Urlaub mit Mama

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Zur Übersicht für die geneigte Leserin und den geneigten Leser — es gibt ja deren einige, denen meine Geschichten gefallen — hier eine chronologische Übersicht meiner bisherigen Geschichten:

[Der Unterschied]

[Die Grundbegriffe]

Das Obligatorische

[Über einen starken Typ]

EIS Werbung

[Ferienspaß I]

PennälerInnenfeten

Lernen fürs Abitur

[Ferienspaß II]

Erstes Eheleben

Auf Schlingerkurs in den Hafen (mit Ferienspaß III)

Der weltberühmte Pianist hat heute nicht seinen besten Tag

Auf der Durchreise

Der Wanderclub

Die Ernennung

[Hinter unverschlossenen Türen]

Vetternwirtschaft

Vom anderen Ufer

An der Ostsee hellem Strande …

Wenn der Herr außer Haus ist, tanzt das Mäuslein im Bette

Die Rettung aus der Gosse

Die Tröstung

Gartenarbeit

Das Cembalo

Urlaub mit Mama

Die mit [] markierten Texte sind nicht in ### zu finden, denn sie handeln von Jugenderlebnissen, bei denen einige der handelnden Personen noch keine achtzehn Jahre alt sind, oder sie sind kürzer als 750 Wörter.

Wer auch diese Texte lesen möchte, melde ich bei mir, möglichst per E-Mail.

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Über diesen Aufregungen — Scheidung, Wohnungssuche, Wohnungseinrichtung, Cembalokauf — waren die Sommerferien und die ersten Wochen des neuen Schuljahrs vergangen, und meine Mutter meinte, in den dreiwöchigen Herbstferien könnte ich jetzt mal wieder mit ihr einen Nordseeurlaub machen, ich sei ja jetzt allein. Seit dem Tod meines Vaters war sie nicht mehr in Urlaub gefahren, und jetzt war wieder die Gelegenheit einer Reisebegleitung, die ihr die Koffer trug und sich sonst um sie kümmerte.

Auch ich hatte nach diesen aufregenden Wochen Lust auf einen Urlaub in anderer Umgebung, und so sagte ich gerne zu.

Wie es so ist zwischen Eltern und Kindern, besonders wenn sie schon erwachsen sind: Es gibt immer wieder Auseinandersetzungen und Spannungen. Es begann mit der Bestellung der Zimmer. Meine Mutter wollte aus Sparsamkeitsgründen für uns beide ein Doppelzimmer buchen.

„Aber Mama“, sagte ich verzweifelt, „du bist es schon eine ganze Zeit nicht mehr gewohnt, mit einem Zimmergenossen zu schlafen, und mit mir zusammen hast du noch nie geschlafen seit meiner Babyzeit, und ich bin doch eine noch größere Nachteule als du, und beim Fernsehen haben wir auch verschiedene Geschmäcker — also nehmen wir doch zwei Einzelzimmer, wir können es uns doch leisten!“

„Aber wir nehmen doch auch nicht viele Sachen mit, ein Kleiderschrank reicht doch auch für uns beide.

„Mama, es geht doch nicht um den Kleiderschrank, es geht darum, daß wir uns nicht gegenseitig immer auf die Füße treten, auf die Nerven gehen und uns was vorschnarchen. „

Meine Mutter brachte noch eine Reihe anderer Gründe vor, wobei sie das heikle Thema von Männerbesuchen peinlich vermied, aber schließlich willigte sie doch ein, zwei Einzelzimmer zu nehmen, allerdings unter der Bedingung, daß sie nebeneinander lägen.

In dieser Nachsaison hatte das Hotel unserer Wahl solche Zimmerpaare anzubieten, und ich wählte zwei Zimmer mit Blick auf die Nordsee.

Die Ferien nahten, ich kaufte mir einige neue Bikinis, sexy, aber doch meinem gesetzteren Alter und meiner etwas fülliger gewordenen Figur Rechnung tragend — Tangas, das mußte nicht mehr sein, aber ich war wild entschlossen, trotz den zu erwartenden Protesten meiner Mutter am Strand und auf der Promenade im Bikini zu gehen.

Um die ganzen Ferien auszunutzen, fuhren wir schon am ersten Tag los, erreichten rechtzeitig unsere Fähre, setzten zur Insel über, fuhren zum Hotel, bezogen unsere Zimmer, aßen abends im Restaurant eine Scholle und gingen früh schlafen.

Am nächsten Tag die übliche Norsee-Urlaubs-Prozedur: Mieten eines Strandkorbs, uns schwachen Frauen brachte ihn uns der Strandwärter zu einer leeren Strandburg, Strandkleider ausgezogen —

„Melanie, wieder so ein knapper Bikini!“

„Mama, ich hab mir extra weniger knappe gekauft! Man sieht doch nichts Unanständiges: keine Pofalte, kein Härchen vorn –„

„Das wäre ja noch schöner“, sagte Mama entrüstet.

„– und vom Busen sieht man weniger als in jeder Sommerbluse.

Ich ließ mich auf keine weiteren Diskussionen ein, wir setzten uns zum Sonnen in den Strandkorb, Mama in einem ihrer Einteiler, die sie schon seit zwanzig Jahren trug — ihre Figur hatte sich kaum verändert, das mußte ich ihr lassen — nur ab und zu zeigte ich Mama wortlos andere Damen, die, obwohl deutlich älter und auch fülliger als ich, noch knappere Bikinis trugen.

Das nächste besondere Vorkommnis ereignete sich beim Frühstück des übernächsten Tages.

Eine Hotelangestellte gab Mama ein Päckchen — „das ist gerade mit der Post für Sie gekommen“ — es war von Tante Klara, und als Mama es auspackte, wurde sie über und über rot, denn es war ein Badeanzug, nicht knapp geschnitten, aber deutlich zweiteilig. Im Päckchen lag auch illegalerweise ein lieb geschriebener Brief an Mama des Inhalts — Mama gab ihn mir zum Lesen –, daß sie doch sicher dieses Stück anziehen könne, und außerdem solle sie nicht zu sehr die Glucke ihrer doch immerhin erwachsenen Tochter spielen, sondern derselben die angemessene Freiheit lassen.

Mama packte die Sachen schnell wieder zusammen, und wir gingen in unsere Zimmer, um unsere Strandkleider anzuziehen. Und am Strand — was hatte Mama angezogen? Den neuen Zweiteiler. Sie sah sehr elegant und um zwanzig Jahre jünger aus — zehn Jahre gab sie selbst lachend zu. Es war das erste Mal, daß ich Mama im Zweiteiler sah.

Am Abend des nächsten Tages war im Kurhaus ein Vortrag über die friesische Sprache angesagt, den ich unbedingt hören wollte und zu dem wir beide gingen.

Den Vortrag hielt ein Studienrat des örtlichen Gymnasiums. Er hieß Ingwer Mommsen, ein Name, wie er friesischer nicht sein konnte. Als ich nach dem Vortrag zu ihm ging und noch viele interessierte Fragen stellte, lud er Mama und mich zum Abendessen in ein Restaurant ein, wo wir uns noch stundenlang über das nord- und das ost- und das niederländische und das saterländische und noch andere Varianten des Frisischen unterhielten, und weil wir immer noch Gesprächsstoff hatten, lud er mich am nächsten Nachmittag — „oder am Abend, wenn Sie die Sonne am Strand genießen wollen“ — zu sich in die Wohnung ein, wo ich dann auch wissenschaftliche Werke über das Friesische würde konsultieren können.

Ich begab mich also am nächsten Nachmittag um halb sechs, als es am Strand anfing, kühl zu werden, zu Herrn Mommsen, und er zeigte mir seine umfangreiche Bibliothek zur Erforschung des Friesischen. Beim friesischen Tee fragte ich ihn:

„Was unterrichtest du eigentlich?“

Herr Mommsen zuckte etwas zusammen, und ich ergänzte:

„Duzen wir uns doch! Das ist doch unter Lehrern heute so üblich, und wir sind doch wohl ungefähr gleichaltrig.

„Gern! Aber wie heißt du denn — ich kenn nur deinen Nachnamen. „

„Ach ja, natürlich! Ich heiße Melanie. Deinen Namen weiß ich ja, der stand ja auf dem Plakat. „

„Ja, natürlich. Also: Ich unterreichte Deutsch und Englisch. „

„Das hätte ich mir ja denken können, du als Urfriese. „

„Gar nicht so Urfriese — aufgewachsen bin ich in Lübeck –„

„– aber deine Familie stammt doch von hier –„

„Ja, aber mein Vater war Studienrat in Lübeck, und ich mußte das Friesische auch erst auf der Uni lernen.

„Wo kann man denn das? In Hamburg kommt das Frisische bei der Germanistik praktisch nicht vor. „

„In Kiel gibt es eine Professur dafür. „

„Und dann hast du dich hierher ans Gymnasium beworben. „

„So ist es! Die meisten jungen Lehrer wollen ja nach Kiel oder Lübeck oder Hamburg, und hier hab ich gleich eine Stelle bekommen. „

„Aber eine Frau gefunden hast du nicht?“

„Nein, das ist der Nachteil hier.

Die meisten Mädchen wollen ja natürlich auch weg. Im Winter ist es hier schon sehr einsam. „

„Aber darüber hilft dann ja die Arbeit in der Schule. „

„Bis zu einem gewissen Grad schon. „

Und nach einer kleinen Pause fragte er:

„Du bist geschieden — das hat deine Mutter angedeutet. „

„Ja, das bin ich. „

„Und seit wann, wenn ich fragen darf?“

„Seit drei Monaten.

„Oh, das tut mir leid“, sagte Ingwer und legte seine Hand auf meine.

„Das muß dir nicht leid tun“, antwortete ich und legte meine zweite Hand darauf.

„Das tut mir aber leid“, sagte Ingwer und nahm meine beiden Hände in seine, „so eine Trennung tut doch immer weh. „

„Woher willst du das wissen — hattest du schon solche Erfahrungen? Bei uns war der Trennungsschmerz nicht so doll.

„Ich war vor vier Jahren schon mal verlobt –„

„Das tut mir nun wieder leid um dich“, sagte ich und nahm meinerseits seine Hände in meine.

„Mir hat meine Braut jemand nach München entführt — da kann unser Städtchen nicht mithalten. „

Wir vertieften dieses Thema an diesem Abend nicht weiter, denn ein Blick auf die Uhr sagte mir, daß es höchste Zeit sei, in unser Hotel zum Abendessen zu gehen, wie ich es mit Mama verabredet hatte.

Da wir mit Ingwer noch längst nicht alle sprachwissenschaftlichen Fragen durchgesprochen hatten, verabredeten wir uns für den nächsten Tag um dieselbe Zeit.

Zu meiner Überraschung war Mama über meine Verspätung überhaupt nicht ungehalten, sondern fragte interessiert, wie es bei Herrn Mommsen — „ein sehr sympathischer junger Mann“ — gewesen sei, und ich erzählte ihr von unseren friesischen Forschungen und daß wir uns als Berufskollegen geduzt hatten, aber nicht von unseren intimeren Gesprächen.

„Das ist schön, mein Spatz“, sagte Mama, „daß du den Herrn Mommsen getroffen hast. Du hast dich ja schon immer für Sprachvergleiche interessiert. Ihr wollt euch doch sicher wieder treffen?“

„Ja, morgen nachmittag zur selben Zeit. „

Mama wollte mich also verkuppeln. Natürlich brauchte ihrer Meinung nach eine erwachsene Frau einen männlichen Partner — darin hatte sie ja nicht völlig Unrecht –, in unseren bürgerlichen Kreisen natürlich einen angeheirateten.

Wie so oft in solchen Lebenslagen nahm ich ein langes Bad in der Wanne und überlegte, ob ich mir Ingwer als Ehemann vorstellen könnte — ja, das könnte ich –, und dann wäre eine längere Kennenlern-Zeit angemessen — oder doch „nur“ als Ferienflirt, wenn zwar auch mit wissenschaftlichem Hintergrund — dies „zweitere“ doch schon eher, und dann wäre eine schnellere Gangart angebracht, denn die erste Ferienwoche war ja schon fast vorbei.

Vielleicht wäre ja Ingwer ein guter Ehemann, nach dem ersten Eindruck sah es ganz so aus, aber die zwar milden, aber langen Wintermonate auf der einsamen Insel — das lockte mich überhaupt nicht. Aber auf einen auch intimen Ferienflirt wollte ich es ankommen lassen. Die ersten Schritte waren ja schon unternommen.

Aber soviele Liebhaber ich auch schon gehabt hatte — es machte mir doch jede neue Beziehung noch Herzklopfen. Wie würde es sich weiter entwickeln? Wäre ich sehr enttäuscht, wenn Ingwer auf so was nicht anbisse? Wie würde sich Mama dazu stellen, wenn wir uns zwar als Mann und Frau gäben, dann aber doch nicht heirateten? Das könnte die ganze Urlaubsstimmung verderben.

Andererseits lag ja aber auch Tante Klaras Brief immer noch auf dem Tisch in Mamas Zimmer — sie las ihn abends wohl noch manchmal.

Am nächsten Tag war ich am Strand entsprechend nervös, und aus dieser Nervosität erlöste mich kein andere als Ingwer. Er kam am frühen Nachmittag in einem khakifarbenen Tropendress den Strand entlanggeschlendert, ging auf unsere Strandburg zu, begrüßte mich und vor allem auch Mama mit ausgesuchter Höflichkeit, hielt nicht gerade um meine Hand an, aber überreichte uns als Geschenk ein kleines friesisches Wörterbuch für Touristen, an dem er als Autor mitgewirkt hatte.

Diese Geste nahm Mama so für Ingwer ein, daß sie mich den ganzen Rest des Nachmittags drängte, nur ja nicht zu spät zu „dem netten Herrn Mommsen“ zu gehen.

Nachdem Herr Ingwer mich — und meine Mutter — bei dieser Gelegenheit in Bikinis hatte bewundern können, zog ich an dem warmen Spätsommernachmittag nicht wieder ein Kleid an, sondern besuchte ihn in viertellangen Shorts und einem nicht zu knappen Top. Ingwer fütterte mich mit friesischem Tee und herrlichem Kuchen und schlug vor, bei unseren Studien gleich in medias res zu gehen und uns nicht mehr in Laut- und Formenlehre zu vergraben, sondern gleich mit der Lektüre von Texten zu beginnen.

Nun gibt es im älteren Friesisch keine Belletristik oder Lyrik, aber es gibt die mittelalterlichen Aufzeichnungen der Stadtrechte der friesischen Städte, und so entzifferte ich mit Ingwers Hilfe das berühmte Stadtrecht von Gevere (gesprochen natürlich Jévere, heute Jever).

Als wir genügend Paragraphen durchgeackert hatten und es für mich Zeit zum Nachhausegehen war, fing Ingwer noch einmal an:

„Warum hast du dich denn müssen scheiden lassen — oder willst du nicht darüber sprechen?“

„Schön, diese altväterliche Konstruktion — man sollte öfter so reden oder jedenfalls schreiben — nein, du kannst mich gern danach fragen.

Wir haben uns einfach auseinandergelebt, und als Dieter beruflich nach Leipzig versetzt wurde, wollte ich nicht mitgehen, auch um meine Stelle nicht zu verlieren, und da haben wir uns getrennt, wie man so sagt, in aller Freundschaft. „

„Hat er dich betrogen?“

„Das auch. „

„Du ärmste!“

„Halb so wild: Ich hab ihn auch betrogen. „

„Du hast –„

„Ja, ich hab –.

Als ich gemerkt hab, daß Dieter eine Freundin hat, hab ich mir meinen ersten Liebhaber verführt. „

„Deinen ersten –„

„Ja; in den letzten sechs–sieben Jahren meiner Ehe hab ich eigentlich immer auch einen Freund gehabt. „

„– immer auch einen Freund — das heißt –„

„Das heißt, daß ich kein Kind der Traurigkeit bin und manchen Jung‘ in mein Liebesgärtchen eingelassen hab — manche haben das nicht verdient, aber manche durchaus, und wir hatten wunderschöne Stunden — mit Dieter übrigens bis zum Schluß auch immer mal wieder — so ist das nicht –„

„– und jetzt?“

„Absolut nichts.

„Seit der Scheidung?“

„Nicht ganz. Als ich mich in meiner neuen kleinen Wohnung eingerichtet hatte, hab ich mir ein Cembalo gekauft –„

„Oh, das find ich super!“

„Das freut mich. Wenn du willst, kannst du mich ja mal in Hamburg besuchen und es hören oder auch spielen. Kannst du spielen?“

„Ja. Ich hab auch ein Klavier. „

„Und warum hast du mir das nicht gezeigt?“

Ingwer wurde rot und sagte leise:

„Weil das im Schlafzimmer steht, und das steht da, weil hier im Wohnzimmer zuviele Bücher sind.

Es hat ja nirgends mehr Platz an der Wand. „

„Na los, dann zeig mir mal dein Klavier!“

„Aber –„

„Aber das Schlafzimmer ist nicht aufgeräumt. So was hab ich schon gesehen, aber wenn es dir lieber ist, dann räum schnell etwas auf. „

„Nicht nötig — es ist ja eigentlich aufgeräumt. „

„Na, dann, worauf wartest du dann noch?“

Im Schlafzimmer herrschte tatsächlich eine perfekte Ordnung.

Es war von einem Doppelbett, einem großen Kleiderschrank und Tisch und Stuhl „bevölkert“, Blickfang aber war ein altmodisches Pianino, wie Ingwer sagte, von seinem Großvater geerbt, das Hochzeitsgeschenk seines Großvaters an seine Großmutter. Es war aufgeschlagen, und auf dem Pult stand eine Ausgabe von Schuberts Impromptus.

„Spielst du gerade Schubert?, fragte ich.

„Ja, ich lieb ihn heiß. „

„Ich eigentlich auch. — Spielst du mir was?“

„Wartet nicht deine Mutter?“

„Ja, schon — aber die kann noch etwas warten, ich bin ja schon erwachsen.

„Ich bring dich dann nachher schnell mit dem Auto zum Hotel. „

„Nicht nötig — das Auto aus der Garage zu holen dauert ja länger als der Weg zu Fuß. „

„Dann begleit ich dich nachher. „

„Da sag ich nicht ,Nein`. „

Ingwer spielte eines der späten Impromptus in f-Moll, die eigentlich die vier Sätze einer Sonate sind, und mir kamen, wie immer bei guter Musik, die Tränen.

Ingwer bemerkte dies und drückte mir sanft die Hand.

Ich hatte schon gehofft, Ingwer hätte vergessen, auf welchen Umwegen wir zu seinem Klavierspiel gekommen waren, aber als wir wieder im Wohnzimmer waren, fragte er doch:

„Wir waren bei deinem Cembalokauf stehengeblieben — du wolltest mir da noch was sagen –„

„Wollte ich das?“

„Ich hatte den Eindruck. „

„Also — na gut — dabei hat mir ein junger Mann geholfen, der sich selbst kurz zuvor ein Spinett gekauft hatte — und als das Cembalo bei mir stand, sind wir schwach geworden.

„Aber das macht doch nichts –„

„Na ja, wie man's nimmt. „

„Aber du bist doch schon großjährig und warst nicht mehr verheiratet –„

„Aber Tadziu war und ist katholischer Priester. „

„Sag bloß!“

„Ich wollte das ja nicht unbedingt erzählen, aber du hast mich so gedrängt –„

„Ich wollte dir doch nicht zu nahe –„

„Schon gut, Ingwer, es tut immer gut, seine Missetaten zu erzählen.

— Komm, gehen wir zum Hotel. „

Ingwer warf sich eine Jacke gegen die Abendkühle über, und wir zogen los.

„Ist dir nicht kalt?“

„Ach, es geht. Du kannst mich ja etwas wärmen. „

Das tat Ingwer, indem er mich unterhakte und ganz fest an sich drückte. Als wir uns nach wenigen Minuten vor meinem Hotel verabschiedeten, fragte er schüchtern:

„Kommst du morgen nachmittag wieder, und lesen wir weiter?“

„Ich denke schon! Und danke für den Schubert!“

Bei diesen Worten gab ich ihm ein Küßchen auf die Stirn, und er umfaßte mich in Höhe meiner unbedeckten Taille.

Mama sah die Sache wieder einmal dialektisch: Einerseits war es ja gut, daß mich Herr Mommsen nach Haus gebracht hatte, andererseits aber: Warum mußte ich doch wieder so lange wegbleiben?

„Mama, ich bin ja gerade noch und extra vor deiner gewöhnlichen Abendbrotszeit gekommen, und außerdem hat mir Ingwer –„

„Ingwer?“

„Ja, wir haben uns geduzt — daß ist unter uns jungen Lehrern jetzt so üblich, das hab ich dir ja aber gestern schon gesagt, daß wir uns geduzt haben — also, Ingwer hat mir noch ein Schubert-Impromptu vorgespielt, und darum ist es etwas später geworden — und außerdem hast du dich ja gestern überhaupt nicht aufgeregt, und da bin ich auch nicht viel früher gekommen.

Ich hab Ingwer übrigens eingeladen, uns in Hamburg mal zu besuchen. „

„Spielt er denn gut?“

„Ich würde sagen: sehr gut, fast konzertreif — na ja, hauskonzertreif. „

„Dann paßt ihr ja auch in der Beziehung gut zusammen. „

„Mama, du wirst mich doch nicht Knall auf Fall wieder unter die Haube bringen wollen?!“

„Aber als Frau so allein zu leben — das gibt doch immer nur Gerede.

„Soll es doch — deswegen heirate ich doch nicht übermorgen schon wieder — ich müßte doch Ingwer doch schon besser kennenlernen. „

„Das hast du doch vielleicht schon — wie ich dich kenne. „

„Ach, Mama, nein so hab ich ihn noch nicht kennengelernt, wie du es wieder meinst, aber gönn mir doch auch bitte mein etwas freieres Leben, als du es hattest. „

„Ja, ja, du und Klara, ihr steckt wieder gegen mich unter einer Decke.

„Das tun wir nicht — und gegen dich schon gar nicht, Mama!“

Beim Abendessen aber hörte meine Mutter interessiert zu, wie ich von unseren Friesisch-Studien und von Ingwers Klavierspiel erzählte, und sie zeigte so viel Interesse, daß ich aufstand, Ingwer anrief und ihn fragte, ob er was dagegen hätte, wenn ich auch meine Mutter zum Zuhören mitbrächte.

„Nein, überhaupt nicht, bring sie doch schon morgen mit, wenn es euch paßt.

Und so begaben wir uns nach einem mir jetzt schon recht langweiligen Tag am Strand zum five-o-cklock tea zu Ingwer, ich diesmal etwas züchtiger in einem dreiviertellangen glockigen Sommerkleid. Ingwer war es gelungen, in seiner Wohnung eine noch perfektere Ordnung herzustellen. Er bewirtete uns wieder mit friesischen Herrlichkeiten, „ehrlicherweise gesagt: nicht selbst gebacken, sondern ,nur` gekauft“, und aus Rücksicht auf meine Mutter setzten wir diesmal unsere friesische Lektüre nicht fort, sondern schritten gleich nach dem Tee zur musikalischen Darbietung.

Mama tat etwas konsterniert, als sie in ein Junggesellen-Schlafzimmer, dazu noch in eines mit einem französischen Bett, geführt wurde, und ließ sich nur schwer von Ingwers Erklärung des mangelndes Platzes im Wohnzimmer beruhigen. Als aber die ersten Töne von Brahms‘ Haydnvariationen erklangen, war sie sozusagen hin und weg, schloß die Augen und genoß die wirklich hervorragende Interpretation. Als Ingwer fertig war, lobte sie sein Spiel enthusiastisch und fragte dann:

„Herr Ingwer“, — sie sagte tatsächlich „Ingwer“! — „können Sie vielleicht auch die Händel-Variationen spielen, die haben unserem Vater so gut gefallen, und er hat sie auch selbst gespielt.

„Ja, Frau Heilburg, ich kann's versuchen, aber die sind natürlich viel schwerer. „

Und dann spielte er auch diese herrlichen Stücke so ergreifend, daß uns beiden Weibern die Tränen kamen, wir in Erinnerung an meinen Vater Händchen hielten und nach Tempos kramen mußten. Ingwer merkte, wie ergriffen wir waren, ließ sich aber nichts anmerken, sindern spielte alle dreißig Variationen und auch die lange Fuge. Dann entschuldigte er sich:

„Das tut mir leid, daß Ihnen diese Musik so nahegeht — ich hätte sie vielleicht nicht spielen sollen.

„Doch, doch, Herr Ingwer — nur da kommen einem eben die Erinnerungen an meinen lieben Mann –„

„– und meinen Vater“, sekundierte ich.

„Darf ich euch aber vielleicht zum Abschluß noch was Lustigeres spielen?“

„Ja“, sagte meine Mutter noch mit Tränen in den Augen, „wie lassen uns überraschen. „

Und Ingwer spielte einige Branles im alt-modernen Stil von Poulenc und ganz zum Schluß den „Träger großer Steine“ von Satie einschließlich der beim Spielen zu sprechenden erklärenden Satieschen Wortfetzen, und auch den lauten Plumps am Schluß des kurzen Stückes interpretierte er meisterhaft.

Nun mußten wir doch wieder lachen, bedankten uns bei Ingwer für das Konzert, und ich dachte, jetzt würde ich mit Mama zurück in unser Hotel gehen. Aber zu meiner Überraschung sagte Mama:

„Ich kann die paar Schritte doch gut allein gehen, es ist ja auch noch hell, aber ihr beiden wollt sicher noch etwas allein sein, und Sie können dann ja Melanie wieder im Hotel abliefern. „

Ich war so erstant, daß ich nur stottern konnte: „Wenn du meinst, Mama –„

„Ihr habt ja heute auch noch gar kein Friesisch gelesen“, sagte Mama beim Weggehen, „und tschüs bis nachher.

Es konnte doch nicht wahr sein: Blitzte da nicht der Schalk in Mamas Augen?

Ich ging wieder in Ingwers Wohnung und fragte ihn:

„Warum hast du denn heute nicht den Schubert gespielt?“

„Weil der Schubert unsere Musik ist. Wo du jetzt noch ein bißchen hier bist: Soll ich dir jetzt alle vier Impromptus spielen?“

„Das wäre toll — aber erlaubst du, daß ich mich lang auf die Bettdecke lege statt in dem harten Stuhl zu sitzen?“

„Aber natürlich, Melanie — nimm dir, wenn du es brauchst, noch ein Kopfkissen raus!“

Ich flezte mich also auf das Bett, streckte bequem die Beine aus, und Ingwer setzte sich auf den Klavierhocker.

Während er die vier Impromptus spielte, die insgesamt eine lange Sonate bilden, mußte ich wieder vor Glück heulen. Als er fertig war, setzt sich Ingwer auf die Bettkante und meinte:

„Ich hätte doch nicht diese Stücke spielen sollen, sondern lieber etwas Lustigeres –„

„Du hast wunderbar gespielt, ich hab es sehr genossen, diese Stücke werden ja auch so selten gespielt, ich kann mich nicht daran erinnern, sie einmal in einem Konzert gehört zu haben.

„Ich auch nicht — aber ich hätte sie auch auf CD von Brendel und von Arrau — willst du sie nochmal hören?“

„Nein, jetzt nicht, jetzt hab ich noch dein Spiel im Ohr — ein andermal vielleicht, dann aber den Arrau — und nochmal vielen Dank für deine Konzerte. „

Während dieser Unterhaltung hatten sich unsere Hände gefunden, das heißt, wir hielten Händchen. Und wohl unbewußt machte ich eine winzige Kopfbewegung, die Ingwer richtig dahingehend interpretierte, daß er sich zu mir niederbeugte und mir einen zarten Kuß auf die Stirn gab.

Ich umarmte ihn ebenfalls zart und ließ ihm so noch die Möglichkeit des Rückzugs. Davon machte er zum Glück keinen Gebrauch, vielmehr küßte er mich weiter, und bald lagen wir nebeneinander auf dem Bett und vollführten einen langen Zungenkuß. Und irgendwohin mußte Ingwer ja auch mit seinen Händen, und er fand eine passende Ablage für seine entspannt zum Halbkreis gebogene Hand auf meiner rechten Brust. Er machte einige tastende Bewegungen, um die bequemste Stelle für seine Hand zu finden, aber irgendwie störte wohl mein inzwischen hart gewordener Nippel die mathematisch exakte Halbkreisform, so daß Ingwer immer wieder eine andere Stelle suchte.

Irgendwann gab er es auf und versuchte es auf meinem schönen Frauenbäuchlein unmittelbar unter dem Nabel — wohlgemerkt, alles durch mein dünnes Sommerkleid. Aber auch da hielt es ihn nicht lange, und er bewegte sich tiefer zur konkaven und daher als Handablage nicht so sehr geeigneten Stelle zwischen Bauch und Schamhügel. Hier vergaß er offenbar den ersten Bestandteil dieses Kompositums und deponierte seine Hand erst einmal auf dem Hügel zur Ruhe. Ich ließ ihn die ganze Zeit gewähren, ihm durch intensive Küsse anzeigend, daß ich ihn nicht nur gewähren ließ, sondern daß mich seine Forschungen auch freuten.

In dieser Lage verhielt er zunächst einmal, aber bald fiel ihm etwas Furchtbares ein:

„Müßtest du nicht schon längst zum Hotel gehen?“, fragte er mit besorgter Miene.

„Ja, das müßte ich eigentlich — aber es war — und ist — so schön mit dir hier. „

Wir blieben noch ein Weilchen so liegen, wie wir waren, dann zug ich die Beine zum Bauch, umschloß mit meinen Schenkeln durch den Sommerrock Ingwers Hand auf meiner Scham und hauchte nur das Wort:

„Morgen?“

Ingwer verstand sofort, gab mir aber seine Freude nur durch seine verklärte Miene zu verstehen.

Nachdem das geklärt war, hopsten wir jugendlich flink auf die Beine, strichen unsere Kleider glatt, und Ingwer brachte mich in fünf Minuten zum Hotel. Zum Abschied für heute küßten wir uns noch einmal ausgiebig, dann verabschiedeten wir uns schnell mit einem „Tschüs bis morgen!“

Meine Mutter saß noch im Restaurant beim Abendessen und fragte mich mit ungewohnt freundlichem Ton:

„Na, war es noch schön mit Herrn Mommsen?“

„Sehr schön! — Aber du hast ihn doch schon ,Herr Ingwer` genannt! — Er spielt ja wirklich toll.

Er hat dann noch diese Impromptu-Sonate von Schubert gespielt. „

„Aber soooo lang ist die doch auch nicht. Ihr habt danach sicher noch — ich kenn dich doch –„

„So genau kennst du mich nun auch wieder nicht. Nein, wir haben nicht –„

„– noch nicht –„

„Na gut: noch nicht. „

„Aber ihr werdet noch?“

„Es läuft wohl darauf hinaus.

Aber ich bin doch eine erwachsene Frau und nicht verheiratet –„

„Das weiß ich doch, mein Spatz, und Herr Mommsen — Ingwer ist ja wirklich ein ausnehmend sympathischer junger Mann. „

„Aber ich glaub, es wird doch nur ein Urlaubsflirt. „

„Aber dann mußt du doch nicht gleich am ersten Tag –„

„Nun sag bloß nicht noch: ,dich hingeben`! Erstens gebe ich mich nicht hin, und zweitens ist es nicht am ersten Tag.

„Du magst ja recht haben — aber irgendwie kann ich mich nur schwer an das Leben von euch jungen Leuten gewöhnen. — Aber nun iß man din Abendbrot, min Deern!“

Irgendwie war Mama bei diesem gemeinsamen Urlaub so aufgeschlossen meinem Liebesleben gegenüber wie nie vorher und nur selten nachher.

Der nächste Tag war besonders sonnig und warm, und ich ließ mich trotz der vorgerückten Jahreszeit noch etwas anbräunen, allerdings nicht ganz hüllenlos.

In einem unbeobachteten Moment sah ich in meinem Täschchen nach und fand, daß das Päckchen Überzieher, das ich immer bei mir hatte, längst abgelaufen war, ich mußte also vor dem großen Moment noch in einer Apotheke oder einem öffentlichen Klo vorbei.

Schon kurz nach Mittag fragte mich Mama besorgt:

„Wann hast du dich den heute mit Herrn Mommsen verabredet?“

„Mit Ingwer, Mama! — Wieder um fünf zum Tee.

„Dann sieh man, daß du nicht zu spät kommst. „

„Mama, es ist doch erst halb eins!“

„Ich mein ja bloß –„

Um halb vier aber war kein Halten mehr.

„Wir sollten jetzt aufbrechen — du bist ja auch schon ganz schön braun geworden. — Was willst du denn heute anziehen?“

„Wieder das Sommerkleid von gestern.

„Das mußt du aber noch mal bügeln, das sah recht zerknittert aus, als du gestern abend gekommen bist. „

Mama merkte auch alles!

Vor dem Aufbruch vom Strand verschwand ich nochmal für kleine Mädchen. Da zu dieser Zeit sonst kein Schwein aufbrach, hoffte ich, im Klo allein zu sein, unbemerkt in die Abteilung für kleine Jungs huschen zu können und ein Päckchen aus dem dort wahrscheinlich hängenden Automaten zu ziehen.

Warum hingen solche Präserkästen auch fast nie auch bei den Damens?

Leider aber war das Männerklo von zwei sich beim Schiffen laut unterhaltenden Männern besetzt, und so flüsterte ich der heute mal anwesenden Klofrau zu:

„Ich bitte Sie: Gehen Sie mal zu den Herren und bringen mir ein Päckchen — Sie wissen schon — aus dem Automaten –“ und drückte ihr eine hoffentlich passende und ausreichende Münze in die Hand.

„Haben Sie heute noch was vor?“, fragte sie freundlich lächelnd, verschwand dann aber ohne Widerrede nach links, und als ich rechts mit meinem Geschäft fertig war, gab sie mir verstohlen, als ob es ein Joint wäre, das bewußte Päckchen und das überzählige Geld, denn ich hatte ihr zuviel gegeben.

„Bitte behalten Sie doch das Geld!“, sagte ich zu ihr.

„Danke, das ist sehr nett von Ihnen.

— Wenn ich mich damals als Frau zu so was getraut hätte, dann hätte ich wohl meinen Jungen nicht bekommen, den ich dann allein großziehen mußte. „

„Aber ist es denn ein guter Junge geworden?“

„Sie kennen ihn bestimmt: Er arbeitet beim Strandkorbverleih. „

„Ach, ist das der freundliche junge Mann, der uns den Strandkorb rangeschleppt und dann auch noch geholfen hat, die Strandburg tiefer zu schaufeln.

Das ist ein sehr ein guter Junge!“

Der guten Frau kamen ob dieses Lobes die Tränen, und sie wünschte mir „alles Gute, Liebe und Schöne mit Ihrem Freund“.

Ich verstaute das blaue Päckchen in meinem Täschchen und holte Mama aus dem Strandkorb ab. Im Hotel bügelte ich noch schnell mein Kleid und zog mich mit ihm leicht und luftig für meinen Besuch bei Ingwer an. Überflüssigerweise legte ich auch einen BH an, der die zu erwartende Entkleidungsprozedur um ein wesentliches Element bereichern würde.

Als ich mich mit so gehobenem Busen und mit dem langen weiten Rock im Spiegel betrachtete, kam ich mir vor wie aus einem Modeheft der fünfziger Jahre entsprungen. Aber das war damals ja gar keine häßliche Mode und hinderte bei nichts Wesentlichem.

Ich hatte noch Zeit, Mama beim Nachmittagskaffee Gesellschaft zu leisten. Sie sagte nicht viel, lächelte mich aber freundlich an und sagte, als ich mich wenige Minuten vor fünf verabschiedete nur:

„Paß auf dich auf, min Deern!“

„Mach ich doch immer, Mama!“

Ingwer empfing mich strahlend, aber wortkarg.

Wie sympathisch, daß ihm die erste intime Begegnung mit einer neuen Freundin noch so auf die Nieren ging.

„Willst du mich nicht mit einem Kuß begrüßen?“, mußte ich ihm nachhelfen.

Und als er mir „nur“ einen sanften Kuß auf die Stirn gab, legte ich nach und sagte:

„Nun gib mir doch einen richtigen Kuß! Wir haben das doch schon gemacht!“

Erst jetzt ließ sich Ingwer zu einem Zungenkuß herab, den wir dann lange ausdehnten und währenddessen wir allmählich, Ingwer vorwärts, ich rückwärts tastend, ins Wohnzimmer gingen und auf der Sitzecke landeten.

Als wir uns genügend geküßt hatten, setzten wir uns wieder anständig an den schon gedeckten Tee- und Kuchentisch.

„Du bist schön braun geworden heute“, bemerkte Ingwer schließlich.

„Sieht man das schon?“

„Und wie! Kein Vergleich mit gestern. „

„Hoffentlich war es nicht zuviel. „

„Warum sollte es zuviel sein. Die Herbstsonne jetzt ist ja nicht mehr so kräftig.

„Ich weiß nicht — sie hat ganz schön gebrannt. Hoffentlich hab ich mich genügend eingecremt und krig keine häßliche Haut an den Beinen. „

„Davon jann doch keine Rede sein. „

„Du Wüstling hast mir irgendwann schon unter den Rock gesehen!“

„Quatsch! Erinnerst du dich schon nicht mehr — aber beruhige dich: Das ist das Alter –, daß ich dich und deine Mutter am Strand besucht und dir mein kleines Wörterbuch geschenkt hab?“

„Dann kennst du mich ja schon ganz nackt.

„Erstens nicht ganz und zweitens nur für einige Augenblicke. „

„À propos: Lesen wir heute weiter — oder lassen wir das heute mal?“

„Ich dachte — ich hatte gedacht –„, stotterte Ingwer.

„– daß wir heute mal auf die langweilige Lektüre strohiger Gesetzestexte verzichten –„

„Nein — eigentlich nicht — ich hatte gedacht — wir lesen auch heute etwas weiter — aber wir machen einen Sprung und lesen den Teil über die öffentlichen Badehäuser.

„Du bist mir ja ein Schlingel“, lachte ich, „das war ja der Ort, wo Männlein und Weiblein zusammen — und auch noch nackt –„

„Eben! Es steht so zwar nicht expressis verbis im Stadtrecht, aber wenn man weiß, wie das damals in den Badehäusern zuging und zwischen den Zeilen liest, ist das ganz schön pikant. „

„Na, dann setzen wir uns an den Arbeitstisch!“

Wir lasen einige Zeilen, erzählten uns dann aber von unseren Lesefrüchten aus anderen Quellen, wie Männer und auch Frauen in den Badehäusern ihren „trûtgesell“ trafen und was sich wohl im trüben Wasser des Bades so abgespielt haben mag.

Ich kramte eine Erinnerung aus dem Gedächtnis hervor, daß ich irgendwo in einem Buch über das Leben im Mittelalter gelesen hatte, wie im Badehaus Helfer Bademeister waren, die den Herren nötigenfalls „den Schorf von der Eichel mit Bimsstein abschaben“ mußten. Um was für Schorf sich das gehandelt haben könnte, daran konnte ich mich nicht mehr erinnern, und überhaupt die merkürdige Verbindung Schorf — Eichel — Bimsstein — schaben — vielleicht war meine Erinnerung auch völlig daneben.

Aber à propos Eichel: Wir verständigten uns mit einem winzigen Kopfnicken, unsere weitere Tätigkeit ins Schlafzimmer zu verlegen.

Hier warf mich Ingwer mit zartem Nachdruck aufs Bett, und in fast derselben Stellung wie am Vortag küßten wir uns, und Ingwer erforschte die Formen meines Körpers. Heute aber machte er am Schamhügel nur einen Zwischenhalt, er ging tiefer, überging zunächst züchtig die zentrale Stelle männlicher Lust und zählte, durch meinen Rock tastent, die Zahl meiner Beine.

Jetzt hätte natürlich der Griff unter den Rock folgen sollen, aber leider war mein Rock so lang und Ingwers Arme so kurz, daß er nicht an den Rocksaum langte, und so begnügte er sich damit, meine Bluse aufzuknöpfen und über den herrlich glatten Satin meines BHs zu streicheln. Es interessierte ihn dann aber auch, was darunter war, und da der BH nicht allzu stramm saß, gelang es ihm, unter die Körbchen und an meine Nippel zu grabbeln.

Nachdem er diese fest aufgerichtet hatte, hob er rein instinktmäßig meinen Oberkörper etwas an, faßte auf meinem Rücken nach den Ösen des BHs, und ehe ich mich's versah, hatte er sie gekonnt aufgehakt und hatte als erste Jagdtrophäe meinen BH in der Hand.

Hingebungsvoll knetete Ingwer meine Äpfelchen von allen Seiten, dann glitt seine Hand wieder tiefer über meinen jetzt freien Bauch bis zum Rockbund. Ingwer tastete etwas links und etwas rechts, fand bald den Reißverschluß und ratschte ihn auf.

Daraufhin tastete er sich weiter bis zum Slip und machte da halt.

„Machst du noch einmal wie gestern?“, bat er.

Ich tat so, als verstünde ich ihn nicht und intensivierte meine Küsse.

„Ziehst du nicht noch mal deine Beine an?“, verdeutlichte Ingwer sein Begehr.

Ich tat ihm nun den Gefallen, und er nutze es aus, daß ihm mein Rocksaum dadurch erreichbar wurde, und begann mit dem Studium meines linken Beins.

Er zeichnete jede der vielen Krümmungen des Knies nach einschließlich der kleinen Fettwülste über ihnen, die aber noch mehr hervortreten würden, wenn ich wieder aufrecht stünde; dann maß er an vielen Stellen, wie mein Schenkel nach oben dicker wird, dabei meinen Rock immer weiter nach oben zusammenknautschend, und als er am Slip angekommen war, überzeugte er sich frecherweise durch den Stoff von dem Vorhandensein zweier Haupt-Hügel. Sein zartes Herumfingern an dieser Stelle erregte mich so, daß Ingwer wohl bald das Entstehen eines dritten kleinen Hügels zwischen den großen spüren mußte.

Bevor es weiterging, mußte ich auch Ingwer erst einmal etwas necken, und ich fragte ihn:

„Kannst du eigentlich bügeln?“

„Na klar — als Junggeselle — da muß man das können. „

„Dann mußt du nachher meinen Rock bügeln, du hast ihn ja schon völlig zerknittert. „

„Was ziehst du denn auch heute einen so langen Rock an — deine Mutter ist doch nicht dabei — wo wir doch — wo es doch heute draußen so warm ist.

„Aber das macht doch das Ganze viel interessanter!“

„Da hast du recht. Aber, Frau Knaack, könnten Sie nicht vielleicht dem Gedanken nähertreten, Ihren schönen Rock ganz auszuziehen. Das geht aber nicht, ohne daß Sie, Gnädigste, wenigstens kurz einmal aufstehen. „

„,Aufstünden` müßte es heißen, Herr Mommsen!“

„Sehr richtig, Frau Kollegin, sehr richtig. Es freute mich, hielten Sie an unserem Gymnasium mal einen Kurs über den Konjunktiv.

„Optativ, Ingwer, Optativ — unter uns Germanisten! Aber könnten Sie, werter Herr Mommsen, nicht auch Ihrerseits dem Gedanken nähertreten, sich von einigen im Moment überflüssigen Kleidungsstücken zu befreien?“

Ohne eine Antwort abzuwarten begann ich, Ingwers Hemd aufzuknöpfen, und zutage trat eine schön blond-flaumig behaarte sportliche Brust, darunter der Ansatz eines Embonpoint; nun ja, Ingwer war auch nicht mehr der allerjüngste.

„Fällt dir was auf?“, fragte er.

„Was soll mir denn auffallen? Ich kann beim besten Willen nichts entdecken. „

„An meiner Brust –„

„Sportlich — recht muskulös — also, nun sag schon, was meint du?“

„Findest du nicht, daß die linke Seite des Brustkorbs etwas vorsteht?“

„Wenn du das so sagst: ja, vielleicht ein bißchen. „

„Ich weiß auch nicht, wovon ich das hab.

Aus den rachitischen Jahrgängen bin ich ja eigentlich nicht mehr. Ich weiß auch nicht, ob ich das immer hatte, oder ob es mit der Zeit gekommen ist. Bewußt wirde mir diese schiefe Brust erst, als ich dreizehn oder vierzehn war, und da dachte ich, jeder — und vor allem alle Mädchen — müßten das sofort sehen, und hab nur ganz ungern gebadet. Ich glaube, es hat sich mit der Zeit auch etwas ausgeglichen, und außerdem haben alle Ärzte immer gesagt, mit mir sei alles in Ordnung.

„Das tut mit leid mit deinen Schiefbrust-Komplexen, aber du brauchst da wirklich keine Bedenken zu haben; ich hätte jedenfalls bestimmt nichts gemerkt. Nur hier“, und ich zeigte auf sein Bäuchlein, „da hast du wohl etwas zu gern etwas zu viel gegessen. „

„Ja, das muß ich mir demnächst mal wegtrainieren. Kommst du mal mit ins Fitness-Studio?“

„Das ist doch so was von langweilig, dieses Hantel-Stemmen und Trocken-Radfahren.

Wollen wir nicht lieber Radtouren machen?“

„Aber um, sagen wir, fünfzig Kilometer radzufahren, müßten wir zweimal um die Insel — und das wird auch schnell langweilig. „

„Ja, da hast du recht. Blöd! Aber es gibt ja noch andere energieverzehrende Sportarten!“

Damit begann ich mich, an Ingwers Gürtel zu betätigen.

Ingwer half mir, die Schnalle zu öffnen und die Öse aufzuhaken, dann zog ich den Reißverschluß runter, und in dem entstandenen Dreieck sah ich einen makellos reinen Herrenslip und darin ein sich deutlich abzeichnendes Glied; es war offenbar schon voll gesteift, und Ingwer war es irgendwie gelungen, es schräg nach oben gerade so zu plazieren, daß man die rote Spitze noch nicht sah.

Da Ingwer mir nicht an und in den Slip ging, ging ich ihm auch nicht an und in den Slip, stattdessen beugte ich mich zu ihm und flüsterte ihm ins Ohr:

„Heute und in diesem Urlaub bin ich für dich von der Marke ,Du darfst`. „

Es schien ewig zu dauern, bis Ingwer den Sinn dieser Worte verstand und er begann, sich mit spitzen Fingern in meinem Slip nach unten zu tasten.

Ich erwartete, daß er meine Haare dort zählen würde, aber so weit ging er doch nicht, sondern fand bald die Spalte zwischen den großen Hügeln und begann sich mit dem kleinen Hügel zu beschäftigen. Kaum hatte er diesen berührt, kam ich mit einem kleinen Lustschrei. Erschrocken nahm Ingwer seine Hand vom heißen Punkt, aber ich flüsterte nur:

„Mach nur weiter!“

Während sich alsbald mein nächster Höhepunkt aufbaute, schob ich den Bund von Ingwers Slip etwas nach unten und legte so wenigstens teilweise seinen Schwanz frei.

Es stellte sich heraus, daß Ingwer ein ausgesprochen Langschwanz-Kurzeichler war, wie ich ihn noch nie live erlebt hatte. Dessen war sich Ingwer offenbar nicht bewußt, jedenfalls gab er mir zu dieser Besonderheit seines Körpers keine Erklärung.

Wohl um nicht vorzeitig loszuschießen, entwand sich Ingwer meiner Umarmung, kniete zu meinen Füßen und streifte mir erst den Rock und dann langsam meinen Slip ab, jeden frei werdenden Zentimeter genießend.

Bevor Ingwer weiteren Unsinn anrichten konnte, kniete ich mich meinerseits zu seinen Füßen und entledigte ihn seiner Hose und seines Slips, jeden Zentimeter einzeln genießend.

Dann legten wir uns nebeneinander und karessierten uns weiter. Ingwers gutes Stück war zwar lang, aber noch eher gartenschlauchartig; ich begann, es in gewohnter Weise zu stärken und fühlte bald, wie es geradliniger und härter wurde.

„Ich weiß, ich hab einen langen, aber ich bin ganz vorsichtig und tu dir nicht weh“, sagte Ingwer irgendwann.

„Und wie halten wir es mit Schutzüberzügen?“

„Natürlich — ich hab welche bereitliegen.

„Ich auch — auf alle Fälle. „

„Du — als Frau –?“

„Nun hör schon auf! Wie oft ich das gehört hab: ,Du, als Frau?` — Wir sind doch moderne Menschen, und auch wir Frauen wissen, woher die Kinder nicht kommen. „

„Ich sag ja schon nichts mehr. Aber ich weiß nicht, ob du meine Übergröße hast, die findet man nämlich fast nie in Automaten, ich hol sie immer aus der Apotheke.

„Was heißt ,immer`?“

„Immer, wenn ich eine Freundin hab –„

„Und hattest du viele Freundinnen?“

„Nicht sehr viele — die letzte im vorigen Jahr. „

„Dann sind deine Dinger ja schon abgelaufen. „

„Darum hab ja heute morgen neue besorgt. „

„Aber was reden wir hier so blöd rum“, ich küßte ihn zungenmäßig, und dazwischen brachte ich mühsam hervor: „Ich glaub, wir sind noch nicht so abgebrüht und haben noch Fracksausen vor unserer ersten Vereinigung, um nicht zu sagen: F…“

Während dieser inhaltsvollen Rede bäumte Ingwer auf, probierte die günstigste relative Lage, dann rollte er sich noch einmal zur Seite, ließ sich das lange Verhüterli überstreifen, bäumte wieder auf, drang ein, legte mit langsamen Bewegungen los, ließ sich auf die Ellenbogen herab, belastete mich ziemlich mit seinem Gewicht, und dann küßte er mich unentwegt Zunge, während er unten sein Geschäft verrichtete, wirklich sehr vorsichtig, aber gekonnt variierend, auch meinen G-Punkt treffend — er wußte wohl von diesem Geheimnis der Lust, und allmählich schneller werdend und von meinem zweiten Orgasmus angefacht entlud er seine Ladung so kräftig, daß ich es sogar durch das Kondom spürte, einen dritten Höhepunkt nahen fühlte, mir diesen vor seinem allmählich abschwellenden Schaft selbst verschaffte und wir ermattet nebeneinander sanken.

Sein gummibewehrtes Glied stak noch in mir, ich bedeutete ihm, es erstmal in dieser Lage abschwellen zu lassen, dann zog er es vorsichtig heraus, streifte sich das Kondom ab, machte eine Sichtprüfung auf Dichtigkeit und vollständige Spermamenge, wickelte es in ein Kleenex, legte es vor dem Bett auf den Fußboden zwecks späterer Entsorgung, wandte sich wieder mir zu, umarmte mich innig, begann wieder einen Zungenkuß, begann auch wieder seine Forschungen und damit einen neuen Zyklus.

Es war wirklich ein Zyklus, denn es verlief alles — bis aufs Entkleiden — fast genau ebenso wie beim ersten Mal, allerdings ein wenig schneller und hitziger. Deshalb hatte ich noch keinen Orgasmus, als er meine unteren Lippen kitzelte, sondern erst, als er mich wieder nahm.

Wir hätten wohl gern auch noch weitere Zyklen durchgespielt, aber Ingwer hatte noch soviel Verstand, daß er mich nach unserem zweiten Höhepunkt und noch einer langen Streichelpause einfach wieder zum Hotel schickte:

„Deine Mutter macht sich doch sicher schon Sorgen.

„Ich glaub, sie weiß, oder ahnt wenigstens, was wir heute vorhatten. Sicher ist sie schon im Bett. „

„Aber es ist doch auch nicht unser letzter Tag?! Du kommst doch morgen wieder?“

„Wenn dir meine ,Kochkünste` gefallen haben — gern! Und bringst du mich noch zum Hotel — auch wenn du dich dann nochmal anziehen mußt?“

„Na klar doch! Aber erstmal gehen wir doch duschen.

„Zusammen?“

„Daran hab ich noch gar nicht gedacht. Das können wir machen — es ist allerdings sehr eng. „

„Das ist doch gut, oder was meinst du?“

Wir duschten dann noch ausgiebig, es war gar nicht so eng, und Ingwers Liebeswerkzeug wuchs wieder und hing schon schräg, aber wir blieben anständig. Während des Duschens aber kam Ingwer raus mit dem hingehauchten Satz:

„Du, Melanie, ich muß dir noch was beichten.

„Du hast doch jetzt noch eine andere Freundin — oder du bist gar verheiratet!?“

„Beides nicht, aber ich möchte doch allmählich eine Familie gründen –„

„– und da willst du mich nach unserem ersten — na, du weißt schon — fragen, ob ich dich heiraten will –„

„Nein, natürlich nicht so überstürzt. Was ich sagen wollte: Ich hab seit vier Wochen ein Heiratsanzeige in unserer Lokalzeitung, in der ZEIT und in der „Süddeutschen“, es hat sich aber noch niemand gemeldet.

„Dann wird sich wohl auch niemand mehr melden. „

„Sag das nicht, die Anzeige kommt bis auf Weiteres in jeder Wochenendausgabe. Und da hab ich klar gesagt, daß ich eine Frau suche, die bereit ist, hier auf der Insel zu leben, und ich nehme an, du möchtest in Hamburg bleiben. „

„Das möchte ich eigentlich schon, auch wegen meiner Stelle. Du bist zwar ein ganz lieber Junge –„

„– aber es sollte bei einem Ferien-Flirt bleiben.

„Das sollte es. — Was ich sagen wollte: Du bist zwar ein sehr lieber Junge, aber ich möchte mich eigentlich nicht so schnell wieder fest binden. Das ging etwas arg schnell, damals mit Dieter, ich kann es mir jetzt auch nicht mehr erklären, warum ich damals — mit zwanzig! — schon so eine Torschlußpanik hatte und auf den ersten Heiratsantrag eingegangen bin. „

Nachdem wir wissenschaftlich vorbelasteten Menschen auf diese Weise unsere Beziehung eingeordnet hatten, brachte mich Ingwer lustig schäkernd und alle fünf Meter küssend zum Hotel.

Manche späten Passanten wunderten sich, wieso sich zwei so „uralte“ Leute noch so schamlos benehmen konnten.

Mir war es vorgekommen, daß unser Nachmittag und Abend mit Lektüre, Liebe und Gespräch viele Stunden gedauert hätte, in Wirklichkaeit aber war es noch nicht extrem spät, jedenfalls nicht für meine Mutter. Sie saß noch — allerdings allein — im Fernsehraum und sah einen Film, und als ich hereinkam, begrüßte sie mich freundlich:

„Na, du kommst aber spät! Wie war es denn — schön?“

„Sehr schön!“

„Und denkst ihr vielleicht schon ans Heiraten — ihr habt doch wohl schon — euch näher kennengelernt.

„Das haben wir — aber Mama: Man denkt doch heute nicht gleich ans Heiraten bei einem Ferienflirt. Und Ingwer sucht eine Frau, die mit ihm auf der Insel lebt, und ich will doch nicht von Hamburg weg, schon wegen dir –„

„– du hast mal gesagt, es müßte ,deinetwegen` heißen –„

„Damit hast du allerdings recht. „

„Aber wenn ihr euch hier in den Ferien nett unterhalten wollt, aber nicht heiraten, dann braucht ihr doch nicht gleich –„

„Natürlich brauchen wir nicht gleich ins Bett zu gehen — das wolltest du doch sagen –, natürlich zwingt uns niemand, aber man ist doch heute freier als zu deiner Zeit, und wir hatten doch beide unseren Spaß dabei.

Und lies doch mal ein modernes Buch über Psychologie — laß dir von Frau Dr. Brandenburg eines empfehlen –, wie guter Sex einen auch seelisch aufbaut. „

„Na ja, ich muß da wohl noch manches lernen auf meine alten Tage. — So, mein Spatz, du hast danach sicher noch Hunger, bestell dir noch was, der Kellner bringt dir bestimmt noch was. „

Mama hatte recht: Ich verschlang mit wahrem Heißhunger noch eine Bratwurst mit Kartoffelsalat — der gute Ingwer hatte im Eifer des Gefechts wohl auch selbst völlig das Essen vergessen.

Während ich fraß [sic!], kam Mama noch einmal aufs Thema zurück:

„Und es ist auch nicht so schön, mich hier so allein sitzenzulassen. Die Leute gucken und fragen sich, wo du wohl abgeblieben bist. „

„Sollen sie doch denken, was sie lustig sind, wo ich versumpft bin. Aber willst du nicht mal die Einladung von dem netten Herrn Reimers zum Kaffee annehmen, er ist doch ein netter Kerl.

Herr Reimers arbeitete seit Jahrenden, ja: Jahrzehnten, bei der örtlichen Sparkasse und war dann, das auch schon seit langem, Filialleiter derselben.

„Ich weiß nicht — ich als alte Frau „

„Quatsch — alte Frau — du kannst dich doch in deinem jugendlichen Alter von einem netten Herrn zum Kaffee einladen lassen. Wir kennen Herrn Reimers doch schon, seit wir hier Urlaub machen — da war ich noch ein kleines Mädchen.

„Und manchmal denke ich, das bist du immer noch. „

„Für dich bestimmt, Mama“, sagte ich und streichelte ihre Hand.

Wir sahen noch einen Dokumentarfilm im 3sat und gingen noch lange vor dem Erscheinen der Reinmachefrauen zu Bett.

Am nächsten Tag ließ ich mich noch etwas bräuner braten, denn vielleicht würde es die letzte Gelegenheit sein, es war mämlich schlechteres Wetter angesagt.

Weil sich inzwischen das Hochwasser auf eine günstige Tageszeit geschoben hatte, kräftigte ich mich, indem ich viele hundert Meter am Strand entlangschwamm und an der Wasserkante zurücklief. Am Nachmittag trank ich wieder mit Mama Kaffee und besuchte Ingwer pünktlich zum five-o-clock. Heute, am vielleicht letzten warmen Tag, hatte ich knappe Hot Pants über einem noch knapperen Bikinihöschen und ein schmales Top gewählt.

Auch bei Ingwer verlief die Prozedur ähnlich wie am Vortag: Tee und Kuchen, Gesetzeslektüre, Küssen auf dem Sofa, Streicheln auf dem Bett, wobei es Ingwer jetzt viel leichter hatte, an die entscheidenden Stellen zu kommen, vollständige Entkleidung und ab die Post.

Es ging heute alles viel schneller bis zu unserem ersten gemeinsamen, das heißt fast gleichzeitigen Höhepunkt. Wir stimulierten uns schnell zu neuer Lust, und diesmal ergriff ich die Initiative und setzte mich auf Ingwers Schwanz zum Reiten. Er sah mich entzückt an, während ich auf ihm turnte, aber er kam und kam nicht zum Spritzen, auch nicht, als er merken mußte, wie ich meinen zweiten Orgasmus hatte. Schließlich drehte er uns als Knäuel — ohne Lösung des Kontaktes — wieder in die Missionarsstellung, die ich alsbald in die Seitenlage korrigierte, und in dieser bequemen Stellung fickte Ingwer in seinem Körperbau entsprechenden langen Kolbenhüben seine Lust in mich hinein, bis er endlich auch so weit war und mit seiner Ladung das Kondom füllte.

Ich stand kurz vor meiner dritten Ekstase, die ich mir aber diesmal nicht selbst herbeiwichste, sondern ich nahm Ingwers Hand und führte seinen Zeigefinger sanft, aber bestimmt an meinen Liebesknubbel, wo er mich mit instinktiv richtigen Bewegungen in zwei Sekunden zum Höhepunkt brachte.

Nach einer angemessenen Verschnaufpause fragte ich vorsichtig:

„Ingwer, darf ich eine kleine Manöverkritik anmelden?“

„Natürlich, Melanie — ich bin noch ziemlich unerfahren — das hast du doch gemeint?“

„Davon hab ich nun überhaupt nichts gemerkt.

Nein, was ich sagen wollte: Gestern hat es mir noch etwas besser gefallen, und weißt du, warum?“

Und als mich Ingwer nur fragend ansah, fuhr ich fort:

„Weil du es gestern noch viel langsamer gemacht hast. „

„Und ich dachte schon, du mußt dich doch zu Tode langweilen, wenn ich immer noch mal wieder deine Brust streichle oder deine Beine oder deine — dein –„

„– meine Möse — nenn die Dinge ruhig beim Namen, ich kenne diese Ausdrücke.

— Nein, ich hab mich überhaupt nicht gelangweilt, und du weißt wohl auch, daß wir Frauen langsamer angeregt werden. „

„Gut, dann machen wir es nächstens wieder ganz langsam — nur –„

„– nur?“

„– nur weiß ich nicht, ob ich nicht dann viel zu früh losschieße. „

„Das Problem kenn ich auch, und ich kann ja deinen Zauberstab am Anfang unbeachtet lassen.

— Und noch was –„

„Was denn, Melanie?“

„Sex macht hungrig — ich würde jetzt gern einen Happen essen — mit dir, nicht nur später mit meiner Mutter. „

„Das ist mir gestern auch noch eingefallen — was soll ich schnell machen: Bratwürste, Ravioli, einen Erbseneintopf — was hab ich denn noch? Ach ja: Fischstäbchen. „

„Duschen wir nicht zuerst? Und dann sind die Ravioli oder der Erbseneintopf am schnellsten.

Unter der wieder gemeinsamen Dusche wuchs Ingwers Maschine heute schnell zu voller Größe. Ich hatte ein Einsehen mit seiner Not und sagte:

„Hol dir ruhig einen runter und zeig mir, wie du's dir machst!“

Ingwer konnte auch bei steifem Glied seine Vorhaut über die Eichel ziehen, und er wichste sich auf diese Weise, meinen Körper mit den Augen verschlingend, schnell seine letzten weißen Tropfen raus und ließ sie auf den Boden der Dusche fallen.

Während Ingwer, mit einer Badehose bekleidet, den Inhalt einer Raviolidose wärmte, zog ich mein Weniges an. Nachdem die Ravioli aufgekocht waren, teilte Ingwer sie im Verhältnis drei zu zwei für mich, und wir aßen sie mit gutem Appetit. Nach noch einer Kußorgie zog sich Ingwer noch ein Khakihemd und Khakihose und Sandalen an und brachte mich schnell zum Hotel. Obwohl der Portier zum Luftschnappen vor der Tür stand, küßte mich Ingwer zum Abschied für heute noch einmal ausgiebig und fragte nicht noch einmal nach, ob wir uns am folgenden Tag noch einmal treffen sollten.

Das nahm der schon für selbstverständlich! Diese Unverschämtheit sollte ich ihn büßen lassen!

Leich verärgert ging ich ins Hotel und fand Mama noch bei den letzten Bissen des Abendessens. Sie stellte die Standardfrage:

„War es schön?“

„Sehr sogar. „

Mama schüttelte nur den Kopf und sagte:

„Iß noch was, mein Kind. „

Obwohl sie im Falle einer wie immer gearteten Beziehung mit dem frühen Einstieg ins Sexuelle nach wie vor nicht einverstanden war, fragte sie doch freundlich nach Ingwers Befinden und ließ sich ausführlich erklären, in welchen Teilen Deutschlands und der Niederlande Friesen wohnen und wie die friesische Sprache in Dialekte aufgeteilt ist:

„Hier in dieser Gegend von Dorf zu Dorf.

Nachdem ich noch etwas gegessen hatte und wir noch erfolglos nach etwas Interessantem durch die Fernsehprogramme gezappt hatten, gingen wir zu Bett. Ich konnte lange nicht einschlafen, und meine Gedanken kreisten um die Möglichkeit, mir Ingwer doch als Mann zu angeln — und vielleicht sogar noch Kinder zu haben. Aber diese hier auf der Insel großziehen, wo im Sommer außer der Marschmusik im Kurkonzert und im Winter gar keine nennenswerten Kulturveranstaltungen stattfanden? Es würde wohl doch nur bei einem, wenn auch sehr intensiven, Ferienflirt bleiben — schade, wann würde ich wieder einen so netten Kerl wie Ingwer finden? Das hatte ich mich allerdings bei Dieter auch gefragt.

Der war dann ja alles in allem ein recht netter Kerl, und trotzdem ist meine Ehe mit ihm langsam auseinandergegangen.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, konnte ich mich nicht mehr genau daran erinnern, wieweit ich in diesen Gedankengängen gekommen war. Aber jetzt hieß es aufstehen und den neuen Tag anpacken. Das Programm stand ja ungefähr fest, nur waren Wolken aufgezogen; es war aber immer noch warm von den vorausgegangenen Sonnentagen.

Wegen dieser Wetteränderung fragte Mama beim Frühstück:

„Sollen wir heute auch an den Strand gehen bei dem Wetter?“

„Natürlich! Seeluft ist in jedem Fall gesund, und noch ist es über zwanzig Grad warm. „

Wir setzten uns in weißen langen Strandhosen in den Strandkorb, ich aber zog es kurz nach Mittag, als es am wärmsten war, aus und „sonnte“ mich nicht in Todes-, aber in Kälteverachtung etwa eine Stunde lang im Bikini, denn das Licht soll an der See ja auch bei bedecktem Himmel etwas bräunen.

Mama schüttelte nur den Kopf. Ich war an diesem Tag allerdings durchaus nicht das einzige weibliche Wesen am Strand, das seine Bequemlichkeit diesem zweifelhaften Schönheitsideal opferte.

Es folgte Kaffee mit Mama und der Besuch bei Ingwer, an diesem Tag in den weißen Strandhosen. Ingwer war überglücklich, daß ich ihn auch an diesem Tage nicht hatte sitzenlassen, er wartete uns Kuchen und Tee auf, und wir lasen eine Erzählung in heutigem Nordfriesisch.

Schon während der Lektüre streichelten wir uns an den verschiedensten Stellen und gaben uns Küßchen, als aber der letzte Satz gelesen und auch verstanden war, wurde Ingwer frech und sagte:

„Deine Hosen sind ja sehr elegant, aber sind sie nicht ein wenig knapp für deine dicken Beine?“

„Das ist erst so, seit du mich täglich mit solchen Kuchenbergen fütterst“, antwortete ich cool.

„Sei nicht böse, es war ja nur ein Scherz, ich mag Frauen wie dich lieber als solche Bohnenstangen mit Knochenbeinen — zu denen allerdings auch meine Exverlobte gehört.

„Man heiratet ja durchaus nicht immer seinen Idealtyp — den sucht man dann im Puff. „

„Melanie –„

„Ist doch wahr — such is life. „

Zur Bekräftigung seiner gesunden Meinung über Frauenbeine strichelte er die meinigen ausgiebig, und ganz langsam begannen wir uns aufzuknöpfen. Es war offensichtlich, daß er meine am Vortag geäußerte Kritik beherzigen wollte, und es dauerte wohl über eine Stunde, bis wir uns auf Ingwers Bett in liebesbereitem Zustand befanden.

Auch den Akt vollzog er mit demonstrativer Langsamkeit, und ich kam lange, bevor er sich entlud. Beim Kuscheln und vor dem Einschlafen flüsterte ich ihm noch zu:

„Sei mir nicht böse, daß ich wieder etwas anderes will, aber ein ganz, ganz, ganz klein wenig schneller wäre doch besser. „

„Das wäre mir auch lieber“, meinte Ingwer und begann zu schnarchen.

Ein solcher Bei-Schlaf nach einem Akt am sozusagen noch hellichten Tage dauert ja für gewöhnlich nicht lange, und nach etwa einer Stunde wachten wir auf, wohl einer von den Bewegungen des anderen.

„Ich würde jetzt gern was essen, bevor wir vielleicht — was meinst du — wir hatten bisher immer ein zweites Mal –„

„Aber es ist doch schon spät, mußt du nicht zurück zum Hotel?“

„Ich dachte — wenn es dir nichts ausmacht — könnte ich nicht vielleicht hier übernachten?“

„Aber was sagt deine Mutter?“

„Sie wird nicht allzu erfreut sein, allerdings bin ich ja doch schon irgendwie eine erwachsene Frau.

Ich weiß nicht, ob ich dir gesagt hab: Meine Tante Klara hat meiner Mutter hierher geschrieben, sie solle mir die angemessene Freiheit lassen, und wohl deshalb macht meine Mutter deinetwegen keinen Skandal. — Ich müßte sie allerdings anrufen; darf ich dein Telephon benutzen?“

„Natürlich — frag doch nicht so blöd!“

Mama war nicht in ihrem Zimmer, und ich ließ sie vom Portier suchen. Nach langer Zeit war sie am Apparat:

„Na, mein Spatz, was hast du auf dem Herzen?“

„Mama, ich wollte sagen, –„

„Du willst über Nacht bei Herrn Mommsen bleiben –„

„Ingwer — ja — woher weißt du –„

„Ich kenn dich doch, min Deern, und denk dran: Ich finde Herrn Mommsen — Ingwer — auch sehr sympathisch — wenn ihr auch nicht unbedingt schon hättet — na, du weißt schon — und ich würde mich ja so sehr freuen, wenn du wieder eine Familie hättest.

„Ja, das weiß ich, Mama, aber — wir reden ein andermal darüber –„

„Und es ist auch nicht so nett, daß du mich allein hier sitzen läßt, und alle machen sich Gedanken — wenn ich nicht –„

„Was denn, Mama?“

„Ich sitz hier nicht allein, wie du wohl denkst, sondern mit Friedrich –„

„– mit Herrn Reimers –„

„Als du am Nachmittag weg warst, bin ich noch zur Sparkasse gegangen, hab etwas Geld abgehoben, und Herr Reimers hat mich zum Tee eingeladen, und jetzt sind wir schon beim Abendessen und erzählen –„

„Das ist ja großartig! Und ihr duzt euch schon?“

„Das nicht, aber wir nennen uns beim Vornamen, wir kennen uns ja auch schon seit Jahrzehnten.

Friedrich meint übrigens auch, daß Ingwer genau der richtige Mann für dich wäre. „

„Hast du ihm etwa von uns erzählt?“

„Das war nicht nötig. Irgendeine nicht genannt werden wollende Klatschtante, die abends ihr Hundchen Gassi führt, hat euch wohl von seiner Wohnung zum Hotel huschen sehen und wie ihr euch dabei wahrscheinlich nicht sehr dezent benommen habt. „

„Na, dann also bis morgen. Ich schleich mich dann irgendwann ins Hotel — und noch viel Spaß mit Herrn Reimers!“

„Du hast es ja gehört“, sagte ich zu Ingwer, Mama hat sich endlich mit Herrn Reimers zum Kaffee getroffen, die haben sich sicher noch stundenlang zu erzählen.

„Wo du nun erstmal hierbleibst — danke, Melanie! — da könnte ich ja mal was Tolleres zum Essen machen als Ravioli, zum Beispiel hab ich hier Bratwürste vom Schlachter nebenan –„

„Und was essen wir dazu?“

„Bratkartoffeln — oder Pommes frittes –„

„,Pomms Fritz` hat mein Vater immer gesagt — er war ein großer Freund der französischen Sprache und hat sich immer geärgert, wenn die an der Frittenbude das immer falsch ausgesprochen oder sogar geschrieben haben.

— Ja, wenn du kannst, mach mal ,Pomms Fritz`!“

Nur mit dem Nötigsten bekleidet, das heißt, mit unseren Slips, machten wir uns in der Küche an die Arbeit, aber bald fanden wir, daß es zu kalt sei, und Ingwer verteilte seine zwei Bademäntel auf uns. So war es mit den erotisch knappen Höschen erst einmal vorbei, und wir bewegten uns wie die Nachtgespenster umeinand. Natürlich mundeten uns die Bratwürste mit pommes frittes nach unserer anstrengenden Tätigkeit im Schlafzimmer und in der Küche prächtig, Ingwer sparte auch nicht seine vorletzte Flasche Kadarka — von irgendwoher hatte Ingwer rausgekriegt, daß ich auch bezüglich der Weine ein süßer Typ bin, und so wurde das Abendessen ausgesprochen lustig.

So lustig, daß Ingwer auf das Thema kam, das noch kaum einer meiner Liebhaber ausgelassen hat — angefangen mit Rolf — ja, der hatte mich auch schon über mein eigentlich noch gar nicht vorhandenes Vorleben ausgefragt — aber dann schon ganz heftig Fiete und so weiter:

„Du hast mal gesagt, du warst kein Kind von Traurigkeit — du hast sicher viel erlebt — willst du nicht mal was davon erzählen –„

„Du Schlingel meinst, von meinem Liebesleben?“

„Ja, Melanie“, sagte Ingwer und wurde rot.

„Das geht dich eigentlich überhaupt nichts an, und jetzt hab ich ja dich und möchte nicht unbedingt an Verflossene und Verflossenes erinnert werden. Aber warum immer ich? Du mußt doch schon vieles erlebt haben — das erste Mal machst du solche Bettspiele nicht, das merke ich. „

„Ach, da war nicht viel –„

„Da muß doch zum Mindesten ein Anfang gewesen sein — vielleicht erzähl ich dir das von mir sogar mal, wenn du lieb bist.

„Also ja, mein Anfang, der war wohl ziemlich früh, kurz bevor ich fünfzehn wurde –„

„Alle Achtung!“

„Dann ging es aber leider nicht so toll weiter. — Also: Ich bin ja in Lübeck bei meinen Eltern aufgewachsen, aber in den großen Ferien wurde ich immer hierher zu meinen Großeltern geschickt, die wohnten in unserem Haus hier zwei Straßen weiter Nummer achtundzwanzig. Das ist jetzt vermietet und bringt mir ganz schön was ein, für mich allein ist es ja viel zu groß, aber wenn ich mal heirate, dann zieh ich wohl wieder da ein.

Meine Großeltern haben, wie alle Familien hier, Zimmer an Badegäste vermietet, und eines hatte viele Jahre nacheinander eine Lehrerin aus Braunschweig, Mitte vierzig, ziemlich dick, aber ein sonniges Gemüt. Ein Jahr übte ich bei der Aufsätze schreiben. Die ersten Jahre interessierte sie mich sonst nicht — weil mich Frauen sowieso nicht interessierten. Aber in dem Sommer, bevor ich fünfzehn wurde, da interessierte ich mich schon für Frauen und ihre Kurven, aber eigentlich nicht für diese Dickmadam.

Da passierte es eines Tages, daß sie am frühen Nachmittag nackt aus dem Bad kam. Wahrscheinlich dachte sie, sie sei zu dieser Tageszeit allein im Haus und war zu faul, sich ihren Bademantel überzuziehen. Ich blieb wie angewurzelt stehen und versuchte, einen Blick auf die Einzelheiten zwischen ihren Beinen zu erhaschen, sie sah das, und anstatt daß sie mich davonjagt, sagt sie: ,Na, mein Junge, hast du noch nie ein nacktes Weib gesehen?` oder so ähnlich; das ,nackte Weib` kam aber darin vor.

— Ich glaub, ich brauch nicht weiterzuerzählen?!“

„Doch, jetzt bist du dabei, jetzt führ es zu Ende, gerade, wo es spannend wird!“

„Also: Erna — so hieß die Dame — sagte: ,Dann komm man in mein Zimmer und sieh dir alles genau an!` Und im Zimmer ließ sie mich nicht nur ihre Brüste betasten und die vielen interessanten Dinge zwischen ihren Beinen bestaunen, sondern sie merkte dabei auch, daß ich dabei einen Steifen bekommen hatte, und sie meinte: ,Dann versuch es doch gleich mal — du hattest sicher noch nie was mit einem Mädchen?` ,Nein — nie –`, stammelte ich und hatte fürchterliche Angst mich zu blamieren.

Ich wußte ja schon irgendwie, daß Frauen in dem Alter fast nie mehr Jungfrauen sind, auch wenn sie nicht verheiratet sind, aber man hat als völlig unerfahrener Junge ja fürchterliche Angst: Finde ich den richtigen Eingang? Ist mein Schwanz steif und hart genug, oder knickt er weg? Aber es ging wie geschmiert — es war ja auch von diversen Feuchtigkeiten geschmiert, ich fickte und spritzte in sie rein — selbst hatte ich das schon gemacht, das hatte mich Erna vorher gefragt.

Als ich wieder klar denken konnte, fragte ich: ,Und wenn du jetzt ein Kind kriegst?` ,Frauen in meinem Alter kriegen fast nie noch ein Kind — und ohne Gummi ist es viel schöner — auch für mich. ` Wir haben uns dann, solange sie noch bei uns wohnte, jeden Tag geliebt, und sie hat mir viel gezeigt. Wir haben natürlich darauf geachtet, daß meine Großeltern nichts merken, sie haben aber doch was gemerkt, denn einmal in den Tagen belauschte ich ein Gespräch zwischen den beiden.

Oma meinte, Erna sei eine unmögliche Person, daß sie sich an so kleine Jungs ranmachte. Opa aber sah das gelassen und meinte: ,Irgendwann muß der Jung das ja doch lernen, und dann tut er das besser mit Erna als im Puff. ` ,Aber Opa, wie kannst du sowas auch nur denken!` ,Den Weg zum Weißen Haus findet er schon ganz von allein, wenn er soweit ist`, lachte Opa nur. Damit lernte ich auch, was es mit dem geheimnisvollen Weißen Haus auf sich hatte.

Mit Erna hatte ich also zum ersten und für lange Zeit auch zum letzten Mal regelmäßigen Geschlechtsverkehr, wie man so sagt, und ich hatte das ganze nächste Jahr, genauer gesagt neun Monate lang, Angst vor dem Briefträger, ob er vielleicht einen Brief von Erna bringt, daß sie schwanger ist. Aber es kam kein solcher Brief, nur nach einem Jahr ein Anruf von Erna, daß sie dieses Jahr nicht kommt, welche Meldung meine Großeltern meinen Eltern gleich durchtelephonierten, und einige Tage ein Brief an mich ohne Absender, im Umschlag ein Brief auf rosa Papier von Erna, ich solle nicht enttäuscht sein, aber sie habe jetzt einen Freund, mit dem sie in Italien Urlaub machen wollte.

Übrigens war es auch Erna, die mich für den Beruf des Lehrers begeistert hat, bis dahin hatte ich von einer Universitätslaufbahn geträumt. Und von ihr hab ich auch, daß mein Schwanz überdurchschnittlich lang ist. ,Um den würden dich viele Männer beneiden, wenn sie dich sehen würden, dabei ist so ein Ding gar nicht praktisch, du solltest nämlich immer auspassen, daß du den Frauen innen damit nicht wehtust. ` — Und ich frage mich bis heute: Daß Erna mich Grünschnabel für einen ganzen Urlaub als Liebhaber gewählt hat: Ist das schon nymphomanisch? Was meinst du, Melanie?“

„Erstmal danke für die Erzählung! Und zweitens halte ich Nymphomanie für ein Wunschdenken von Männern.

Andererseits sehnt sich wohl jeder Mensch manchmal nach intimer Nähe, und wenn, wie du sagtest, Erna Ende vierzig und etwas dicklich war, dann fallen alle Männer — und das sind die meisten — als Liebhaber aus, die mit schlanken und ganz jungen Dingern angeben wollen. „

Im Laufe dieser Erzählung war Ingwer wieder voll erstarkt, und er liebte mich mit kräftigen Bewegungen, war aber auch wie immer vorsichtig und Ernas Ratschlags eingedenk, daß er mir innen nicht wehtat.

Danach schliefen wir sanft und selig bis zum Morgen. Wir frühstückten noch wie ein altes Ehepaar in unseren Bademänteln zusammen, dann begab ich mich ins Hotel. Mama begrüßte mich nicht mit den erwarteten Vorhaltungen gegen meinen unsittlichen Lebenswandel, sondern mit einem unwiderleglichen Einwand:

„Wenn du auswärts zu übernachten gedenkst, dann hättest du ja das Hotelzimmer sparen können. — Nun iß noch was, mein Spatz!“

Da das Wetter kühl und regnerisch geworden war, machten wir einen Stadtbummel.

Dabei trafen wir Ingwer, der uns sogleich zum Mittagessen in eines der guten Restaurants einlud. Auch Mama war sofort einverstanden und unterhielt sich angeregt mit „Herrn Ingwer“. Und am Tisch sagte Ingwer:

„Entschuldigen Sie, Frau Heilburg, daß ich Ihnen Ihre Tochter so oft entführe –„

„Das macht doch nichts, Herr Ingwer, ich hab ja auch inzwischen gelernt, daß ihr jungen Leute heute anders lebt als ich zu meiner Zeit, und Melanie will ja auch nicht den ganzen Tag mit mir alten Schachtel verbringen.

Mama hoffte wohl immer noch, es könnte mit uns was Dauerhaftes werden.

„Aber Frau Heilburg, Sie sind doch die Jugendlichkeit selbst –„

„Nun machen Sie's mal halblang, Herr Ingwer!“

Damit ich nicht nach dem Essen durch den Regen zu Ingwer gehen mußte, ging er schnell nach Hause, holte unsere friesische Lektüre, und wir setzten unsere Literaturstudien in meinem Hotelzimmer fort.

Und nicht nur dies, sondern auch unsere erotischen Studien. Das Bett war breit genug, genauer gesagt waren es zwei nebeneinander gestellte Betten, denn das Zimmer wurde natürlich möglichst als Doppelzimmer vermietet. Wir waren ja inzwischen aneinander gewöhnt, neckten einander, spielten nackt Fangen, kitzelten uns und machten auch sonst allen Unsinn, den verliebte Paare miteinander treiben. Ingwer blieb nicht gerade die ganze Nacht, sondern lieferte mich gegen elf Uhr Abends bei meiner Mutter ab, die noch im Fernsehraum saß.

„Na, seid ihr gut weitergekommen? Setzt euch doch noch ein wenig zu mir und erzählt! Ihr müßt ja auch Hunger haben; bestellt euch doch noch was. „

Der herbeigerufene Kellner hatte noch Omeletts anzubieten, und wir bestellten zwei Portionen und ein kühles Helles. Natürlich stürzten wir uns mit Heißhunger auf die Eierspeise; mir aß Mama mit einer Gabel, die bei ihr liegengeblieben war, die Hälfte weg. Während des Essens erzählten wir von unsere Lektüre, den friesischen Stadtrechten und den modernen Erzählungen, aber nichts von unserem weiteren Programm.

Gegen Mitternacht verabschiedete sich Ingwer, und als er gegangen war, zischte mich Mama an:

„Wie könnt ihr im Hotelzimmer so laut — es kann doch jeder hören –„

„Mama, Leute, die es gewohnt sind, im Hotel zu schlafen, werden solches schon mal gehört haben. „

„Aber, Kind, ihr könnt eich doch wirklich etwas leiser und dezenter benehmen — man schämt sich ja in Grund und Boden.

„Aber Mama, schämst du dich meinetwegen oder nur so wegen der Geräusche — dann frag ich mich, was sagst du zu den Geräuschen aus deinem anderen Nachbarzimmer?“

„Wieso? Was meint du?“

„Ich meine, daß die junge Frau da Gäste empfängt — gegen Bezahlung. „

„Du meinst –„

„– daß sie anschafft. „

„Wie kommst da da drauf? Sie grüßt doch immer so freundlich.

„Wenn sie anschafft, warum soll sie dich deshalb nicht freundlich grüßen? Jedenfalls hab ich, seit wir hier sind, schon drei verschiedene Herren aus ihrem Zimmer kommen sehen und quasi mit hochgeschlagenem Mantelkragen und runtergezogener Schiebermütze über die hintere Treppe verschwinden. „

„Aber sie ist doch noch ganz jung. „

„Vielleicht — ich glaub, es ist eine Studentin, die sich in den Semesterferien so was dazuverdient.

Ich kann ja mal mit ihr reden. „

„Untersteh dich! Mit solchen Leuten reden wir doch nicht!“

„Vielleicht irre ich mich aber auch, und sie ist gar kein solcher Leut, vielleicht macht sie ja auch Mani- und Pediküre. „

In den restlichen neun Tagen unserer Ferien war es meisten kühl, und das Strandleben mit Mama fand „nur“ in ausgedehnten Strandspaziergängen, Stadtbummeln und Inselrundfahrten statt. Abends und manchmal nachts gehörte ich Ingwer — oder er gehörte mir.

Noch am Anfang dieser Zeit bat er mich, ob ich nicht mit ihm mal einige gewagte Stellungen ausprobieren könnte, die er auf Pornodarstekllungen gesehen hatte. Diesen Sport gaben wir allerdings sehr bald auf, da zu akrobatisch und zu wenig — oder besser: gar kein — Lustgewinn.

Als ich die letzte Feriennacht bei ihm lag, sagte Ingwer:

„Ich muß dir wieder etwas sagen –„

„Na, schieß los!“

„Heute kam dieser Brief –„, und er zeigte mir einen in schöner kleiner Frauenhandschrift geschriebenen Brief.

„Der ist von Doris Fellmer aus Magdeburg, endlich eine Antwort auf meine Anzeige. Sie ist Verwaltungsangestellte in Magdeburg, aber von der Nachbarinsel gebürtig. „

Ich lehnte Ingwers Angebot ab, den Brief zu lesen.

„Das ist dein ganz privater Brief, der geht mich nichts an“, aber Ingwer las mir doch einige schön geschriebene Passagen vor.

„Und wann willst du sie besuchen?

„Ich hab sie schon angerufen: übernächstes Wochenende.

„Na, dann wünsch ich dir alles Gute, und hoffentlich klappt das!“

Und wir feierten einen zärtlichen Abschied von unseren Liebesferien. Um fünf Uhr morgens brachte mich Ingwer zum Hotel, wo ich zur am Vormittag geplanten Abfahrt noch meinen Koffer packte.

Auf der Fahrt nach Hamburg sprach Mama sehr freundlich von dem sympathischen Ingwer:

„Besucht er dich vielleicht mal in Hamburg?“

„Wahrscheinlich nicht — er hat ja viel zu tun in der Schule und in seinem Heimatkundeverein.

„Es ist doch schade, daß ihr nicht zusammenbleiben wollt — ich red ja schon gar nicht mehr von bald Heiraten –„

„Ach, Mama, es wird sich schon jemand finden –„

Des weiteren tauschten wir Erinnereungen an unsere vielen früheren Fahrten auf dieser Strecke aus: „Weißt du noch, wie wir hier mal Eis gegessen haben, weil du und Werner uns mit eurem Gedrämmel auf die Nerven gegangen seid?“ „Hier hatten wir mal eine Reifenpanne und mußten im nächsten Dorf drei Stunden auf die Reparatur warten — und im einzigen Dorfkrug nur Saufbrüder.

In Hamburg brachte ich Mama nach Hause und half ihr beim Kofferauspacken, dann fuhr ich in meine Wohnung und half mir beim Kofferauspacken. Ich machte Häufchen mit Sachen, die zum Waschen oder in die Reinigung mußten, und ich legte die Sachen bereit, dir ich am folgenden Tag, dem ersten Schultag nach den Ferien, anziehen wollte.

Dann rief ich Ingwer an, um ihm zu sagen, daß wir heil angekommen waren; darum hatte er mich gebeten.

Nach den ersten Worten druckste Ingwer herum:

„Du, Melanie –„

„Ja, was hast du auf dem Herzen?“

„Ich wollte dich um etwas bitten –„

„Nun mach's nicht so spannend! Um was willst du mich bitten?“

„Wenn ich übernächstes Wochenende nach Magdeburg fahre, dann würde ich gern schon Freitag nachmittag von hier wegfahren — könnte ich dann bei die übernachten und am Samstag morgen weiter nach Magdeburg fahren?“

„Aber du bist doch dann auf dem Weg zu deiner sozusagen fast schon Verlobten.

„Ja — schon — aber ich würde so gern mal dein Cembalo sehen und darauf spielen –„

„Cembalospielen — natürlich — na, klar — ja, du kannst gerne kommen; wann wärst du denn dann hier, wann fährt das Nachmittagsschiff?“

„Ich könnte so gegen acht — halb neun bei dir sein. „

„Okay, dann mach ich uns was zum Abendessen. Ruf bitte kurz durch, wenn sich an deinen Plänen was ändert!“

An dem Freitag, an dem Ingwer kommen wollte, ertappte ich mich dabei, öfter als sonst auf die Uhr zu sehen; ich rechnete nach, wieviel Stunden es noch bis acht wären und ob ich noch Zeit haben würde, das Cembalo einmal durchzustimmen.

Ich hatte das aus Angst, eine Saite zu zerreißen, noch nie gemacht, aber jetzt war es doch einmal nötig, wenn man genau hinhörte, zumindest für den hohen Herrn aus dem hohen Norden. Mit dem Stimmen war ich um halb sechs fertig, die Nordseeschollen, die ich uns vorzusetzen gedachte, wollte ich erst durchbraten, wenn Ingwer schon da wäre, meinen Hausdress aus weichem, wallenden Stoff mit einer langen Jacke und halblangen Hosen, den ich mir in den letzten Tagen gekauft hatte, weil er mir in meiner Boutique in die Augen stach, lag zum Anziehen bereit, und so hatte ich noch über zwei Stunden Zeit, um immer mal wieder auf die Uhr zu sehen.

Um halb acht klingelte es. Wer kam jetzt und störte mein rendez-vous? Sicher nicht Trudi, denn der hatte ich von meinem Ferienabenteuer einschließlich des heutigen Besuchs erzählt. Als ich verzweifelt die Gegensprechanlage betätigte, krächzte mir eine mir unbekannte Männerstimme entgegen:

„Hallo, Melanie, machst du mir nicht auf?“

„Wer ist da, bitte?“, fragte ich kurz vor der Ohnmacht.

„Mensch, Melanie, ich bin doch Ingwer, ich hatte mich doch angesagt.

„Der Fahrstuhl ist leider kaputt“, log ich, „Nimm die linke Tür und komm die Treppen hoch zum siebten Stock, du bist ja jung und kräftig. „

Auf diese geniale Weise gewann ich gerade genügend Zeit, um meinen neckischen Fummel anzuziehen. Als Ingwer angekeucht kam, stand ich hinreißend angezogen an den Türpfosten gelehnt und sagte mit Schlafzimmerstimme:

„Hallo, Ingwer, schön daß du kommst. „

„Danke, daß du mich hier übernachten läßt, nach Magdeburg ist es doch ein ganzes Stück.

— Du siehst ja phänomenal aus!“

„Ich bin auch phänomenal, falls du das noch nicht gemerkt hast. Na, dann komm mal rein. „

Nachdem wir uns ausgiebig geküßt hatten, klärte ich Ingwer über meine Notlüge auf, und wir mußten furchtbar lachen.

„Was willst du: dich von der Fahrt etwas frisch machen, duschen, Cembalo spielen, essen — ich hab zwei Schollen für uns –, schlafengehen –„

„Hände waschen und Cembalo spielen.

„Ich hab dich gar nicht gefragt, was du spielen willst, sonst hätte ich dir schon die Noten rausgesucht. „

„Bach, die Inventionen. „

Kaum hatte ich die Noten herausgekramt, da war Ingwer schon fertig und setzte sich ans Cembalo. Ich erklärte ihm die Register, und er begann von vorn, die Inventionen zu spielen. Es klang etwas holperig, und schon bei der dritten sagte Ingwer:

„Ich hab in der letzten Zeit nur romantische Musik gespielt, die liegt mir, glaub ich, mehr als die alte Musik.

Du spielst Bach sicher viel besser als ich, ich bitte dich, spiel du, und ich hör zu, oder ich brat die Schollen –„

„Die kann ich ja dann schnell braten, du kannst jetzt gern zuhören. Nur: Ich spiel auch nicht sehr doll –„

Ich wählte eines meiner, wie der Leser schon weiß, Lieblingsstücke: Präludium und Fuge in fis-Moll aus dem zweiten Teil des Wohltemperierten Klavieres — die hätte ich heute nachmittag ja auch etwas üben können! — aber ich spielte sie zweimal, und beim zweiten Mal ging es ganz passabel.

Auf Ingwers Bitten spielte ich dann auch noch meine Glanznummer seit Klavierunterrichtstagen: die Französische Suite in E-Dur.

„So“, sagte ich, als ich mit dem langen Stück fertig war, „für heute müssen wir aufhören. Du weißt ja wohl auch: Ab acht Uhr abends gilt solche Musik in Deutschland als ,Lärm`. Ich hab zwar bei den Nachbarn gesagt, ich würde heute wahrscheinlich auch etwas später noch spielen, aber man muß ja nicht übertreiben.

Wir können ja dann morgen früh noch etwas spielen, ich glaube, wir dürften ab sieben!“

„Na, dann danke ich für das schöne Konzert, und ich brat dir gern die Schollen — du weißt, in Küchendingen bin ich ganz gut. „

„Und ich bin darin gar nicht doll und mach mir fast immer nur was Fertiges. Wenn du es nicht lassen kannst — gern, dann brat die Schollen! Willst du dir was anderes anziehen, sonst hab ich hier eine Schürze.

„Danke, ich nehm die Schürze. Ein Meisterkoch kleckert nicht. „

„So eine Urweisheit sollte man eigentlich auf lateinisch sagen!“

„Coquus mester … — ach, Quatsch, du bist doch Lateinlehrerin!“

„Aber nicht für Küchenlatein!

Wieder mußten wir lachen, und wir küßten uns zum zweiten Mal für den heutigen Abend ausgiebig; diesmal forschte Ingwer auch schon nach den Ein- und Ausgängen meiner unübersichtlich fallenden Garnitur.

„Ingwer, was machst du, du hast gesagt, du wolltest Cembalo spielen –„

„Aber ich dachte, wir könnten danach auch –„

„– auch was?“

„Na ja, miteinander — nachts — zusammen –„

„– friesisch lesen?“

„Ach so: Ja, das auch. Ich hab ja ganz vergessen: Ich hab dir hier diese Geschichte der friesischen Sprache mitgebracht –„

„Die sieht ja ganz alt aus; hast du die aus einem Antiquariat?“

„Das ist immer noch die beste friesische Sprachgeschichte, wo gibt –„

„Das weiß ich auch –„

„Nein, sie ist aus meiner Sammlung –„

„Aber das kann ich doch nicht annehmen, Ingwer!“

„Ich krieg die schon noch wieder aus einem Antiquariat, bitte nimm sie — als Dank für alles!“

„Danke, Ingwer“, sagte ich und küßte ihn wieder, fuhr dann aber in sachlichem Ton fort: „Und jetzt denkst du, ich kann nachher nicht ,Nein` sagen.

„So mein ich das doch nicht. Natürlich kannst du jederzeit ,Nein` sagen. „

„Ein junger Mann auf dem Weg zu seiner Braut, das ist eine unmoralische Bettgenossenschaft. „

„Ich hatte gedacht, du sähst das — freier, lockerer –„

„Früher vielleicht — aber man wird ja älter, gesetzter — man schätzt wieder die traditionellen Werte –„

„Aber nun hör schon auf! Welcher Politiker war das, der gesagt hat, wenn man anfängt, von den ,Werten` zu reden, dann wird es erst richtig gefährlich.

„Glotz?“

„Ich glaub, es war ein anderer!“

Wir konnten nicht mehr vor Lachen, bei unserer nun folgenden Kußorgie gelang es Ingwer schon, zu meinem Busen durchzustoßen, aber ich wehrte ihn noch ab und sagte:

„Du wolltest doch die Schollen braten?!“

„Ach ja, richtig, jetzt merk ich erst, was ich für Hunger hab. „

„Dann brat auch noch die Reserveheringe, die ich im Kühlschrank hab.

Cembalo spielen kann ich nicht mehr, aber ich leg dir eine Schubert-Platte auf. „

Ich hatte schon Sv'atoslav Richters Interpretation der letzten Sonate von Schubert herausgesucht und entstaubt, und obwohl es laut in der Bratpfanne bruzzelte, sagte Ingwer nach zwei Tönen:

„Sv'atoslav Richter!“

Es war auch für jeden Kenner nicht zu überhören.

„Wie geht es deiner Mutter?“, fragte Ingwer, während wir nach Aufteilung im Verhältnis 43:31 die Schollen und Bratheringe verspiesen.

„Die Ferien sind vorbei und auch die Wirkung von Tante Klaras Brief: Mama hat mich wieder ermahnt, vorsichtig mit Männerbekanntschaften zu sein, wie leicht könne ich an den Falschen geraten. „

„An mich zum Beispiel. „

„Genau. Auf dem Weg ins Eheglück schnell noch mal eine unschuldige Stadtpomeranze vernaschen, das sind die Schlimmsten. „

Nach Verzehr der Fische und einer aus Pulver zubereiteten Götterspeise hatten wir nun keine kulturellen Programmpunkte mehr, und so setzten wir uns aufs Sofa, und Ingwer begann ernsthaft zu forschen, wie er an meine entscheidenden Stellen kommen könne.

Den Weg zum Busen kannte er ja schon so ungefähr, und der Weg von unten war von den weiten Hosenbeinen vorgezeichnet, allerdings mußte er anders als unter einem Rock beide Schenkel einzeln hochfahren. Ich dagegen hatte mit Ingwers konventionellen Männerdress solche konzeptionellen Schwierigkeiten nicht.

Als es uns so zu langweilig wurde, verzogen wir uns Richtung Schlafzimmer, und Ingwer staunte Bauklötze wegen meiner Schrankwand.

„Warum hast du mir denn nicht erzählt, daß du so was hast?“

„Du bist gut! Soll ich etwa sagen: Zu Hause hab ich übrigens eine verspiegelte Schrankwand? Damals konnte ich doch auch gar nicht damit rechnen, daß du mal herkommst und dann auch noch ins Schlafzimmer.

Wir hatten beide große Lust aufeinander und kamen schnell zur Sache. Dabei machte Ingwer allerdings keinen Gebrauch von den hier gebotenen optischen Möglichkeiten, sondern vergrub sein Gesicht in meinem Busen.

Als wir uns verschnauft hatten, meinte ich:

„Dafür also ist die Ritze zwischen den Brüsten der Frauen da, damit die Männer ihre Nasen darin verstecken können!“

„Mochtest du das nicht? Ich wollte dir nur so nahe wie möglich sein.

Auch für die Reprise, zu der mich Ingwer um vier Uhr früh aus tiefstem Schlaf weckte, wählte er diese Haltung. Ich genoß seine Nähe und sein Tun in seligem Halbschlaf.

Dafür weckte ich ihn um halb sieben, denn er wollte ja möglichst früh in Magdeburg sein. Während er sich fertigmachte, bereitete ich eine große Portion Rührei, „denn Eier sollen gut sein für die Fruchtbarkeit“, wie ich bemerkte, als ich ihm sie vorsetzte.

„Das steht wohl heute noch nicht auf dem Programm. Wir müssen uns ja mit Doris erst einmal beschnuppern. „

„Wer weiß, wer weiß, was aus dem Beschnuppern rauskommt. — So, jetzt friß und fahr dann los, auch dann kommst du kaum vor Mittag in Magdeburg an. Weißt du überhaupt, wo du in Magdeburg hinmußt?“

„Ja, Doris hat mir den Weg durch die Stadt beschrieben, und ich hab mir einen Stadtplan besorgt und den Weg verifiziert.

„Trefft ihr euch in Doris ihrer Wohnung?“

„Du bist doch Deutschlehrerin –„

„Ja, aber im Moment nicht im Dienst. ,Doris‘ Wohnung` oder ,Dorisens Wohnung` oder ,die Wohnung von Doris`, das ist auch alles nicht so toll schön. „

„Nein, wir treffen uns nicht in ihrer Wohnung. Die Adresse, die sie mir gegeben hat, ist ein Café in ihrer Nähe. „

„Na, dann schieb schon endlich ab, und ich wünsche dir von Herzen alles, alles Gute und Schöne mit Doris.

„Ich hätte noch eine Frage –„

„Und?“

„Kann ich auf dem Rückweg, das heißt morgen abend, wieder hier übernachten?“

„Du bist mir ja ein Wüstling — also, wenn es unbedingt sein muß, ich würde mich freuen — aber wann mußt du am Montag früh raus?“

„Erst um sieben — ich hab mich für meine ersten Stunden vertreten lassen, das heißt, die Kollegen waren mir noch eine Vertretungsstunde schuldig.

„Also dann: gute Fahrt und bis morgen abend!“

Bei meinem Samstag-Nachmittag-Besuch erzählte ich Mama von Ingwers nächtlichem Besuch und auch dem Zweck desselben. Mama sollte und mußte sich an mein freies Leben gewöhnen.

„Das geht doch nicht“, entrüstete sie sich, „auf dem Weg zu seiner Braut! Er hätte dich wirklich nicht so in Versuchung führen dürfen und du ihn auch nicht. Er verdient doch genug, um sich ein Hotel leisten zu können.

„Mama, es geht doch nicht um das Sparen eines Hotelzimmers! Wir hatten einen schönen Abend — und eine Nacht — mit gemeinsamer Musik und gemeinsamem Essen — und Ingwer hat seiner zukünftigen Doris doch nun wirklich nichts weggenommen. „

Mama murmelte noch etwas, daß sie das alles gar nicht gut findet, schwelgte dann aber doch in schönen Erinnerungen an unseren Urlaub, ihrem ersten Nordseeurlaub nach Vaters Tod.

Am späten Sonntagnachmittag kam Ingwer wieder zurück und sprudelte über vor Erzählfreude über Doris. Hatte ihm noch niemald gesagt, daß es nicht so sehr passend ist, bei der letzten Freundin von der neuen zu schwärmen? Andererseits war Ingwers Offenheit entwaffnend, und Doris war nach seinen Erzählungen wirklich eine ganz liebe Frau, natürlich, intelligent, interessiert sich für klassische Musik, singt im Gemeindechor, und auch —

„Ihr habt doch nicht schon –„

„Doch, wir haben auch miteinander geschlafen.

Sie ist noch recht unerfahren, hatte erst einmal für eine etwas längere Zeit einen Freund. Wir hatten uns ja in einem Café getroffen, von da sind wir in ein Restaurant Abendessen gegangen, und als ich fragte, ob sie mir ein Hotel für die Nacht empfehlen könne, sagte sie: ,Du,` — geduzt hatten wir uns schon im Café — ,du kannst doch bei mir auf der Couch schlafen, und vorher trinken wir noch ein Glas Wein bei mir.

Du sollst doch auch einen Eindruck kriegen, wie ich wohne. ` Ihre Wohnung ist etwas kleiner als deine, aber gemütlich eingerichtet. Wir trinken also unseren Wein, unterhalten uns, werden uns immer sympathischer, dann bauen wir das Sofa zu einem Bett um, sie bezieht es mit Bettwäsche, wir waschen und nacheinander im Badezimmer, sagen uns gute Nacht und legen uns schlafen. Ich konnte nicht schlafen und hab über den Tag nachgedacht, und nach etwa einer Stunde kommt Doris im Nachthemd ins Wohnzimmer geschlichen, und als sie sieht, daß ich nicht schlafe, sagt sie: ,Komm doch auch ins Schlafzimmer, auf dem Sofa ist es wirklich nicht gemütlich.

` Und im Schlafzimmer ist es dann passiert. „

„Und wie soll es mit euch weitergehen?

„Wir wollen uns in der nächsten Zeit möglichst oft am Wochenende besuchen, nächstens kommt sie zu mir, und wir fahren zur Nachbarinsel, und sie stellt mich ihren Eltern vor. Ach ja: Die hat sie am Abend noch angerufen und ihnen kurz von ihrem ,neuen Bekannten` erzählt, dann hat sie mir den Hörer gegeben, ich wußte gar nicht, wie mir geschah, es war ihr Vater, und er sagte nur freundlich, ich solle lieb zu seiner Deern sein.

Ich hatte ja auch nichts anderes vor. Wenn wir uns dann immer noch sympathisch sind, wollen wir im nächsten Frühjahr heiraten. Ein Problem ist noch, ob Doris bei uns eine Stelle findet. Aber die neue Sekretärin von unserem Hafenmeister ist hierher versetzt worden, will aber eigentlich gar nicht auf der Insel leben, und der Hafenmeister ist überhaupt nicht zufrieden mit der Tante. Ich hoffe, man kann da was machen, daß Doris die Stelle kriegt.

„Das klingt ja alles bestens. — Und wo willst hier übernachten — wahrscheinlich wieder im Schlaf-„

„Nein, Melanie, heute schlaf ich hier auf dem Sofa. „

„Ich nehme an, du meinst allein. Na gut, wenn du meinst und du deinen Gedanken über diese Tage nachhängen willst. Dann bitte ich dich aber, mir beim Umbau des Sofas zu helfen, das geht nämlich seit einiger Zeit sehr schwer — wahrscheinlich muß der Mechanismus mal nachgesehen werden.

Auch wir legten uns diese Nacht getrennt zu Bett, aber Ingwers hatte mich auf die Idee gebracht: Auch ich ging nach einiger Zeit noch einmal ins Wohnzimmer und fragte ihn, ob er nicht doch das bequemere Bett im Schlafzimmer vorziehen wolle — ohne weitergehende Verpflichtungen natürlich. Aber Ingwer wollte wirklich lieber allein bleiben, und so gaben wir uns nur einige keusche Küsse, soweit das bei dem Stand unserer Beziehung noch möglich war, und ich ging wieder ins Schlafzimmer.

Ich weckte Ingwer um sechs, und wir frühstückten schweigsam. Wir fühlten, daß dies wohl unser endgültiger Abschied sein würde. Nach dem Frühstück ging Ingwer mit wenigen Worten und Küssen, wir wünschten und alles Gute, winkten noch ein- zweimal, bis der Fahrstuhl kam, und wieder war ein lieber Freund aus meinem Leben entschwunden.

Ingwers Ehe mit Doris war leider nicht so glücklich, wie es am Anfang den Anschein hatte.

Nach etwa drei Jahren hatte ich die Idee, ihn zu Weihnachten anzurufen und ihn zu fragen, wie es ihm ergangen sei.

„Ach“, erzählte er, „ich hab Doris wirklich im Mai geheiratet, mich aber nach einem guten Jahr wieder scheiden lassen. Doris wurde immer zänkischer, nichts konnte ich ihr recht machten, ich hab wirklich alles versucht, auch ihre Eltern waren auf meiner Seite, aber irgendwann ging das nicht mehr. Ich bin jetzt wieder verheiratet mit einem lieben Mädchen — das heißt Frau — hier aus der Nachbarschaft.

Wir haben auch schon ein Kind, ein Mädchen, und sie hat zwei Jungs mitgebracht — laut Gesetz unehelich, in Wirklichkeit ist ihr nicht angeheirateter Mann bei einem Unfall ums Leben gekommen. Wir verstehen uns alle prächtig, und — wir sprechen manchmal von Tante Melanie, denn sie kennt dich auch, sie war — und ist — Verkäuferin in der Konditorei, wo du und deine Mutter immer euren Kuchen gekauft habt –„

„Da waren doch zwei Verkäuferinnen: eine große mit einem etwas groben Gesicht, wenn man böswillig ist, könnte man sagen: mit Pferdezähnen, aber irrsinnig freundlich, und eine kleine niedliche, aber schnippisch.

„Die mit den Pferdezähnen, du hast ja ein bißchen recht, eine Schönheit ist sie nicht unbedingt, aber ganz lieb. „

Dieser Weihnachts-Erzähl-Anruf mit Ingwer wurde in den folgenden Jahren zu einer Tradition, und so bekam ich das Aufwachsen seiner Kinder und er die Höhen und Tiefen meines Liebeslebens noch eine ganze Zeit mit.

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