dastehen ließ. Sie war sich ziemlich sicher, dass sie dieses Wochenende sehr viel besser hätte planen können, dass sie nicht so viel vergessen hätten und sie es annehmlicher und entspannter gehabt hätten, wenn man im Vorfeld nur ein wenig mehr nachgedacht hätte. Hatte man aber nicht.

Ein Abendessen wurde durch Planung auch nicht viel besser, wenn man eben das Besteck vergessen hatte und zu wenig von allem, dafür aber zu viel Bier hatte.

Alina war nicht danach, die Zelte der anderen Festivalcamper abzugehen, um da um Messer und Gabel zu betteln. Da stimmte sie dann doch mit Manfredo und Carsten überein, dass sie auch ohne überleben würden.

Sie kamen also auch so zurecht. Es wurde das Motto der Gruppe für dieses Wochenende: Improvisation. Alinas Motto war immer noch, dass sie langsam zu alt war für solche Spielereien.

Sie war es wirklich!

Stattdessen entwickelte Alina in ihrem unbequemen Campingstuhl all die Pläne, wie sie Michael weiter quälen konnte:

Da war die Idee, dass sie ihn irgendwo festband, und ihm nur eine Hand frei ließ, vielleicht die linke, dann hatte er es nicht so einfach.

Sie erlaubte ihm an sich herumzuspielen. Wenn er es schaffte, eine Stunde nicht abzuspritzen, durfte er in der kommenden Woche jeden zweiten Tag zum Schuss kommen. Wenn er es aber tat, dann war für den Rest der Woche Keuschheit angesagt. Sie war sich sicher, dass sie ihn so scharf machen konnte, dass er nicht an sich halten konnte. Bei Kleinkindern funktionierten diese Sachen auch. Ein Keks sofort oder drei in einer Stunde. Die Kinder aßen den Keks immer sofort.

Michael war auch nicht intelligenter.

Sie malte sich aus, wie sie vor ihm tanzte, aufreizend und anheizend. Vielleicht rieb sie ihren Körper mit Öl ein, dass er einladend glänzte. Sie würde ihn streicheln, ihm süße Worte ins Ohr hauchen. Sie würde ihn dazu bringen, dass er sich ganz unökonomisch für den schnellen Orgasmus entschied und dann eine Woche unter dieser Entscheidung leiden musste. Und wenn er bettelte, würde sie lachen, dass es doch seine Entscheidung gewesen war.

Und beim Stichwort Betteln fiel ihr eine weitere Idee ein: Sie würde ihn einsperren und für jedes Mal, an dem er um Erlösung bettelte, würde sie ihm einen Tag mehr Enthaltsamkeit auferlegen. Bis er lernte, dass sie ihn unter Kontrolle hatte und sein Flehen ihm nur schadete.

Stattdessen sollte er Aufgaben erfüllen. Er sollte um jeden Orgasmus kämpfen. Sie konnte ihn ihren Haushalt machen lassen. Sie konnte ihn zwingen, einen bestimmten Umsatz in seinem Geschäft zu erzielen.

Sie konnte ihm vorgeben, eine bestimmte Anzahl von Kilo abzunehmen oder eine bestimmte Anzahl an Liegestützten hinzukriegen, bevor er wieder durfte. Sie konnte ihn zu dem Menschen machen, den sie haben wollte.

Aber wollte sie das?

Einen Sklaven, den sie nach ihren Vorstellungen formen konnte? Nein. Es würde Michael aber auch nicht dümmer machen. Man musste diese Sache ja nicht ständig spielen.

Sie brauchte einen intelligenten Menschen, mit dem man auch mal ein intelligentes Gespräch führen konnte, das sich nicht um Ray Ban Sonnenbrillen drehte oder das richtige Bier.

Das war der Gegenstand des letzten Gespräches zwischen Michelle, Laura, Carsten und Manfredo gewesen. Und es war hoch hergegangen. Wayfarer oder Pilotenbrille? Sagte Alina nichts, für die vier anderen aber war es scheinbar eine Glaubensfrage.

War sie zu sadistisch gewesen?

Es war schon fies gewesen, was sie da mit ihm veranstaltet hatte. Dass sie quasi mit ihm geschlafen hatte, er aber keinen Anteil daran gehabt hatte.

Sie hatte sich dabei verdammt mutig gefühlt.

So was hatte sie noch nie gemacht. Sie war eigentlich nicht so. Und jetzt war sie es doch. Jetzt war sie so, und sie mochte es.

Da hing noch dieser Satz in der Luft, den er ihr unvermittelt um die Ohren gehauen hatte. Er hatte gesagt, dass er sie liebe.

Im Rausch.

In ihrem Rausch, um genau zu sein, aber sie war sich ziemlich sicher, richtig gehört zu haben.

Meinte er das ernst? Wollte sie das überhaupt? Von ihm geliebt werden? Liebte sie ihn?

Komisch war Michael ja schon. Etwas abgehoben, etwas weltfremd, etwas verdorben von dem Reichtum seiner Familie. Aber er hatte auch etwas Nettes. Er war schlagfertig, er war intelligent. Sie hätte es nicht als Liebe bezeichnet.

Hätte sie die Wahl, dann wäre sie jetzt lieber bei Michael als bei Tim, der ihr gegenüber auf einem Campingstuhl saß und irgendein philosophisches, gelbes Reclam-Heft las.

Die anderen waren zur Bühne gegangen, wo irgendeine heiße Band spielen sollte. Alina und Tim hatten dankend verzichtet.

Sie betrachtete Tim genauer. Er war so gar nicht ihr Typ. Je länger sie sich ihn ansah, desto klarer wurde ihr das. Tim passte gar nicht auf so einen Campingplatz. Reclam-Hefte, Moral und Vegetarismus hatten hier nichts zu suchen. Genauso wenig wie sie selbst. Aber das bedeutete ja noch nicht, dass Tim und Alina an einen gemeinsamen Ort gehörten.

Zwischen Tim und Michael entschied sie sich also für Michael.

Alina war einfach zu alt für das hier. Und vielleicht war Michael zu alt für sie. Aber ihr schien, dass der ihr näher war als Tim.

Es war kompliziert, das mit dem Alter.

Aber was machte sie nun mit Michael und seiner heraus posaunten Liebe?

Nun, da war immer noch dieser Spruch mit dem Nüchternsein und den dann veränderten Prioritäten.

Sie hoffte, dass das irgendwie auch auf Michael zutraf.

Aber nun hatte sie diesen Schlüssel, und sie konnte ihn schlecht einfach so zurückgeben. Nicht, dass sie das wollte. Sie war zufrieden. Im Moment. Aber wohin führte das alles noch?

Alinas Gedanken wurden unterbrochen. Die Vier kamen zurück. Sie waren schon von weitem zu hören. Alle schienen besoffen zu sein.

Als erstes sah sie Carsten, der grölend heran torkelte, innehielt, ein komisches Gesicht machte und dann lautstark vor ihr Zelt kotzte.

Die drei anderen jubelten, Tim schüttelte den Kopf und Alina war so angewidert, dass sie den Kopf nicht abwenden konnte.

Sie war langsam wirklich…

Kapitel 28 VERKEHRTE ROLLEN

Michael war gerade wieder nachhause gekommen. Er hatte seinen wichtigen Termin mit einem Klienten vor Ort gehabt. Ein Bauherr wollte eine alte Scheune zu einem Restaurant umbauen lassen, und Michael sollte die Einrichtung übernehmen.

Es war einer der Jobs, die Michael ursprünglich hinausgeschoben hatte.

Alte Scheunen waren nicht so Ding. Er stand nicht auf Retro und hatte sich nicht viel Spannendes versprochen. Aber erstens war es ein lukrativer Job und zweitens stellte sich heraus, dass das kein gutbürgerliches Restaurant für konservative graue Rentner werden sollte, sondern irgendwas Hippes mit traditioneller deutscher Küche. Und der Bauherr hatte große Vorstellungen und ein ebenso großes Budget.

Michael hatte sich auf den Termin lange vorbereitet, hatte Ideen zu den Wänden, dem Boden, den Tischen und Stühlen, sogar zur Uniform der Kellner, obwohl das eigentlich nicht sein Resort war.

Das war das Schönste an seinem Job: Das Präsentieren von Entwürfen. Wenn man mit den Klienten gesprochen hatte, versucht hatte, ihre Ideen zu verstehen, sie umgesetzt hatte, und sie ihnen dann präsentierte.

Er konnte das, gut sogar.

Er konnte verkaufen und seine Vorstellungen rüberbringen. Das war sein Talent. Die Leute spürten, dass er es ernst meinte, dass er mit Herzblut dabei war.

Ärgerlich wurde es, wenn die Klienten Änderungswünsche hatten und man mit den Handwerkern sprach, die meinten, das ginge alles so nicht. Dann wurde alles kompliziert und hörte auf, spannend zu sein.

Aber das Vorstellen des fertigen Konzeptes, das war das, was seinen Job ausmachte. Es war toller, als am Ende das fertige Endprodukt zu sehen, das dann doch meist einen Kompromiss darstellte.

Gerade hatte er solch ein Konzept vorgestellt.

Aber mit dem verdammten Ding zwischen seinen Beinen hatte er es nicht so richtig genießen können. Seine Gedanken kamen immer wieder darauf zurück. Er hatte Schwierigkeiten sich zu konzentrieren, und als er durch die Räume ging, fühlte er immer den Blick der Frau des Bauherrn auf sich. Als ob sie wusste, was da unter seiner Hose war. Er spürte einfach, dass sie es wusste. Es war lächerlich und unwahrscheinlich, aber er konnte den Gedanken nicht abschütteln, dass sie ihn durchschaut hatte.

Wie sie ihn anlächelte! Das war nicht das Lächeln, das ihm so viele Frauen entgegenbrachten. Ein anerkennendes Lächeln. Diese Frau lächelte anders.

Nun, obwohl er es nicht genießen konnte, hatte er einen guten Job gemacht. Der Klient war zufrieden. Er hatte offensichtlich keine Ahnung, die Großartigkeit seines Entwurfes zu würdigen. Aber im Gegenzug hatte er auch keine absurden Gegenvorschläge. Der Mann war vollkommen zufrieden, und damit war es Michael auch.

Die Gäste würden sein Design schon zu würdigen wissen. Der Bauherr musste es da nicht unbedingt.

Den geschäftlichen Teil hatte er damit fast hinter sich gebracht. Für einen anderen Klienten war er noch auf der Suche nach einem Importeur von traditionellen japanischen Tapeten, aber nach nur wenigen Telefonaten hatte er auch hierfür eine Lösung gefunden.

Im Moment lief es recht gut mit dem Geschäft.

Er hatte ein wenig Zeit, sich um den komplizierten Teil zu kümmern.

Alina hatte ihm eine Aufgabe gegeben, bevor sie zu ihrem Wochenende aufgebrochen war.

Er sollte sich das nächste Spielchen zwischen ihnen ausdenken, es planen und vorbereiten. Planung und Organisation waren seine absoluten Stärken. In aller Bescheidenheit war sich Michael durchaus seiner überragenden Kreativität bewusst.

Sie hatte gemeint, dass sie sich immer so viele Gedanken gemacht hatte um ihre Spielchen, dass es nun einmal an Michael lag, sich Gedanken zu machen.

Er konnte das recht gut verstehen.

Alina hatte wohl das Gefühl, dass sie bei dem ganzen Arrangement den Kürzeren zog, und so hatte sie ihm aufgetragen, ihre nächste Session zu planen und darauf zu achten, dass vor allem sie dabei nicht zu kurz kam und ihre Freude hatte. Diese letzte Sache zwischen ihnen hatte neue Möglichkeiten eröffnet.

Aber die Aufgabe, die sie ihm gegeben hatte, stellte sich als schwierig heraus.

Wie konnte denn der Devote eine Session planen, die die Dominante überraschte? Er war doch in dieser Sache der Passive und sie die Aktive.

Seine Aufgabe war es doch, zu genießen oder besser gesagt zu erdulden, und ihre war es auszuteilen. Wie konnte er derjenige sein, der handelte, obwohl er ertragen sollte? Solche Probleme waren genau sein Ding.

Michael war zunächst ziemlich ratlos gewesen, wie das funktionieren sollte.

Er musste gestehen, dass er recht wenig von ihr wusste. Sie war diejenige, die immer einen Schritt voraus war. Sie wusste alles über ihn, aber er? Er konnte nur raten und musste dann feststellen, dass Alina ganz anders, viel krasser und extremer war, als ihre blonde Unbedarftheit vermuten ließ.

Natürlich hatte sie ihm eine Liste gegeben, und die schränkte ihn ziemlich ein. „Kein Sex zwischen uns!“ stand beispielsweise darauf.

„Ich laufe nicht nackt vor dir rum!“, war eine weitere Regel.

„Es geht einzig um meinen Spaß! Du hast nichts zu melden. “ So ging es weiter: „Wenn ich ‚Feierabend‘ sage, dann bist du zu weit gegangen und das Spiel ist zu Ende. “

Es ging noch weiter, die Liste war lang und manchmal ein wenig seltsam. „Kein Natursekt“ stand da beispielsweise. Ehrlich gesagt konnte er sich nicht vorstellen, wer in diesem Arrangement auf wen urinieren sollte. Ihn irritierte, dass sie so etwas überhaupt in Erwägung zog, selbst wenn sie es in ihrer Liste ausschloss.

Offensichtlich hatte sie sich mit dergleichen beschäftigt. Nun, er hatte es auch, er wusste, was man unter Natursekt versteht. Es war eklig. Meinte sie das also ernst?

Michael kam das alles sehr restriktiv vor. So konnte er nicht arbeiten!

Aber er musste sich eben was einfallen lassen.

Denn das alles hing an einem Versprechen:

„Wenn du gut bist, dann entlasse ich dich aus deinem Käfig! Und wenn du sehr gut bist, darf vielleicht auch noch was von deiner Lustmilch raus!“

Sie hatte dabei verschmitzt gelächelt, und er hatte den Kopf über das Wort „Lustmilch“ geschüttelt.

„Ich bin ja kein Unmensch. Wir beide sollen doch unseren Spaß haben, findest du nicht?“

Er hatte das als Zeichen des Einlenkens gesehen, dass sie doch nicht so herzlos war. Und eigentlich wollte er sich ja auch nicht beschweren. Das hier war die geilste Sache, die ihm in seinem bisherigen Leben passiert war. Es war nur auch ein wenig schwieriger, als er sich das vorgestellt hatte.

Michael hatte den Tag am Telefon verbracht.

Sein erster Gedanke war, dass er ihr sowas wie einen Wellness-Tag bereiten wollte. Aber er konnte sie schlecht in ein Spa ausführen, denn ihre Spielchen mussten schließlich unter ihnen bleiben. Also musste er das selbst machen. Das mit der Fußmassage hatte er schon mal gut hinbekommen.

Und er selbst hatte es auch genossen, ihr so zu dienen.

Mit ein wenig mehr Vorbereitung stellte er sich vor, dass er durchaus in der Lage war, ihr eine Ganzkörpermassage zu verpassen.

Wie schwer konnte das sein? Er schaute sich ein paar Massage-Pornos im Netz an, aber da nicht zu seinem persönlichen Happy End kam, war es eher eine Qual, zuzusehen und nichts davon zu haben.

Er hatte die letzten Tage relativ gut über die Bühne gebracht. Alina war auf ihrem Campingtrip mit einigen Kommilitonen, und damit gab es keine Hoffnung, dass er befreit würde. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als sein Schicksal zu akzeptieren und die Zähne zusammenzubeißen.

Immerhin hatte sie ihm ja Erlösung versprochen. Er klammerte sich daran, auch wenn er sich nicht sicher war, ob er ihr glauben sollte, dass das alles auch in seinem Sinne abging.

Er zehrte noch von ihrer letzten Begegnung.

So etwas hatte er noch nicht erlebt. Und ihm war klar, dass er diesen Satz in letzter Zeit häufiger gedacht hatte. Das hier war wirklich die geilste Zeit in seinem Leben.

Erderschütterndere Höhepunkte hatte er noch nicht erlebt.

Aber zurück zu der Planung: Am Ende erinnerte er sich, wie er sich gefühlt hatte, als er von seinem ersten und einzigen Festival zurückgekommen war. Er war müde, verschwitzt, dreckig und missgelaunt gewesen.

Warum sollte es ihr anders ergehen?

Vielleicht konnte er da ansetzen.

Er stellte sich vor, dass er sie in Eselsmilch badete, während er ihr sanft den Rücken wusch mit einem Schwamm aus Nerzfell, wenn es sein musste.

Sie sollte sich wie eine Königin fühlen.

Und das war nicht nur eine Floskel.

Er meinte das so. Wenn sie zufrieden war, dann war auch er zufrieden, und sein Glück und seine Zufriedenheit lagen in ihrer Hand. Es war ihm nicht so ganz klar, ob das Liebe war.

Er hatte gesagt, dass er sie liebe, daran erinnerte er sich noch, aber er war sich ziemlich sicher, dass sie zu diesem Zeitpunkt nicht aufnahmefähig gewesen war und seine Worte nicht registriert hatte.

Vermutlich war das gut so.

Er hatte jetzt zum ersten Mal das vage Gefühl, dass der Begriff weiter reichte als bis zwischen die Schenkel einer Frau.

Mit den Rahmenbedingungen seiner Planung hatte er kein Problem. Er würde etwas zu essen besorgen, etwas Leichtes. Sushi von dem Edeljapaner am anderen Ende der Stadt.

Im Internet recherchierte er den Preis von Eselsmilch, kam aber ganz schnell wieder davon ab, denn Käse aus Eselsmilch sollte mit 1000 Euro das Kilo der teuerste der Welt sein.

Vielleicht war es sogar etwas eklig, in echter Eselsmilch zu baden. Im Mittelalter sollten adlige Frauen ihre Haut gleichzeitig noch mit Honig gepflegt haben. Das wurde ihm alles zu heikel. Er konnte sich nicht vorstellen, dass es sonderlich appetitlich war, noch ein Glas Honig in die Badewanne zu kippen. Er würde einfach in eine Parfümerie gehen und sich das teuerste Badesalz geben lassen, das sie hatten.

Aber er kam so nicht weiter.

Er konnte nicht einfach nur Sachen ins Wasser kippen.

Das erkannte er spätestens, nachdem er nach den richtigen Kerzen, einem Kimono für sie und traditionell japanischen Teezeremonien gegoogelt hatte. Überhaupt, was hatte japanischer Tee mit Eselsmilch zu tun?

Ihm schien, dass er auf dem Weg war, ein Feuerwerk eklektischen Schnickschnacks abzubrennen, das keinerlei Stil hatte.

Und er war keinen Schritt weiter, was das Sexuelle betraf.

Er brauchte mehr, als ein Bad, um sie zufrieden zu stellen.

Er besann sich auf die Design-Philosophien seiner innenarchitektonischen Vorbilder. Wie hätte die Bauhaus-Schule eine Sado-Maso-Session geplant? Oder vielleicht eher der Architekt Antonio Gaudi? Das waren seine Vorbilder. Er würde sich an denen orientieren müssen.

Es wurde eine lange Nacht, bis sein Plan endlich stand.

Kapitel 29 WELLNESS

„Wann bist du wieder da?“

Das Piepsen der Whatsapp-Nachricht machte Alina wieder etwas wach.

Die Autobahnfahrt zog sich sehr lange dahin. Alina saß in der dritten Reihe des Familientransporters. Neben ihr war Tim vertieft in sein Reclam-Heftchen. Vor ihnen Michelle und Laura, die beide versucht hatten, eine Position zum Schlafen zu finden. Ganz vorne fuhr Manfredo und scherzte mit Carsten. Es schien, dass die beiden endlos Energie hatten (oder die paar Red Bull-Dosen von der Tanke wirkten wirklich).

Alina gab die Frage Michaels nach vorne weiter.

Carsten äffte sie nach in der Stimme eines kleinen Kindes: „Wann sind wir endlich da?“, aber Manfredo gab ihr eine Antwort:

„So in einer Stunde, wenn nichts dazwischen kommt!“

Es war Sonntagnachmittag, was sollte schon dazwischen kommen?

Die Stimmung war nicht mehr die beste. Alina hatte sich rausgehalten, soweit es ging, aber vor allem Laura und Michelle hatten sich über allesmögliche aufgeregt. Es ging darum, wann sie zurückfahren sollten und wer aufräumte und wie die Zelte zusammengefaltet wurden.

Alina hatte nichts gesagt, sondern getan, was zu tun war. Aber die beiden Mädchen waren auf Krawall gebürstet, sie hatten zu wenig Schlaf und zu wenig Beauty-Produkte, um sich anständig waschen zu können. Ihre Haare sahen nicht aus, und überhaupt war alles Mist.

Alle wollten nur noch nachhause.

„Wie war's?“ fiepte eine weitere Nachricht.

Das war eine gute Frage. Eigentlich war es totaler Mist gewesen.

Aber das konnte sie schlecht sagen.

„ok“, tippte sie.

„Gute Bands?“

Alina musste nachdenken. Sie war nur einmal an der Bühne gewesen. Sie stand nicht so auf Musik.

„Ein paar“, tippte sie.

„Müde?“

„Warum?“

„Hört man. „

„Ach! Hört man also. “ Sie richtete sich auf.

„Wie du schreibst“

„Frauenversteher oder was?“

„Alinaversteher!“

„So, so. Was macht dein kleiner Bursche?“

„Der ist entspannt“

„Du auch?“

„Ich bin auch entspannt“

„Kein Druck auf der Leitung?“

„Sehr romantisch!“

„Ach, bist du jetzt romantisch drauf?“

„Immer! Kennst mich doch!“

„Ich würde tippen, du willst nur deinen kleinen Bubi ein wenig strecken!“

„So egoistisch bin ich nicht!“

„Ach! Seit wann nicht mehr?“

„Dein Wohl liegt mir am Herzen!“

„Na dann! Ich hau mich noch ein bisschen aufs Ohr.

Waren lange Tage und kurze Nächte. CYA!“

Alina legte das Handy beiseite, aber eine letzte Nachricht kam noch.

„Ich warte auf dich!“

Sie schaute auf die Nachricht, bis sie vom Bildschirm verschwand.

Das war nett!

Netter zumindest als die Stimmung im Auto.

Obwohl ihr nicht der Sinn nach Spielchen mit Michael stand. Erst brauchte sie eine Dusche und dann eine Menge Schlaf.

Und dann was Richtiges zu essen.

Alina klemmte ihre Jacke gegen die Scheibe, lehnte ihren Kopf darauf und versuchte etwas zu schlafen.

Als sie aufwachte, bog das Auto gerade in ihre Straße.

Sie waren da.

Sie streckte sich. Ihr Körper fühlte sich steif und schwer an.

Sie stieg aus, bedankte sich fürs Fahren, sagte ein nicht ernst gemeintes: „Danke.

Es war schön! Müssen wir mal wieder machen!“, holte ihre Tasche aus dem Kofferraum und ging dann ins Haus.

Sie seufzte, als sie das Treppenhaus sah. Aber das würde sie auch noch schaffen. Mit müden Knochen stapfte sie die Stufen hoch.

Als sie im vierten Stock ankam, öffnete sich die Tür zu Michaels Wohnung.

„Da bist du ja endlich! Ich habe dich schon erwartet!“

Alina sah ihn an und versuchte dann sein Angebot abzulehnen.

„Du, mir ist nicht so nach Spielchen. Heute nicht. Das war echt stressig!“

„Verstehe ich doch, aber ich habe ein bisschen was vorbereitet!“

Sie seufzte, und im nächsten Moment hatte Michael ihr auch schon die Tasche aus der Hand genommen und zog sie in seine Wohnung.

„Na gut, na gut!“, meinte sie. „Aber nur kurz!“

Im Flur brannten Dutzende von Kerzen, die wie die Befeuerung einer Landebahn den Weg wiesen.

Michael führte sie in das Wohnzimmer.

„Wow!“, meinte Alina. „Da hast du dir aber Mühe gegeben!“

Die Rollladen waren heruntergelassen, und im Wohnzimmer standen Hunderte von Kerzen, die das Zimmer in ein warmes Licht tauchten.

„Nach all dem Stroboskop-Geflacker und der Lightshow dachte ich, dass deine Augen es im Moment eher gedimmt mögen. Unplugged quasi. Deswegen ganz analoge Kerzen.

„Sehr aufmerksam von dir!“

Er führte sie zur Couch, auf der sie sich seufzend niederließ.

„Sekunde!“, meinte er und verschwand in der Küche, um einen Moment später mit einem Tablett zurückzukommen. Einige Sushi-Stücke waren auf einem Holzbrett drapiert, ein Glas Sekt und eines mit Orangensaft standen ebenso darauf wie eine weitere brennende Kerze. „

„Noch eine Kerze!“ Sie schmunzelte. „Lass mich raten: Damit meine entzündeten Augen nicht danebengreifen!“

„Ganz genau!“

„Und Sushi! Selbst gemacht?“

„Leider nicht.

Es ist wohl nicht so leicht, den Reis richtig hinzukriegen und die Ausbildung zum Sushi Chef dauert wohl zehn Jahre. Ich hatte nur ein Wochenende!“

„Und du musstest ja noch die ganzen Kerzen aufstellen. „

„Und die Orangen auspressen!“

Er hielt ihr das Tablett hin.

„Saft oder Sekt?“

„Ich denke, ich entscheide mich für den Saft. Vitamine kann ich jetzt brauchen.

„Sehr wohl!“

Sie nahm das Glas und einen tiefen Schluck.

„Ist es nicht zu kalt?“

„Perfekt!“

„Sehr schön. Wie sieht es mit ein paar Stückchen Sushi aus? Die Stäbchen habe ich hier, sie sind aus Bambus, aber ich habe sie nicht selbst geschnitzt. „

„Oh, das ist schade! Vielleicht beim nächsten Mal!“

„Möchtest du selbst essen?“

„Meine ermatteten Finger würden sich freuen, wenn du die Stäbchen bedienen würdest.

„Sehr wohl, die Dame möchte gefüttert werden!“

Er fütterte sie mit einigen Stücken, die mal in Sojasoße und mal in Wasabi getunkt wurden.

+ + +

Alina hatte nicht so viel Ahnung von Sushi, aber es schmeckte. Sie fand es amüsant, wie sehr er sie umgarnte und hofierte. Sie hatte nichts vorbereitet, war auch zu müde, fühlte sich zu verschwitzt und abgespannt für irgendwelche Spielereien.

Aber es war ja auch nicht ihre Aufgabe. Sie hatte ihm gesagt, dass er sich um sie kümmern sollte. Dann sollte er das auch. Im Hintergrund standen natürlich immer sein Keuschheitsgürtel und seine Befriedigung. Nun, wenn er sich ein wenig anstrengte, würde sie ihm diese vielleicht gewähren. Ihr war nicht nach Sex. Sie wollte sich nur ein wenig entspannen. Bisher gestand er ihr das ja zu. Das Sushi sättigte sie, ohne schwer im Magen zu liegen, und der Orangensaft war köstlich.

„Darf ich vorschlagen, dass wir unseren Aufenthaltsort verlagern?“, meinte Michael in seiner dienenden Art, die sie an einen Butler erinnerte.

„Ach? Was schlägst du vor?“

„Das Bad, wenn ich bitten darf. „

„Das Bad? Ist dieser Ort nicht ein wenig unkonventionell?“

„Lass dich überraschen. „

„Nun gut!“

Er hielt ihr die Hand hin, und sie nahm sie als Hilfe an, aufzustehen.

„Ich habe schon sehr gut auf der Couch gesessen. „

Der Weg ins Bad war wieder mit Kerzen gesäumt und auch im Badezimmer waren mindestens hundert aufgestellt. Michael hatte sich Mühe gegeben, das musste man ihm lassen. Alina wollte nicht wissen, wie viel Arbeit es war, die wieder wegzuräumen und den Wachs wegzukratzen. Nun, das war seine Sache.

Er hatte ein großes Bad.

Michael hatte ihr erklärt, dass das jetzt modern war. Ein großes Bad zu haben: Das Badezimmer als Wellness-Bereich. Sie hatte schon gemerkt, dass er sehr stolz darauf war.

Es war geräumig, hatte eine separate, begehbare Dusche und eine riesige Wanne. Und diese Wanne war nun mit Wasser gefüllt, und weißer Schaum hatte sich auf der Oberfläche gebildet. Ein kleiner Beistelltisch stand daneben. Darauf lagen ein Schwamm, eine Augenmaske und eine mit einem Tuch abgedeckte Schale.

„Badewasser und Schwamm und Augenmaske. Ich nehme an, das ist alles für mich. „

„Fast. Die Augenmaske ist für mich. Ich dachte, du könntest ein Bad vertragen. So eine Campingtour ist ja selten wirklich entspannend, und man sammelt ziemlich viel Dreck. Da wäre es vielleicht nicht schlecht, den Dreck loszuwerden. Aber vielleicht möchtest du nicht unbedingt, dass ich dir dabei zusehe, wie du dich entkleidest und im Wasser plantschst.

Du hast sowas auf deiner Liste geschrieben. Und das respektiere ich natürlich. Daher werde ich die Augenmaske aufsetzen.

„Du könntest mich auch einfach allein baden lassen!“

„Wenn du das möchtest, darfst du das natürlich. Das steht dir vollkommen frei. Dann entgeht dir allerdings etwas. Ich habe keine Kosten und Mühen gescheut und mir einen Crashkurs geben lassen im Massieren. So richtig professionell. Ich weiß nun alles, was es über die Massage zu wissen gibt und was man in zehn Stunden bei einem ausgebildeten Masseur erlernen kann.

Meine Hände haben quasi den schwarzen Gürtel im Massieren. „

„Ach?“

„Und nur, damit wir uns nicht falsch verstehen, ich spreche hier vom Rücken und den Füßen in erster Linie. Nicht von Schweinkram-Körperteilen! Es geht also ganz koscher und hallal zu, wenn du verstehst, was ich meine. „

„Verstehe!“

„Der Masseur, den ich engagiert habe, meinte, Schweinkram würde er nicht machen, und er wollte mich auch nicht an sich üben lassen.

„Aber sonst hat er dir alles übers Massieren beigebracht?“

„Nun, zumindest über die regenerative Rückenmassage. Wenn du mir erlaubst, zeige ich es dir!“

„War bestimmt nicht ganz billig, so ein Masseur. „

„Der Mann ist ein diplomierter Massagetherapeut. Ich würde ihm Unrecht tun, wenn ich das verschweige. Nun, so ein Wissen kann man immer wieder anwenden, würde ich sagen. Es war also eine gute Investition.

Für dich ist mir nichts zu teuer. „

„Hast du auch ein Diplom bekommen?“

„Wenn du willst, lasse ich mir das noch nachreichen!“

„Ich bitte darum! Und was ist in der Schale?“

Michael nahm die Schale in die Hand, zog das Tuch davon und präsentierte:

„Rosenblüten. „

„Wie edel! Selbst gezupft?“

„Ich habe die vorige Nacht auf dem Friedhof verbracht und da die Blüten von den Gräbern geerntet.

Kleiner Scherz!“

„Jetzt fehlt nur noch die Stutenmilch im Badewasser. „

„Ich habe in der Tat über Eselsmilch nachgedacht, aber das hat mein Budget ein wenig gesprengt. „

„Dabei hast du ja sonst keine Kosten und Mühen gescheut!“

„Für dich immer! Wie ist es nun mit dem Bad?“

„Ich denke, ich nehme dein Angebot an!“

„Sehr wohl! Dann mache ich mich mal unsehbar.

Michael setzte sich die Augenmaske auf.

„Wenn ich dir beim Entkleiden helfen soll, dann musst du es nur sagen. „

„Danke, ich denke, ich schaffe das. „

Es war schon ein wenig komisch, wie er da stand. Servil wie ein Butler, aber mit der Augenbinde über dem Gesicht.

Trotzdem musste sie sich ein wenig überwinden, sich vor ihm zu entkleiden.

Sie fühlte sich von dem Wochenende noch schmutzig, verschwitzt schmierig. Alina zog das T-Shirt über den Kopf und warf es auf den Boden. Sie beobachtete ihn, ob er etwas sehen konnte, ob er sie betrachten konnte, nun, da sie nur noch ihren BH am Oberkörper trug. Und natürlich die lederne Kette mit dem Schlüssel dran.

Aber er stand still da.

Und so entschloss sie sich, weiterzumachen.

Sie kickte die Schuhe von den Füßen, zog die Socken aus, öffnete den Gürtel ihrer Hose.

Dabei betrachtete sie Michael immer noch aufmerksam. Er schien auf das metallische Klappern des Gürtels zu reagieren.

Sie zögerte einen Moment, dann zog sie die Jeans aus.

Es war immer noch komisch, denn er könnte die Augenmaske ja einfach abnehmen.

Auf der anderen Seite hatte er schon ihre Brüste gesehen, also konnte sie auch den BH ausziehen.

Und er hatte sie beim Orgasmus erlebt. Wie viel intimer konnte es noch werden? Unter dem Schaum konnte er auch nicht sehen, dass sie nackt war. Also stieg sie in einer schnellen Bewegung aus dem Slip.

Sie stieg vorsichtig in das warme Bad. Es war eine riesige Wanne. Sie hatte noch nie in einer so großen Badewanne gesessen. Zudem blubberten Luftbläschen aus irgendwelchen Düsen, die sie ein wenig kitzelten, sich aber gut anfühlten.

So etwas kannte sie nur aus dem Schwimmbad. Geschmack hatte er, das musste man ihm lassen. Und natürlich auch die nötige Kohle, sich den leisten zu können.

Das Wasser entspannte sie sofort, und sie seufzte ein langgezogenes:

„Schön!“

Michael, der ihren Handlungen mit den Ohren gefolgt war, tastete sich langsam an den Rand der Wanne und dann an die Schale mit den Rosenblättern, die er über ihr verschüttete, und die langsam ins Wasser fielen.

Die meisten zumindest. Da er nicht sehen konnte, gingen einige daneben und landeten auf dem Boden.

Alina lachte: „Sehr edel! Das muss ich schon sagen!“

Sie tauchte ihren Kopf unter und genoss die Wärme des Wassers, die ihren Körper umschloss und ihre Muskeln entspannte. Sie betrachtete die Kerzen, die am Rand der Badewanne, auf der Fensterbank, auf dem Badezimmerschränkchen standen und ihr Licht abgaben. Sie war beeindruckt.

Er hatte sich wirklich Mühe gegeben. So etwas hatte noch nie jemand für sie getan, und sie hatte kein Problem damit, dass es alles ein wenig kitschig aussah. Wie aus einem achtziger Jahre Video.

Michael ließ sie eine Weile gewähren und stand reglos vor ihr.

Alina orderte nun doch ein Glas Sekt, und Michael tastete sich aus dem Badezimmer. Sie fragte sich, ob er nicht in die Kerzen treten würde, aber das war nicht ihr Problem.

Er kam unbeschadet mit dem Tablett zurück.

Der Alkohol war nun doch ganz angenehm. Er packte sie gemeinsam mit der Wärme des Bades in einen wohligen Kokon.

Sie genoss es eine Weile und betrachtete Michael, der geduldig da stand und wartete, während sie seine blinde Aufmerksamkeit genoss.

Er war nun wirklich folgsam, brav und devot, maulte nicht, wollte nichts von ihr, zumindest zeigte er das nicht.

Was konnte sie sich mehr wünschen? So einen Mann könnte sie immer um sich haben!

„Ich wäre dann bereit. Lass mal deine Hände ihre Magie machen!“

Michael lächelte unter seiner Maske.

„Sehr gerne!“

Er tastete sich langsam an die Wanne heran, und fand ihre Schulter. Er setzte ich auf den Rand und begann sie zu massieren.

Seine Hände glitten ihren Hals entlang und auf ihrer weichen Haut fühlten sie sich gut an.

Stark, sicher, als wüssten sie, was sie taten. Das war in ihren Augen in Ordnung. Sie brauchte jetzt kein Zaudern und keine Unsicherheit, sondern jemanden, der wusste, was zu tun war.

Mal streichelten die Hände ihren Körper, dann griffen sie kräftig zu. Mal waren die Berührungen flüchtig, kaum zu spüren, so dass sie eine Gänsehaut bekam, dann auch wieder fast schmerzhaft fest und zupackend. War das alles professionell von einem Massagetherapeuten oder hatte Michael sich das von einer asiatischen Masseuse in einem Hinterhof abgeschaut?

Es war ihr eigentlich egal.

Es fühlte sich zumindest einigermaßen professionell an. Seine Finger auf ihrer nassen, weichen Haut fühlten sich richtig an. Sie zeigten Hingabe.

Auf ihrem Trip zu dem Festival hatte sie das vermisst.

Dass jemand nur für sie da war.

Seine Finger glitten an ihren Rippen entlang und stoppten am Ansatz ihrer Brüste.

Sie wusste, was er da tat, und sie fand es in Ordnung.

Wenn sie ganz nah an ihren Brüsten waren, lehnte Alina sich zurück, und seine Finger glitten etwas weiter, als er das vorgehabt hatte, und streiften diese sanfte Wölbung.

Sie machte das einige Male, und irgendwann berührten seine Finger gar ihre harten Brustwarzen.

Er sollte ruhig wissen, dass ihr seine Massage gefiel, und er sollte auch ein wenig belohnt werden.

Seine Hände folgten der Linien ihres Körpers, griffen um ihren Leib herum, streichelten ihren Bauch, trafen sich an ihrem Bauchnabel.

Sie atmete tief ein und aus.

So was machte kein Masseur, da war sie sich nun ziemlich sicher. Aber sie ließ es geschehen. Die Streicheleinheiten hatte sie vermisst.

Sie genoss seine Hände auf ihrem Körper.

Sie ließ es geschehen und genoss die Aufmerksamkeit, die er ihr gewährte. Und sie musste an den Käfig zwischen seinen Beinen denken. Was er da tat, hatte keinen sichtbaren Effekt auf Michael.

Der war in seinem Gefängnis eingesperrt. Er war fast wie ein Eunuch in einem Harem. Nur, dass der Eunuch eben nichts fühlte, während Michael doch eigentlich voller Frustration sein musste. Immerhin konnte der Eunuch keine Freude empfinden. Der Eunuch wusste nicht einmal, was ihm entging. Michael hingegen wusste es zu gut.

Und doch ließ er sich nichts anmerken. Er streichelte sie, als wäre es das Natürlichste der Welt und vollkommen in Ordnung, dass er nichts davon abbekam.

Langsam regten sich die Hormone in ihr, und sie kam trotz ihrer Müdigkeit wieder Erwarten doch noch in Stimmung.

Dieser Gedanke machte sie irgendwie noch schärfer. Sie konnte genießen, und er hatte nichts davon, zumindest sein kleiner Freund nicht. Genoss er es auch, war er frustriert? Sie wusste es nicht, aber was auch immer es war, sie wollte, dass er noch mehr davon empfand.

Alina griff nach hinten, und irgendwann bekamen ihre Hände seine Haare zu packen.

Sie griff hart zu und zog seinen Kopf zu sich, und dann küsste sie ihn. Sie presste ihre Lippen auf seinen Mund, zwang ihre Zunge fordernd gegen seine.

Es war nicht wirklich zärtlich oder sanft. Sie war einfach heiß und scharf auf ihn und wollte ihn jetzt, und sie fühlte sich ihm überlegen. Ihre Brustwarzen waren härter als sein Teil in seinem Käfig. Sie war die Herrin im Haus, die Hausherrin, die Domina.

All das kam plötzlich und ganz natürlich.

Alina wollte die Kontrolle behalten wie über einen Bediensteten.

Denn das war er ja auch irgendwie.

Ihr Hals war schmerzhaft nach hinten gedehnt, aber sie hielt ja noch seinen Kopf. Wie eine Würgeschlange drehte sie sich in der Wanne und zog ihn zu sich hinein.

Das Wasser schwappte über den Rand der Wanne, und wenig später stieg der Rauch von einem Dutzend erloschener Kerzen auf.

Michael hatte damit nicht gerechnet, doch nun lagen ihre beiden Körper aufeinander und küssten sich wild. Alina schmiegte ihren nackten Leib an seine nasse Kleidung. Sie zerrte an seinen Klamotten. Michael ließ es geschehen. Er reagierte, küsste sie, umschlang sie, presste sie an sich, aber vorerst vorsichtig und zurückhaltend, als dürfe er nicht zu weit gehen. Devot war er eben.

Sie presste ihre Schenkel zwischen seine Beine und fühlte unter seiner Hose das Plastikteil.

Ihr Interesse war geweckt. Alina griff ihm zwischen die Beine und fummelte an dem Teil herum. Sie hatte nie so richtig verstanden, wie es funktionierte, sich nicht mit den Details auseinandergesetzt. Es war wirklich ein teuflisches Teil, denn sie fühlte seinen schlaffen Penis, der in der gekrümmten Röhre einfach nicht steif werden konnte.

Michaels wachsender Leidenschaft allerdings tat das keinen Abbruch. Er küsste ihre Brüste, lutschte an ihren Brustwarzen.

Er schenkte ihr alle Aufmerksamkeit der Welt. Sie konnte sich nicht erinnern, wann jemand die kleine Senke in ihrem Hals jemals liebkost hatte, aber nun streichelten seine Finger sie, als wäre es ein Weltwunder.

Er fand den Schlüssel um ihren Hals, nahm ihn in den Mund und lächelte.

Seine Augenmaske war mittlerweile verrutscht, nur noch ein Auge bedeckte sie. Doch er hielt das andere Auge geschlossen.

Vielleicht, weil er sich nicht traute zu schauen ohne ihre Erlaubnis, vielleicht weil er sich auf andere Sinne konzentrierte und in seiner Phantasie weilte.

Alina wusste es nicht, aber schaute ihm eine Weile zu, wie er ihren Körper mit seinen Händen, seinen Lippen und seiner Zunge liebkoste.

Dann griff sie ihn bei den Haaren, riss ihm die Augenmaske vom Kopf und sagte:

„Sieh mich an!“

Er öffnete die Augen, und vielleicht lag es am Kerzenlicht, aber sie kamen ihr schöner vor, leuchtender.

„Wer bin ich?“, fragte sie ihn streng und zog an seinen Haaren.

„Du bist meine Herrin!“, stöhnte er.

„Das ist gottverdammt richtig!“

Sie zog ihn fast gewalttätig zu sich und küsste ihn leidenschaftlich, und ihre Zunge zeigte ihm, wer das Sagen hatte und wer bestimmte.

Er ließ es geschehen, zeigte keinen Widerstand. Alina fühlte sich wie eine Schwarze Witwe, die das Männchen bei der Paarung verschlang.

Er ließ es geschehen und fügte sich.

Als sie genug hatte, zog sie seinen Kopf von sich weg, blickte ihm tief in die Augen und drückte ihn hinunter in ihren Schoß. Seine Arme griffen ihren Po und hoben sie soweit aus dem Wasser, dass er sie zwischen den Schenkeln küssen konnte.

Sofort begann er sie dort unten zu küssen und seine Zunge drang in sie ein.

Das Blatt hatte sich gewendet, und seine Zunge forderte, während sie es geschehen ließ.

Alina lehnte sich zurück, fuhr durch seine Haare, streichelte sie, dirigierte ihn. Als sie ihrem Höhepunkt näher kam, bäumte sie sich auf und ließ ihr Becken auf den Boden der Wanne sinken, und Michael war gezwungen, unter Wasser zu gehen, um seinen Liebesdienst weiter zu verrichten.

Alina war sich nur vage bewusst, dass er keine Luft bekam.

Sie hob ihr Becken aber aus dem Wasser, und um Luft ringend wurden seine Bemühungen nur noch intensiver, und so trieb er sie zu einem explosiven Höhepunkt.

Als es über sie einbrach, presste sie die Schenkel zusammen und drückte ihn wieder unter Wasser. Ihr Orgasmus war so erderschütternd, dass sie es mit der Angst bekam.

Ihr Körper zuckte vor Erregung, und sie hatte das Gefühl, dass die Zeit um sie herum verschwand wie in einem Nebel und sie einen Augenblick wegtrat aus der Welt.

In diese Sphäre der puren Schönheit, aus der man nie wieder zurückkehren wollte.

Als sie wieder zu sich kam, erreichten sie erst langsam wieder die Dinge dieser Welt. Der Kerzenschein, das warme Wasser, Michael zwischen ihren Schenkeln. Sie erschrak einen Moment, als sie sich fragte, ob sie ihm Schaden zugefügt hatte, indem sie ihn unter Wasser gedrückt hatte, aber er lag still zwischen ihren Schenkeln und schaute sie an. Über ihren Venushügel, zwischen ihren Brüsten hindurch, die flach und erschöpft ruhten und sich nur sanft hin und her bewegten, wenn sich ihr Brustkorb beim Atmen hob und senkte.

Seine Arme hatten immer noch von unten ihre Pobacken umschlungen und ruhten auf ihrem Bauch. Sie seufzte, lag noch eine Weile still in der Wanne und genoss seinen Atem auf ihrer Klitoris.

Schließlich war sie wieder so weit in der Realität, dass sie die Situation wahrnahm. Sie zog Michael zu sich herauf, öffnete schließlich seine Hose und versuchte sie ihm abzustreifen. Nass, wie sie war, klebte sie an seinen Hüften, und so musste er einen Kraftakt aufwenden und einige Male ins Wasser treten, was neue Wellen hervorrief, die noch mehr Kerzen löschte.

Aber schließlich hatte er zumindest ein Bein frei.

Es würde reichen.

Sie zog das Lederband mit dem Schlüssel über die nassen Haare und öffnete mit immer noch zittrigen Fingern sein Schloss, was unter Wasser gar nicht so einfach war.

Als sie die Röhre von seinem Penis streifte und bevor er steif werden konnte, legte sie ihre Faust um ihn und hielt ihn so schlaff.

„Sieh mich an!“, sagte sie wieder und drückte ein wenig zu, dass seine Hoden leicht zusammengepresst wurden. „Ich will nicht, dass nach drei Sekunden alles vorbei ist, ist das klar?“

Er nickte, und sie entließ seinen Penis langsam aus der Umklammerung und spürte, wie er augenblicklich zu voller Größe wuchs.

Michael fischte in der Hose, die teilweise immer noch an seinem Bein klebte und im Wasser schwamm und zog schließlich ein Kondom heraus.

„Du warst aber optimistisch!“, meinte Alina süffisant.

„Ich bin auf alles vorbereitet! Man darf ja hoffen!“

„Ich will nochmal so richtig rangenommen werden! Aber ich glaube, dass du mit deinem Triebstau nicht lange durchhalten wirst!“

„Wir werden sehen!“

„Nein, wir werden nicht sehen! Ich will nicht frustriert aus der Wanne steigen, weil du einen Frühstart hinlegst. „

„Frustriert? Mir schien, dass du eben alles andere als frustriert warst!“

„Trotzdem.

Ich habe eine bessere Idee!“

Sie zog Michael zu sich, nahm das Kondom aus der Hand und legte es auf den Rand der Badewanne. Dann drehte sie ihn um, sodass er mit dem Rücken auf ihrer Brust lag. Ihre Beine schlang sie über seine Oberschenkel. Mit der rechten Hand griff sie sich seinen Schwanz, mit der linken streichelte sie seine linke Brustwarze.

Ihre Köpfe waren nah beieinander, und Alina flüsterte ihm mit kühler Stimme ins Ohr:

„Ich werde dich jetzt melken.

Schön langsam. Wenn du es schaffst, mir eine Minute zu widerstehen, dann darfst du danach noch einmal das Kondom überstreifen und ich bekomme mein zweites Mal. Wenn du es aber nicht schaffst, kommst du wieder in den Käfig, und dann werde ich richtig sauer sein, dass ich heute nur einmal zu meinem Vergnügen gekommen bin. Und ich bin mir sicher, dass ich mindestens zwei Wochen sauer sein werde. Verstehst du das?“

Er nickte.

„Gut! Halt deine Armbanduhr so, dass wir beide den Sekundenzeiger sehen!“

Er gehorchte, und als der Sekundenzeiger auf null sprang, legte Alina ganz langsam los. Sie griff fest zu und bewegte ihre Hand langsam vor und zurück.

„Du glaubst, dass du eine Minute schaffen wirst, nicht wahr? Das wird ein Kinderspiel, denkst du dir. Sieh mal, fünf Sekunden sind schon rum!“

Nun zwirbelte sie mit der linken Hand an seiner Brustwarze, und er stöhnte.

„Aber eine Minute kann lang sein, wenn man sich nicht unter Kontrolle hat. „

Sie bewegte ihre Hand schneller vor und zurück, und merkte sofort, wie er auf ihre Bewegungen ansprang.

„Immerhin hast du schon so lange nicht mehr! So verdammt lange!“, hauchte sie ihm ins Ohr. „So verdammt lange!“

Er bekam eine Gänsehaut.

Fünfzehn Sekunden hast du schon! Aber ich merke, dass dich das anmacht, wenn ich dir ins Ohr blase.

Sie lachte.

Ihre Hand hatte das Tempo wieder etwas verringert, legte aber beim nächsten Satz wieder schnell zu. Sie glaubte, seinen Rhythmus gefunden zu haben und forcierte es nun:

„Du bist mir so total unterlegen. Ich habe dich in der Hand!“

Er stöhnte.

Sein Brustkorb hob und senkte sich schwer. Ihre Hand fuhr über seine Brust.

„Bitte nicht!“, stöhnte er.

Sie lachte, ließ aber zunächst nicht nach, und sein Stöhnen wurde lauter. Er flehte:

„Bitte nicht! Bitte!“

„Dreißig Sekunden, und du bist kurz vorm Abschuss!“

Sie stoppte und er atmete schwer.

„Machen wir uns nichts vor, wenn ich will, kann ich mich mit einem Fingerschnippen über die Klippen stoßen.

Allein mit meinen Worten kann ich dich zum Höhepunkt treiben!“

Sie begann wieder und sofort mit einem Tempo, als gäbe es kein Zurück mehr.

„Zwanzig Sekunden noch. Die schaffst du doch! Für mich! Für deine Herrin!“

Sie lachte, ihre linke Hand strich wieder über seine Brustwarzen.

„Ich mag es, dich zu quälen!“

Sie biss ihm nun ins Ohrläppchen und drückte zu.

Michael zischte.

„Hätte ich nicht gedacht, aber es hat was, einen Mann so zu sehen, wie er vor einem kriecht und dir nichts entgegenzusetzen hat. Frauen wollen schließlich hofiert werden. Sie wollen einen Mann, der sich um sie kümmert. Und du willst zu meinen Füßen liegen. Zehn Sekunden!“

Michael stöhnte wieder, sein Atem ging schwer, er war wieder bei seinem „Bitte“, aber seinem Mund entfuhr nur noch ein Nuscheln.

Er kämpfte.

„Man sagt, dass Männer an was anderes denken, um länger durchzuhalten. Aber ich wette, dass du an nichts anderes denken kannst als an mich, an meine Macht, an meinen Körper, an das, was du eben geleckt hast!“

Er war nun ganz kurz davor, und sie ließ nicht nach, sondern flüsterte eindringlicher. Michael wimmerte nur noch. Sie spürte seine angespannten Muskeln, seine Beine, die gegen die Umklammerung ihrer Schenkel kämpfte.

„Fünf Sekunden noch. “

Er hielt den Atem an.

„Die schaffst du. Vier. „

Sein ganzer Körper schien verkrampft.

„Für mich. Drei. Für deine Herrin. Zwei.

Er bäumte sich auf, biss auf die Zähne. Alina quetschte seine Brustwarze so kräftig zusammen, wie sie konnte.

„Und jetzt komm für mich.

Komm!“

Ein Grunzen brach aus ihm hervor, als er seinen Höhepunkt bekam.

Sein Körper wurde von einem Zucken erfüllt, und er pumpte seinen Samen hinaus, und er flog in hohem Bogen.

Alina strich ihm mit der Linken über das Haar wie eine verständnisvolle Freundin. Mit der Rechten aber fing sie einen Teil seines Samens in ihrer Handfläche.

Als Michael erschöpft auf ihre Brust sank, hauchte sie:

„Brav.

Das war sehr folgsam von dir. Als Zeichen meiner Herrschaft über dich musst du nur noch eine Sache tun!“

Sie hielt ihm ihre Hand vor den Mund.

Er zögerte.

+ + +

Sie sah, wie sehr ihm widerstrebte, was sie von ihm erwartete. Aber was blieb ihm übrig? Sie war seine Herrin, sie konnte das bestimmen!

Michael öffnete den Mund und leckte ihre Hand sauber.

„Brav!“, lobte Alina, drehte seinen Kopf zu sich und küsste ihn ausgiebig. Dabei schmeckte sie noch ein wenig von dem salzigen Geschmack seines Samens in seinem Mund.

Er lächelte sie selig an und sank dann mit dem Kopf auf ihre Brust.

So lagen sie noch eine Weile in der Wanne.

Als Alina fühlte, dass das Wasser kalt wurde, ließ sie warmes Wasser nachlaufen.

Als sie merkte, dass Michael wieder bereit war, nahm sie das Kondom, stülpte es ihm über, und die beiden liebten sich langsam und dieses Mal fast wie gleichberechtigt.

Als es ihnen in der Wanne dann doch wieder kalt wurde, ihre Finger waren schon ganz verschrumpelt, meinte Michael:

„Ich habe noch etwas für dich. “

Er fischte in einer Tasche seiner Jeans und holte eine kleine Schmuckdose hervor, öffnete sie und zog ein goldenes Kettchen hervor.

Dann nahm er ihr den Schlüssel aus der Hand, fädelte ihn in die Kette und legte sie ihr um den Hals.

Alina war sichtlich gerührt.

Er stand auf, stieg aus der Wanne und half Alina heraus.

Dann trocknete er sie sorgfältig ab und hüllte sie in einen dicken Frotteebademantel.

Schließlich fischte er den Gürtel aus der Wanne, legte ihn in ihre Hand und sagte:

„Ich hole die Eiswürfel.

„.

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